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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 16.04.2002
Aktenzeichen: 24 U 199/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 154 Abs. 1
BGB § 157
BGB § 362 Abs. 1
BGB § 545 Abs. 1 n.F.
BGB § 549 a a.F.
BGB § 556 b
BGB § 556 a
BGB § 556 Abs. 1 a.F.
BGB § 557 Abs. 1 a.F.
BGB § 564 c
BGB § 564 b
BGB § 565 n.F.
BGB § 565 Abs. 1 a a.F.
BGB § 566 Abs. 1
BGB § 568 a.F.
BGB § 568 S. 1 a.
BGB § 568 S. 2 a.F.
BGB § 571 Abs. 1
BGB § 812 Abs. 1
BGB § 818 Abs. 2
ZPO § 91
ZPO § 711
ZPO § 308 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 108 Abs. 1 n.F.
ZPO § 543 Abs. 2 n.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF Urteil

24 U 199/01

Verkündet am 16. April 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die am 19. März 2002 geschlossene mündliche Verhandlung unter Mitwirkung seiner Richter Z, T und D

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 23. August 2001 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, die im Hauptgebäude M. Str. in S. gelegenen Keller- und Erdgeschossräume zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

Die Kosten beider Rechtszüge werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nach gelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 EUR abzuwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vorher Sicherheit in gleichem Umfang.

Tatbestand:

Die Klägerin ist seit dem 15. September 2000 (Eintragungsdatum im Grundbuch) Eigentümerin u.a. des bebauten Grundstücks M. Str. in S., das sie durch notariellen Vertrag vom 22. November 1999 gekauft hat. Der Beklagte hatte mit der Voreigentümerin im Jahre 1989 einen Mietvertrag über die in diesem Gebäude auf vier Ebenen gelegenen Lager- und Kellerräume, eine Lagerhalle sowie angrenzende Hofflächen geschlossen. In der Folgezeit wandelte der Beklagte im I. Ober- und Dachgeschoss gelegene Lagerflächen Wohnungen um. Eine der beiden im I. Obergeschoss gelegenen Wohnung nutzte der Beklagte selbst, die übrigen vermietete er. Das Erdgeschoß und die Halle nutzte der Beklagte als Lager für seinen Import-Export-Handel.

Am 18. Juli 1995 schloss er mit der Voreigentümerin über die in seinem Besitz befindlichen Räume und Flächen einen neuen, bis zum 30. November 1999 befristeten "Mietvertrag für gewerbliche Räume" (so die Überschrift) ab. Das Vertragsverhältnis sollte sich um ein Jahr verlängern, wenn eine der Parteien nicht spätestens sechs Monate vor Ablauf der Mietzeit der Verlängerung widerspricht (§ 2 Nr. 1 S. 3 MV). Die Mieträume wurden "zum Betriebe eines IMPORT-EXPORT-GROSSHANDELS" (§ 1 Nr. 1 MV) überlassen. Als Mietzins wurden 4.250,00 DM (zzgl. MwST und Betriebskostenvorauszahlung) sowie 125,00 DM (zzgl. MwST) für eine Werbeschild vereinbart (jeweils monatlich). Die vorhandene Wohnnutzung wird nicht erwähnt In § 2 Nr. 7 MV heißt es:

"Bei Ablauf der Mietzeit findet § 568 BGB für beide Vertragspartner keine Anwendung."

Mit Schreiben vom 5. Februar 1999, das dem Beklagten am 09. Februar 1999 zugegangen ist, widersprach die Voreigentümerin unter Hinweis auf die Befristung einer Verlängerung des Mietvertrags. Sie erklärte vorsorglich die ordentliche Kündigung, forderte den Kläger zu Räumung und Herausgabe bis zum Vertragsende auf und widersprach vorsorglich einer stillschweigenden Fortsetzung des Mietverhältnisses.

Der Beklage räumte zum Ablauf der Befristung nicht. Ab Dezember 1999 leistete er noch Zahlungen an die Klägerin, die sich ihm gegenüber als Erwerberin und neue Vermieterin vorgestellt und von dem Grundstück Besitz ergriffen hatte. Am 03. Januar 2000 übergab ihr der Beklagte eine im I. Obergeschoss sowie die im Dachgeschoss gelegene Wohnung sowie die Lagerhalle. Für die eigengenutzte Wohnung im I. Obergeschoss sowie für die Lagerfläche im Erdgeschoss zahlt der Beklagte seit Januar 2000 nur noch 2.500,00 DM (incl.MwST).

