Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 27.11.2001
Aktenzeichen: 24 U 33/01
Rechtsgebiete: PAB, BGB, ABGB, ZPO


Vorschriften:

PAB § 33
PAB § 33 Abs. 1 Satz 2
PAB § 33 Abs. 2 Satz 1
PAB § 33 Abs. 2
PAB § 33 Abs. 1
PAB § 32 Abs. 1
PAB § 32 Abs. 1 2. Halbsatz
PAB § 30
PAB § 20 Abs. 1 d
PAB § 8
BGB § 669
BGB § 568
BGB § 556 Abs. 1 a. F.
BGB § 556 a. F.
BGB § 670
BGB § 242
BGB § 257
BGB § 284 Abs. 1 Satz 2
BGB § 288 Abs. 1
ABGB § 9
ABGB § 9 Abs. 1
ABGB § 9 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 256
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

24 U 33/01

Verkündet am 27. November 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 30. Oktober 2001 durch seine Richter Z, E und D

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 20. Dezember 2000 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1.

Die Beklagte wird verurteilt,

a)

an die Klägerin 40.368,00 DM nebst 4 % Zinsen seit 18. Juli 1998 zu zahlen;

b)

das der Klägerin gehörende, auf anliegendem Plan (Seite 3 a) rot markierte, Grundstück zwischen dem Ende der Anschlussweiche in Höhe des Streckenkilometers 1,483 und der Grenze zum Grundstück der Beklagten zu räumen und durch

aa)

Ausbau der Gleisanlagen (u. a. ca. 110 m Schiene, Schotter, Schwellen) sowie

bb)

Einplanierung des betroffenen Grundstücks den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen.

2.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin auch die über 40.368,00 DM hinausgehenden Kosten zu erstatten, die erforderlich sein werden im Zusammenhang mit dem Ausbau der Anschlussweiche Nr. 230.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 4 % und die Beklagte 96 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat lediglich insoweit Erfolg, als diese nicht verpflichtet ist, die Anschlussweiche 230 nach dem Ausbau zurückzunehmen. Im übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.

1.

Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, 40.368,00 DM (34.800,00 DM zzgl. Ust.) Vorschuss an die Klägerin zu zahlen.

Ein solcher Anspruch ergibt sich aus Abschnitt II des Gleisanschlussvertrages in Verbindung mit § 33 Abs. 1 Satz 2 der allgemeinen Bedingungen für Privatgleisanschlüsse (PAB) in Verbindung mit § 669 BGB.

Der sog. Anschließer trägt danach die Kosten der Wiederherstellung des früheren Zustandes unter anderem, wenn die Klägerin den Gleisanschluss gemäß § 32 Abs. 1 PAB gekündigt hat, weil ihr bei Fortsetzung des Vertrages finanzielle Belastungen erwachsen, die ihr unter Berücksichtigung ihres wirtschaftlichen Interesses am Anschlussverkehr nicht zugemutet werden können.

Eine solche wirksame Kündigung liegt hier vor.

a)

Die von der Klägerin durch Schreiben vom 22. Februar 1996 erklärte Kündigung ist wirksam, weil evident ist, dass ihr aus der Fortsetzung des Vertrages unzumutbare finanzielle Belastungen erwachsen wären und erwachsen würden.

Im Rahmen der Zumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag ist zu prüfen, welche Aufwendungen und welcher Ertrag bei Fortsetzung des Vertrages zu erwarten gewesen wären. Regelmäßig ergibt sich eine Unzumutbarkeit, wenn die Einnahmen - wie hier - aufgrund geringen oder fehlenden Bahnverkehrs auf dem Anschlussgleis gering sind (vgl. auch die in den Entscheidungen BGH BB 1971, 1481; OLG Frankfurt Transportrecht 1991, 27 f. und LG Düsseldorf Transportrecht 1987, 437 f. zugrundeliegenden Sachverhalte).

Die wirtschaftliche Unzumutbarkeit einer Fortsetzung des Vertrages resultiert für die Klägerin im Streitfall daraus, dass zwischen 1990 und 1995 jährlich in höchstens 10 Fällen Zustellungen / Abholungen über das Anschlussgleis abgewickelt wurden.

