Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 20.03.2000
Aktenzeichen: 3 Wx 414/99
Rechtsgebiete: WEG, BGB, HeizkostVO


Vorschriften:

WEG § 23
BGB § 242
HeizkostVO § 9 a Abs. 1
1.

Stellt sich nach bestandskräftig beschlossener Jahresabrechnung heraus, dass den dort u.a. abgerechneten Heizkosten wegen eines fehlerhaft eingebauten Messgerätes eine unrichtige Erfassung zugrunde lag, so ist die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht gehindert, die Jahresabrechnung im Wege des Zweitbeschlusses zu korrigieren.

2.

Zur Heizkostenverteilung, wenn der tatsächliche Wärmeverbrauch wegen eines Defekts des Messgerätes im Abrechnungszeitraum nicht ordnungsgemäß erfasst werden konnte.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF

BESCHLUSS

3 Wx 414/99 21 T 196/98 LG Duisburg 10 II 70/97 WEG AG Oberhausen

In dem Wohnungseigentumsverfahren

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu l gegen den am 15. September 1999 verkündeten Beschluss der 21. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr.Gottschalg, der Richterin am Oberlandesgericht Dr. Krautter und des Richters am Oberlandesgericht von Wnuck-Lipinski am 20. März 2000

beschlossen:

Tenor:

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 1 trägt die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Wert des Beschwerdegegenstandes: Bis 4.000,- DM.

Gründe:

I.

Die Beteiligten sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft S in O. Der Beteiligte zu 9 ist deren Verwalter.

In der Versammlung der Wohnungseigentümer vom 01. September 1997 wurden u. a. folgende Beschlüsse gefasst:

"TOP 2: Dem Verwalter wird für die Verwaltungsabrechnung des Jahres 96/97 und für seine Tätigkeit im Geschäftsjahr 96/97 mit zwei Gegenstimmen Entlastung erteilt.

(Frau H bittet um Auszahlung ihres Guthabens per Scheck).

...

TOP 12: Die anwesenden Wohnungseigentümer und der ET Herr CM stimmen einstimmig dafür, daß die Kosten je Wohnungseigentum mit Ausnahme der ET D und S aufgeteilt werden sollen.

Frau D und Herr S stimmen dagegen.

TOP 13: Die vom Verwalter vorgelegte Heizkostenabrechnung (die wegen des im Jahre 96 festgestellten fehlerhaften Einbaus des Heizverbrauchszählers ET D erneut erstellt werden mußte) wird mit 2 Gegenstimmen beschlossen.

TOP 14: Mit zwei Gegenstimmen beschlossen, daß die Aufteilung nach Prozentanteilen aus dem Gesamtverbrauch, differenziert nach den einzelnen Abrechnungszeiträumen, aufgeteilt werden soll."

Die Antragstellerin hat beantragt, die vorbezeichneten Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 01. September 1997 für ungültig zu erklären.

Das Amtsgericht hat nach mündlicher Verhandlung am 27. Mai 1998 die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 01. September 1997 zu TOP 13 und 14 für ungültig erklärt und den weitergehenden Antrag abgelehnt.

Mit ihrer hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde haben die Antragsgegner ihr erstinstanzliches Begehren - soweit das Amtsgericht demselben nicht entsprochen hat (TOP 13 und 14) - weiter verfolgt, während die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde die teilweise Änderung des amtsgerichtlichen Beschlusses erstrebt hat, und zwar insoweit als das Amtsgericht ihren auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses zu TOP 2 gerichteten Antrag abgelehnt hat.

Das Landgericht hat nach mündlicher Verhandlung am 15. September 1999 das Rechtsmittel der Antragstellerin zurückgewiesen und auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner den amtsgerichtlichen Beschluss teilweise geändert und das Gesuch der Antragstellerin insgesamt abgelehnt.

Mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde, der die Antragsgegner entgegentreten, erstrebt die Antragstellerin, unter teilweiser Änderung der Beschlüsse der Vorinstanzen bezüglich TOP 2, 13 und 14 der Wohnungseigentümerversammlung vom 01. September 1997 nach ihren ursprünglichen Anträgen zu erkennen, also die Eigentümerbeschlüsse zu den vorgenannten Tagesordnungspunkten für unwirksam zu erklären.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die gemäß § 45 Abs. 1 WEG, §§ 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Denn die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung gesetzlicher Vorschriften (§ 27 FGG).