Mit der am 27. März 2001 erhobenen Klage hat die Klägerin den Beklagten auf Räumung und Herausgabe der am 03. Januar 2000 noch nicht zurückgegebenen Räume in Anspruch genommen.

Sie hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, die im Hauptgebäude M. Str. gelegenen Kellerräume und Erdgeschossräume zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat geltend gemacht: Herausgabe der Kellerräume schulde er nicht mehr, weil die Klägerin sie bereits in Besitz habe. Räumung und Herausgabe des Erdgeschosses schulde er nicht, weil das Mischmietverhältnis überwiegend der Wohnnutzung diene und deshalb nicht ohne berechtigtes Interesse des Vermieters an der Vertragsbeendigung mit Ablauf der Befristung ende. Ein berechtigtes Interesse sei nicht dargelegt. Ferner sei die Vertragsbeendigung für ihn unzumutbar, weil er allein in den Um- und Ausbau der selbstgenutzten Wohnung mehr als 150.000,00 DM investiert habe. Jedenfalls sei aber nach der Teilrückgabe, mit welcher sich die Klägerin zunächst zufrieden gegeben habe, über die zurückgehaltenen Teile des Mietobjekts eine neuer Mietvertrag zustande gekommen. Die Klägerin habe auch die Zahlungen widerspruchslos entgegen genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat gemeint, zwischen den Parteien sei bei reduzierter Mietfläche und reduziertem Mietzins ein neuer Mietvertrag zu den übrigen Bedingungen des Vertrages vom 18. Juli 1995 zustande gekommen. Falls in der Klageerhebung eine Kündigung zu erblicken und der Vertrag als gewerblich zu qualifizieren sei, könne die Klägerin jedenfalls vor dem 30. November 2001 keine Räumung und Herausgabe verlangen. Handele es sich dagegen um einen Wohnraummietvertrag, sei die Kündigung mangels Darlegung eines gesetzlichen Kündigungsgrundes unwirksam.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit welcher sie ihre bisherigen Ziele unverändert weiter verfolgt. Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und weist ergänzend auf die unter den Parteien unstreitige Tatsache hin, dass nach de Teilrückgabe über ein Nutzungsentgelt erfolglos verhandelt worden sei.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach den Schlussanträgen im ersten Rechtszug zu erkennen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt das angefochtene Urteil, das er für richtig hält.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klägerin als Grundstückserwerberin und nunmehrige Vermieterin kann gemäß §§ 556 Abs. 1, 564 Abs. 1, 571 Abs. 1, 580 BGB a.F. (§§ 546 Abs. 1, 542 Abs. 2, 566 Abs. 1, 578 BGB n.F.). Räumung und Herausgabe des Kellergeschosses und des als Lager genutzten Erdgeschosses im bezeichneten Gebäude verlangen.

I.

Das Klagebegehren scheitert nicht schon daran, dass die Klägerin ihren Räumungs- und Herausgabeanspruch nicht bezüglich der im I. Obergeschoss gelegenen Wohnung, sondern nur bezüglich des Kellergeschosses und des Erdgeschosses des bezeichneten Gebäudes verfolgt. Von der (nach materiellem Recht) unzulässigen Teilkündigung eines einheitlichen Mietverhältnisses (um die es hier nicht geht, vgl. dazu nach folgenden unter Nr. II. 1), ist die prozessuale Teildurchsetzung und Teiltitulierung eines einheitlichen, aber mehrgliedrigen Räumungs- und Herausgabeanspruchs zu unterscheiden. Eine solche (offene) Teilklage ist durchaus zulässig, § 308 Abs. 1 ZPO (vgl. dazu Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., vor § 322 Rn. 45, 47f). Maßgeblich für die Zulässigkeit einer Teilklage ist allein die Vollstreckungsfähigkeit des titulierten Anspruchs. Dagegen bestehen aber keine Bedenken, weil die Räume, deren Räumung und Herausgabe die Klägerin hier verlangt, von den der Wohnungsnutzung unterliegenden Räume abgrenzbar und abgegrenzt sind, so dass es im Rahmen einer möglichen Zwangsvollstreckung zu keinen unbehebbaren Schwierigkeiten kommen kann.

