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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 29.02.2000
Aktenzeichen: 4 U 47/99
Rechtsgebiete: ALB 95, VVG


Vorschriften:

ALB 95 § 6 Abs. 3
VVG § 16
VVG § 17
VVG § 21
VVG § 22
Leitsätze

1.

Von einer arglistigen Täuschung durch einen selbständigen Dachdecker bei dem Antrag auf eine Lebensversicherung mit BUZ ist nicht auszugehen, wenn der sich beschwerdefrei fühlende Antragsteller weder im Antrag angegeben noch nachgemeldet hat, dass kurz vor dem Antrag bei dem wegen des Verdachts eines Wirbelsäulenleidens erstellten Computertomogramm eine Bandscheibenprotrusion und kurz nach dem Antrag bei einer Kernspintomographie ein Bandscheibenprolaps festgestellt worden ist, aber nicht erwiesen ist, dass dem Antragsteller das Ergebnis des CT bereits bei Antragstellung und das Ergebnis des MRT bei Annahme des Antrags bekannt war und dass er sich seiner Nachmeldepflicht bewusst war.

2.

Der Rücktritt der Versicherers ist unbegründet, soweit er sich auf die Lebensversicherung bezieht, wenn sich aus dem Vortrag des Versicherers nicht ergibt, dass er in Kenntnis einer Bandscheibenprotrusion Veranlassung gesehen hätte, den Vertragsschluß bezüglich der Lebensversicherung abzulehnen oder auf der Vereinbarung anderer Bedingungen zu bestehen.

3.

Gleichwohl ist der Rücktritt des Versicherers bezüglich der BUZ-Versicherung wirksam, weil - für den Antragsteller ersichtlich - nicht nur definitiv festgestellte körperliche Gebrechen, sondern auch Verdachtsdiagnosen und die deshalb ärztlich veranlassten Aufklärungsmaßnahmen für den BUZ-Versicherer von Bedeutung sind und die Gefahrerheblichkeit eines Wirbelsäulenleidens für eine BUZ-Versicherung - anders als für eine Lebensversicherung - auf der Hand liegt.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 47/99 11 O 10/98 LG Düsseldorf

Verkündet am 29. Februar 2000

T., Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 18. Januar 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. S und der Richter am Oberlandesgericht Dr. W und Dr. R

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 22. Dezember 1998 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Die Kapitalversicherung mit der Versicherungsschein-Nr.: besteht ohne Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung unverändert fort.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 91 % und die Beklagte zu 9 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 42.000 DM abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 4.500 DM abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Sicherheit kann auch durch die Bürgschaft einer Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Der im Jahre 1960 geborene Kläger hat die Berufe eines kaufmännischen Angestellten sowie eines Dachdeckers erlernt. Seit 1987 betrieb er in der Rechtsform einer GmbH eine Bedachungsfirma. Derzeit übt er wieder eine kaufmännische Tätigkeit aus.

Der Kläger unterhielt bei der Beklagten seit 1992 eine Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Diese Versicherung kündigte er zum 1. Januar 1996, weil er das angesparte Kapital benötigte. Daraufhin zahlte die Beklagte ihm den Rückkaufwert in Höhe von 12.658,83 DM aus. Zuvor hatte der Kläger bereits mit Wirkung zum 1. Dezember 1995 bei der Beklagten eine weitere Lebensversicherung ohne Berufsunfähigkeitszusatz abgeschlossen.

Am 13. März 1996 unterzeichnete er auf Vermittlung des Versicherungsvertreters Türke - zeitgleich mit einem nicht durch diesen vermittelten, entsprechenden Antrag bei der Versicherung - einen an die Beklagte gerichteten Antrag auf Abschluß einer Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, den die Beklagte durch den mit Schreiben vom 26. März 1996 übersandten Versicherungsschein annahm. In dem von dem Vermittler ausgefüllten Antrag (GA 43) an die Beklagte wurde die Frage Nr. 2:

"Sind Sie in den letzten fünf Jahren ärztlich untersucht, beraten oder behandelt worden? Wenn ja, wann? Weshalb? Von welchen Ärzten, in welchem Krankenhaus, Sanatorium, welcher Kuranstalt?"

beantwortet mit:

"Kieferumstellung 1992; Prof. Dr. B, St. J K, o. Befund".

Ferner wurde die Frage Nr. 6 nach körperlichen Gebrechen oder Organfehlern verneint. Zum Beruf des Klägers und der Art seiner beruflichen Tätigkeit wurde angegeben, er sei gelernter Dachdecker und sei als Geschäftsführer eines Dachdeckerbetriebs tätig. Außerdem wurde die Frage verneint, ob es sich dabei um eine vorwiegend körperliche Tätigkeit handelte.

Nicht angegeben wurde, daß der Kläger sich am 7. Oktober 1995 einer Notfallbehandlung im St. V Krankenhaus in D wegen "Muskelhartspann" unterziehen mußte (GA 26) und daß er sich anschließend am 10. Oktober 1996 zu einer Kontrolluntersuchung bei dem Orthopäden Dr. L in K begeben hat.

