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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 22.12.2000
Aktenzeichen: 3 Wx 378/00
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 28 Abs. 3
WEG § 23 Abs. 4
WEG § 43 Abs. 1 Nr. 4
1.

Geht die Wohnungseigentümergemeinschaft davon aus, das Wirtschaftsjahr umfasse jeweils den Zeitraum vom 1. Juli eines Jahres bis zum 30. Juni des Folgejahres und erstellt der Verwalter entsprechende Abrechnungen, so rechtfertigt dies ohne weitere Anhaltspunkte nicht den Schluss, die Jahresabrechnungen seien nunmehr aufgrund einer allseitigen konkludenten Vereinbarung für diese Zeitspanne und nicht - wie in der Teilungserklärung und im Gesetz (§ 28 Abs. 3 WEG) geregelt - nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres aufzustellen.

2.

Werden vom Verwalter zur Beschlussfassung über die Jahresabrechnung lediglich Einzelabrechnungen über Nebenkosten vorgelegt und nimmt die Eigentümergemeinschaft diese "Abrechnung" einstimmig an, so kommt dem diesbezüglichen Beschluss bei unterbliebener Anfechtung nicht die Wirkung einer bestandskräftigen Billigung der Jahresabrechnung, geschweige denn einer stillschweigenden Entlastung des Verwalters, zu.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

3 Wx 378/00 21 T 21/00 LG Duisburg 23 II 31/99 WEG AG Mülheim an der Ruhr

In dem Wohnungseigentumsverfahren

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den am 27. September 2000 verkündeten Beschluss der 21. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg unter Mitwirkung des vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Gottschalg, der Richterin am Oberlandesgericht Schaefer-Lang und des Richters am Oberlandesgericht von Wnuck-Lipinski

am 22. Dezember 2000

beschlossen:

Tenor:

Das Rechtsmittel wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antragsgegner verpflichtet wird, Jahresabrechnungen für die Wirtschaftsjahre (= Kalenderjahre) 1996 und 1997 zu erstellen und eine Verpflichtung des Antragsgegners, für die Wohnungseigentümergemeinschaft eine Jahresabrechnung für 1998 zu erstellen, entfällt.

Die gerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens tragen der Antragsgegner zu 2/3, die Antragstellerin zu 1/3.

Außergerichtliche Kosten werden in allen drei Rechtszügen nicht erstattet.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 3.000,- DM.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin ist Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft in Mülheim an der Ruhr.

Der Antragsgegner war bis zum 31. Dezember 1998 Verwalter der Anlage. Er erstellte für die Wirtschaftsjahre 1996/1997 und 1997/1998 jeweils eine Abrechnung über die Nebenkosten. Die Antragstellerin beanstandete die Unvollständigkeit der Abrechnungen und verlangte, dass insbesondere die Verwalterkosten und die Instandhaltungsrücklagen in ordnungsgemäße Jahresabrechnungen eingestellt werden.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat durch Beschluss vom 17. November 1997 die "Jahresabrechnung" des Antragsgegners für 1996/1997 einstimmig angenommen und über die Jahresabrechnung 1997/1998 noch nicht beschlossen, da die Anerkennung einstimmig abgelehnt wurde.

Die Antragstellerin hat beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten,

1. für die Wohnungseigentümergemeinschaft vollständige Jahresabrechnungen für die Wirtschaftsjahre 1996/1997 und 1998 zu erstellen;

2. sämtliche Buchführungsbelege für die Wirtschaftsjahre 1993 bis 1997 sowie sämtliche Kontoauszüge und Belege im Zusammenhang mit der Verwaltung und Bewirtschaftung des Objektes der in Mülheim an der Ruhr und die Korrespondenz mit Handwerkern für den Abrechnungszeitraum 1998 an die Wohnungseigentümergemeinschaft zu Händen der Verwalterin H GmbH, in 45468 Mülheim an der Ruhr herauszugeben.

Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 23. Dezember 1999 die Anträge abgelehnt, weil der Antragsgegner wegen der Beendigung des Verwaltervertrages zum 31. Dezember 1998 nicht mehr verpflichtet sei, Abrechnungen zu erstellen und ein Anspruch auf Herausgabe der Buchführungsbelege nicht bestehe, da nicht bekannt sei, welche Unterlagen der Antragsgegner an die neue Verwalterin herausgegeben habe.

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das Landgericht nach mündlicher Verhandlung am 27. September 2000 den amtsgerichtlichen Beschluss geändert und den Antragsgegner verpflichtet, für die Wohnungseigentümergemeinschaft vollständige Jahresabrechnungen für die Wirtschaftsjahre 1996/1997 und 1997/1998 zu erstellen und sämtliche Buchführungsbelege für die Wirtschaftsjahre 1993 bis 1997 sowie sämtliche Kontoauszüge und Belege im Zusammenhang mit der Verwaltung und Bewirtschaftung des Objektes in Mülheim an der Ruhr und die Korrespondenz mit Handwerkern für den Abrechnungszeitraum 1998 an die Wohnungseigentümergemeinschaft zu Händen der Verwalterin GmbH, in 45468 Mülheim an der Ruhr herauszugeben.

Mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde, der die Antragstellerin entgegentritt, erstrebt der Antragsgegner unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die das Gesuch der Antragstellerin ablehnende Entscheidung des Amtsgerichts wieder herzustellen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die gemäß § 45 Abs. 1 WEG, §§ 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist in der Sache zum Teil begründet. Die Entscheidung des Landgerichts beruht insoweit auf einer Verletzung gesetzlicher Vorschriften (§ 27 FGG).

1.

Das Landgericht hat u.a. ausgeführt, die Antragstellerin könne im eigenen Namen die Verpflichtung des Antragsgegners zur Erstellung der Abrechnungen für 1996/1997 und 1997/1998 verlangen. Dies folge aus dem Verwaltervertrag in Verbindung mit §§ 28 Abs. 3 WEG; 675, 259, 260 BGB. Der Antragsgegner habe für die fraglichen Zeiträume bislang lediglich Nebenkostenabrechnungen und damit keine Jahresabrechnungen vorgelegt. Soweit die Wohnungseigentümergemeinschaft die Abrechnung 1996/1997 beschlossen habe, liege deshalb gleichwohl weder eine Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 3 WEG noch ein den Antragsgegner für diesen Abrechnungszeitraum entlastender Beschluss vor. Der Antragsgegner habe - auch ungeachtet seines Ausscheidens als Verwalter zum 31. Dezember 1998 - eine Jahresabrechnung für das Wirtschaftsjahr 1997/1998 vorzulegen. Denn die Verpflichtung hierzu sei in der Zeit seiner Verwaltertätigkeit fällig geworden. Die Jahresabrechnung werde in der Regel 3 bis 6 Monate nach dem Ende des Wirtschaftsjahres fällig. Unstreitig habe die Wohnungseigentümergemeinschaft entgegen der Regelung zu XIV (1) der Teilungserklärung vom 1. März 1988 und § 28 Abs. 3 WEG, die grundsätzlich vom Kalenderjahr als Wirtschaftsjahr ausgingen, ein Wirtschaftsjahr jeweils vom 1. Juli eines Jahres bis zum 30. Juni des Folgejahres angesehen und der Antragsgegner habe auch jeweils für diesen Zeitpunkt seine "Jahresabrechnungen" erstellt, worin eine konkludente Änderung des Wirtschaftsjahres durch einvernehmliche Regelung der Wohnungseigentümer und des Antragsgegners zu sehen sei.

Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts sei der Antragsgegner in Bezug auf die Buchführungsbelege gemäß §§ 675, 667 BGB herausgabeverpflichtet.

2.

Diese Erwägungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung nur zum Teil stand.

a)

Nach den von Rechtssprechung und Lehre entwickelten Grundsätzen (vgl. BayObLG WM 1993, 485; OLG Düsseldorf WM 1991, 619; OLG Hamm WE 1997, 194, 195; Barmann/Pick/Merle 8. Auflage 2000, § 28 Rdz. 62 ff.) muss die Jahresabrechnung eine geordnete und übersichtlich inhaltlich zutreffende Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben in dem betreffenden Kalenderjahr enthalten (vgl. Senatsbeschluss 3 Wx 180/00 vom 12. Juni 2000). Sie ist eine schlichte Einnahmen- und Ausgabenberechnung, welche die tatsächlich angefallenen Beträge im Abrechnungszeitraum einander gegenüber zu stellen hat. Über die Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben hinaus muss sie Angaben über die Höhe der gebildeten Rücklagen und die Kontostände der Gemeinschaftskonten am Anfang und am Ende des Kalenderjahres enthalten (Senat a.a.O.).

b)

Diesen Erfordernissen entsprechen die von dem Antragsgegner für die einzelnen Wohneinheiten erstellten "Abrechnungen der Nebenkosten vom 1.7.1996 bis 30.6.1997" nicht.

aa)

Sie stellen keine Gesamtabrechnung dar, enthalten insbesondere nicht eine Aufstellung der Einnahmen der Gemeinschaft; auch fehlt bereits die Angabe des Kontostandes zu Beginn und am Ende des Abrechnungszeitraumes (vgl. BayObLG, NJW-RR 1992, 1169 sowie Beschluss vom 28.10.1998 - 22 BR 116/98).

bb)

Darüberhinaus sind separate Jahresabrechnungen für die Wirtschaftsjahre (=Kalenderjahre) 1996 und 1997 zu erstellen.

Denn Ziffer XIV (1) der Teilungserklärung vom 01. März 1988 bestimmt, dass der Verwalter jeweils für ein Kalenderjahr einen Wirtschaftsplan aufzustellen hat, der von der Eigentümerversammlung zu beschließen ist. Hieraus sowie aus § 28 Abs. 3 WEG folgt, dass die Jahresabrechnung nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres aufzustellen ist.

