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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 13.06.2001
Aktenzeichen: 3 Wx 132/01
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 16 Abs. 2
BGB § 242
Zum Anspruch des Wohnungseigentümers auf Zustimmung zu einer Änderung des Kostenverteilungsschlüssels dahin, dass die Wasser- und Entwässerungskosten nach dem tatsächlichen Verbrauch und nicht - wie in der Teilungserklärung bestimmt - nach dem Verhältnis der Wohn- und Nutzflächen abgerechnet werden.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

3 Wx 132/01

In dem Wohnungseigentumsverfahren

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 22. März 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Gottschalg sowie der Richter am Oberlandesgericht von Wnuck-Lipinski und Dr. Schütz am 13. Juni 2001 beschlossen:

Tenor:

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen, jedoch wird die Kostenentscheidung des Landgerichts dahin abgeändert, dass eine Erstattung aussergerichtlicher Kosten auch im amtsgerichtlichen Verfahren nicht stattfindet.

Die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde trägt die Beteiligte zu 1. Aussergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 5.000,00 DM.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 1. ist mit einem Miteigentumsanteil von 792,1/10.000,00 DM und als Sondereigentümerin des im Aufteilungsplan mit "II" bezeichneten Ladenlokals Mitglied der o. a. Wohnungseigentümergemeinschaft.

In § 10 der Teilungserklärung ist hinsichtlich der Verteilung der Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums u. a. unter 1a Betriebskosten folgendes bestimmt:

Die Wohnungseigentümer müssen alle Betriebskosten gemeinsam tragen) dabei werden die Kosten der Beheizung nach dem tatsächlichen Wärmeverbrauch und die übrigen Betriebskosten (z. B. Wassergeld, öffentliche Abgaben, Aufzugskosten, Versicherungen, Hausmeister, Gemeinschaftsantenne, Treppenhausbeleuchtung und Reinigung u. dgl.) im Verhältnis der Wohn- und Nutzflächen zueinander auf die Wohnungseigentümer umgelegt. An den Betriebskosten für den Aufzug beteiligten sich nicht die Eigentümer der im Erdgeschoss gelegenen Teileigentumsrechte (Ladenlokale). Die auf die einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Kostenanteile sind an den Verwalter zu zahlen.

Die Beteiligte zu 1. die bereits in den Jahren 1997 und 1998 ohne Erfolg versucht hatte, einen Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung herbeizuführen, wonach die Kosten für den Wasserverbrauch und die Kanalgebühren nicht mehr nach Flächen umgelegt, sondern zukünftig nach Verbrauch abgerechnet werden sollten, hat zunächst die Feststellung begehrt, dass die genannten Kosten und Gebühren beginnend mit dem Wirtschaftsjahr 1999 nach Verbrauch abgerechnet werden sollten, hilfsweise, die Beteiligten zu 2., zu verpflichten, in Abänderung der Teilungserklärung der verbrauchsabhängigen Abrechnung der Wasser- und Kanalgebühren bezüglich der gewerblich genutzten Sondereigentumseinheiten Erdgeschoss links und rechts sowie Dachgeschoss ab dem Wirtschaftsjahr 1999 zuzustimmen. Sie hat ferner beantragt, den in der Wohnungseigentümerversammlung vom 24.05.2000 zu Top 4.1 gefassten Beschluss, mit dem die Jahresabrechnung für 1999 (mit der Kostenverteilung entsprechend der Teilungserklärung) genehmigt wurde, für ungültig zu erklären.

Den zunächst als Hauptantrag gestellten Feststellungsantrag hat sie später zurückgenommen.

Die Beteiligte zu 1. hat angegeben, sie werde durch die Abrechnung der Wasser- und Kanalgebühren entsprechend der Regelung in der Teilungserklärung unangemessen benachteiligt. Der Wasserverbrauch in ihrem gewerblich genutzten Teileigentum sei erheblich niedriger als in den bewohnten Sondereigentumseinheiten. Dies hätten die Messergebnisse eines auf ihre Veranlassung im Mai 1995 in ihrem Geschäftsraum installierten Wasserzählers eindeutig ergeben.

Die Beteiligten zu 2. sind dem Verlangen der Beteiligten zu 1. entgegengetreten. Sie haben darauf hingewiesen, die Beteiligte zu 1. sei seit 1975 Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft und habe über 20 Jahre lang die nach der Teilungserklärung vorgenommene Verteilung der Wasserkosten und Kanalgebühren nicht beanstandet.

Das Amtsgericht hat den Beteiligten zu 2. aufgegeben, einer Änderung des Verteilungsschlüssels in der Teilungserklärung dahin zuzustimmen, dass die Wasserkosten und Kanalgebühren bezüglich der gewerblich genutzten Sondereigentumseinheit der Antragstellerin nach Verbrauch abgerechnet werden. Den weitergehenden Antrag der Beteiligten zu 1. hat es zurückgewiesen.

Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2. hat das Landgericht die amtsgerichtliche Entscheidung abgeändert und auch den Antrag der Beteiligten zu 1., einer Änderung der Teilungserklärung zuzustimmen, abgewiesen.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts wendet sich die Beteiligte zu 1. mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde. Sie ist weiter der Auffassung, die Regelung bezüglich der Verteilung der Wasser- und Kanalkosten in der Teilungserklärung sei grob unbillig. Es bestehe ein gravierendes Missverhältnis zwischen dem tatsächlichen Wasserverbrauch in ihrer Teileigentumseinheit und den ihr in Rechnung gestellten Kosten. Der tatsächliche Verbrauch sei extrem niedrig, die ihr in den einzelnen Jahresabrechnungen aufgegebenen Kosten entsprächen dem fast Zehnfachen der nach dem Gebrauch tatsächlich angefallenen Wasserkosten und Kanalgebühren.

Die Beteiligten zu 2. sind dem Rechtsmittel entgegengetreten.

Wegen der Einzelheiten wird den Akteninhalt verweisen.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg, denn die angefochtenen Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Gesetzesverletzung (§ 27 FGG).

1. Das Landgericht hat ausgeführt, ein Anspruch der Beteiligten zu 1. gegen die übrigen Wohnungseigentümer auf Änderung der in der Teilungserklärung festgelegten Verteilung der Wasser- und Kanalgebühren bestehe nicht, denn ein Festhalten an der in der Teilungserklärung niedergelegten Regelung erscheine nicht grob unbillig und gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstossend. Das eine Verteilung der Wasser- und Kanalkosten nach dem jeweiligen Verbrauch der einzelnen Wohnungseigentümer gerechter und sinnvoller sein mag und sich die bestehende Regelung im Hinblick auf die lediglich gewerbliche Nutzung der Teileigentumseinheit für die Beteiligte zu 1. als ungünstiger erweist, begründe keine Verpflichtung der übrigen Wohnungseigentümer, einer Änderung der Teilungserklärung zuzustimmen.

Diese Erwägungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung stand.

2. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass grundsätzlich ein Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers gegen die anderen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Abänderung des in der Teilungserklärung oder durch eine Vereinbarung festgelegten Kostenverteilungsschlüssels durch gerichtliche Entscheidung bestehen kann. Wird ein festgelegter Verteilungsschlüssel den Erfordernissen der einzelnen Wohnungseigentümergemeinschaft nicht gerecht und erweist er sich als grob unbillig und zu gegen Treu und Glauben verstoßenden Ergebnissen führend, so kommt eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels durch eine richterliche Entscheidung in Betracht. Bei der Prüfung ob diese Voraussetzungen gegeben sind, ist allerdings ein strenger Massstab anzulegen (vgl. BGZ 95, 137 ff; Bay ObLG Z 1985, 47 ff; WE 1997, 119, 120; OLG Düsseldorf NJW 1985, 2837 ff; WE 1999, 188; Staudinger-Bub, WEG Rn 267 zu § 16; Bärmann/Pick/Merle, Rn 119 zu § 16 WEG). Der einzelne Wohnungseigentümer soll sich nämlich darauf verlassen können, dass einmal getroffene Vereinbarungen grundsätzlich weiterhin Gültigkeit haben und er sich bei dem Erwerb seines Wohnungseigentums auf den in der Teilungserklärung festgelegten oder durch nachträgliche Vereinbarung geänderten Kostenverteilungsschlüssel einstellen kann (OLG Düsseldorf ZMR 1998, 651). Ein Anspruch auf Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels kann danach anerkannt werden, wenn z. B. die Verteilung der Kosten nach der Grösse der Miteigentumsanteile im Hinblick darauf, dass diese von der Wohnfläche der einzelnen Wohnungen erheblich abweicht, zu sachwidrigen und unzumutbaren Ergebnissen für einzelne Wohnungseigentümer führt (vgl. Bay ObLG ZMR 2001, 474), ferner wenn eine nachträgliche bauliche Veränderung, die zu einer erheblichen Vergrösserung und Wertsteigerung eines einzelnen Wohnungseigentums oder eines Teileigentums führt, eine zunächst sachgerechte Festlegung der Miteigentumsanteile aufhebt und so zu einer grob unbilligen Kostenverteilung führt (vgl. OLG Düsseldorf, ZMR 2001, 378) oder eine behördliche Auflage oder die Nichterteilung einer baurechtlichen Genehmigung dazu führen, dass ein Miteigentum auf Dauer nicht genutzt bwz. ausgebaut werden konnte, der entsprechende Anteil aber dennoch bei der Kostenverteilung zugrunde gelegt worden ist (vgl. Bärmann/Pick/Merle WEG Rn 112 ff zu § 16).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Landgericht zurecht einen Anspruch der Beteiligten zu 1. auf Abänderung des in der Teilungserklärung vorgesehenen Verteilungsschlüssels bezüglich der Wasser- und Kanalgebühren dergestalt, dass diese Kosten bezüglich der gewerblich genutzten Sondereigentumseinheit der Beteiligten zu 1. nach Verbrauch abgerechnet werden, verneint.

Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Erwägung, das die nach dem BGH-Beschluss vom 20.09.2000 (ZWE 2000, 518) im Regelungsbereich des § 16 Abs. 2 WEG - Kostenverteilung - nicht gegebene Anpassungsmöglichkeit durch bestandskräftigen Mehrheitsbeschluss dazu Veranlassung geben kann, die Anforderungen an einen Abänderungsanspruch eines Wohnungs- oder Teileigentümers im Vergleich zu der bisherigen Rechtsprechung in angemessenem Umfang zu verringern.

Der Beteiligten zu 1., die seit 1975 Mitglied der Wohnungseigentumsanlage ist, war diese Regelung beim Erwerb ihres Wohnungseigentums bekannt, sie hat sie zudem mehr als 20 Jahre unbeanstandet hingenommen. Die etwa seit 1991 stark gestiegenen Wasser- und Abwasserkosten, die zu einer erheblich grösseren Belastung geführt haben, treffen nicht nur die Beteiligte zu 1., sondern auch die Wohnungseigentümer.

Es mag sein, dass die Beteiligte zu 1. durch die in der Teilungserklärung getroffenen Regelung bei der Verteilung der Wasser- und Entwässerungskosten übermäßig, u. a. den tatsächlichen Verbrauch weit übersteigend, belastet wird. Bei diesen Kosten lassen sich "Ungerechtigkeiten" bei der Abrechnung aber nur vermeiden, wenn alle Wohnungen und Teileigentumseinheiten mit eigenen Wasserzählern ausgestattet sind, die den Verbrauch der einzelnen Wohnungseigentümer zumindest annähernd genau erfassen. Jede andere Art der Kostenverteilung, sei es nach der Grösse der Miteigentumsanteile, der Wohn- und Nutzfläche oder der Anzahl der die Wohnung oder die gewerblichen Betriebe nutzenden Personen führt - abgesehen von der Schwierigkeit der Erfassung - zwangsläufig zu einer ungerechten Kostenverteilung, denn ein Haushalt mit zwei Personen und einer Wohnfläche von 80 m² verbraucht u. U. doppelt soviel Wasser wie ein Haushalt mit vier Personen und 120 m² Wohnfläche. Auch für Teileigentumseinheiten kann der Verbrauch bei gleicher Grösse der Nutzfläche und des Miteigentumsanteils je nach Art des Gewerbebetriebes im hohem Masse unterschiedlich sein.

Eine Abrechnung der Wasser- und Entwässerungskosten nach Verbrauch kann aber nur für sämtliche Eigentumseinheiten in Betracht kommen, nicht aber - wie die Beteiligte zu 1. erstrebt - ausschliesslich für die Teileigentumseinheiten. Eine Änderung der Teilungserklärung und eine Abrechnung nach Verbrauch könnte die Beteiligte zu 1. daher möglicherweise verlangen, wenn in der Anlage bereits für alle Einheiten Messgeräte zur Erfassung des Wasserverbrauchs installiert worden wären. Das ist indes nicht der Fall. Die Anbringung von Wasserzählern in allen Wohnungen und Gewerbeeinheiten und damit eine zumindest teilweise verbrauchsabhängige individuelle Abrechnung der Wasser- und Entwässerungskosten ist aber - anders als bei den Heizkosten - gesetzlich bisher nicht vorgeschrieben. Es liegt daher in der Beschlussautonomie der Wohnungseigentümer, ob sie eine solche Verbrauchserfassung für ihre Gemeinschaft wollen.

Auch wenn die in der Teilungserklärung geregelte Verteilung der genannten Kosten nach der Grösse der Wohn- und Nutzfläche im Einzelfall zu nicht sachgerechten Ergebnissen führt, ist die Würdigung des Landgerichts, dass damit für die Beteiligte zu 1. die Grenzen der Zumutbarkeit noch nicht überschritten worden sind, im Ergebnis nicht zu beanstanden. Wäre die in der Teilungserklärung getroffene Regelung unterblieben und hätten die Kosten gemäss § 16 Abs. 2 WEG nach der Größe der Miteigentumsanteile verteilt werden müssen, so wäre die Beteiligte zu 1. nur unwesentlich günstiger gestellt. Bei Zugrundelegung der Wohn- und Nutzfläche hat sie nämlich 14,18 % der Kosten zu tragen, nach der Grösse der Miteigentumsanteile beliefe sich ihr Anteil der Kosten auf 12,62 %.

Die sofortige weitere Beschwerde konnte danach in der Sache keinen Erfolg haben.

Abzuändern war die Entscheidung des Landgerichts lediglich, soweit die Kammer eine Erstattung der aussergerichlichen Kosten der 1. Instanz insoweit angeordnet hat, als die Beteiligte zu 1. ihren Antrag zurückgenommen hat. Die Anordnung der Erstattung ist nicht dadurch gerechtfertigt, dass andernfalls der Antrag der Beteiligten zu 1. hätte abgewiesen werden müssen, denn auch in diesem Fall hätte keine Veranlassung bestanden, von dem Grundsatz, dass die Beteiligten ihre aussergerichtlichen Kosten selbst tragen, abzuweichen.

Die Kostenentscheidung für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, dass die Beteiligte zu 1. die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde trägt. Für die Anordnung der Erstattung aussergerichtlicher Kosten bestand kein Anlass.

Ende der Entscheidung

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