II.

1. Entgegen der Meinung des Beklagen musste das Mietverhältnis nicht durch Kündigung beendet werden. Es endete vielmehr durch Zeitablauf (§ 565 Abs. 1 BGB a.F., § 542 Abs. 2 BGB n.F.), nämlich infolge der im Mietvertrag (§ 2 Nr. 1 S. 2 MV, GA 78) vereinbarten Befristung bis zum 30. November 1999. Die Befristung wäre nur dann nicht maßgeblich geworden, wenn die Verlängerungsklausel (§ 2 Nr. 1 S.3 MV) wirksam geworden wäre. Das ist indes, wovon auch das Landgericht auszugehen scheint, nicht der Fall. Denn der frühere Vermieter hatte rechtzeitig, nämlich vor Ablauf der vereinbarten sechsmonatigen Widerspruchsfrist, die am 31. Mai 1999 endete, der Verlängerung des Mietverhältnisses widersprochen.

2. Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, die Klägerin könne sich auf die Befristung nicht berufen, weil es um die Vermietung von Wohnraum gehe und die Klägerin eine berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses nicht dargelegt habe und die vertragsgemäße Beendigung für ihn mit Blick auf die hohen Investitionen auch unzumutbar sei.

a) Zutreffend ist, dass die Beendigung befristeter Mietverhältnisse über Wohnraum den besonderen Bestimmungen des sozialen Mietrechts unterliegt. Maßgeblich sind §§ 556b,556a BGB (Fortsetzungsverlangen auf bestimmte Zeit) und §§ 564c, 564b BGB (Fortsetzungsverlangen auf unbestimmte Zeit) jeweils in der bis zum 31. August 2001 geltenden alten Fassung. Die Maßgeblichkeit alten Rechts ergibt sich aus der Übergangsvorschrift des Art. 229 Abs. 3 EGBGB. Diese bestimmt, dass die genannten bisher geltenden Vorschriften auf am 01. September 2001 bestehende Mietverhältnisse weiter anzuwenden sind. Sie sind dann und erst recht auch auf solche Mietverhältnisse anzuwenden, über deren Bestand am 01. September 2001 gestritten wird. Anliegen des Reformgesetzgebers war es nämlich, aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes die neuen Regeln des sozialen Mietrechts nur auf solche Mietverhältnisse anzuwenden, welche nach dem 01. September 2001 begründet worden sind.

b) Das Landgericht hat offen gelassen, ob das hier umstrittene Mietverhältnis den besonderen Regeln des Wohnraummietrechts unterliegt oder ob Gegenstand des Mietvertrags vom 18. Juli 1995 Gewerberäume sind. Der Senat entscheidet diese Frage dahin, dass Wohnraummietrecht nicht anzuwenden ist.

aa) Geht es um die Frage, welche Rechtsregeln auf Mischmietverhältnisse anzuwenden sind, richtet sich die Antwort nach dem vereinbarten Vertragszweck (vgl. dazu BGH MDR 1986, 46 [47] und MDR 1986, 842). Die Vertragsparteien entscheiden privatautonom, welche Vertragszwecke sie verfolgen wollen. Von dieser, keiner gesetzlichen Regulierung unterliegenden Entscheidung hängt dann erst ab, welche gesetzlichen Regeln auf das Vertragsverhältnis anzuwenden sind (vgl. Reinstorf in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl. Anm. I 105, 107). Dabei entscheidet der wahre, das Rechtsverhältnis prägende Vertragszweck (vgl. BGH MDR 1986, 842), also das, was dem tatsächlichen und übereinstimmenden Willen der Parteien entspricht. Dieser ist notfalls nach den allgemeinen Regeln (§§ 133,157 BGB) auszulegen (vgl. dazu BGH NJW 1996, NJW 1997, 1845, 1846 und NJW 1998, 746, 747).

