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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 15.07.1999
Aktenzeichen: 24 U 191/98
Rechtsgebiete: ZulassungsVO, BGB, ZPO, MV


Vorschriften:

ZulassungsVO § 19 Abs. 3
ZulassungsVO § 19 Abs. 2 S. 2
BGB § 139
BGB § 313 S. 1
ZPO § 141
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 100 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10, 711
ZPO § 546 Abs. 1
MV § 11 Abs. 1
MV § 11 Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

24 U 191/98

Verkündet am 15. Juli 1999

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 1999 durch seine Richter Z, E und S

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 30. Juli 1998 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer zum Geschäftsbetrieb innerhalb der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Mietvertrages.

Die Kläger errichteten als Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Wohn- und Geschäftshaus in K-B in dessen zweitem Obergeschoß mehrere Arztpraxen geplant waren. Bereits während der Bauarbeiten kam es zu Kontakten zwischen dem Kläger zu 2. und der Beklagten, einer Fachärztin für Dermatologie. Diese war an der schnellstmöglichen Gründung einer Praxis in Wohnortnähe interessiert, da sie die Sperrung von Bezirken bei der Zulassung als Vertragsarzt wegen Überversorgung befürchtete. Am 10. November 1994 schlossen die Parteien über die "Praxis 2" einen schriftlichen Mietvertrag. Nach 3.4 sollte der Übergabetermin dem Mieter mindestens acht Wochen vor der Fertigstellung mitgeteilt werden, wobei als Übergabetermin der 01.10.1995 angestrebt wurde. Dem Mieter wurde in § 10 des Vertrages ein Vorkaufsrecht eingeräumt.

§ 11 Mietvertrag lautet:

"1.

Sollte eine Bestimmung des Vertrages unwirksam sein oder werden, so wird dadurch die Wirksamkeit des Vertrages nicht berührt. Die Vertragsparteien werden in einem solchen Fall die unwirksamen Bestimmungen durch eine rechtlich nicht anfechtbare Regelung ersetzen, die dem gewollten wirtschaftlichen Zweck der ungültigen Bestimmung möglichst nahekommt.

2. ....

Außerdem unterzeichneten die Parteien am 17. bzw. 18.11.1994 eine "Nebenabrede zum Mietvertrag", in der es u.a. heißt:

"5. Der Mietvertrag in der vorliegenden Form erhält nur dann Gültigkeit, wenn die K N ihre Zustimmung zur Niederlassung als Kassenärztin für Dermatologie gibt. Sollte das Gebiet, in dem die künftige dermatolog. Praxis liegen soll, für eine Niederlassung gesperrt werden, entfällt der Mietvertrag.

6. Für den Fall, daß ein (e) Mitbewerber(in) gleichen Fachgebietes für den Bereich K B von der KV eine Zulassung erhältn, bevor die Mieterin diese beantragen kann, entfällt der Mietvertrag."

Im Dezember 1994 beantragte die Beklagte ihre Zulassung als Kassenärztin für Dermatologie zum 01.07.1995. Diesen Antrag nahm sie jedoch - ohne dies den Klägern mitzuteilen - bereits im Frühjahr 1995 wieder zurück. Nach - streitiger - Behauptung der Beklagten war Grund dafür eine Äußerung des Bauleiters der Kläger, die Praxisräume würden nicht vor Februar 1996 übergabereif erstellt werden können, sowie ihre Befürchtung, sie werde daher die vertragsärztliche Tätigkeit nicht innerhalb der dreimonatigen Frist nach Zustellung der Zulassung (§ 19 Abs. 3 ZulassungsVO) aufnehmen können. Mit Schreiben vom 10.04.1995 bat sie im Hinblick auf einen möglichen Praxisnachfolger um Verschiebung des Innenausbaus.

Im Mai 1995 wurde der Bezirk K wegen Überversorgung "gesperrt".