Zwar oblagen der Beklagten die Unterhaltspflicht für das Anschlussgleis sowie die Unterhaltung und etwaige Erneuerung der Schutzanlagen mit Ausnahme der Schmierung und Unterhaltung signaltechnischer Einrichtungen, die die Klägerin übernommen hatte (Abschnitt II zu § 10 des Gleisanschlussvertrages). Hinsichtlich der Kosten, die im Zusammenhang mit einer Anschlussweiche entstanden, hatte die Klägerin nach dem Gleisanschlussvertrag zudem einen besonderen Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagte.

Der Beklagten ist deshalb zuzugeben, dass die Unterhaltungskosten für die Schienenanbindung ihres Betriebsgeländes grundsätzlich keine unzumutbaren finanziellen Belastungen für die Klägerin auslösen konnte, sieht man einmal von dem Aufwand für die Geltendmachung der Erstattungsansprüche und dem Risiko ab, dass die Beklagte insolvent werde könnte.

Die von der Beklagten geschuldete Stammgleisvergütung sollte jedoch nur einen Beitrag zu den Kosten darstellen, die der Klägerin durch das Vorhalten ihres Stammgleises entstanden. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des Gleisanschlussvertrages (Abschnitt II zu § 30 Abs. 3). Neben den festen Einnahmen aus der Stammgleisvergütung und der Miete für das der Beklagten zur Verfügung gestellte Gelände i. H. v. jährlich insgesamt 488,05 DM zzgl. Ust. hatte die Klägerin ersichtlich ein Interesse daran, zusätzliche Einnahmen durch die Beförderung von Gütern auf ihren Streckennetz zu erzielen. Dieses Interesse erschöpfte sich nicht im Interesse an Anschlussgebühren gemäß der Anschlussgebührentabelle zu § 30 PAB. Vielmehr wären für die Beförderung von Gütern auf dem Streckennetz der Klägerin weitere Einnahmen erzielt worden. Denn die Anschlussgebühr deckt nur die Kosten zwischen dem Gütertarifbahnhof und der Übergabestelle ab.

Es liegt auf der Hand, dass jährliche Einnahmen von netto 488,05 DM den Aufwand für die Bereitstellung des Stammgleises der Klägerin nicht deckten. Es kommt hinzu, dass die Klägerin aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag verpflichtet war, der Beklagten Wagen zuzuführen und abzuholen (§ 19 Abs. 1 PAB). Diese dauernde Bereitschaft hätte die Klägerin nach § 20 Abs. 1 d) PAB nur einschränken oder einstellen dürfen, wenn die Beklagte dem Betrieb ihres Unternehmens dauernd eingestellt hätte. Eine solche Einstellung des Betriebes lag aber unstreitig nicht vor.

Dass die Bereitschaft zur Zuführung und Abholung von Wagen auf Seiten der Klägerin mit Vorhaltekosten verbunden war, versteht sich von selbst. Ob dieser Aufwand den von der Klägerin behaupteten Betrag von jährlich 103.000,00 DM erreicht, kann dahinstehen. Der Senat kann aus eigener Sachkunde beurteilen, dass der Aufwand einen Betrag von 488,05 DM netto jährlich jedenfalls bei weitem übersteigt (§ 287 ZPO).

Eine Anpassung der Stammgleisvergütung, die in dem zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag grundsätzlich vorgesehen war, konnte die finanziellen Belastungen der Klägerin nicht signifikant mindern. Die Stammgleisvergütung sollte schon vom Ansatz her nur als Beitrag zu den der Klägerin entstehenden Kosten dienen. Eine Erhöhung auf einen Betrag, der die vollen Kosten abgedeckt hätte, war nach dem Vertrag nicht vorgesehen.

Die Beklagte hat überdies durch Schreiben vom 4. April 1996 die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung akzeptiert. Dabei hat die Beklagte zugestanden, dass eine - auch nur anteilige - Kostenübernahme für das Durchgangsgleis nicht wirtschaftlich sei.

