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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 19.03.2002
Aktenzeichen: 24 U 72/01
Rechtsgebiete: DÜG, BGB, ZPO


Vorschriften:

DÜG § 1
BGB § 326
BGB § 1586 b
BGB § 1586 b Abs. 1
BGB § 1586 b Abs. 1 Satz 3
BGB § 1585 c
BGB § 1970
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 256
ZPO § 263
ZPO § 264 Nr. 3
ZPO § 269 Abs. 4 a.F.
ZPO § 287
ZPO § 286
ZPO § 519 Abs. 3 Nr. 2 a.F.
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 994
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

24 U 72/01

Verkündet am 19. März 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 19. Februar 2002 durch seine Richter Z, T und D

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 27. Februar 2001 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die gegen sie gerichtete Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung von in Höhe von 15.000 € abwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die beklagten Rechtsanwälte auf Schadenersatz in Anspruch.

Am 13. Januar 1988 schloss die am 21. Oktober 1938 geborene Klägerin mit ihrem damaligen Ehemann eine Scheidungsvereinbarung . Am 16. oder 17. Februar 1997 verstarb der geschiedene Ehemann der Klägerin (im folgenden: Erblasser). Das Nachlassgericht ordnete am 16. Juni 1997 die Nachlassverwaltung an und bestimmte Rechtsanwalt J zum Nachlassverwalter.

Mit Schreiben vom 26. Juni 1997 und 10. November 1997 meldeten die Beklagten gegenüber dem Nachlassverwalter auftragsgemäß Ansprüche der Klägerin aus der Scheidungsvereinbarung vom 13. Januar 1998 als Nachlassforderungen an. Mit Schreiben vom 7. Januar 1998 beantragte der Nachlassverwalter, ein Aufgebot der Gläubiger des Nachlasses zu erlassen, sowie mit Schreiben vom 11. Februar 1998 den Erlass eines Ausschlussurteils. Am 28. Mai 1998 erließ das Amtsgericht antragsgemäß ein Aufgebot und forderte die Nachlassgläubiger auf, ihre Forderungen bis zum 25. September 1998, 11.oo Uhr anzumelden. Am 25. September 1998 erließ das Amtsgericht Düsseldorf ein Ausschlussurteil, in dem Forderungen der Klägerin nicht berücksichtigt sind.

Mit Schreiben vom 7. Dezember 1998 meldeten die Beklagten bei dem Amtsgericht Düsseldorf unter Berufung auf die Scheidungsvereinbarung vom 13. Oktober 1988 eine Forderung der Klägerin gegen den Nachlass in Höhe von 2.692.000,- DM an und beantragten vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Ausschlussfrist. Das Amtsgericht wies den Wiedereinsetzungsantrag durch Beschluss vom 15. Januar 1999 zurück.

Die Nachlassverwaltung dauert an. Voraussichtlich stehen einem Wert der Aktiva von etwa 2,1 Millionen DM Passiva in Höhe von 4,0 Millionen DM gegenüber, wobei Forderungen der Klägerin nicht berücksichtigt sind.

Nach ihrem letzten Vorbringen in erster Instanz hat die Klägerin behauptet, durch die Nichtanmeldung ihrer Forderungen im Aufgebotsverfahren sei ihr ein Schaden in Höhe von 510.664,78 DM entstanden. Der Erblasser habe seine aus Ziffer 4.1 der Scheidungsvereinbarung resultierende Verpflichtung zur Sicherung einer monatlichen Rentenzahlung von 8.000,- DM ab ihrem 60. Lebensjahr nicht erfüllt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 510.664,78 DM nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit Rechtshängigkeit ( 9. Oktober 2000) zu zahlen;

hilfsweise:

a.)