Am 20.12.1995 erklärte sie den Mietvertrag unter Hinweis auf Nr. 5 der Nebenabrede für hinfällig; der 01.10.1995 sei der spätest mögliche Eröffnungstermin gewesen, weil ein Zulassungsantrag frühestens 6 Monate vor dem beabsichtigten Termin gestellt werden könne und der Betrieb sodann innerhalb von 3 Monaten aufzunehmen sei. An diesem Tage seien die Mieträume insoweit unstreitig - jedoch - nicht fertiggestellt gewesen, ein neuer Antrag sei wegen der Sperrung des Bezirks zwecklos. Dem widersprachen die Kläger mit Schreiben vom 17.06.1996, da sie den erfolgversprechenden Zulassungsantrag selber zurückgenommen habe. Dem entgegnete wiederum die Beklagte unter ausführlicher Darstellung der Sachlage aus ihrer Sicht.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, der Mietvertrag sei in Kraft getreten, nachdem die Beklagte wider Treu und Glauben durch die Zurücknahme ihres Antrages auf Zulassung als Vertragsarzt den Eintritt der Bedingung vereitelt habe. Die Verzögerung der Bauarbeiten (die Praxis sei im Dezember 1995 fertiggestellt worden) hätte - zumindestens bei entsprechenden Bemühungen der Beklagten - eine Zulassung nicht berührt. Sie haben daher beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 92.547,81 DM nebst 10 % Zinsen aus 1.969,10 DM seit dem 20.01.1996 und aus jeweils 3.938,21 DM jeweils seit dem 4. Kalendertag eines jeden Monats vom 04.02.1996 bis zum 04.12.1997 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich auf Nr. 5 der "Nebenabrede" berufen und dazu vorgetragen, auch ohne die Zurücknahme ihres Antrages auf Zulassung als Vertragsarzt hätte sie keine bestandskräftige Zulassung erhalten. Sie hätte im Hinblick auf § 19 Abs. 3 ZulassungsVO ihre Praxis binnen 3 Monaten eröffnen müssen, was jedoch wegen der Bauverzögerungen nicht möglich gewesen wäre; die Praxis sei im Oktober 1995 - dem spätest möglichen Termin - noch nicht fertiggestellt gewesen. Im übrigen seien die Ansprüche der Kläger verwirkt, weil sie ihr die Fertigstellung nicht angezeigt und mit der Verfolgung ihrer Ansprüche zu lange zugewartet hätten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Zum einen sei die Bedingung in Nr. 5 der "Nebenabrede" ausgefallen, die Beklagte habe deren Eintritt auch nicht wider Treu und Glauben verhindert. Die Beklagte habe wegen der Bauverzögerungen ihre Praxis nicht innerhalb von 3 Monaten nach dem 01.07.1995 eröffnen können, einen anderen Termin hätte sie nicht nennen können, die Unwägbarkeiten gingen nicht zu ihren Lasten.

Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung. Sie sind weiterhin der Auffassung, daß sich die Beklagte wider Treu und Glauben auf Nr. 5 der "Nebenabrede" berufe. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei die Beklagte nicht durch die Bauverzögerungen an einer Zulassung als Vertragsarzt gehindert worden; sie habe die Kläger nie auf die Eilbedürftigkeit der Fertigstellung hingewiesen und hätte außerdem gemäß § 19 Abs. 2 S. 2 ZulassungsVO eine Verlängerung der Frist erreichen können. Die Bauverzögerungen seien zudem auf die mangelnde Mitwirkung der Beklagten (fehlende Angaben zum Ausbau der Praxisräume) zurückzuführen. Schließlich sei die Vorschrift des § 19 Abs. 3 ZulassungsVO wegen Fehlens einer Ermächtigungsgrundlage unwirksam. Eine Verwirkung scheitere an der Unredlichkeit der Beklagten; zudem hätten sie ihre Ansprüche rechtzeitig angemeldet. Zwar enthalte § 10 des Mietvertrages ein nicht formgerecht begründetes Vorkaufsrecht des Mieters, dies führe im Hinblick auf in § 11 vereinbarte Abbedingung des § 139 BGB nicht zur Gesamtnichtigkeit des Mietvertrages. Sie beantragen daher,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie als Gesamthandsgläubiger 92.547,81 DM nebst 10 % Zinsen aus 1.969,10 DM seit dem 20.01.1996 und aus jeweils 3.938,21 DM jeweils seit dem 4. Kalendertag eines jeden Monats vom 04.02.1996 bis zum 04.12.1997 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil. Im übrigen sei der Mietvertrag insgesamt wegen nicht formgerechter Vereinbarung eines Vorkaufsrechts unwirksam.