Dass die Klägerin die Unwirtschaftlichkeit selbst zu verantworten hat, ist nicht auszunehmen. Denn einen Zusammenhang des geringen Verkehrsaufkommens mit "langen Reaktionszeiten" der Klägerin bei der Bereitstellung von Kesselwagen hat die Beklagte nicht hinreichend konkret dargelegt.

b)

Der Senat kann unter diesen Umständen offen lassen, ob eine Kündigung der Klägerin nach § 33 Abs. 1 Satz 2 PAB stets gerechtfertigt ist, wenn über Jahre hinweg kein nennenswerter Verkehr mehr über den privaten Gleisanschluss abgewickelt wird (so offenbar: OLG Frankfurt, a. a. O., S. 28; vgl. auch BGH BB 1971, 1481). Für die vom OLG Frankfurt vertretene Auffassung spricht immerhin, dass es ersichtlich kein wirtschaftliches Interesse der Klägerin an einem privaten Gleisanschluss, der praktisch überhaupt nicht mehr genutzt wird, gibt.

c)

Der Wirksamkeit der Kündigung steht nicht entgegen, dass das Verkehrsaufkommen bereits zu Beginn des Vertragsverhältnisses gering war.

Die Klägerin hat durch ein Schreiben der Beklagten vom 24. Juni 1987 belegt, dass diese in Aussicht gestellt hatte, 80 % ihres Warenumsatzes über den Privatgleisanschluss abzuwickeln. Die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin durften von daher einen erheblichen Verkehr auf dem Anschlussgleis erwarten. Dass die Beklagte bis zum Abschluss des Gleisanschlussvertrages am 19. April 1989 keinen nennenswerten Verkehr über das Anschlussgleis abgewickelt hatte, besagte in diesem Zusammenhang nichts. Denn es ist weder ersichtlich noch dargetan, dass die Beklagte zu einer Nutzung des Privatanschlussgleises vor Abschluss des Vertrages vom 19. April 1989 überhaupt berechtigt war. Dass sich die Erwartung eines höheren Verkehrsaufkommens über das Anschlussgleis zu keinem Zeitpunkt realisiert hat, schließt die Wirksamkeit der 1996 ausgesprochenen Kündigung nicht aus. Die stetige wachsende Unterdeckung musste die Klägerin nicht unbegrenzt hinnehmen. Die Tatsache, dass die Klägerin trotz geringen Verkehrs auf dem Anschlussgleis nicht zu einem früheren Zeitpunkt die Kündigung des Gleisanschlussvertrages erklärt hatte, gab der Beklagten keine Veranlassung, darauf zu vertrauen, dass die Klägerin ihr Recht zur Kündigung des Vertrages wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit zukünftig nicht mehr geltend machen würde. Dies gilt insbesondere, wenn man dem Vorbringen der Beklagten folgt, nach dem 1995 immerhin noch eine geringfügige Nutzung des Anschlussgleises stattgefunden hat.

d)

Das Vertragsverhältnis der Parteien hat sich nicht in direkter oder entsprechender Anwendung des § 568 BGB in der bis zum 31. August 2001 geltenden Fassung (im folgenden: a.F.) über den 31. August 1996 verlängert.

Bereits vor dem Vertragsende hatte die Beklagte selbst ihr Einverständnis mit einer Beendigung des Vertragsverhältnisses erklärt. Dies ergibt sich aus ihrem Schreiben vom 4. April 1996. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Beklagte den Gebrauch des Privatgleisanschlusses über den 31. August 1996 hinaus fortsetzte und § 568 BGB a. F. auf Verträge der vorliegenden Art überhaupt anwendbar ist, bedeutete dies im Hinblick auf ihr Schreiben vom 4. April 1996 keine stillschweigende Verlängerung des Vertrages.

Auch die Fortentrichtung der in dem Vertrag vom 19. April 1989 vorgesehenen Vergütung über den 31. August 1996 hinaus belegt keine stillschweigende Vertragsverlängerung. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Beklagte in der Zeit zwischen dem 31. August 1996 und dem 3. Dezember 1997 keine Zahlungen geleistet hat, und sich noch mit Schreiben vom 25. Juni 1997 auf die Kündigung des Vertrages berief.

e)

Als Rechtsfolge der Kündigung hat die Beklagte die Kosten für die Wiederherstellung des früheren Zustands zu tragen (§ 33 Abs. 1 Satz 2 PAB).

aa)

Diese Regelung ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen § 9 ABGB.