Im Mai 1997 beantragte der Kläger Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Im Rahmen ihrer Ermittlungen forderte die Beklagte im Juni 1997 bei der mit ihr verbundenen Union Krankenversicherung AG Arztbriefe von Dr. L vom 7. März 1996 (GA 46) und von Dr. R vom 26. März 1996 (GA 48) an, aus denen sich ergab, daß bei einem Computertomogramm am 5. März 1996 bei dem Kläger eine Bandscheibenprotrusion und bei einer Kernspintomographie am 18. März 1996 ein Bandscheibenprolaps festgestellt worden war. Außerdem erhielt die Klägerin von der Krankenversicherung ein in deren Auftrag von Dr. M unter dem 5. Mai 1997 erstelltes Gutachten, in dem dieser zu dem Ergebnis kam, der Kläger sei als Dachdeckermeister berufsunfähig. In diesem Gutachten führte er zur Vorgeschichte aus. (GA 51):

"Seit etwa dem 15. Lebensjahr leidet Herr H unter immer wieder auftretenden Rückenschmerzen, anfangs besonders nach dem Sport. Während der Bundeswehrzeit traten die Beschwerden verstärkt auf, so daß er nach eingehender Untersuchung im Bundeswehrkrankenhaus H von körperlichen Belastungen wie Tragen und längeren Märschen freigestellt wurde. Seit etwa drei bis vier Jahren ist Herr H fortlaufend in Behandlung bei Fachärzten für Orthopädie, in orthopädischen Ambulanzen und beim Hausarzt. Er mußte mehrfach "eingerenkt" werden. Seit längerer Zeit werden regelmäßig krankengymnastische Behandlungen durchgeführt, die auch jetzt noch laufen."

Daraufhin trat die Beklagte mit Schreiben vom 7. Juli 1997 von dem im März 1996 geschlossenen Versicherungsvertrag zurück und erklärte gleichzeitig dessen Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (GA 24).

Der Kläger hat geltend gemacht: Die mit der Tätigkeit eines überwiegend körperlich arbeitenden Dachdeckers verbundenen Belastungen seien zwar nicht ohne Auswirkungen auf sein körperliches Befinden geblieben. Deshalb sei es nur natürlich, daß er auch zeitweilig an den Folgen dieser Strapazen gelitten habe. Die damit verbundenen körperlichen Beeinträchtigungen hätten nach seiner Wahrnehmung jedoch lediglich den gleichen Charakter wie Muskelkater oder Verspannungen gehabt und wären auch stets nach relativ kurzer Zeit, in der die Belastungen der körperlichen Arbeit nicht auf ihn einwirkten, wieder abgeklungen. Nachhaltige Rückenbeschwerden seien bei ihm erstmalig Ende 1996 bzw. Anfang 1997 aufgetreten. Wegen dieser Beschwerden sei er seit dem 16. Januar 1997 berufsunfähig, wie sich aus dem Gutachten von Dr. M ergebe. Allerdings seien dem Gutachter bei der Darstellung der Anamnese erhebliche Irrtümer unterlaufen. Richtig sei, daß er vor Aufnahme des Versicherungsantrags wegen auf orthopädischem Fachgebiet liegender Beschwerden seit seiner Bundeswehrzeit erstmals und einmalig wieder wegen Halsstarre nach einer arbeitsreichen Woche in der Notfallambulanz des St. V Krankenhauses behandelt worden sei. Am 27. Februar 1996 habe er sich in der Sprechstunde bei Dr. J vorgestellt, weil er ein Gesundheitszeugnis zur Erlangung des Führerscheins der Klasse II benötigt habe. Dabei habe er sich beschwerdefrei gefühlt. Zur Objektivierung von Befunden habe Dr. J dennoch die Durchführung des Computertomogramms und der Kernspintomographie im März 1996 veranlaßt. Das Ergebnis der computertomographischen Untersuchung sei ihm bei Aufnahme des Versicherungsantrags aber noch nicht bekannt gewesen.

Im übrigen sei der für die Beklagte tätige Versicherungsagent Türke, der den Antrag vom 13. März 1996 nach eigenem Gutdünken und in Anlehnung an den vorausgegangenen Antrag vom 9. Mai 1992 ausgefüllt habe, über seine Gesundheitsverhältnisse umfassend unterrichtet gewesen, da er ihn - den Kläger - auch im Verhältnis zu seiner Krankenversicherung betreut habe. Da er bei Aufnahme des Antrags vom 13. März 1996 - unstreitig - im Rahmen der Schlußerklärung der Beklagten die Einwilligung erteilt habe, gemeinsame Datensammlungen mit der U Krankenversicherung AG zu führen, sei überdies davon auszugehen, daß sich sowohl der Agent als auch die Sachbearbeiter der Beklagten bei der Antragsprüfung seine Gesundheitsdaten beschafft hätten.

Davon abgesehen habe er dem Agenten der Beklagten auch wiederholt mitgeteilt, es sei Voraussetzung für die Auflösung des im Jahre 1992 geschlossenen Lebensversicherungsvertrages, daß gleich im Anschluß ein neuer Vertrag zu laufen beginne, der die Versicherung gegen Berufsunfähigkeit einschließe. Deshalb wäre es Sache der Beklagten gewesen, ihn darauf hinzuweisen, daß bei einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes bis zum Neubeginn der Versicherung nicht zu gleichen Bedingungen versichert werden könne. Da dies nicht geschehen sei, habe er darauf vertrauen dürfen, daß er von der Beklagten so gestellt werde, als wenn der Altvertrag weiterbestünde.

Der Kläger hat beantragt,

1.

festzustellen, daß der Kapitalversicherungsvertrag zwischen den Parteien zu Nr. 8 seit seinem Beginn, dem 1.4.1996, zu unveränderten Bedingungen fortbesteht,

2.

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.666,66 DM Barrente monatlich im voraus für die Zeit ab 01.02.1997 für die Dauer seiner Berufsunfähigkeit, längstens bis zum 31.03.2021, zu zahlen zuzüglich 4 % Zinsen ab dem 3. Werktag nach Eintritt des jeweiligen monatlichen Fälligkeitstermins, die rückständigen Beträge sofort,

3.

festzustellen, daß der Kläger ab 01.02.1997 von der Leistung der monatlichen Beiträge zur Kapitalversicherung Nr. 8 für die Dauer einer Berufsunfähigkeit befreit ist,

4.