Der Senat hat Beweis erhoben. Wegen des Beweisergebnisses wird auf die Niederschrift der Sitzung vom 16.03.1999 (Bl. 230 - 235 GA) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Kläger hat letztlich keinen Erfolg.

1.

Der Erfolg ihrer Klage scheitert allerdings nicht daran, daß sie - ursprünglich - auf Zahlung an sich als Gesamtgläubiger geklagt haben. Ausweislich des Mietvertrages bilden die Kläger eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, als Mitglieder dieser Gesellschaft haben sie den Mietvertrag abgeschlossen, sie sind aus diesem Grunde nicht Gesamtgläubiger, sondern Gesamthandsgläubiger (§ 719 BGB). Die Kläger haben jedoch inzwischen auf Grund eines Hinweises des Senats den Klageantrag angepaßt.

2.

Wie zwischen den Parteien auch nicht streitig ist, bedurfte die Vereinbarung eines Vorkaufsrechts der notariellen Beurkundung, § 313 S. 1 BGB (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 58. Aufl., Rdnr. 11 zu § 313; BGH DWW 1994, 283). Diese Form ist nicht eingehalten worden.

3.

Dies hat nach § 139 BGB die Unwirksamkeit des gesamten Mietvertrages zur Folge.

a) Auf Grund der Vernehmung des Zeugen W und der Anhörung des Klägers H der für die Kläger die Verhandlungen geführt hat, gemäß § 141 ZPO steht fest, daß die Einräumung des Vorkaufsrechts eine wesentliche Bedingung des Mietvertrages war. Dabei kann zugunsten der Kläger davon ausgegangen werden, daß sie das Vorkaufsrecht von vorneherein angeboten haben und dieses nicht erst auf Grund eines Verlangens der Beklagten vereinbart worden ist. Dafür spricht jedenfalls der von den Klägern vorgelegte Entwurf (Bl. 216 - 220 GA) sowie der Inhalt des mit einem anderen Mieter geschlossenen Vertrages (Bl. 221 - 225 GA). Auch der Zeuge W vermochte dies nach Vorhalt der Anlage F 4 letztlich nicht auszuschließen.

Entgegen der Auffassung der Kläger änderte ihre Bereitschaft nichts daran, daß das Vorkaufsrecht von großer Bedeutsamkeit war. Der Kläger zu 2. hat erklärt, die in einer Bauherrengemeinschaft verbundenen Kläger hätten das Projekt "B P 5" zunächst gemeinsam durchführen wollen; in dieser Phase habe - auch aus steuerlichen Gründen - eine Aufteilung in Teileigentum und deren Veräußerung oder eine Erweiterung der Anzahl der Bauherren nicht stattfinden sollen. Dagegen sei für einen späteren Zeitpunkt bereits damals an eine Aufteilung und Verkauf des Teileigentums - wenn möglich, an den Mieter - gedacht gewesen. Zum einen habe man Ärzte langfristig binden (der Kläger zu 2. ist Apotheker), zum anderen habe man den Mietern durch langfristige Mietverträge mit Optionsrechten und Einräumung von Vorkaufsrechten entgegenkommen wollen. Sie seien auch zum Abschluß von Mietverträgen mit einer noch längeren Mietdauer bereit gewesen, um den Mietern eine langfristige Perspektive zu geben. Das stimmt in bestimmter Hinsicht mit der Aussage des Zeugen W überein. Danach hat der Kläger zu 2. damals nicht verkaufen wollen, woran der Zeuge oder seine Ehefrau, die Beklagte, interessiert gewesen sei. Zur Absicherung eines langfristigen Praxisbetriebes in diesen Räumen und zur Vermeidung der mit einer Praxisverlegung verbundenen Gefahren des Verlustes von Patienten sei ihnen jedoch an einem Vorkaufsrecht gelegen gewesen. Dies ist nachvollziehbar, denn nach einem Auslaufen des Mietvertrages nach 20 Jahren (bei Ausnutzung des Optionsrechts) wäre die Beklagte wegen ihres Lebensalters und der Altersgrenze für Vertragsärzte kaum noch in der Lage gewesen, einen Patientenstamm an einem anderen Standort aufzubauen.