1.

Die Kammer hat ausgeführt, die Einwendungen der Antragstellerin gegen die Heizkostenabrechnungen für 1994/95 und 1995/96 einschließlich der Rückzahlungsregelung (TOP 13 und 14) sowie die Entlastung des Verwalters (TOP 2) seien im Ergebnis nicht stichhaltig. Die Beschlussfassung entspreche ordnungsgemäßer Verwaltung.

Die bestandskräftige Beschlussfassung über die Abrechnungen für die Wirtschaftsjahre 1994/95 und 1995/96 schließe eine Neuberechnung der Heizkosten für diesen Zeitraum durch einen Zweitbeschluss nicht aus. Unter Abwägung der beteiligten Interessen widerspreche es Treu und Glauben, die Antragsgegner an den Jahresabrechnungen festzuhalten, da die Rechnungen auf einem erst nach Bestandskraft erkannten - Fehler des in der Wohnung der Antragstellerin eingebauten Messgerätes beruhen.

Die mehrheitlich beschlossenen Heizkostenabrechnungen für die Heizperioden 1994/95 und 1995/96 seinen auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Da eine Berechnung der Heizkosten nach § 9 HeizkostVO infolge des Fehlers der Messeinrichtung nicht möglich gewesen sei und Werte vorhergehender Heizperioden nicht vorliegen, sei der Verbrauch gemäß § 9 a Abs. 1 Satz 2 HeizkostVO nach dem Verbrauch vergleichbarer anderer Räume im jeweiligen Abrechnungszeitraum zu ermitteln. Hiernach hätten sich in den Vergangenen Heizperioden, bezogen auf die Grundfläche, anteilige Kosten von 20.25 % bzw. von 17,97 % (1997/98) für die Wohnung der Antragstellerin ergeben, wobei sich die Abweichung im Rahmen des eingeräumten Schätzungsermessens bewege. Letzteres gelte auch für die im nicht nachgelassenen Schriftsatz der Antragstellerin vom 1. September 1999 vorgetragenen Differenzen. Mit Rücksicht auf die ordnungsgemäßen Abrechnungen sei auch die Beschlussfassung über die Entlastung des Verwalters (TOP 2 ) nicht zu beanstanden.

2.

Diese Ausführungen des Landgerichts halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Überprüfung stand.

a)

Rechtlich einwandfrei ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Antragsgegner nicht gehindert waren, die bestandskräftigen Jahresabrechnungen für 1994/95 und 1995/96 bezüglich der wegen eines fehlerhaft eingebauten Messgeräts unrichtig erfassten Heizkosten im Wege des Zweitbeschlusses zu korrigieren.

Ein Beschluss der Wohnungseigentümer, der denselben Gegenstand wie ein früherer Beschluss betrifft und die durch diesen Erstbeschluss getroffene Regelung ändert, ist als abändernder Zweitbeschluss grundsätzlich zulässig. (Bärmann/Pick/Merle Wohnungseigentumsgesetz 8. Auflage 2000 § 23 Rdz.66, 190).

Allerdings kann jeder Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 3 und 4 WEG verlangen, dass der Zweitbeschluss schutzwürdige Belange aus Inhalt und Wirkung des Erstbeschlusses berücksichtigt (vgl. BGHZ 113, 197, 200). Eine Verletzung schutzwürdiger Belange eines Wohnungseigentümers kommt insbesondere dann in Betracht, wenn ein Wohnungseigentümer durch den abändernden Zweitbeschluss einen rechtlichen Nachteil im Verhältnis zur Regelung des Erstbeschlusses erleidet. Das bedeutet jedoch nicht, dass durch den abändernden Beschluss etwaige tatsächliche Vorteile erhalten bleiben müssen, die ein Wohnungseigentümer nach dem Erstbeschluss gehabt hätte (OLG Saarbrücken WE 1998, 69, 71; Bärmann/Pick/Merle a.a.O. Rdz.67).