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 79.460,00 DM nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG auf einen Teilbetrag in Höhe von 66.746,40 DM seit Rechtshängigkeit (23. Januar 2001), nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG auf einen Teilbetrag in Höhe von 3.178,40 DM seit dem 1.10.2000, nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG auf einen Teilbetrag in Höhe von 66.746,40 DM seit dem 01.11.2000 , nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG auf einen Teilbetrag in Höhe von 3.178,40 DM seit dem 1.12.2000 sowie nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG auf einen Teilbetrag in Höhe von 3.178,40 DM seit dem 01.01.2001 zu zahlen.

b)

festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, an die Klägerin ab Januar 2001 monatlich 3.178,40 DM bis zu ihrem Tode zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben mit Nichtwissen bestritten, dass der Erlasser die Verpflichtung aus Ziffer 4.1 der Scheidungsvereinbarung nicht erfüllt habe. Die Klägerin habe sich eines Guthabens des Erblassers bei Schweizer Banken in Höhe von 2,5 Millionen DM bemächtigt; ein Schaden sei ihr deshalb nicht entstanden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und dazu ausgeführt: Der Klägerin stehe dem Grunde nach zwar ein Schadenersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung zu. Ihr sei aber kein Schaden entstanden. Gegen den Nachlass hätten ihr allenfalls Unterhaltsansprüche zugestanden, deren Durchsetzung aber an § 1586 b BGB gescheitert wäre. Eine ergänzende Vertragsauslegung komme nicht in Betracht, da nicht klar sei, was die Klägerin und der Erblasser vereinbart hätten, wenn sie bedacht hätten, dass Unterhaltsansprüche an § 1586 b BGB scheitern könnten.

Den Hilfsantrag zu b) hat das Landgericht im Hinblick auf den Vorrang einer Leistungsklage als unzulässig angesehen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, die unter Bezugnahme und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die grundsätzliche Feststellung einer Schadenersatzverpflichtung der Beklagten begehrt.

Die Klägerin behauptet, der Erblasser habe auf seinen Namen zur Absicherung der Rente der Klägerin bei der Schweizer L-Bank ein Konto mit der Nummer 17571 errichtet, das beim Eintritt des Erbfalls ein Guthaben von 964.700,68 DM aufgewiesen habe. § 1586 b BGB sei auf die gewählte Vertragsgestaltung nicht anzuwenden. Hilfsweise sei eine ergänzende Vertragsauslegung erforderlich.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen,

dass der Klägerin Ansprüche gegenüber dem Nachlass des T in Höhe von DM 1.285.338,00 bzw. EUR 657.182,88 zustehen, mit denen sie infolge der durch den Beklagten unterlassenen Anmeldung beim Nachlasspfleger ausgeschlossen wurde und dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr entstanden ist, weil sie an der Auszahlungsquote nicht teilnimmt, die sich im Falle der Berücksichtigung ihrer Forderung ergeben hätte.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie halten die Berufung für nicht ordnungsgemäß begründet und damit für unzulässig.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I

Die Berufung ist zulässig. Berufungsgründe sind ausreichend vorgetragen.

Nach § 519 Abs.3 Nr.2 ZPO a.F. muss die Berufungsbegründung grundsätzlich eine bestimmte Bezeichnung der im einzelnen aufzuführenden Gründe der Anfechtung enthalten. Die Berufung kann jedoch auch ausschließlich auf neue Tatsachen gestützt werden. In diesem Fall bedarf es in der Berufungsbegründung keiner Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils (BGH MDR 1967, 755).

Sofern man der Auffassung der Beklagten folgt, die Berufung stütze sich ausschließlich auf neues Vorbringen, weil die Klägerin nunmehr -abweichend vom Vorbringen erster Instanz behauptet- der Erblasser habe seine Verpflichtung aus Ziffer 4.1 der Scheidungsvereinbarung erfüllt, bedurfte es gar keiner Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils.

Nimmt man dagegen an, eine Auseinandersetzung sei erforderlich, weil das Landgericht auch ausgeführt hat, gegen den Nachlass beständen keine durchsetzbaren Unterhaltsansprüche, so reicht die hilfsweise Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils für eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung aus.