Bei den allgemeinen Bedingungen für Privatgleisanschluss (PAB) handelt es sich allerdings um allgemeine Geschäftsbedingungen, wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat (BGH MDR 1988, 218). Die aus § 33 Abs. 1 Satz 2 PAB folgende Kostentragungspflicht benachteiligt den Anschließer jedoch nicht unangemessen im Sinne des § 9 AGBG.

Nach § 9 Abs. 1 AGBG sind formularmäßige Vertragsbestimmungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Das ist nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Von maßgeblicher Bedeutung ist insoweit, ob die dispositive gesetzliche Regelung nicht nur auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht, sondern eine Ausprägung des Gerechtigkeitsgebots darstellt. Dabei brauchen Grundgedanken eines Rechtsbereichs nicht in Einzelbestimmungen formuliert sein. Es reicht aus, dass sie in allgemeinen, an Gerechtigkeitsgedanken ausgerichteten und auf das betreffende Rechtsgebiet anwendbaren Grundsätzen ihren Niederschlag gefunden haben (vgl. BGH ZMR 2001, 784, 786).

Die aus § 33 Abs. 1 Satz 2 PAB folgende Kostentragungspflicht weicht von Grundgedanken des - vergleichbaren - Mietrechts nicht nachteilig zu Lasten des Anschließers ab. Nach § 556 Abs. 1 BGB a. F. ist der Mieter verpflichtet, die gemietete Sache nach der Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben. Hierzu zählt nach allgemeiner Auffassung auch die Verpflichtung, Einrichtungen, mit denen der Mieter die Mietsache versehen hat, bei der Räumung zu entfernen. Diese Entfernungspflicht des Mieters entfällt nur dann, wenn der Vermieter ausdrücklich oder konkludent auf eine Entfernung nach Beendigung des Mietverhältnisses verzichtet hat (vgl. Scheuer, in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl. Kapitel V A, Rdnr. 16). Dass der Gleisanschließer nicht selbst zur Entfernung der Einrichtungen verpflichtet und berechtigt ist, mit denen die Gleisanlagen der Klägerin versehen worden sind, hängt ersichtlich nur damit zusammen, dass Arbeiten an den Stammgleisanlagen der Klägerin aus Sicherheitsgründen nicht von den Anschließern vorgenommen werden dürfen. Der Gleisanschließer wird aber nicht unangemessen dadurch benachteiligt, dass er der Klägerin die Aufwendungen für die Herstellung des ursprünglichen Zustandes an ihren Stammgleisanlagen ersetzen muss, wenn die Fortsetzung des Vertrages für die Klägerin wirtschaftlich unzumutbar ist.

Dass im besonderen Einzelfall denkbar ist, dass sich die in § 33 Abs. 1 Satz 2 PAB getroffene Regelung für den Anschließer als unangemessene Benachteiligung darstellt, etwa wenn sich eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit allein aus Gründen ergibt, die im Risikobereich der Klägerin liegen (etwa eine geplante großflächige Streckenstillegung), steht der generellen Wirksamkeit der Klausel nicht entgegen.

bb)

Die Klägerin hat auch Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses für die Rückbauarbeiten.

Mit dem Zahlungsantrag macht die Klägerin einen Vorschuss für Aufwendungen geltend, die ihr im Zusammenhang mit der Umgestaltung ihres Stammgleises voraussichtlich erwachsen. Es handelt sich insoweit um einen Aufwendungsersatzanspruch entsprechend § 670 BGB, für den sie in entsprechender Anwendung des § 669 BGB einen Vorschuss beanspruchen kann.