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Auskunft über die seit dem 01.02.1997 angefallenen Überschußanteile, die der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zuzuordnen, sind, zu erteilen und die sich daraus ergebenden rückständigen Beträge sofort an ihn zu zahlen nebst 4 % Zinsen von dem jeweiligen rückständigen Betrag ab dem dritten Werktag nach Eintritt des jeweiligen Fälligkeitstermins.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht: Der Kläger habe ihr bei Aufnahme des Versicherungsantrags die insbesondere bei seiner Berufsausübung ständig aufgetretenen Rückenbeschwerden verschwiegen, obwohl ihm bereits aufgrund des Computertomogramms vom 5. März 1996 bekannt gewesen sei, daß er an einem Bandscheibenvorfall leide.

Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 22. Dezember 1998 nach schriftlicher Befragung der Zeugen Dr. M, Dr. J, Dr. L und Dr. R abgewiesen, weil die Beklagte wirksam von dem Versicherungsvertrag zurückgetreten sei. Der Kläger habe bei Vertragsschluß gefahrerhebliche Umstände nicht angezeigt, obwohl ihm Dr. J mitgeteilt habe, daß er den Verdacht eines höhergradigen Wirbelsäulenleidens hege.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend vorträgt: Das Landgericht habe nicht davon ausgehen dürfen, daß er den Versicherungsagenten nicht über seinen tatsächlichen Gesundheitszustand unterrichtet habe. Tatsächlich habe er ihm bei Antragsaufnahme freimütig darüber berichtet, daß Dr. J ihn zur weiteren Untersuchung an einen Röntgenologen verwiesen habe, der am 5. März 1996 ein Computertomogramm durchgeführt habe. Nach der am 18. März 1996 vorgenommenen Kernspintomographie habe er den Agenten auch hierüber nachträglich unterrichtet.

Er beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und nach seinen erstinstanzlich gestellten Anträgen zu erkennen.

Die Beklagte, die das angefochtene Urteil verteidigt, beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 2000 angehört und durch Vernehmung des Zeugen T Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nur zum Teil begründet.

I. Feststellungsantrag zu 1)

Mit Erfolg wendet sich der Kläger mit dem Antrag zu 1) gegen die Auflösung des Lebensversicherungsvertrages. Demgegenüber ist der Antrag unbegründet, soweit er damit zugleich die Feststellung des Fortbestandes der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung erstrebt.

1.

Die von der Beklagten mit Schreiben vom 7. Juli 1997 wegen arglistiger Täuschung (§ 22 VVG, § 123 BGB) erklärte Anfechtung des Versicherungsvertrages greift nicht durch.

Eine arglistige Täuschung liegt nur vor, wenn der Versicherungsnehmer bei dem Antrag auf Abschluß des Versicherungsvertrages in der billigenden Erkenntnis falsche Angaben zu gefahrerheblichen Umständen macht, der Versicherer könne dadurch getäuscht und bei seiner Entscheidung über die Annahme des Antrages beeinflußt werden (BGH NJW-RR 1991, 411, 412; Senat, OLGR 1994, 243, 249). Für die arglistige Täuschung ist der Versicherer als Anfechtender beweispflichtig (BGH, VersR 1984, 630; 1991, 1404; Prölss in: Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 22, Rn. 5). Diesen Beweis hat die Beklagte im Streitfall jedoch nicht geführt.

a. Allerdings steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Senat fest, daß der Agent der Beklagten, der Zeuge T, den Kläger bei Aufnahme des Versicherungsantrages vom 13. März 1996 nach seinen Gesundheitsverhältnissen befragt und daß dieser dabei unzutreffende Angaben gemacht hat.

Obwohl bei der Vernehmung des Zeugen erkennbar wurde, daß er sich in einem Interessenkonflikt befand, weil er sich sowohl der Beklagten, seiner Auftraggeberin, als auch dem Kläger, mit dem er seit langen Jahren befreundet ist, verbunden fühlt, hat er nachvollziehbar und nach der Überzeugung des Senats auch glaubhaft bekundet, daß er die Unterschrift des Klägers unter den Versicherungsantrag vom 13. März 1996 nicht - wie von diesem behauptet - blanko eingeholt habe, sondern daß er die Gesundheitsfragen mit ihm im Einzelnen durchgegangen sei. Zwar konnte er nicht ausschließen, daß er den Antrag beim Eintreffen des Klägers bereits vorbereitet und insbesondere die persönlichen Daten auf der Vorderseite schon anhand früherer Versicherungsanträge eingetragen hatte. Er war sich jedoch sicher, daß er die Antworten zu den Gesundheitsfragen mit dem Kläger gemeinsam und nach dessen Angäben in den Vordruck eingetragen habe. Daß der Zeuge die einzelnen Antworten - entgegen der Darstellung des Klägers - nicht ungeprüft aus dem in Ablichtung vorliegenden Versicherungsanträgen vom 9. Mai 1992 (GA 98) übernommen hat, wird auch durch einen Vergleich mit dem Antrag vom 13. März 1996 bestätigt. Zwar stimmen die Antworten weitestgehend überein. Dennoch ist zumindest eine Abweichung feststellbar, die auf eine Erörterung der Fragen und Antworten schließen läßt. So hat der Kläger in seinem Antrag vom 9. Mai 1992 noch einen Hausarzt benannt, während er dieselbe Frage (Nr. 10) im Antrag vom 13. März 1996 dahingehend beantwortet hat, er stehe zur Zeit nicht in ärztlicher Behandlung. Ebenso spricht auch gegen eine eigenmächtige Ausfüllung des Antrags vom 13. März durch den Zeugen, daß der Kläger in dem Lebensversicherungsantrag vom selben Tage an die Versicherung bei dem der Zeuge nicht mitgewirkt hat, die Frage nach ärztlichen Untersuchungen, Beratungen und Behandlungen innerhalb der letzten fünf Jahre ebenfalls verneint hat (GA 219).