Daraus ergibt sich, daß beide Seiten die langfristige Absicherung des Mieters als notwendig und selbstverständlich ansahen. Dies mag dazu geführt haben, daß - so der Kläger zu 2. - darüber allenfalls kurz gesprochen worden ist; dies stellt in diesem Zusammenhang jedoch kein Argument gegen die Wesentlichkeit des Vorkaufsrechts dar.

Dagegen kann nicht eingewandt werden, daß sich die Beklagte vorprozessual und im ersten Rechtszug auf die fehlende Beurkundung der Vorkaufsklausel nicht berufen habe und daraus auf deren fehlende Bedeutsamkeit zu schließen sei. Diese Klausel hatte bis dahin keine Rolle gespielt, weil bis dahin ein Vorkaufsfall nicht eingetreten war.

b) Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht aus § 11 Abs. 1 MV. Allerdings können die Vertragsparteien die Folgen der Unwirksamkeit einer Klausel für den Bestand des Vertrages privatautonom regeln (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., Rdnr. 17 zu § 139). Ebenso wie die Folge der Gesamtnichtigkeit dann nicht gilt, wenn sich aus dem mutmaßlichen Parteiwillen etwas anderes ergibt (vgl. BGH a.a.O.; Palandt/Heinrichs, a.a.O., Rdnr. 14 zu § 139), können sie die Rechtsfolgen auch unmittelbar und ausdrücklich regeln.

Das schließt jedoch nicht aus, daß auch eine vereinbarte salvatorische Klausel auslegungsbedürftig ist und im Ergebnis unter dem Gesichtspunkt der Berücksichtigung einer interessengerechten Auslegung einschränkend ausgelegt werden muß (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., Rdnr. 17 zu § 139). Es ist daher anerkannt, daß trotz der Vereinbarung einer salvatorischen Klausel bei Unwirksamkeit einer Klausel von zentraler Bedeutung der gesamte Vertrag unwirksam ist (vgl. BGH NJW 1996, 774).

Bei der hier vereinbarten Klausel handelt es sich offensichtlich um eine nicht individuell ausgehandelte oder formulierte Standardformel, die die individuellen Verhältnisse des Vertrages nicht berücksichtigt. Aus § 11 Abs. 1 S. 2 MV geht nämlich hervor, daß dabei an Nebenabreden gedacht war, die durch wirtschaftlich gleichkommende Regeln ersetzt werden konnten. Dies ist bei der - formunwirksamen - Vereinbarung eines Vorkaufsrechts, für welche es keinen Ersatz gibt, nicht der Fall. Wie sich aus den Ausführungen unter a) ergibt, war das Vorkaufsrecht zur langfristigen Absicherung des Mieters von wesentlicher Bedeutung. Daß eine salvatorische Klausel zu einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast abweichend von der Regel des § 139 BGB führt, ist unerheblich, da nach dem zuvor Gesagten die zentrale Bedeutung der Vorkaufsklausel für den Mietvertrag feststeht.

4.