Dagegen ist kein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegeben, da die Beklagte nach der vertraglichen Regelung nicht verpflichtet und schon aus Gründen der Sicherheit des Bahnverkehrs nicht berechtigt ist, an den Stammgleisanlagen der Klägerin Arbeiten vorzunehmen. Folgerichtig enthält § 33 PAB lediglich die Verpflichtung des Anschließers, im Anschluss auf Bundesbahngelände geschaffene Anlagen auf seine Kosten wegzuräumen, während die Änderung der Bahnanlagen der Klägerin aus Kosten der Beklagten obliegt (vgl. auch §§ 7, 9 PAB).

Ob § 669 BGB einen allgemeinen Grundsatz enthält, der in allen Fällen einer mit Unkosten verbundenen Besorgung von Geschäften eines Dritten, dem sie eigentlich obliegen, einen Vorschussanspruch begründet (so RGRK/Steffen, 12. Aufl., § 669 BGB, Rdnr. 13), kann dahinstehen. Auch wenn man im Einzelfall eine Prüfung der Vorschussverpflichtung nach § 242 BGB für geboten hält (so Münchener Kommentar/Seiler 3. Aufl., § 669 BGB, Rdnr. 10) ist die Beklagte hier zur Zahlung eines Vorschusses verpflichtet.

Wie in den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen (NJW 1971 1450, 1451 und NJW 1967, 1366, 1367) ist es auch im Streitfall ein Gebot der Billigkeit, dass die Beklagte der Klägerin, die die Arbeiten ausführen muss, einen Vorschuss zur Verfügung stellte. Die vertragliche Regelung, nach der der Klägerin die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands an ihren Gleisanlagen selbst obliegt, hat ihren Grund ersichtlich darin, dass bei einer Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes durch die Beklagte die Sicherheit des Bahnverkehrs gefährdet wäre. Diese Besonderheit rechtfertigt es, der Klägerin einen Vorschussanspruch zuzubilligen. Ihre Rechte sind nicht darauf beschränkt, die Kosten zunächst selbst zu verauslagen und erst dann gemäß § 257 BGB von der Beklagten Befreiung zu verlangen.

Dass in § 33 PAB eine Vorschussverpflichtung - anders als in § 8 PAB - nicht ausdrücklich geregelt ist, steht dem nicht entgegen. Wann der Anschließer anlässlich der Herstellung von Anschlussanlagen durch die Bundesbahn lediglich einen Teilbetrag von mindestens 1/3 vor Beginn der Arbeiten zu zahlen hat, stellt dies eine Sonderregelung zu seinen Gunsten dar, die ersichtlich einen Anreiz zum Vertragsabschluss bieten soll. Bei einer Vertragsbeendigung, wie sie hier im Streit ist, besteht keine sachliche Rechtfertigung, den Vorschussanspruch auf einen Teil der voraussichtlich entstehenden Kosten zu beschränken.

cc)

Die Höhe des geltend gemachten Vorschussanspruchs hat die Beklagte im Berufungsrechtszug nicht mehr angegriffen. Ihr Bestreiten mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) im ersten Rechtszug war nicht zulässig, da der tatsächliche Aufwand der notwendigen Umbaumaßnahmen auf dem Stammgleis der Klägerin von der Beklagten abgeschätzt werden kann.

2.

Das Landgericht hat ferner zu Recht festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die über 34.800,00 DM zzgl. der gesetzlichen Ust. (40.368,00 DM) hinaus entstehenden Kosten zu erstatten, die im Zusammenhang mit dem Ausbau der Anschlussweiche Nr. 230 erforderlich sein werden.

a)

Das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse der Klägerin ist gegeben.

Die Klägerin hat nachvollziehbar dargelegt, dass es ihr nicht möglich ist, die entstehenden Kosten für die an ihrem Stammgleis erforderlichen Arbeiten exakt zu beziffern. Da die Beklagte ihre Verpflichtung zur Übernahme der Kosten generell bestreitet, hat die Klägerin ein rechtliches Interesse daran, die grundsätzliche Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz der erforderlichen Aufwendungen festzustellen.

b)

Der Antrag ist auch begründet, da die Beklagte aus den oben dargelegten Gründen verpflichtet ist, der Klägerin die Aufwendungen zu ersetzen, die zur Wiederherstellung des früheren Zustandes an ihrem Stammgleis erforderlich sind.

3.