bb) Wahrer, das Rechtsverhältnis prägender Vertragszweck ist im Streitfall die Vermietung von Gewerberaum gewesen. Dafür spricht, dass Gegenstand des ursprünglichen Mietvertrages von 1989 nur Lagerflächen gewesen sind. Die vom Beklagten behauptete Gestattung des früheren Eigentümers, einen Teil der Lagerflächen im I. Obergeschoss zur Eigennutzung des Beklagten und weitere Lagerflächen im I. Ober- und Dachgeschoss zur Fremdvermietung in Wohnraum umzuwandeln, hätte schon am Charakter des ursprünglichen Gewerbemietvertrags nichts zu ändern vermocht. Geprägt wurde das Vertragsverhältnis auch danach durch seinen gewerblichen Teil. Ist nämlich Vertragszweck (auch) die Untervermietung von Wohnraum, unterliegt der Hauptmietvertrag nicht dem Wohnungsmietrecht (BGH MDR 1986, 46 f). Daran vermag die Bestimmung des § 549 a BGB a.F. (§ 565 BGB n.F.) nichts zu ändern. Im Gegenteil, sie bestätigt den Befund. Sie schützt nämlich nicht den Untervermieter vor den sozialen Folgen einer Vertragsbeendigung, sondern (nur) den Untermieter der Wohnung. Dieser setzt bei ungekündigtem Untermietverhältnis und im Falle der Kündigung unter den Voraussetzungen des sozialen Mietrechts trotzt Beendigung des Hauptmietvertrags das Mietverhältnis (als neues Hauptmietverhältnis) mit dem Hauptmieter fort (vgl. dazu Palandt/Weidenkaff, BGB, 61 Aufl., § 565 Rn.2 und § 546 Rn. 22). Die eigene Nutzung der im I. Obergeschoss ausgebauten Wohnung tritt demgegenüber in den Hintergrund.

Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte allein in den Ausbau der selbstgenutzten Wohnung mehr als 150.000,00 DM investiert haben will und nur relativ geringfügige Mittel in den Umbau des im Erdgeschoss gelegenen Lagers. Die Höhe der Um- und Ausbaukosten ist nicht geeignet, auf die Vertragsprägung Einfluss zu nehmen. Das beruht darauf, dass nicht die Höhe der Investitonskosten, sondern nur ihre Art den Vertragszweck näher bestimmt. Maßgeblich kann deshalb nur sein, auf welche Weise durch Investitionen in den Um- und Ausbau der gemieteten Räume der von den Vertragsparteien vereinbarte Vertragszweck näher bestimmt worden ist.

In dieser Hinsicht haben die Vertragsparteien den Investitionen des Beklagten keine besondere Bedeutung zugemessen. Das folgt daraus, dass der zwischen dem Voreigentümer und dem Beklagten am 18. Juli 1995 abgeschlossene Mietvertrag, der schon in der Überschrift ausdrücklich "gewerbliche Räume" bezeichnet und als Vertragszweck den (bei Vertragsabschluss tatsächlich schon bestehenden) Betrieb eines "Import-Export-Grosshandels" nennt, die gewerbliche Nutzung durch den Mieter im Vordergrund sieht. Unterstrichen wird das noch durch die Mitvermietung einer Werbefläche auf der westlichen Giebelseite des Gebäudes (§ 3 Nr. 2 MV). Die Wohnungen, sei es die selbstgenutzte, sei es die untervermietete, werden gar nicht erwähnt. Es liegt auch kein verdeckter Wohnraummietvertrag vor. Davon könnte nur dann die Rede sein, wenn im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in wirtschaftlicher Hinsicht die Wohnraumeigennutzung des Beklagten ganz im Vordergrund gestanden hatte (vgl. BGH MDR 1986, 842). Dafür gibt es im Streitfall keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil, die gewerbliche Nutzung der Lagerflächen sowie die Fremdvermietung von Wohnung überwog die Eigennutzung von Wohnraum ganz deutlich.

III.

Der nach Beendigung des Mietverhältnisses entstandene schuldrechtliche Herausgabeanspruch (§ 556 Abs. 1 BGB a.F., 546 Abs. 1 BGB n.F.), ist mit dem Eigentumserwerb (15. September 2000) kraft Gesetzes auf die Klägerin übergegangen (analog § 571 Abs. 1 BGB a.F., analog § 566 Abs. 1 BGB n.F.).

