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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 15.12.2000
Aktenzeichen: 3 Wx 331/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 2250
Bei der Errichtung eines Nottestaments gemäß § 2250 Abs. 3 BGB können die mündliche Erklärung des Erblassers und die Verlesung und Genehmigung der Testamentsniederschrift in einem Verhandlungsvorgang zusammengefaßt werden.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

3 Wx 331/00 5 T 112/00 LG Mönchengladbach 11 VI 261/99 AG Erkelenz

In dem Verfahren

betreffend die Erteilung eines Erbscheins nach der am 19. Juli 1999 verstorbenen Frau G S

hat der dritte Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 und 3 gegen den Beschluß der 5. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom 29. Juni 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Gottschalg, des Richters am Oberlandesgericht Dr. Schütz und der Richterin am Oberlandesgericht Schaefer-Lang am 15. Dezember 2000

beschlossen:

Tenor:

Das Rechtsmittel wird auf Kosten der Beteiligten zu 2 und 3 zurückgewiesen.

Wert des Beschwerdegegenstandes: bis 1.000.000,00 DM.

Gründe:

I.

Die unverheiratete und kinderlose Erblasserin verstarb am 19.7.1999 im Hermann-Josef Krankenhaus in Erkelenz. Der Beteiligte zu 1 hatte sich um die Erblasserin vor ihrem Tod gekümmert, wobei streitig ist, in welchem Umfang dies geschah. Die Beteiligten zu 2 bis 18 sind die gesetzlichen Erben.

Die Erblasserin hinterließ ein am Abend des 17.7.1999 im Krankenhaus von einer Krankenschwester, der Zeugin L, erstelltes und von der Erblasserin unterzeichnetes, als "Testament" Bezeichnetes Schriftstück mit folgendem Inhalt:

" hiermit verfasse ich, Frau G S geb. am 26.10.1920, wohnhaft meinen letzten Willen.

Herr J G soll das Bauernhaus plus Nebengebäude und Ackerland erhalten. Ebenso die Häuser in W Str. und das Haus in E Straße. Da keine Hilfe von meiner Verwandtschaft kam, soll sie auch nichts bekommen."

Dieses Schriftstück haben die Zeuginnen L und G sowie der diensthabende Arzt Dr. D unterschrieben.

Der Beteiligte zu 1 hat die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der ihn als Alleinerben ausweist. Die Beteiligten zu 2, 3, 9, 10, 11, 13 und 14 haben demgegenüber eingewandt, das Schriftstück vom 17.7.1999 stelle kein wirksam errichtetes Nottestament dar, denn der Zeuge D sei bei der Abgabe der mündlichen Erklärung durch die Erblasserin nicht anwesend gewesen.

Das Amtsgericht hat den Erbscheinsantrag nach Vernehmung der Zeugen Dr. D L und G zurückgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat das Landgericht - nach erneuter Vernehmung der vorgenannten drei Zeugen - den angefochtenen Beschluß aufgehoben und das Nachlaßgericht angewiesen, dem Beteiligten zu 1 einen Erbschein zu erteilen, der ihn als Alleinerben nach der Erblasserin ausweist. Mit ihrer weiteren Beschwerde begehren die Beteiligten zu 2 und 3 die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses. Der Beteiligte zu 1 hält das Rechtsmittel für unbegründet.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Das zulässige Rechtsmittel der Beteiligten zu 2 und 3 hat in der Sache keinen Erfolg, denn die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes, § 27 FGG.

Das Landgericht hat ausgeführt, es sei ein formwirksames Nottestament im Sinne von § 2250 BGB errichtet worden. Die Erblasserin habe sich in Todesgefahr geglaubt, die Errichtung eines notariellen Testaments sei am Abend des 17.07.1999 nicht möglich gewesen. Zwar seien bei der mündlichen Erklärung des Erblasserwillens lediglich die beiden Krankenschwestern, die Zeuginnen L und G, anwesend gewesen. Der Zeuge Dr. D sei aber bei der Verlesung des Schriftstücks, dessen Genehmigung und der Unterschriftsleistung dabei gewesen. Diese Situation entspreche dem Fall, in dem die mündliche Erklärung des letzten Willens mit der Genehmigung der Niederschrift in einem Akt zusammenfalle. Das vorher erstellte Schriftstück sei wie ein Entwurf zu behandeln. Erkläre der Erblasser in Gegenwart der nach § 2250 Abs. 2 BGB vorgeschriebenen drei Zeugen, dass der vorgelesene Inhalt des Entwurfs seinem Willen entspreche, seien die formalen Anforderungen an die Errichtung eines Nottestaments erfüllt. Dies sei vorliegend der Fall. Alle drei Zeugen hätten bekundet, dass die Erblasserin nach dem Verlesen der Urkunde die Frage, ob der Inhalt ihrem Willen entspreche, bejaht habe. Diese habe die Urkunde sodann eigenhändig unterzeichnet und damit nochmals ihren Willen bekräftigt. Es sei unschädlich, dass das erstellte Schriftstück nicht Satz für Satz vorgelesen worden sei, denn das Testament bestehe lediglich aus zwei Sätzen; die Erblasserin sei nicht überfordert gewesen, wenn diese beiden Sätze ohne Unterbrechung vorgelesen wurden. Es seien schließlich auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Erblasserin im Zeitpunkt der Errichtung des Nottestaments nicht mehr geschäftsfähig gewesen sei. Dem stünden die Aussagen der Zeugen entgegen, die bekundet hätten, die Erblasserin habe durchaus gewußt, was sie wollte und habe sich auch klar auszudrücken vermocht.

