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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 17.01.2001
Aktenzeichen: 3 Wx 380/00
Rechtsgebiete: GG, PStG


Vorschriften:

GG Art. 2 Abs. 1
PStG § 45 Abs. 2
PStG § 47
PStG § 48
Das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen aus Art. 2 I GG kann im Einzelfall der Berichtigung eines ordnungsrechtlich unrichtigen Namens in Personenstandsurkunden entgegenstehen.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

3 Wx 380/00 22 T 163/00 LG Duisburg 12 III 52/99 AG Duisburg

In der Personenstandssache

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 7. gegen den Beschluss der 22. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 3. Oktober 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Gottschalg und der Richterinnen am Oberlandesgericht Dr. Krautter und Schaefer-Lang am 17. Januar 2001

beschlossen:

Tenor:

Das Rechtsmittel wird auf Kosten der Beteiligten zu 7. zurückgewiesen.

Geschäftswert: 5.000 DM

Gründe:

Der im Jahr 1912 geborene B... B... genannt L... heiratete am 6.2.1942 die Beteiligte zu 1; die Eheleute führten den Namen B... genannt L... als Familiennamen. Unter dem 18.6.1942 beschloss das Amtsgericht Duisburg eine Berichtigung des Heiratsregisters dahin, dass der Familienname des B... B... genannt L... nur "B..." laute. Die Beteiligte zu 1 und ihr Ehemann führten den bisherigen Namen weiter. Die Geburtsurkunden ihrer Kinder, die Beteiligten zu 2 und 6, weisen als Familiennamen den Namen B... genannt L... aus, den diese in allen amtlichen Dokumenten führen.

Bei Aufnahme des Sterbeantrages hinsichtlich des am 11.11.1997 verstorbenen B... B... bemerkte der Standesbeamte den "Berichtigungsbeschluss" des Amtsgerichts Duisburg vom 18.6.1942. Daraufhin begann er in Ausführung dieses Beschlusses mit der Beischreibung in den Personenstandsurkunden und trug den Familiennamen des Verstorbenen und der Beteiligten zu 1 mit dem Namen B... ein.

Der Landrat des Kreises Wesel hat am 25.6.1999 dem Amtsgericht Duisburg gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 Personenstandsgesetz folgende Zweifelsfragen zur Entscheidung vorgelegt:

1. Darf die Witwe, Frau E... B..., den Namen "B... genannt L..." führen?

2. Können der Sohn B... B.... genannt L..., dessen Ehefrau M... B... genannt L... und die Kinder M... und A... B... genannt L... den Namen "B... genannt L..." weiterführen?

Die Beteiligten zu 1 bis 6 haben beantragt, dass die Personenstandsurkunden bezüglich der Beteiligten zu 1 in "B... genannt L..." berichtigt werden und die Beteiligten zu 2 bis 5 den Namen "B... genannt L..." weiterführen dürfen.

Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 30.5.2000 angeordnet, im Geburtenbuch des Verstorbenen berichtigend beizuschreiben, dass der Familienname der Eltern B... genannt L... laute und im Sterbebuch des B... B... berichtigend beizuschreiben, dass sein Familienname und der der Beteiligten zu 1 B... genannt L... laute. Die Landrätin des Kreises Wesel hat hiergegen sofortige Beschwerde eingelegt, der das Landgericht insoweit stattgegeben hat, als es den Beschluss des Amtsgerichts bezüglich der angeordneten Beischreibung des Familiennamens B... genannt L... im Geburtenbuch des Verstorbenen in Ermangelung eines entsprechenden Sachantrags aufgehoben hat. Im übrigen hat das Landgericht das Rechtsmittel zurückgewiesen. Beide Gerichte haben ihre Entscheidung damit begründet, dass das Persönlichkeitsrecht der Beteiligten und des Verstorbenen wegen der jahrzehntelangen unbeanstandeten Führung des Namens B... genannt L... Vorrang vor dem allgemeinen Interesse an einer richtigen Fortschreibung der Personenstandsbücher hat.

Hiergegen wendet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 7.

Die gemäß §§ 49, 48 Abs. 1, 45 Abs. 2 Satz 2 PStG, 21, 22, 27 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist unbegründet. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts weist keinen Rechtsfehler auf.