Weiter hat der Zeuge T bekundete daß der Kläger ihm bei Aufnahme des Versicherungsantrages vom 13. März 1996 nicht offenbart habe, daß er kurze Zeit vorher Dr. J konsultiert und dieser die Durchführung eines Computertomogramms veranlaßt habe. Insoweit hegt der Senat ebenfalls keinen Zweifel an der Richtigkeit der Aussage, zumal der Kläger bei seiner persönlichen Anhörung - abweichend von seinem Berufungsvorbringen - selbst eingeräumt hat, daß er nicht mehr wisse, ob er dem Zeugen davon sowie von dem sich anschließenden Kernspintomogramm berichtet habe.

Schließlich hat der Zeuge auch nicht bestätigt, daß er - wie der Kläger behauptet - umfassend über dessen Gesundheitszustand unterrichtet gewesen sei. Vielmehr hat er dazu bekundet, daß der Kläger zwar - ebenso wie andere Versicherungsnehmer - bei ihm seine Arztrechnungen eingereicht habe. Von deren Inhalt will er, wie er nachvollziehbar erklärt hat, jedoch keine Kenntnis genommen, sondern die Weiterleitung an die Krankenversicherung seiner Ehefrau überlassen haben.

b) Wenngleich damit feststeht, daß der Kläger bei der Aufnahme des Versicherungsantrages vom 13. März 1995 trotz entsprechender Befragung die Untersuchung durch Dr. J und das Computertomogramm vom 5. März 1996 verschwiegen hat, und weiterhin unstreitig ist, daß er auch die Notfallbehandlung im St. V Krankenhaus in D wegen Muskelhartspann nicht angezeigt hat, steht damit jedoch noch nicht fest, daß er dadurch auf die Entschließung der Beklagten arglistig Einfluß nehmen wollte und sich bewußt war, daß sie bei richtigen Angaben seinen Antrag möglicherweise nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen annehmen werde. Dabei verkennt der Senat nicht, daß aus dem Verschweigen einer gravierenden Vorerkrankung regelmäßig auf die Täuschungsabsicht des Versicherungsnehmers zu schließen ist (vgl. BGH, VersR 1993, 170; OLG Karlsruhe, VersR 1992, 1250; OLG Jena VersR 1999, 1527, 1528). Um eine solche Vorerkrankung handelte es sich im Falle des Klägers jedoch - jedenfalls aus seiner subjektiven Sicht - nicht.

Daß der Muskelhartspann, an dem er im Oktober 1995 gelitten hat, sich aus seiner Sicht nicht als erheblich darstellte, hat er vielmehr bei seiner Anhörung vor dem Senat plausibel und überzeugend dargelegt. Nach seiner unwiderlegten Angabe war er bereits drei Tage später wieder in der Lage, seiner Arbeit nachzugehen. Soweit er aus dem Grund gleichwohl noch einmal den Orthopäden Dr. L aufgesucht hat, hat es sich dabei nach seinen Angaben um eine reine Nachuntersuchung gehandelt.

Ungleich schwerer wiegt demgegenüber die Nichtanzeige der Untersuchung durch Dr. J, des von ihm geäußerten Verdachts eines höhergradigen Wirbelsäulenleidens sowie des von ihm aus dem Grund veranlaßten Computertomogramms. Indes folgt daraus noch nicht, daß der Kläger sich der Tatsache bewußt war, daß bei ihm ein ernsthafter Wirbelsäulenschaden bestand. Nicht erwiesen ist nämlich, daß ihm das Ergebnis der CT-Untersuchung, bei der sich eine Bandscheibenprotrusion herausgestellt hat, bereits vor der Aufnahme des Versicherungsantrages vom 13. März 1996 bekannt war. Dr. L, die die CT-Untersuchung durchgeführt hat, hat dazu bei ihrer schriftlichen Befragung in erster Instanz lediglich erklärt, sie könne weder aus der Erinnerung noch aufgrund ihrer Unterlagen rekonstruieren, ob sie dem Kläger den Untersuchungsbefund mitgeteilt habe. Wann Dr. J, der von Dr. L mit Arztbrief vom 7. März 1996 (GA 46) informiert worden ist, den Kläger davon unterrichtet hat, ist gleichfalls unbekannt.

Von einer ernsthaften Schädigung seiner Wirbelsäule mußte der Kläger auch nicht aufgrund der Untersuchung durch Dr. J am 27. Februar 1996 ausgehen. Zwar hat dieser - ausweislich seiner Angaben bei seiner erstinstanzlichen Befragung - bereits den Verdacht auf ein höhergradiges Wirbelsäulenleiden geäußert. Ob der Kläger diese Verdachtsdiagnose ernst genommen hat, ist jedoch offen, zumal er sich dem Zeugen nach dessen Bekundungen allein aus Anlaß der Führerscheinprüfung der Klasse II vorgestellt und sich dabei auch subjektiv beschwerdefrei gefühlt hat.

Von genauer Kenntnis seines Gesundheitszustandes, die auf eine Täuschungsabsicht schließen ließe, wäre danach nur dann auszugehen, wenn die Angaben von Dr. M in seinem Gutachten vom 5. Mai 1997 (GA 50 ff.) zu den ärztlichen Behandlungen und Untersuchungen des Klägers als verläßlich anzusehen wären. Dagegen hegt der Senat jedoch Bedenken. Abgesehen von den Rückenbeschwerden, an denen der Kläger während seiner bereits lange Jahre zurückliegenden Bundeswehrzeit gelitten hatte, sind die Angaben nämlich vage und ungenau. Bei welchen Orthopäden, in welchen orthopädischen Ambulanzen und bei welchem Hausarzt oder Therapeuten der Kläger seit 1993 oder 1994 in Behandlung gewesen sein soll, läßt sich dem Gutachten nicht entnehmen. Ebenso werden die erhobenen Befunde nicht näher beschrieben. Deshalb ist nicht auszuschließen, daß sich der Klägerin den letzten fünf Jahren vor Aufnahme des Versicherungsantrages vom 13. März 1997, nach denen sich die Beklagte mit ihren Gesundheitsfragen erkundigt hat, nur den ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen unterzogen hat, die auch im Rahmen des Rechtsstreits angesprochen worden sind. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Beklagte nach der Beantragung der Berufsunfähigkeitsrente mit Einverständnis des Klägers Ermittlungen bei seinem Krankenversicherer durchgeführt hat. Gleichwohl hat sie sich aber nicht imstande gesehen, weitere Ärzte zu benennen, die der Kläger in dem angegebenen Zeitraum konsultiert haben soll.