II

Die Berufung ist aber unbegründet.

1.)

Die Klage ist allerdings zulässig.

a.)

Die Beklagten haben die Einlassung -entgegen ihrer Ankündigung- nicht bis zur (teilweisen) Erstattung der Prozesskosten nach § 269 Abs.4 ZPO a.F. (= § 269 Abs.6 ZPO n.F.) verweigert.

Eine solche Einrede stand den Beklagten auch nicht zu.

Nach § 269 Abs.4 ZPO a.F. kann der Beklagte die Einlassung (nur) verweigern, wenn die Klage von neuem angestellt wird, bevor dem Beklagten die Kosten des Vorprozesses erstattet sind. Ob § 269 Abs.4 ZPO a.F. auch Anwendung findet, wenn der Kläger die Klage in demselben Verfahren zulässigerweise wieder erweitert (vgl. BGH NJW 1984, 658), kann dahinstehen. Denn im Streitfall hat die Klägerin die Klage nicht "von neuem angestellt". Der im Berufungsrechtszug zuletzt verfolgte Feststellungsantrag war weder Gegenstand eines vorangegangenen Klageverfahrens noch Gegenstand des ersten Rechtszuges. Eine erstinstanzliche Klagerücknahme lag vielmehr nur insoweit vor, als die Klägerin einen in erster Instanz verfolgten Zahlungsantrag um 91.863,70 DM zurückgenommen hatte (Bl.77 GA). Dieser Antrag wird im Berufungsrechtszug nicht erneut verfolgt.

Im übrigen greift die Einrede aus § 269 Abs.4 ZPO a.F. auch deshalb nicht durch, weil die Beklagten nicht dargelegt haben, welchen Betrag ihnen die Klägerin infolge der Klagerücknahme schuldet (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 59. Aufl. § 269, Rdrn.49 )

b.)

Es kann dahinstehen, ob der nunmehr verfolgte Feststellungsantrag eine Klageänderung nach § 263 ZPO beinhaltet oder eine nicht als Klageänderung zu behandelnde Umstellung des Klageantrages nach § 264 Nr.3 ZPO vorliegt. Letzteres ist zweifelhaft, da die Umstellung möglicherweise nicht durch eine später eingetretene Veränderung veranlasst ist. Der Senat erachtet die Umstellung der Klageanträge jedoch für sachdienlich, so dass eine etwaige Klageänderung zulässig ist.

c.)

Das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben.

Da die Beklagten ihre Verpflichtung zum Schadenersatz bestreiten, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an der Feststellung gegeben. Dabei kann offen bleiben, ob der Klägerin eine Teilbezifferung möglich wäre, weil die Nachlassgläubiger mindestens zu 39,73 % befriedigt werden. Denn es besteht insgesamt ein Feststellungsinteresse, wenn der Schaden nicht vollständig beziffert werden kann ( vgl. BGH NJW 1984, 1552, 1554; Zöller-Greger, ZPO, 22. Aufl., § 256, Rdnr.7 ).

2.)

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Das Landgericht hat zu Recht entschieden, dass den Beklagten zwar eine Pflichtverletzung des Anwaltsvertrages (§§ 611, 675 BGB) zur Last fällt, der Klägerin hieraus aber kein Schaden entstanden ist.

a.)

Die Beklagten haben ihre aus dem Mandatsverhältnis folgende Verpflichtung, die rechtlichen Interessen der Klägerin umfassend zu wahren (vgl. BGH NJW-RR 2000,791; NJW 1996, 2648), verletzt.