Dafür, dass vorliegend aufgrund langjähriger faktischer Handhabung mit Billigung sämtlicher Eigentümer eine konkludente Vereinbarung zustande gekommen ist, wonach die Jahresabrechnungen - entgegen der Teilungserklärung und der gesetzlichen Regelung - für ein Wirtschaftsjahr jeweils vom 01.07. eines Jahres bis zum 30.06. des Folgejahres aufzustellen sind, besteht kein hinreichender Anhalt. Insbesondere kann eine dahingehende allstimmig getroffene Vereinbarung nicht als unstreitig gelten, weil die Antragstellerin dem in diese Richtung gehenden unsubstantiierten Vortrag des Antragsgegners in seinem Schriftsatz vom 08.09.2000 ("Dieser Abrechnungszeitraum wurde durch die Eigentümergemeinschaft festgelegt, ohne daß hierfür ein gesonderter Beschluß der Eigentümergemeinschaft herbeigeführt worden ist"), von dem nicht einmal aktenkundig ist, dass die Antragstellerin ihn erhalten hat, nicht entgegengetreten sei. Die Annahme, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft "ein Wirtschaftsjahr jeweils vom 01.07. eines Jahres bis zum 30.06. des Folgejahres angesehen" und der Antragsgegner jeweils für diese Zeiträume seine "Jahresabrechnungen" erstellt" habe, reicht jedenfalls ohne weitere Anhaltspunkte für die Bejahung einer konkludenten Änderung der Bestimmung der Teilungserklärung über das Wirtschaftsjahr nicht aus.

cc)

Gründe, die die Verpflichtung des Antragsgegners zur Erstellung der Jahresabrechnungen für 1996 und 1997 entfallen lassen, liegen nicht vor.

Der Eigentümerbeschluss vom 17. November 1997 zu TOP 2 ("Die Abrechnung wurde einstimmig angenommen"), bezieht sich der Sache nach auf Einzelabrechnungen über Nebenkosten und nicht auf eine Jahresabrechnung im Rechtssinne und vermag mit diesem Inhalt auch keine Bestandskraft zu erlangen. Ebensowenig ist eine Entlastung des Antragsgegners als Verwalter in Bezug auf die Wirtschaftsjahre 1996 und 1997 aktenkundig. Eine u.U. mögliche konkludent durch Billigung der "Jahresabrechnung" ausgesprochene Entlastung des Verwalters (vgl. Barmann/Pick/Merle WEG 8. Auflage 2000 § 28 Rdz. 109) kommt ohne - hier nicht gegebene - zusätzliche Anhaltspunkte schon deshalb nicht in Betracht, weil der Sache nach nur Einzelabrechnungen akzeptiert worden sind.

dd)

Der Umstand, dass der Antragsgegner seit dem 31. Dezember 1998 nicht mehr Verwalter ist, lässt seine Verpflichtung zur Aufstellung der Jahresabrechnungen 1996 und 1997 unberührt. Denn letztere sind 1997 bzw. 1998, also jedenfalls vor Beendigung des Verwaltermandats, fällig geworden.

c)

Die Abrechnung 1998 ist dagegen nicht von dem Antragsgegner, sondern bereits von der neuen Verwalterin zu erstellen. Denn zur Abrechnung ist ein ausscheidender Verwalter - außerhalb einer hier nicht gegebenen anders lautenden Vereinbarung - nur verpflichtet, wenn die Abrechnung im Zeitpunkt der Beendigung des Verwaltervertrages bereits fällig war (BayobLG, Beschluss vom 13.09.1993, 2 Z BR 66/93; Bärmann/Pick/Merle a.a.O. Rdz. 59 f.).

Der Verwaltervertrag mit dem Antragsgegner endete unstreitig am 31. Dezember 1998. Damit war die Jahresabrechnung für das sich nach dem Kalenderjahr richtende Wirtschaftsjahr 1998 indes - entgegen der insoweit rechtsfehlerhaften Auffassung der Kammer - erst nach dessen Ablauf, nämlich 1999, fällig.

d)

Rechtlich nicht zu beanstanden ist, dass die Kammer die Antragstellerin für berechtigt gehalten hat, von dem Antragsgegner die Herausgabe der begehrten, im Antrag hinreichend bestimmten, Unterlagen zu Händen der neuen Verwalterin zu verlangen.

Der abberufene Verwalter einer Eigentumswohnanlage hat nach §§ 675, 667 BGB alle Verwaltungsunterlagen herauszugeben (BayObLG, Beschluss vom 13.09.1993 - 2 Z BR 66/93). Ein berechtigtes Interesse, die betreffenden Unterlagen oder Teile derselben einzubehalten (§ 242 BGB) hat der Antragsgegner nach von ihm zeitnah vorzunehmender Erstellung der Jahresabrechnungen für die Wirtschaftsjahre (Kalenderjahre) 1996 und 1997 nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 Satz 1 WEG. Eine Erstattungsanordnung in Bezug auf die außergerichtlichen Kosten aus Billigkeitsgründen ist im dritten Rechtszug nicht veranlasst, § 47 Satz 2 WEG.

Ende der Entscheidung

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