Zu Unrecht beanstandet die Antragstellerin in diesem Zusammenhang, dass das Landgericht dem Interesse der übrigen Wohnungseigentümer an der Abänderung der unter unrichtigen Voraussetzungen zustande gekommenen Jahresabrechnungen den Vorrang gegenüber dem Vertrauen der Antragstellerin in den Bestarid derselben eingeräumt hat. Selbst wenn - was offenbleiben mag - der Verwalter Au die Funktion des in Rede stehenden Messgeräts überwachen und den Einbaumangel hätte feststellen müssen, so führt dies nicht dazu, dass der Antragstellerin, die unstreitig in den Heizperioden 1994/95 und 1995/96 bei weitem zu geringe Heizkosten gezahlt hat, dieser Vorteil aus Gründen des Vertrauensschutzes zu Lasten der Gemeinschaft erhalten bleiben muss. Denn Geschäftsgrundlage für die Verteilung der Heizkosten in den Jahresabrechnungen war die Annahme, dass Basis der Berechnung - wie gesetzlich vorgeschrieben (§ 4 HeizkostenV) die zutreffende Erfassung des tatsächlichen Verbrauchs durch die zu den einzelnen Wohneinheiten vorhandene und abgelesene Messeinrichtung war. Deshalb wird die Antragstellerin durch eine entsprechende Anpassung der Heizkostenverteilung im Wege eines Zweitbeschlusses nicht in einer Treu und Glauben (§ 242 BGB) widersprechenden Weise benachteiligt. Dies gilt um so mehr, als die von der Antragstellerin in den Abrechnungsperioden 1994/95 und 1995/96 geleisteten Heizkosten mit 174,81 DM bzw. 103,75 DM auffallend gering waren, so dass bereits von daher der Verdacht eines Fehlers bei der Erfassung nicht ganz fernlag.

c)

Zu Unrecht reklamiert die Antragstellerin eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels. Dieser wird indes durch die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 13 und 14 nicht berührt. Es sollen der Verbrauchserfassung nach wie vor ohne Änderung des Umlageverhältnisses die Messwerte der Heizkostenverteiler zugrunde gelegt werden, Nur lassen sich diese für die Wohnung der Antragstellerin bezüglich der in Rede stehenden Heizkostenperioden wegen des Fehlers am Messgerät nicht ermitteln. Dies rechtfertigt es - wie § 9 a Abs. 1 in diesen Fällen vorsieht den die Wohneinheit der Antragstellerin betreffenden Verbrauch auf der Grundlage des Verbrauchs vergleichbarer anderer Räume im jeweiligen Abrechnungszeitraum zu ermitteln. Dem tragen die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 13 und 14 Rechnung.

Ohne Erfolg bemängelt die Antragstellerin auch eine aus der Lage ihrer Wohnung im Dachgeschoss und ihrem Heizverhalten abgeleitete fehlende Vergleichbarkeit der übrigen Wohneinheiten mit ihrer Wohnung.

Zum einen ist das Heizverhalten der Antragstellerin für die fraglichen Abrechnungsperioden nicht objektiviert. Zum anderen mag die Dachgeschosswohnung zwar einerseits einer höheren Sonneneinstrahlung ausgesetzt sein als die übrigen Wohnungen, andererseits ist für sie der Heizkosten ersparende Mitheizeffekt geringer als bei den Wohnungen, die von mehreren Seiten an andere beheizte Einheiten angrenzen. Hierdurch ist die vom Landgericht, ohne Rechtsfehler gebilligte Schätzung nach % Anteilen für die Heizperioden 1994/95 und 1995/96 ebensowenig in Frage wie durch die Reduzierung der Anteile nach Zählerumbau in den Heizungsperioden 1996/97 (14,53 %) und 1997/98 (17,15 ). Denn zum einen sieht die HeizkostenV (§ 9a Abs. 1) die Berücksichtigung künftiger Heizperioden für die Kostenverteilung in diesen Sonderfällen nicht vor. Zum anderen zeigt die Differenz (14,53 % zu 17,14 %), dass auch der mit einem intakten Wärmeerfassungsgerät ermittelte Verbrauchsanteil Schwankungen unterliegt. Schließlich liegt es auch nicht fern, dass die Antragstellerin nach Umbau des Heizkostenmessers sparsamer geheizt hat.

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin konnte nach alledem keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 Satz 1 WEG. Eine Kostenerstattung aus Billigkeitsgründen war nicht angezeigt, § 47 Satz 2 WEG.

Ende der Entscheidung

Zurück