Die Beklagten waren von der Klägerin mit der Wahrnehmung ihrer Interessen zur Geltendmachung von Ansprüchen aus der Scheidungsvereinbarung vom 13. Oktober 1988 gegenüber dem Nachlassverwalter und den Erben beauftragt. Dies ist unstreitig und folgt namentlich aus den Schreiben der Beklagten vom 26. Juni 1997 (Bl.22 GA) und 10. November 1997 (Bl.24 GA). Von der Anordnung eines Aufgebotes nach § 1970 BGB haben die Beklagten unstreitig am 16. Juni 1998 erfahren. Eine förmliche Zustellung des Aufgebotes war für die Wirksamkeit des Aufgebotes nicht erforderlich, da § 994 ZPO nur eine Sollvorschrift darstellt (vgl. Zöller-Geimer a.a.O., § 994, Rdnr.2). Ob die Beklagten sich, wenn sie dulden, dass Empfangsbekenntnisse in ihrer Kanzlei mit Faksimile - Stempeln versehen werden, nicht ohnehin so behandeln lassen müssen, als sei das Aufgebot wirksam zugestellt worden, kann deshalb offen bleiben.

Ihre aus dem Mandatsverhältnis folgende Verpflichtung, die Ansprüche der Klägerin innerhalb der vom Amtsgericht Düsseldorf gesetzten Frist anzumelden, haben die Beklagten verletzt. Denn sie haben erst mit Schreiben vom 7. Dezember 1998 -und damit nach Ablauf der Ausschlussfrist- Ansprüche der Klägerin angemeldet. Dies stellte eine Verletzung der den Beklagten obliegenden Verpflichtung dar, bei der Wahrnehmung der Interessen der Klägerin den sichersten Weg zu beschreiten (vgl. BGH a.a.O.).

b.)

Die Pflichtverletzung hat jedoch nicht zu einem Schaden geführt.

aa.)

Für den haftungsausfüllenden Ursachenzusammenhang zwischen der anwaltlichen Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden ist unter Berücksichtigung der in § 287 ZPO getroffenen Regelung festzustellen, was geschehen wäre, wenn die beauftragten Rechtsanwälte sich vertragsgerecht verhalten hätten und wie die Vermögenslage des Mandanten dann wäre. Dieser trägt insoweit die Beweislast, die durch den Beweis des ersten Anscheins und die -gegenüber § 286 ZPO- geringeren Anforderungen des § 287 ZPO an die Darlegungslast und an das Beweismaß erleichtert wird (vgl. BGH NJW 2000, 2814, 2815). Einen erstattungsfähigen Schaden hätte die Klägerin erlitten, wenn sie bei rechtzeitiger Anmeldung ihrer Forderungen Ansprüche gegen den Nachlass hätte durchsetzten können. Für die hypothetische Beurteilung ist die Beurteilung des Regressgerichts maßgeblich. Dabei gelten die Beweislastregeln, die bei streitiger Geltendmachung der Forderungen in einem Vorprozess zur Anwendung gekommen wären (vgl. BGH NJW 2000,1572; 2001, 2169, 2170; 2001, 146, 148).

bb.)

Der Senat ist mit dem Landgericht davon überzeugt, dass auch bei rechtzeitiger Anmeldung der Forderungen kein durchsetzbarer Anspruch gegen den Nachlass bestanden hätte.

(1)

Im Berufungsrechtzug stützt sich die Klägerin in erster Linie darauf, sie habe aus Ziffer 4.1 der Scheidungsvereinbarung einen Anspruch gegen den Nachlass auf monatliche Zahlung einer Rente von 8.000,- DM erlangt.

Ein solcher Anspruch bestand aber auf der Grundlage des tatsächlichen Vorbringens der Klägerin nicht. Dies folgt zunächst daraus, dass die Klägerin erst mit Vollendung ihres 60. Lebensjahres (am 21. Oktober 1998) einen Rentenanspruch erlangen sollte. Als der Erblasser im Februar 1997 starb, bestand demnach noch kein Rentenanspruch.