Es ist auch nichts dafür ersichtlich, daß die Berufung der Beklagten auf die Gesamtnichtigkeit des Mietvertrages gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt. Da der Vertrag nicht in Vollzug gesetzt worden ist, muß offenbleiben, ob das Vorkaufsrecht bei der Abwicklung des Mietvertrages eine Rolle gespielt hätte (anders dagegen die Fallgestaltung BGHZ 112, 296). Die Erklärung des Klägers zu 2., es sei nunmehr an eine Aufteilung des Hauses zwecks späterer Veräußerung der Teieigentumseinheiten gedacht, spricht dagegen.

Die Kläger haben der Beklagten auch nach Aufdeckung des Formmangels nicht die Nachholung eines formwirksamen Vertragsschlusses angeboten. Dies wäre jedoch nach ihrem Standpunkt, der Mietvertrag sei ungeachtet der fehlenden Zulassung der Beklagten wirksam, folgerichtig gewesen. Es kann daher offen bleiben, ob in diesem Falle eine fehlende Mitwirkung der Beklagten an einer "Heilung" des Mangels treuwidrig und ihre Berufung auf den Formmangel als bloßer Vorwand anzusehen wäre (vgl. OLG Frankfurt a.M., NJW 1974, 2239).

Entgegen der Auffassung der Kläger ist das Verhalten der Beklagten auch nicht deswegen treuwidrig, weil der Formzwang lediglich den Verkäufer schützen soll: Das ändert nichts daran, daß das Vorkaufsrecht unwirksam ist, die Beklagte mithin keine Rechte daraus herleiten kann und daher das von den Parteien angestrebte Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung zu lasten der Beklagten gestört ist.

5.

Es kann daher offenbleiben,

- ob Nr. 5 der "Nebenabrede zum Mietvertrag" als echte aufschiebende Bedingung auszulegen ist,

- ob die Beklagte den Bedingungseintritt wider Treu und Glauben vereitelt hat (§ 162 BGB), insbesondere ob sie ihren Antrag auf Zulassung ohne Notwendigkeit zurückgezogen hat,

- ob Bauverzögerungen auf die fehlende Mitwirkung der Beklagten zurückzuführen sind,

- wie § 19 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte auszulegen ist, insbesondere ob die in § 19 Abs. 2 5. 2 der Verordnung systematisch allein auf den Fall der Bestimmung des Praxisbeginns durch den Zulassungsausschuß bezogene Möglichkeit zur Verlängerung der Frist auch für den in § 19 Abs. 3 der Verordnung geregelten Fall des "gesperrten" Gebietes gilt, in dem die Frage der Frist für die Praxiseröffnung bereits gesetzlich geregelt ist, oder ob die gesetzliche Regel gilt, daß gesetzliche Frist nicht durch die Behörde verlängert werden können (vgl. Kopp, Rdnr. 31 zu § 31 VwVfG),

- ob der Zulassungsausschuß damals in gesperrten Gebieten grundsätzlich eine Verlängerung der Frist des § 19 Abs. 3 der Verordnung ablehnte (wie der Zeuge W schilderte) oder ob bei Verzögerungen bei der Errichtung von Praxisräumen das Gegenteil der Fall war (wie die Kläger behaupten) und ob und inwieweit der Beklagten zugemutet werden konnte, gegen etwaiges rechtswidriges Verhalten des Zulassungsausschusses (z.B. bei Ungültigkeit des § 19 Abs. 3 der Verordnung, die von den Klägern geltend gemacht wird) vorzugehen.

- welche Folgen es hat, daß die Beklagte die Zurücknahme ihres Zulassungsantrages den Klägern auf längere Zeit nicht mitgeteilt hat,

- ob etwaige Ansprüche der Kläger verwirkt sind.

6.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Beschwer der Kläger übersteigt 60.000,00 DM, so daß es einer Entscheidung des Senats über die Zulassung der Revision nicht bedarf, § 546 Abs. 1 ZPO.

Berufungsstreitwert: 92.597,81 DM.

Ende der Entscheidung

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