1. Dem Rechtsübergang steht nicht entgegen, dass das Mietverhältnis vor dem Eigentumsübergang beendet gewesen ist. Zwar konnte das Vertragsverhältnis vom 18. Juli 1995 mangels dessen Fortbestands nicht mehr auf die Klägerin übergehen. Wohl aber ist die Klägerin in das mietrechtliche Abwicklungsverhältnis eingetreten, das nach der Vertragsbeendigung zunächst in der Person der Voreigentümerin entstanden und dann auf die Klägerin übergegangen ist. Im Zeitpunkt des Eigentumserwerbs hatte der Beklagte den Herausgabeanspruch nämlich noch nicht (vollständig) erfüllt (vgl. BGH NJW 1978, 2148).

2. Der schuldrechtliche Herausgabeanspruch ist auch nicht untergegangen durch entgegenstehende vertragliche Abreden der Parteien. Zwischen ihnen ist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses am 30. November 1999 kein neues Mietverhältnis zustande gekommen. Die vom Landgericht dazu getroffenen Feststellungen tragen eine solche Rechtsfolge nicht, geschweige denn die von der Klägerin im II. Rechtszug dazu ergänzend vorgetragenen und vom Beklagten zugestandenen Tatsachen.

Eine Vertragsverlängerung kraft Gesetzes mit den früheren Eigentümerin, in welches die Klägerin mit dem Eigentumserwerb eingetreten wäre, durch bloße Gebrauchsfortsetzung hat nicht stattgefunden. Dabei kann offen bleiben, ob durch den bloßen Verweis auf die Nichtanwendbarkeit des § 568 BGB a.F. (§ 545 BGB n.F.) ohne dessen inhaltliche Wiedergabe in § 2 Nr. 7 MV eine stillschweigende Fortsetzung des Mietverhältnisses infolge Gebrauchsfortsetzung wirksam abgedungen ist (verneint für Wohnraummietverhältnisse vom OLG Schleswig NJW 1995, 2858, 2859). Durch die bloße Gebrauchsfortsetzung ist schon deshalb kein neuer Mietvertrag zustande gekommen, weil die Voreigentümerin bereits in dem Widerspruchsschreiben vom 05. Februar 1999 auch einer stillschweigenden Fortsetzung des Mietverhältnisses widersprochen hatte. Das ist rechtlich zulässig. Die in § 568 S. 2 BGB a.F. (§ 545 S.1 Nr. 2 GB n.F.) genannte Beginn der zweiwöchigen Widerspruchsfrist für den Vermieter (ab Kenntnis von der Gebrauchsfortsetzung) ist nicht dahin misszuverstehen, dass der Widerspruch erst nach der Beendigung des Mietverhältnisses bei fortgesetztem Gebrauch zulässig wäre. Er kann vielmehr schon vor der Beendigung erhoben werden, wenn er noch in einem zureichenden zeitlichen Zusammenhang mit der Beendigung steht (h.M., vgl. nur Palandt/Weidenkaff, aaO, § 545 Rn. 8 m. zahlr. w.N.).

So verhält es sich aber im Streitfall. Die Voreigentümerin hatte in dem Schreiben, in mehrfacher Hinsicht deutlich gemacht, dass sie mit der Beendigung des Mietverhältnisses auf jeden Fall die Räumung wünscht. Darauf konnte und musste sich der Beklagte einstellen. Unschädlich ist es, dass die Voreigentümerin der Gebrauchsfortsetzung schon fast zehn Monate vor dem vereinbartem Vertragsende widersprochen hatte. Maßgeblich ist nicht die absolute Zeit, sondern das Zeitverhältnis zur Länge des vertragsgemäßen Gebrauchs. Anhaltspunkte für den zeitlichen Zusammenhang geben deshalb einerseits die vertraglich vereinbarte Widerspruchsfrist gegen die vertraglich vereinbarte Vertragsverlängerung (6 Monate), andererseits auch die gesetzliche Kündigungsfrist des § 565 Abs. 1a BGB a.F.: (§ 580 a Abs. 2 BGB n.F.) für Geschäftsräume (bis maximal 9 Monate). Sinn dieser Fristen ist, dem Kündigungsgegner Gelegenheit zu geben, sich auf die neue Rechtslage einzurichten. Es ist deshalb sinnvoll, den Widerspruch im Sinne des § 568 S.1 BGB a. (§ 545 S.1 BGB n.F.) mit einer Widerspruchserklärung gegen eine vertragliche Vertragsverlängerung oder mit einer Kündigungserklärung zu verbinden (vgl. dazu Palandt/Weidenkaff, aaO), weil dem Kündigungsgegner damit gleichzeitig deutlich vor Augen geführt wird, dass er das Vertragsende nicht gleichsam "aussitzen", also durch die bloße Gebrauchsfortsetzung nicht mit einer Vertragsverlängerung rechnen kann. Damit ist zugleich der gesetzliche Zweck des " 568 S.1 BGB a.F.(§ 545 BGB n.F.) erfüllt, der nämlich nur darin liegt, einer Unklarkeit der Beziehungen durch einen vertragslosen Zustand vorzubeugen (Palandt/Weidenkaff, aaO Rn. 1).