Die Klägerin hatte nach eigener Darstellung auch keine gesicherte Rechtsstellung in Bezug auf das nach ihrem Vorbringen für die Absicherung der Rentenzahlung eingerichtete Konto erlangt. Denn sie hatte über dieses Konto keine Verfügungsbefugnis. Auch die Vorgänge nach dem Tode des Erblassers zeigen -die Richtigkeit des Vorbringens der Klägerin unterstellt- wie ungeschützt ihre Rechtsstellung in Bezug auf das Konto war (vgl. die dazu vorgelegten Telefaxbriefe), von dem bereits kurz nach dem Tod des Erblassers erhebliche Beträge abgebucht wurden. Ob ein Betrag von 964.700,68 DM zum 17. Februar 1997 überhaupt ausgereicht hätte, um eine Rentenzahlung von monatlich 8.000 ,- DM abzusichern, erscheint überdies zweifelhaft. Denn die Klägerin errechnet ein notwendiges Kapital von 1.285.338,- DM, um eine monatliche Rentenzahlung von 8.000,- DM ab ihrem 60. Lebensjahr zu gewährleisten.

Die Abrede in Ziffer 4.1 der Scheidungsvereinbarung ging auch nicht dahin, einen Rentenanspruch gegen den Erblasser (und gegebenenfalls dessen Erben) zu begründen. Denn der Erblasser hatte sich in Ziffer 4.1 der Vereinbarung nicht verpflichtet, der Klägerin ab ihren 60. Lebensjahr eine Rente zu zahlen (vgl. dazu OLG Koblenz OLGZ 1978, 245,247), sondern (nur), gesicherte Ansprüche der Klägerin gegen einen Dritten zu begründen.

(2)

Es bestand auch kein durchsetzbarer Erfüllungsanspruch gegen den Nachlass aus Ziffer 4.1 der Scheidungsvereinbarung, das für eine Rente in Höhe von 8.000,- DM ab dem 60. Lebensjahr notwendige Kapital noch zu schaffen und/oder der Klägerin eine gesicherte Rechtsstellung einzuräumen.

Seiner Natur nach handelt es sich bei der in Ziffer 4.1 der Scheidungsvereinbarung begründeten Verpflichtung des Erblassers um einen Anspruch, der dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich (§§ 1587 f - n BGB) ähnlich ist.

Für diesen ist anerkannt, dass der Anspruch auf eine schuldrechtliche Ausgleichsrente mit dem Tod des Ausgleichsverpflichten endet, sich also nicht gegen die Erben richtet (vgl. BGH FamRZ 1989, 963; Palandt/Brudermüller, BGB, 61. Aufl., § 1587 k Rdnr.3).

Nimmt man dagegen an, die in Ziffer 4.1. eingegangene Verpflichtung des Erblassers sei ihrer Natur nach die Ausgestaltung einer Unterhaltsverpflichtung, weil der Rentenanspruch gewissermaßen Surrogat für Unterhaltansprüche sein sollte, so ist auf eine derartige Vereinbarung die Vorschrift des § 1586 b BGB insgesamt entsprechend anwendbar.

Die grundsätzliche Anknüpfung der Unterhaltsverpflichtung an die Lebenszeit der Klägerin -und nicht die des Erblassers- spricht zunächst dafür, dass der Unterhaltsanspruch der Klägerin auch die Erben verpflichtete (vgl. RGZ 162, 298, 301; Hambitzer, FamRZ 2001, 201,202). Die Verpflichtung der Erben ist aber nach § 1586 b Abs 1 Satz 3 BGB auf einen fiktiven Pflichtteil beschränkt. Zwar können die Parteien in einer Unterhaltsvereinbarung nach § 1585 c BGB regeln, dass die Unterhaltsverpflichtung der Erben nicht nach § 1586 b Abs.1 Satz 3 BGB begrenzt sein soll. Unterbleibt aber eine ausdrückliche Regelung, ist durch Auslegung im Einzelfall zu ermitteln, was zwischen den Parteien nach dem Tod des Unterhaltsverpflichteten gelten soll (vgl. Hambitzer a.a.O; MüKo/Maurer,BGB,4. Aufl., § 1586 b, Rdnr.2 ).