c) Auf eine Täuschungsabsicht des Klägers läßt weiterhin nicht die Tatsache schließen, daß er am 6. März 1996 versucht hat, die bereits seit dem 1. Dezember 1995 bei der Beklagten laufende Lebensversicherung um eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zu erweitern und daß er am 13. März 1996 bei der Versicherung eine neue Lebensversicherung - mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung - beantragt hat. Insofern ist der zeitliche Zusammenhang mit dem Computertomogramm vom 5. März 1996 allerdings auffällig. Jedoch erscheint zweifelhaft, ob der Kläger unmittelbar nach dieser Untersuchung - die Bekanntgabe des Ergebnisses unterstellt - sogleich dessen versicherungsrechtliche Relevanz erkannt und spontan beschlossen hat, schon am folgenden Tage den Einschluß der Berufsunfähigkeitsversicherung in die bestehende Lebensversicherung zu beantragen. Mit Blick darauf kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, daß der Kläger im März 1996 lediglich die ohnehin beabsichtigte Aufstockung seines Versicherungsschutzes in Angriff genommen hat. Dazu hat der Zeuge T bei seiner Vernehmung - teilweise übereinstimmend mit dem Kläger - bekundet, dieser habe 1995 seinen Lebensversicherungsvertrag bei der Beklagten gekündigt, weil er Kapital benötigt habe. Aus wirtschaftlichen Gründen habe er sich aber, nicht in der Lage gesehen, sofort einen neuen Vertrag mit gleich hoher Versicherungssumme abzuschließen. Deshalb habe er zunächst nur den Abschluß eines neuen Vertrages mit geringerer Versicherungssumme und ohne Berufsunfähigkeitszusatz beantragt und die ins Auge gefaßte Absicherung bis zu einer Besserung seiner finanziellen Verhältnisse zurückgestellt (insoweit nur teilweise protokolliert). Ebenso hat der Kläger auch nach eigenen Angaben als Ersatz für den bei der Versicherung gekündigten Altvertrag im März 1996 mit entsprechender zeitlicher Verzögerung einen neuen Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen.

d) Die Täuschungsabsicht kann schließlich auch nicht daraus gefolgert werden, daß der Kläger der Beklagten das Ergebnis der Untersuchung vom 5. März 1996 sowie der Kernspintomographie vom 18. März 1996 nicht noch vor Annahme des Versicherungsantrages nachgemeldet hat. Zwar ist der Versicherungsnehmer grundsätzlich gehalten, dem Versicherer auch zwischen Antragstellung und Antragsannahme auftretende "Gesundheitsverschlechterungen" anzuzeigen (BGH, r + s 1994, 321). Daß der Kläger dies arglistig unterlassen hat, ist jedoch nicht feststellbar.

Soweit es das Ergebnis der MRT-Untersuchung vom 18. März 1996 anbelangt, ist bereits zweifelhaft, ob der Kläger überhaupt von dem dabei festgestellten Bandscheibenprolaps vor Annahme des Versicherungsantrags Kenntnis erlangt hat. Den Versicherungsschein hat ihm die Beklagte mit Schreiben vom 26. März 1996 zugesandt. Der Arztbrief, mit dem Dr. R Dr. J über das Resultat der Kernspintomographie unterrichtet hat, datiert aber ebenfalls erst vom 26. März 1996 (GA 48). Zur rechtzeitigen Information der Beklagten wäre der Kläger unter den Umständen daher nur in der Lage gewesen, wenn er im unmittelbaren Anschluß an die Untersuchung über den Befund unterrichtet worden wäre. Das hat Dr. R erstinstanzlich jedoch nicht bestätigt. Vielmehr hat er angegeben, er könne sich nicht mehr erinnern, ob er den Kläger informiert habe. Zwar hat er weiter ausgeführt, es sei in seiner Praxis üblich, dem Patienten nach einer MRT-Untersuchung mitzuteilen, ob diese einen pathologischen Befund ergeben habe, der bestehende Beschwerden erklären könne. Selbst wenn er im Falle des Klägers, der sich nach der schriftlichen Aussage von Dr. J zu der Zeit noch beschwerdefrei gefühlt hat, entsprechend verfahren sein sollte, was nicht feststeht, bliebe jedoch offen, ob der Kläger dadurch Näheres erfahren hätte, was eine Anzeigepflicht hätte begründen können. Dabei ist zu berücksichtigen, daß Patienten in solchen Fällen - so Dr. R - von ihm üblicherweise nicht detailliert unterrichtet werden, weil anderenfalls für ihn die Gefahr bestehe, daß er seine ursprüngliche Einschätzung in seinem schriftlichen Befundbericht revidieren müsse.

Ebenso läßt auch die Nichtweitergabe des Befundes der Computertomografie vom 5. März 1996 nicht auf Arglist schließen. Auch wenn viel dafür sprechen mag, daß der Kläger über den Untersuchungsbefund jedenfalls vor Durchführung der Kernspintomographie aufgeklärt worden ist, weil nicht ersichtlich ist, daß die MRT-Untersuchung unabhängig von dem Resultat des Computertomogramms von vornherein beabsichtigt war, bleibt nämlich zu berücksichtigen, daß die Nachmeldepflicht nicht allgemein bekannt ist (ebenso: Langheid in: Römer/Langheid, VVG, §§ 16, 17 Rn. 8). Daß sich der Kläger dieser Verpflichtung bewußt war, kann deshalb nicht unterstellt werden. Zwar weist die Beklagte in ihrer ganzseitigen, mit der Überschrift "Wichtig für den Antragsteller und die zu versichernde Person" versehenen Schlußerklärung zur beantragten Versicherung (GA 70) darauf hin, daß der Versicherungsnehmer gehalten sei, ihr bis zur Annahme des Antrags jede noch eintretende nicht unerhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes schriftlich anzuzeigen. Abgesehen davon, daß der Kläger den Erhalt dieser Erklärung bestreitet, bleibt aber offen, ob er, der sich bei dem Vertragsschluß von dem Zeugen T persönlich beraten ließ, den Inhalt dieser Erklärung - ihre Aushändigung unterstellt - danach überhaupt noch zur Kenntnis genommen hat.