Gegenstand des Verfahrens ist allein noch die Namensführung der Beteiligten zu 1 und ihres verstorbenen Ehemannes. Hinsichtlich der Beteiligten zu 2 bis 5 sind sich - wie die Ausführungen auch der Landrätin und des Standesbeamten ergeben - alle Beteiligten darüber einig, dass es insoweit bei der bisherigen Namensführung B... genannt L... verbleibt, weil die Beteiligten zu 2 bis 5 von Geburt an den entsprechenden Namen gutgläubig geführt haben. Bereits das Amtsgericht hatte in seinem Beschluss vom 30.5.2000 ausgeführt, dass sämtliche Beteiligten die Auffassung vertreten, die Personenstandseinträge der Beteiligten zu 2 bis 5 unterlägen im Hinblick auf deren Persönlichkeitsrecht keinen Veränderungen. Dem ist die Beteiligte zu 7 weder mit ihrer Beschwerde noch mit der weiteren Beschwerde entgegengetreten. Vielmehr ergibt sich aus der Begründung der weiteren Beschwerde, dass sie die Namensführung B... genannt L... durch die Beteiligten zu 2 bis 5 hinnimmt; sie führt nämlich aus, dass eine unterschiedliche Namensführung der Beteiligten zu 1 einerseits und der Beteiligten zu 2 bis 5 als Nachkommen andererseits nicht entscheidungserheblich sei.

Amts- und Landgericht haben aber zu Recht entschieden, dass auch die Beteiligte zu 1 den Namen B... genannt L... weiter führen darf und insoweit eine Berichtigung im Sterbebuch des Ehemannes der Beteiligten zu 1 vorzunehmen ist. Zwar weist die Beteiligte zu 7 zu Recht darauf hin, dass eine Berichtigung des in der Sterbeurkunde Nr. 755/1997 eingetragenen Namens B... in den Namen B... genannt L... grundsätzlich nur dann in Betracht käme, wenn der Name B... zu Unrecht eingetragen worden ist. Dies ist jedoch aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Duisburg vom 18.6.1942 und der entsprechenden Beischreibung in der Heiratsurkunde des Verstorbenen nicht der Fall. Entgegen der von der Beteiligten zu 7 vertretenen Auffassung ist aber die ursprüngliche Fehlerhaftigkeit einer Angabe nicht zwingende Voraussetzung einer Berichtigung, vielmehr sind auch in Personenstandsverfahren die Grundrechte der von einer Eintragung Betroffenen, insbesondere das Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG, zu beachten ( vgl. BayObLG STAZ 1982, 211, 213 ). Dabei ist unter Würdigung aller Umstände des einzelnen Falles zu prüfen, ob sich die gegen den Willen des von der Eintragung Betroffenen beantragte Richtigstellung des ordnungsrechtlich unrichtigen Namens als unzumutbarer Eingriff in das Persönlichkeitsrecht auswirkt ( vgl. BayObLG STAZ 2000, 148, 151 ). Gemessen an diesen Kriterien ist das Landgericht zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass die Fortführung des Namens B... genannt L... durch die Beteiligte zu 1 Vorrang hat vor dem Interesse der Öffentlichkeit an der richtigen Fortschreibung der Personenstandsbücher. Dabei ist einerseits zu berücksichtigen, dass der dem Berichtigungsbeschluss vom 14.6.1942 zugrundeliegende Verwaltungsvorgang nicht mehr auffindbar ist, so dass nicht geklärt werden kann, ob die Beteiligte zu 1 in jenem Verfahren angehört und der Beschluss ihr bekannt gemacht worden ist; gegenüber dem Standesbeamten in Dinslaken hatte sie am 9.12.1997 angegeben, von einer Namensänderung keine Kenntnis gehabt zu haben ( vgl. Bl. 3 GA ). Entscheidend ist zudem, dass die nunmehr 84-jährige Beteiligte zu 1 den Namen B... genannt L... seit mehr als 50 Jahren unbeanstandet im öffentlichen und privaten Rechtsverkehr führte. Mit Ausnahme einer von ihr am 7.2.1945 als Trauzeugin geleisteten Unterschrift ( Bl. 112 GA ) ist sie insbesondere in allen amtlichen Dokumenten mit dem Namen B... genannt L... verzeichnet; dieser Name ist auch als Familienname ihrer Kinder bestimmt. Der Name B... genannt L... ist dadurch Teil der Persönlichkeit der Beteiligten zu 1 geworden. Unter Berücksichtigung aller dieser Umstände ist das Recht der Beteiligten zu 1 auf Wahrung ihrer Persönlichkeit vorrangig gegenüber dem öffentlichen Interesse an der ordnungsrechtlich richtigen Eintragung in den Personenstandsbüchern.

Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 7 unterliegt danach der Zurückweisung.

Die Kostenentscheidung und die Festsetzung des Geschäftswerts folgt aus §§ 48 PStG, 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG, 30 Abs. 2, 127 Abs. 2, 131 KostO.

Ende der Entscheidung

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