Für eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Vereinbarung trägt nach allgemeinen Grundsätzen derjenige die Beweislast, der sich auf die Abweichung beruft. Der danach der Klägerin obliegende Beweis, dass die Parteien eine Verpflichtung der Erben ohne die Begrenzung nach § 1586 b Abs.1 Satz 3 BGB gewollt haben, ist nicht erbracht.

Die Regelung des § 1586 b Abs.1 BGB beruht auf der Erwägung, dass der geschiedene Ehegatte einen Ersatzanspruch für das infolge der Scheidung weggefallene Erbrecht erlangen soll. Andererseits soll der geschiedene Ehegatte grundsätzlich nicht besser gestellt werden, als er stände, wenn die Ehe nicht geschieden worden wäre (vgl. OLG Köln, FamRZ 1983,1036, 1038; Palandt-Brudermüller a.a.O. , § 1586 b Rdnr.8). Aufgrund welcher Umstände die Parteien der Scheidungsvereinbarung hier eine Besserstellung der Klägerin in der Weise gewollt haben, dass die Erben abweichend von § 1586 b Abs. 1 Satz 3 BGB unbeschränkt haften sollten, hat die Klägerin weder ausreichend dargelegt noch unter Beweis gestellt.

Die Systematik der geschlossenen Vereinbarung belegt einen solchen Willen der Vertragsschließenden nicht. Eine Absicherung der Klägerin haben die Parteien nämlich in Ziffer 5 der Scheidungsvereinbarung insoweit vereinbart, als der Klägerin das Bezugsrecht für Lebensversicherungen eingeräumt wurde, die der Erblasser abgeschlossen hatte. Ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Schreibens der Beklagten vom 10.November 1997 sind der Klägerin aus diesen Lebensversicherungen auch Beträge zugeflossen. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2002 hat erklären lassen, die Lebensversicherungen "seien nicht mehr existent", spricht dies nicht dagegen, dass die Klägerin nach dem Tode des Erblassers Leistungen von Lebensversicherern erhalten hat. Die zwischen dem Erblasser und der Klägerin vereinbarte Absicherung durch Lebensversicherungen spricht entscheidend dafür, dass die Vertragsschließenden den Erben die Haftungsbeschränkung des § 1586 b Abs.1 Satz 3 BGB zugute kommen lassen wollten. Schließlich spricht die in Ziffer 5.4 der Scheidungsvereinbarung getroffene Regelung dafür, dass die Klägerin nicht einen Rentenanspruch und Ansprüche aus den Lebensversicherungen besitzen sollte.

Bei der Auslegung der vertraglichen Abreden kommt es nicht entscheidend darauf an, dass infolge der Überschuldung des Nachlasses die Erben letztlich auch dann nicht von der Haftungsbeschränkung des § 1586 b Abs.1 Satz 3 BGB profitiert hätten, wenn die Beklagten die Forderung der Beklagten rechtzeitig angemeldet hätten. Ob die Parteien eine andere Regelung getroffen hätten, wenn sie § 1586 b Abs.1 Satz 3 BGB bedacht hätten, ist aus der Sicht bei Abschluss des Vertrages zu beurteilen (vgl. BGHZ 123, 281,285; Palandt/Heinrichs a.a.O., § 157, Rdnr.7). Bezogen auf diesen Zeitpunkt spricht nichts dafür, dass die Parteien eine Überschuldung des Nachlasses in Erwägung gezogen haben. Im Gegenteil legt die Höhe des zugesagten Unterhaltes nahe, dass die Vertragsschließenden davon ausgingen, der Erblasser werde in besten Vermögensverhältnissen leben.