2.

Ebenfalls unbegründet ist die Rücktrittserklärung der Beklagten, soweit sich diese auf den Lebensversicherungsvertrag erstreckt.

Der Rücktritt des Versicherers ist gemäß § 20 i.V.m. §§ 16, 17 VVG nur dann gerechtfertigt, wenn der Versicherungsnehmer bei Schließung des Vertrages Umstände verschweigt, die geeignet sind, Einfluß auf den Entschluß des Versicherers auszuüben, den Vertrag überhaupt oder mit dem beantragten Inhalt abzuschließen, § 16 Abs. 1 Satz 2 VVG. Dabei gilt ein Umstand im Zweifel als erheblich, nach dem der Versicherer schriftlich gefragt hat, § 16 Abs. 1 Satz 3 VVG. Ungeachtet der danach bei entsprechender Fragestellung an sich dem Versicherungsnehmer für die Irrelevanz eines nicht angezeigten Umstands obliegende Darlegungslast kann der Versicherer aber die substantiierte Behauptung des Versicherungsnehmers, ein von ihm verschwiegener Umstand sei nicht gefahrerheblich, nur dadurch widerlegen, daß er detailliert die Grundsätze seiner Risikoprüfung darlegt, aus denen sich ergibt, daß er - in Kenntnis der erfragten Umstände - den Vertrag nicht oder jedenfalls nicht zu den vereinbarten Bedingungen abgeschlossen hätte (BGH r + s 1984, 173, BGH r + s 1989, 201; r + s 1991, 326; 1993, 393; Langheid, a.a.O., §§ 16, 17 Rn. 16). Daran fehlt es aber hier. Obwohl der Kläger nämlich - was das Landgericht übersehen hat - bereits erstinstanzlich nachvollziehbar behauptet hat, daß ein Rückenleiden für die im Rahmen der Lebensversicherung gebotene Prognose seiner Lebenserwartung ohne Belang sei (GA 93), hat die Beklagte nur vorgetragen, daß nach der Einschätzungsrichtlinie ihres Rückversicherers im Falle von Bandscheibenprotrusionen - je nach Grad und Folgen - für die Lebensversicherung mit einer Übersterblichkeit von 50 bis 100 % zu rechnen sei. Das reicht aber nicht aus, da daraus noch nicht abgeleitet werden kann, daß die Beklagte in Kenntnis der Bandscheibenprotrusion - wie sie ausweislich des Arztbriefes von Dr. L vom 7. März 1996 beim Kläger vorgelegen hat - Veranlassung gesehen hätte, den Vertragsschluß in Bezug auf die Lebensversicherung abzulehnen oder, auf die Vereinbarung anderer Bedingungen zu bestehen. Denn das läßt die Beklagte selbst in Kenntnis der Arztbriefe von Dr. L vom 7. März 1996 und Dr. R vom 26. März 1996 sowie des Gutachtens von Dr. M vom 5. Mai 1997 ausdrücklich offen, obwohl nicht dargetan wird, welche Unterlagen oder Informationen darüber hinaus noch zu einer abschließenden Beurteilung der Gefahrerheblichkeit erforderlich gewesen wären (GA 102).

3.

Ungeachtet dessen ist der Rücktritt der Beklagten in Ansehung der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung wirksam

a.

Unschädlich ist, daß die Beklagte ihre Rücktrittserklärung vom 7. Juli 1997 (GA 23) nicht von vornherein auf die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung beschränkt hat, denn es bestehen keine Bedenken dagegen, die Erklärung als Teilrücktritt umzudeuten (§ 190 BGB), weil der Rücktritt von der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung keine weiterreichenden rechtlichen Wirkungen entfaltet und angesichts der Verbindung der Erklärung mit der Verweigerung der vom Kläger begehrten Berufsunfähigkeitsrente keinem Zweifel unterliegen kann, daß sich die Beklagte - wenn nicht sogar in erster Linie - so doch jedenfalls auch von der Zusatzversicherung lösen wollte. Ein solcher Teilrücktritt ist auch nach § 30 Abs. 1 VVG rechtlich möglich (vgl. Voit in: Prölss/Martin, a.a.O., § 9 BUZ Rn. 1).