3. Schließlich ist entgegen der Annahme des Landgerichts auch nicht unmittelbar zwischen den Parteien ein stillschweigender Vertrag zustande gekommen.

a) Ein Mietvertrag kommt wie jeder andere Vertrag durch Angebot und Annahme zustande. Fehlt es an ausdrücklichen Willenserklärungen, kommt auch ein Vertragsabschluss durch schlüssiges Verhalten in Betracht. Es ist anerkannt, dass dem Austausch von Leistung und Gegenleistung, also dem Vertragsvollzug der übereinstimmende Parteiwille entnommen werden kann, eine vertragliche Bindung einzugehen (BGH NJW 1983, 1728 und 1777). Eine solche Auslegung (§§ 133, 157 BGB) setzt aber voraus, dass keine Umstände gegen den rechtsgeschäftlichen Bindungswillen sprechen, das schlüssige Verhalten aus der Sicht eines mit den Verhältnissen vertrauten Beobachters also eindeutig ist (vgl. OLG Düsseldorf - 10.ZS -, ZMR 1988, 54 und DWW 2002, 288; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Auflage. Rn. 52).

b) An solcher Eindeutigkeit fehlt es im Streitfall.

aa) Ein Wille, den Vertrag vom 18. Juli 1995 mit veränderten essentiellen Bedingungen "fortzusetzen", fehlt gänzlich. Dieser Vertrag war nach den getroffenen Feststellungen nicht nur beendet und schon deshalb im rechtlichen Sinne nicht mehr fortsetzbar, sondern er wurde zu einem großen Teil auch abgewickelt. Denn der Beklagte hatte in Erfüllung des Herausgabeanspruch, der rechtlich zu jenem Zeitpunkt noch der früheren Eigentümerin zugestanden hatte (§§ 571 Abs. 1, 556 Abs. 1 BGB a.F.[§§ 566 Abs. 1, 545 Abs. 1 BGB n.F.]), einen großen Teil der von ihm gemieteten Flächen am 03. Januar 2000 an die Klägerin herausgegeben. Die Teilherausgabe an die Klägerin steht der Teilerfüllungswirkung (§ 362 Abs. 1 BGB) nicht entgegen. Maßgeblich ist, dass die Klägerin als empfangsberechtigt anzusehen gewesen ist. Der Beklagte behauptet jedenfalls nicht, dass die Klägerin den Besitz unberechtigt ausgeübt hatte. Gegen unberechtigten Besitz spricht auch, dass sie das Entgelt bis zu ihrer Eintragung als Eigentümerin (15. September 2000)eingezogen hatte, ohne dass die frühere Eigentümerin Rechte gegen den Beklagten geltend gemacht hatte.

bb) Da sich das Mietverhältnis vom 18. Juli 1995 in der Abwicklung befand und sich die Klägerin schon nach dem Vortrag des Beklagten nur "zunächst" mit der Teilräumung zufrieden gegeben hatte, gab es auch keinen Anlass, den fortgesetzten Teilbesitz des Beklagten und seine Zahlungen, wie es das Landgericht getan hat, als vertragliche Leistungen (§ 535 S. 2 BGB a.F. = § 535 Abs. 2 n.F.) zu qualifizieren. Es liegt doch viel näher, sie als Nutzungsentschädigung im Sinne de § 557 Abs. 1 BGB a.F. (§ 546a Abs. 1 n.F.) oder als Wertersatz im bereicherungsrechtlichen Sinne (§§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB) zu qualifizieren, zumal der Beklagte nicht behauptet hat, dass der von ihm gezahlte monatliche Betrag auf einer Vereinbarung der Parteien beruhte.