Ob im Hinblick auf die in Ziffer 5 der Scheidungsvereinbarung getroffene Regelung überhaupt ein Erfüllungsanspruch aus Ziffer 4.1 der Scheidungsvereinbarung über den Tod des Erblassers hinaus gewollt war, kann dahinstehen. Sofern man dies zugunsten der Klägerin annimmt, war dieser Anspruch jedenfalls nach § 1586 b Abs.1 Satz 3 BGB beschränkt.

Wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, schließt die Haftungsbeschränkung im Streitfall Ansprüche der Klägerin aus. Denn unstreitig war der Nachlass erheblich überschuldet, so dass der Klägerin ein Pflichtteilsanspruch nicht zustanden hätte (§§ 2303, 2311 BGB). Der Nachlassverwalter hat die Einrede aus § 1586 Abs.1 Satz 3 BGB auch erhoben.

(4)

Der Klägerin stand auch kein Schadenersatzanspruch wegen Nichterfüllung der in Nr. 4.1 der Scheidungsvereinbarung getroffenen Abrede aus § 326 BGB zu.

Nach ihrem letzten Vorbringen scheidet ein solcher Anspruch schon deshalb aus, weil die Klägerin behauptet, der Erblasser habe die Verpflichtung aus Ziffer 4.1 der Scheidungsvereinbarung erfüllt. Eine schuldhafte Nichterfüllung durch den Erblasser oder den Nachlass (-verwalter) liegt von daher fern.

Aber auch wenn man aus den zu (1) erörterten Gründen nicht von einer Erfüllung der Verpflichtung aus Ziffer 4.1. der Scheidungsvereinbarung ausgeht, stand einem Schadenersatzanspruch gegen den Nachlass die in Ziffer 1.6 der Scheidungsvereinbarung getroffene Regelung entgegen, nach der der Erblasser bis zur Erfüllung der Verpflichtung aus Ziffer 4.1 weiter einen Unterhalt von 15.000,- DM monatlich zahlen sollte. Bei verständiger Würdigung der Abrede schließt dies einen darüber hinausgehenden Schadenersatzanspruch wegen Nichterfüllung, für den die Haftungsbeschränkung des § 1586 b Abs.1 Satz 3 BGB nicht entsprechend anwendbar sein würde, aus. Auch insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin mit dem Erblasser eine Absicherung über Lebensversicherungen gemäß Ziffer 5 der Scheidungsvereinbarung vereinbart hatte.

(5)

Durchsetzbare Ansprüche aus Ziffer 1.6 der Scheidungsvereinbarung hätten auch bei rechtzeitiger Anmeldung durch die Beklagten nicht bestanden.

Ausweislich des klaren Wortlautes dieser Abrede handelte es sich insoweit um einen Unterhaltsanspruch, für den § 1586 b Abs.1 Satz 3 BGB entsprechend anwendbar ist. Infolge der Überschuldung des Nachlasses hätte die Klägerin auch bei rechtzeitiger Anmeldung ihrer Forderung durch die Beklagten keinen durchsetzbaren Anspruch erlangt.

Eine (ergänzende) Vertragsauslegung in der Weise, dass die Haftungsbeschränkung des § 1586 b Abs.1 Satz 3 BGB für den Unterhaltsanspruch aus Ziffer 1.6 nicht zur Anwendung kommen sollte, ist nicht gerechtfertigt. Insoweit gelten die Ausführungen zu (2) und (3) entsprechend.

(6)

Der Anspruch der Klägerin aus Ziffer 3.2. der Scheidungsvereinbarung ist durch Zahlung Dritter (§ 267 BGB) erfüllt (vgl. Bl.17 GA), so dass der Klägerin auch insoweit kein Schaden entstanden ist.

III

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs.2 ZPO n.F.).

Der Wert der Beschwer übersteigt 20.000,- €.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 208.879,01 € festgesetzt (wird ausgeführt).

Ende der Entscheidung

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