Die Beklagte ist auf § 556 BGB a. F. in Verbindung mit § 33 Abs. 2 Satz 1 PAB überdies verpflichtet, die im Anschluss auf dem Gelände der Klägerin geschaffenen Anlagen durch einen Ausbau der Gleisanlagen zu räumen und den ursprünglichen Zustand durch Einplanierung des betroffenen Grundstücks wieder herzustellen.

a)

Das angefochtene Urteil ist allerdings insoweit unvollständig, als es in seinem Tenor auf einen anliegenden Plan Bezug nimmt, der nicht Bestandteil des Urteils geworden ist. Der Senat fügt deshalb seinem Urteil einen Plan bei, aus dem sich das von der Beklagten zu räumende Gelände ergibt.

b)

Da ein wichtiger Grund zur Kündigung im Sinne des § 32 Abs. 1 2. Halbsatz PAB vorgelegen hat, ist die Beklagte verpflichtet, die Gleisanlagen auf dem rot markierten Teil des Plans zu entfernen.

aa)

Dass auf dem rot markierten Teil des Plans, der Bestandteil des Gleisanschlussvertrages vom 19. April 1989 ist, Gleisanlagen markiert sind, die die Beklagte von der Vormieterin übernommen hat, ist unstreitig. Die Beklagte bestreitet lediglich, dass die Kosten der Anschlussweiche Nr. 230 seinerzeit von ihrer Einzelrechtsvorgängerin getragen wurden.

Die Beklagte bestreitet letztlich auch nicht, dass zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes die Einplanierung des betroffenen Grundstücks gehört.

bb)

Es kann dahinstehen, ob die Beklagte zur Räumung des Grundstücks durch Ausbau ihrer Gleisanlagen von dem Anschlussgleis auch dann verpflichtet wäre, wenn die Klägerin keinen besonderen Grund zur Kündigung gehabt hätte. § 33 Abs. 2 PAB deutet darauf hin, dass der Anschließer zur Beseitigung seiner Gleisanlagen in jedem Fall der Kündigung verpflichtet ist, wenn die Klägerin deren Überlassung gegen Erstattung des Zeitwertes - wie hier - nicht verlangt.

4.

Die Berufung hat jedoch insoweit Erfolg, als die Beklagte nicht verpflichtet ist, die Anschlussweiche Nr. 230 nach dem Ausbau wieder zurückzunehmen.

Nach § 33 Abs. 1 PAB wäre die Beklagte lediglich verpflichtet, die Weiche wieder an sich zu nehmen, wenn sie auf ihre Kosten bzw. auf Kosten ihrer Einzelrechtsvorgängerin angeschafft worden wäre. Dies ist streitig und von der Klägerin nicht unter tauglichen Beweis gestellt. Insbesondere legt die Klägerin nicht den Vertrag mit der Einzelrechtsvorgängerin der Beklagten vor, aus dem sich ergeben soll, dass die Anschlussweiche Nr. 230 seinerzeit von der Vormieterin angeschafft worden ist. Dass die Klägerin Unterlagen nicht mehr vorlegen kann, die bei Beendigung des Vertragsverhältnisses Bedeutung erlangen können, rechtfertigt nicht, die Beklagte mit den Folgen dieser von der Klägerin allein zu verantwortenden Beweisnot zu belasten.

5.

Der Zinsanspruch beruht auf den §§ 284 Abs. 1 Satz 2, 288 Abs. 1 BGB.

Auch ein Vorschussanspruch ist zu verzinsen (vgl. BGH NJW 1983, 2191 zu § 633 Abs. 3 BGB).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Wert der Beschwer übersteigt 60.000,00 DM für beide Parteien nicht. Es liegen keine Gründe vor, die die Zulassung der Revision rechtfertigen (§ 546 Abs. 1 ZPO).

Streitwert für das Berufungsverfahren: 46.248,60 DM (Klageantrag zu 1: 40.368,00 DM, Klageantrag zu 2: 2.000,00 DM, Klageantrag zu 3: 1.000,00 DM, Klageantrag zu 4: 2.880,60 DM, (240,05 DM x 12)).

Ende der Entscheidung

Zurück