b) Zum Rücktritt von der Berufsunfähigkeitsversicherung ist die Beklagte berechtigt, weil der Kläger durch das Verschweigen der ärztlichen Untersuchung durch Dr. J, der von ihm geäußerten Verdachtsdiagnose und des von ihm veranlaßten Computertomogramms seine Anzeigepflicht §§ 16, 17 VVG verletzt hat. Wenn der Versicherungsnehmer - wie im Streitfall - bei Aufnahme eines Antrags auf Abschluß eines Versicherungsvertrages befragt wird, ob er in den letzten fünf Jahren ärztlich untersucht, beraten oder behandelt worden ist, so hat er grundsätzlich alle ärztlichen Untersuchungen anzugeben, denen er sich in diesem Zeitraum unterzogen hat (Senat, r + s 1997, 126; Kollhosser: Prölss/Martin, a.a.O., § 6 ALB 86 Rn. 7). Deshalb hätte der Kläger auf Befragen durch den Zeugen Türke auch die unmittelbar vor Beantragung des Versicherungsschutzes absolvierten Untersuchungen offenbaren müssen, selbst wenn ihm die bei der Computertomographie erhobenen Befunde noch nicht bekannt waren. Denn Gegenstand der Gesundheitsfragen waren nicht nur definitiv festgestellte körperliche Gebrechen, sondern auch ärztliche Untersuchungen und Beratungen sowie die dafür maßgebenden Gründe. Das schließt aber auch die Verpflichtung zur Mitteilung der von Dr. J geäußerten Verdachtsdiagnose und der von ihm aus dem Grund veranlaßten Aufklärungsmaßnahmen ein. Anders als bei der Lebensversicherung liegt im falle einer Berufsunfähigkeitsversicherung die - vom Kläger insoweit auch nicht in Frage gestellte - Gefahrerheblichkeit eines Wirbelsäulenleidens, das Dr. J durch das von ihm angeordnete Computertomogramm verifizieren wollte, auch auf der Hand, weshalb sich hier die Darlegung der Risikoprüfungsgrundsätze der Beklagten erübrigt (vgl. dazu BGH, VersR 1989, 689; Langheid, a.a.O., §§ 16, 17 Rn. 17).

c) Der danach gemäß § 16 Abs. 2 VVG zulässige Rücktritt ist nicht wegen fehlenden Verschuldens des Klägers gemäß § 16 Abs. 3 VVG ausgeschlossen. Zwar hat Dr. J bei seiner erstinstanzlichen Befragung bestätigt, daß der Kläger ihn aufgesucht habe, weil er sich wegen des beabsichtigten Erwerbs der Fahrerlaubnis der Klasse II ärztlich untersuchen lassen mußte. Gleichwohl konnte der Kläger nicht davon ausgehen, daß diese Untersuchung und die von Dr. J veranlaßten weiteren Aufklärungsmaßnahmen für die Entschließung der Beklagten über die Annahme des Versicherungsantrages ohne Bedeutung waren. Denn insbesondere das noch vor Antragstellung am 5. März 1996 durchgeführte Computertomogramm diente für den Kläger ohne weiteres erkennbar nicht der Überprüfung seiner Fahrtauglichkeit, sondern der Abklärung des von Dr. J auch ihm gegenüber geäußerten Verdachts eines höhergradigen Wirbelsäulenleidens.

d) Die Rücktrittserklärung der Beklagten scheitert auch nicht daran, daß der Beklagten die vom Kläger nicht angezeigten Gefahrumstände bereits bekannt waren, § 16 Abs. 3 VVG. Dafür bestehen nämlich - entgegen der Behauptung des Klägers - keinerlei Anhaltspunkte. Zwar macht er unter Berufung auf das Urteil des BGH vom 5. September 1993 (VerSR 1993, 1089 f.) geltend, daß die Beklagte bereits bei der Entscheidung über die Annahme seines Antrages Zugriff auf die Datensammlung seines Krankenversicherers gehabt habe und daß sie von der ihr dadurch eröffneten Prüfungsmöglichkeit auch Gebrauch gemacht habe. Abgesehen davon, daß eine solche nicht durch besondere Verdachtsgründe veranlaßte routinemäßige Überprüfung bei Abschluß von Standardversicherungsverträgen, die für die Beklagte ein Massengeschäft bilden, wohl eher fernliegen dürfte, kann aber schon deshalb nicht von ihrer Kenntnis von der Untersuchung durch Dr. J und den von ihm veranlaßten weitergehenden Aufklärungsmaßnahmen ausgegangen werden, weil der Kläger nicht vorgetragen hat, daß er die ihm dadurch entstandenen Kosten bereits vor Zustandekommen des Versicherungsvertrages mit seinem Krankenversicherer abgerechnet hatte.

e.

Des weiteren wird das Rücktrittsrecht der Beklagten nicht durch die Verletzung der ihr obliegenden Risikoprüfungspflicht ausgeschlossen (vgl. dazu BGH NJW 1992, 1506; VersR 1995, 80; 901; 1996, 742). Eine solche Obliegenheit trifft den Versicherer nur, wenn sein Agent oder er Kenntnis von Umständen erhält, die eine Verletzung der Anzeigepflicht als möglich erscheinen lassen. Dafür bestanden aus Sicht der Beklagten aber keinerlei Anhaltspunkte, weil die Angaben des Klägers zu den Gesundheitsfragen sämtlich eindeutig und unverdächtig waren. Eine Nachfragepflicht bestand auch nicht deshalb, weil in dem Versicherungsantrag - wie der Kläger behauptet - fälschlicherweise aufgrund eines Versäumnisses des Zeugen T angegeben worden ist, daß er als Dachdecker in seinem Betrieb nicht überwiegend körperlich arbeite, obwohl das - so der Kläger - im Dachdeckergewerbe völlig unüblich sei. Abgesehen davon, daß der Zeuge T die Behauptung des Klägers, dieser habe ihm erklärt, er sei überwiegend handwerklich tätig, nicht bestätigen konnte, kann aber die Verletzung der der Beklagten - nach Ansicht des Klägers - obliegenden Verpflichtung zur Aufklärung der Art seiner Tätigkeit schon deshalb nicht zum Verlust des Rücktrittsrechts führen, weil diese Rechtsfolge nur in Fällen eingreift, in denen sich erst nachträglich herausstellt, daß der Versicherer durch die gebotene Rückfrage schon vor Vertragsschluß diejenigen Tatsachen erfahren hätte, auf deren Nichtanzeige er sich zur Rechtfertigung seines Rücktritts beruft (BGH, NJW 1992, 1506, 1507). Wäre die Beklagte aber der Frage nachgegangen, ob der Kläger tatsächlich überwiegend körperlich arbeitet, so hätte ihr das nicht zu der Erkenntnis verholfen, daß er die Gesundheitsfragen unvollständig beantwortet hat.

f.) Das danach begründete Rücktrittsrecht hat die Beklagte fristgerecht ausgeübt, da bei Abgabe der Erklärung vom 7. Juli 1997 die hierfür in § 6 Abs. 3 Satz 1 ALB 95 bestimmte Frist von drei Jahren seit Vertragsschluß, also seit März 1996, noch nicht abgelaufen war. Ebenso ist die weitere Frist von einem Monat gewahrt, die nach § 6 Abs. 3 Satz 2 ALB 95 i.V.m. § 20 Abs. 1 VVG mit dem Zeitpunkt beginnt, in welchem der Versicherer von der Verletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erlangt, weil die Beklagte erst durch die Übersendung der Arztbriefe von Dr. L und Dr. R, die durch Schreiben des Krankenversicherers vom 18. Juni 1997 erfolgt ist (GA 45), über die den Rücktritt rechtfertigenden Umstände informiert worden ist.

