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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 28.09.2000
Aktenzeichen: 4 U 206/99
Rechtsgebiete: AKB, VVG


Vorschriften:

AKB § 12 Nr. 1 II e
VVG § 61
Der Kaskoversicherer ist wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer mit der hochgestellten Kippermulde seines LKW gegen die Unterkante einer Brücke gefahren ist, weil er angenommen hatte, er habe die Mulde heruntergelassen, obwohl er Anlaß hatte, der Zuverlässigkeit der Kontrolleuchte zu mißtrauen, auf die er sich verlassen haben will.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 206/99 9 O 196/99 LG Duisburg

Verkündet am 28. September 2000

H., Justizsekretär z.A. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 19. September 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. S, des Richters am Oberlandesgericht Dr. W sowie des Richters am Landgericht O

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 16. September 1999 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung bleibt ohne Erfolg.

Zutreffend ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, daß dem Kläger aus der bei der Beklagten abgeschlossenen Vollkaskoversicherung Leistungen nicht zustehen, weil der Kläger den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt hat (§ 61 VVG).

Es ist dem Kläger als objektiv ganz gravierendes Verschulden anzulasten, mit dem LKW losgefahren zu sein, ohne die hochgestellte Kippermulde zuvor wieder abgesenkt zu haben. Dadurch ist es zu dem Anstoß gegen die Unterkante der Brücke und zu dem Schaden an dem versicherten Fahrzeug gekommen. Auch in subjektiver Hinsicht sind keine Umstände erkennbar, welche die Unaufmerksamkeit des Klägers in milderem Licht erscheinen lassen:

Der Senat hat erhebliche Zweifel an der jetzigen Darstellung des Klägers im Prozeß, er sei sich zwar bewußt gewesen, daß die Kippermulde hochgestanden habe, er habe deshalb - vermeintlich - den Bedienungshebel auf "Senken" gestellt; dabei sei ihm dann entgangen, daß der Hebel offenbar nicht in der gewünschten Position eingerastet sei (vgl. GA 2). Diese Schilderung ist unvereinbar mit seiner von der Polizei festgehaltenen Äußerung, er habe vergessen, den Kipper vor der Fahrt einzuholen (GA 108), sowie, er habe gar nicht mehr bedacht, daß der Auflieger noch ausgefahren sei (GA 111). Ein schlichtes Vergessen, sich mit einem Fahrzeug von ca. 5 m Höhe zu bewegen, wäre auch subjektiv als gravierende Nachlässigkeit zu werten. Die hochgestellte Kippermulde muß beim Besteigen des Führerhauses wie ein Berg über dem Kläger gestanden haben.

Aber selbst dann, wenn der Kläger den Hebel in der nunmehr geschilderten Weise betätigt hat, kann ihm der Vorwurf nicht erspart bleiben, sich grob fahrlässig verhalten zu haben. Es ist schon unverständlich, daß der Kläger das Zurückspringen des nicht erretierten Hebels in die Ausgangsposition nicht wahrgenommen hat. Ferner war Kläger nicht nur beim Betätigen des Hebels, sondern darüber hinaus auch noch grob unaufmerksam, als er einen Blick auf die Kontrolleuchte geworfen hat, die bei hochgefahrener Kippermulde brennen sollte. Zwar hat nach Behauptung des Klägers dieses Warnlicht nicht aufgeleuchtet. Dem Kläger mußte sich jedoch aufdrängen, daß auf die Warnfunktion der Leuchte kein Verlaß war. War die Leuchte schon zuvor ausgefallen - darauf deutet der erstinstanzliche Vortrag des Klägers hin (GA 31) -, so mußte dieser Defekt dem Kläger, der einen diesbezüglichen Reparaturauftrag wenige Tage zuvor erteilt hatte, bewußt sein. Auch dann, wenn sich der Defekt darin geäußert hatte, daß die Leuchte trotz heruntergelassener Kippermulde eine Zeit lang weiterbrannte, durfte sich der Kläger nicht darauf verlassen, daß bei einem Nichtaufleuchten der Anzeige der Kippermulde zuverlässig heruntergelassen war. Denn dann war auffällig, daß die Leuchte schon vor Betätigen des Senkhebels das Hochstehen des Kippers nicht angezeigt hatte. Im übrigen mußte jedweder Defekt an der Warneinrichtung Bedenken aufkommen lassen, ob die Leuchte nicht zwischenzeitlich gänzlich ausgefallen war. Von den vom Bundesgerichtshof (VersR 1989, 582) und vom OLG Hamm (NVersZ 2000, 334) entschiedenen Sachverhalten unterscheidet sich die hier gegebene Konstellation u.a. dadurch, daß der Kläger besonderen Anlaß hatte, der Zuverlässigkeit der Kontrolleuchte zu mißtrauen, auf die er sich verlassen haben will. Allein die Tatsache, daß es sich hier um einen Fall des "Augenblickversagens" handelt, reicht nicht aus, den Kläger hinsichtlich der subjektiven Vorwerfbarkeit zu entlasten (vgl. dazu Römer VersR 1992, 1187).

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Berufungsstreitwert und Beschwer des Klägers: 43.519,38 DM.

Ende der Entscheidung

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