Diese Ausführungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Überprüfung stand.

Das Landgericht ist zu Recht und mit zutreffenden Gründen davon ausgegangen, dass es sich bei dem am 17.7.1999 erstellten Schriftstück um ein formwirksames Nottestament handelt. Die fehlende Anwesenheit des Zeugen Dr. bei der Erklärung des letzten Willens durch die Erblasserin ist unschädlich. Das von der Zeugin L nach den Angaben der Erblasserin erstellte Schriftstück ist nämlich als Entwurf eines Testaments zu werten, den die Erblasserin nach Verlesung genehmigt hat und dadurch gleichzeitig ihren letzten Willen gegenüber den drei nach § 2250 Abs. 3 BGB vorgeschriebenen Zeugen erklärt hat. Bei der Erstellung des Entwurfs mußte der Zeuge Dr. D nicht zugegen sein; es reichte aus, dass er bei der Verlesung und Genehmigung, durch die gleichzeitig der Wille der Erblasserin erklärt wurde, als Zeuge anwesend war. Bereits das Reichsgericht hat es für zulässig erachtet, dass die mündliche Erklärung des Erblassers, die Verlesung und Genehmigung der Testamentsniederschrift in einem Verhandlungsvorgang zusammengefasst werden können ( vgl. RGZ 161, 378 ). Diese Rechtsprechung ist in der Folgezeit von dem Bayrischen Obersten Landesgericht ( vgl. Bay ObLGZ 1968, 272, 273 ) und dem Oberlandesgericht Zweibrücken ( vgl. Rpfl 1987, 22 ) fortgeführt worden. Entscheidend ist danach, ob die mitwirkenden Personen klar erkennen können, welches der wirkliche Wille des Erblassers ist ( vgl. Bay ObLG a.a.O. ). Der vom Bundesgerichtshof am 1.6.1970 entschiedene Fall ( BGHZ 54, 89 ff. ) steht dem nicht entgegen. Dort hat der BGH ausgeführt, dass jedenfalls in den Fällen, in denen der Erblasser die Niederschrift nicht mehr eigenhändig unterschreiben kann, die drei Zeugen nicht nur bei der Erklärung des letzten Willens, sondern auch noch bei der Verlesung und Genehmigung der Niederschrift anwesend sein müssen, um zu gewährleisten, dass der niedergeschriebene Text dem Willen der Erblasserin tatsächlich entspricht. Vorliegend hat die Erblasserin die Niederschrift selbst unterzeichnet und die drei Zeugen waren bei der Verlesung anwesend. Sie haben in ihrer Funktion als Beurkundungsperson nach der Verlesung des Testamentsentwurfs auch die Genehmigung des Niedergeschriebenen durch die Erblasserin als erteilt angesehen. Dies haben sie, wie sie bei ihrer Vernehmung bekundet haben, aus dem von der Erblasserin verwandten Wort "ja" in Verbindung mit einem Kopfnicken entnommen. Damit liegt zugleich eine wirksame Genehmigung des verlesenen Textes vor. Die von den Beteiligten zu 2 und 3 mit der weiteren Beschwerde erhobene Einwendung der Schwerhörigkeit der Erblasserin ändert an diesem Ergebnis nichts; abgesehen davon, dass nach den Bekundungen der vernommenen Zeugen keinerlei Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass die Erblasserin im Zeitpunkt der Erklärung ihres letzten Willens Verständigungsprobleme hatte, ist neuer tatsächlicher Vortrag in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht zugelassen. Dem Senat obliegt als Rechtsbeschwerdegericht lediglich die Überprüfung der vorgerichtlichen Entscheidung im Hinblick auf Rechtsfehler. Dem Landgericht kann auch nicht etwa vorgeworfen werden, es habe den Sachverhalt im Hinblick auf eine fehlende Testierfähigkeit der Erblasserin nicht hinreichend erforscht. Die von den Beteiligten zu 2 und 3 geäußerten Zweifel an der Testierfähigkeit begründen keine Verpflichtung zu weiteren Nachforschungen, zumal die Zeugen übereinstimmend erklärt haben, die Erblasserin sei bei der Errichtung des Testaments vollkommen orientiert gewesen und habe erst danach rapide abgebaut.

Auch die inhaltliche Auslegung des Testaments durch das Landgericht dahingehend, dass der Beteiligte Alleinerbe sein soll, ist nicht zu beanstanden.

Das Rechtsmittel konnte danach keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.

Ende der Entscheidung

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