cc) Vor allem aber der ergänzende Vortrag der Klägerin im zweiten Rechtszug belegt, dass kein rechtsgeschäftlicher Bindungswille vorhanden gewesen ist. Dabei ist gleichgültig, ob die Parteien über das Zustandekommen eines neuen Mietvertrags oder nur über die Höhe einer zu zahlenden Nutzungsentschädigung verhandelt haben. Maßgeblich ist, dass es zu einer Einigung nicht gekommen ist. Insbesondere konnten sich die Parteien nicht über das künftige Entgeld einigen. Der damit bestehende offene Dissens hat gemäß § 154 Abs. 1 BGB zur Folge, dass die Nutzung der Räume in vertragslosem Zustand geschehen ist (Wolf/Eckert/Ball, aaO Rn. 52, 164; Bub in Bub/TreierAnm. II 344). In diesem Zusammenhang ist es gänzlich ohne Belang, dass sich die Verhandlungen über mehrere Monate hingezogen haben. Maßgeblich ist, dass der Beklagte im Februar 2000 die Forderung der Klägerin ablehnte und im Sommer 2000 dazu übergegangen war, im Falle eines konkreten Räumungsverlangens auch bezogen auf die Wohnung seine Wegnahme- und Aufwendungsersatzansprüche näher darzulegen. Darüber haben die Parteien bis Dezember 2000 korrespondiert. Während dieses gesamten Zeitraums bis zur Klageerhebung (27. März 2001) gab es keinen Anhalt, der einen stillschweigenden Vertragsabschluss rechtfertigen könnte. Die schlichte Gebrauchsfortsetzung erhält dadurch keine vertragliche Grundlage. Die Grundsätze eines faktischen Vertragsverhältnisses finden im Mietrecht keine Anwendung (Wolf/Eckert/Ball aaO; Bub aaO).

4. Dem Herausgabeanspruch der Klägerin steht ferner nicht entgegen, dass der Beklagte erhebliche Aufwendungen auf die Mietsache gemacht haben will. Ein Zurückhaltungsrecht wegen derartiger Ansprüche besteht kraft Gesetzes nicht (§ 556 Abs. 2 BGB a.F., §§ 570, 578 Abs. 1 BGB n.F.), so dass es eines Eingehens auf deren Berechtigung nicht bedarf.

5. Dem vollständigen Erfolg des Klagebegehren steht schließlich keine Teilerfüllung entgegen. Der Beklage ist für seine Behauptung, er brauche das Kellergeschoss nicht (mehr) zu räumen und herauszugeben, weil die Klägerin bereits im Besitz dieses Gebäudeteils sei, darlegungs- und beweispflichtig. Es fehlt schon an einem schlüssigen Erfüllungseinwand, weil der Beklagte einräumt, jedenfalls (neben der Klägerin) noch im Besitz von Schlüsseln zum Kellergeschoss zu sein. Daraus folgt, dass er daran zumindest noch Mitbesitz hat, so dass seine Rückgabepflicht nicht vollständig erfüllt ist. Daran ändert nichts, dass er die Schlüssel nur deshalb noch im Besitz hält, um sich den Zugang zu den für die Wohnungsnutzung erforderlichen Messeinrichtungen für Gas, Wasser und Heizung zu erhalten. Der Beklagte übersieht, dass er auch kein Recht zum Besitz an der Wohnung hat. Das (einheitliche) Mietverhältnis ist insgesamt durch Fristablauf beendet und ein neuer Mietvertrag ist auch nicht in Bezug auf die Wohnung zustande gekommen. An diesem Befund ändert nichts der Umstand, dass die Klägerin im hiesigen Rechtsstreit ihren Räumungs- und Herausgabeanspruch nur in Ansehung der nicht Wohnzwecken dienenden Räume verfolgt.

IV.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, 711 ZPO sowie auf § 108 Abs. 1 ZPO n.F.. Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO n.F..

Berufungsstreitwert (§ 16 Abs. 1 GKG): ([12 x 1.080,00 DM = 12.960,00 DM)] 6.626,34 EUR.

Ende der Entscheidung

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