II. Anträge zu 2) - 4)

Die Anträge zu 2) - 4) sind nicht gerechtfertigt, da der Kläger aufgrund der wirksamen Rücktrittserklärung der Beklagten keine Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung mehr beanspruchen kann.

1)

Die Wirksamkeit des Rücktritts von der Berufsunfähigkeitsversicherung bewirkt nicht nur die Rückabwicklung und Beendigung des Zusatzversicherungsvertrages für die Zukunft (vgl. Langheid, a.a.O., § 20 Rn 10), sondern hat gleichzeitig zur Folge, daß die Beklagte keine Versicherungsleistungen aufgrund der - nach der Behauptung des Klägers - bereits vor der Rücktrittserklärung eingetretenen Berufsunfähigkeit mehr zu erbringen hat. Zwar bleibt die Leistungspflicht des Versicherers im Falle des Rücktritts gemäß § 21 VVG unberührt, wenn der Umstand, in Ansehung dessen die Anzeigepflicht verletzt ist, keinen Einfluh auf den Eintritt des Versicherungsfalles und den Umfang der Leistung hatte. Daß der Versicherungsfall - hier die behauptete Berufsunfähigkeit - in keinem kausalen Zusammenhang mit dem Wirbelsäulenleiden steht, wird aber von dem insoweit beweisbelasteten Kläger (Langheid, a.a.O., § 21 Rn. 6 m.w.N.) nicht geltend gemacht.

Der daraus folgenden Leistungsfreiheit der Beklagten steht auch nicht entgegen, daß es sich bei den vom Kläger nicht offenbarten Untersuchungen lediglich um indizierende Umstände für den beim Kläger bestehenden Wirbelsäulenschaden gehandelt hat, weil die verschwiegenen Untersuchungen im Falle einer Rückfrage der, Beklagten zwangsläufig zur Feststellung sowohl der Bandscheibenprotrusion als auch des Bandscheibenprolapses geführt hätten (vgl. dazu OLG Hamm, r + s 1991, 66; OLG Köln, r + s 1994, 315; Langheid, a.a.O., 21 Rn. 11; Prölss, a.a.O., § 21 Rn. 5).

2.

Die Leistungen, die der Kläger aus er Berufsunfähigkeitsversicherung begehrt, stehen ihm auch nicht aus dem gewohnheitsrechtlich anerkannten Grundsatz der Vertrauenshaftung oder aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß zu (vgl. dazu Langheid a.a.O., § 43 Rn. 17 ff.).

a) Schadensersatz kann der Kläger nicht beanspruchen, weil er vor Auflösung des im Jahre 1992 abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrages weder von dem Zeugen T noch von der Beklagten darauf hingewiesen worden ist, daß im Falle eines Neuabschlusses eine erneute Gesundheitsprüfung stattfinden werde und ein Vertrag zu gleichen Bedingungen nur zustande kommen könne, wenn sich sein Gesundheitszustand nicht verschlechtert habe. Abgesehen davon, daß der Kläger nicht vorträgt, welche Berufsunfähigkeitsleistungen ihm indem Altvertrag zugesagt worden sind und daß die Beklagte ihn - wenn auch nur in allgemeiner Form - mit Schreiben vom 5. Dezember 1995 (GA 12) auf die mit der Auflösung des Vertrages verbundenen finanziellen Nachteile und den Verlust des Versicherungsanspruchs aufmerksam gemacht hat; bedurfte es nämlich des vom Kläger für erforderlich gehaltenen speziellen Hinweises schon deshalb nicht, weil es sich von selbst versteht, daß bei Abschluß eines neuen Lebensversicherungsvertrages die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden Gesundheitsverhältnisse für die Risikoübernahmebereitschaft des Versicherers ausschlaggebend sind. Daß die Beklagte den Kläger - aus Rechts- oder Kulanzgründen - so behandeln würde, wie er bei Fortbestand des Altvertrages gestanden hätte, konnte und durfte dieser nicht voraussetzen. Vielmehr mußte er schon aus der Tatsache, daß ihm bei Beantragung der zweiten Lebensversicherung im November 1995 erneut Gesundheitsfragen gestellt wurden, entnehmen, daß die Beklagte eine neue Risikoprüfung vornehmen würde. Zu dem Zeitpunkt hätte er aber - wie sich aus dem Schreiben der Beklagten vom 5. Dezember 1995 ergibt - die Auflösung des Altvertrages noch verhindern können.

b) Sofern der Zeuge T dem Kläger - wie dieser behauptet - versichert hat, daß bei Abschluß eines neuen Lebensversicherungsvertrages auch Versicherungsschutz gegen das Risiko der Berufsunfähigkeit bestehe und daß sich der Kläger nur unter dieser Voraussetzung zur Auflösung des Altvertrages bereitgefunden hat, rechtfertigt auch das keinen Schadensersatzanspruch. Abgesehen davon, daß der Zeuge T bei seiner Vernehmung bekundet hat, der Abschluß der Zusatzversicherung sei im November 1995 vom Kläger aus wirtschaftlichen Gründen zurückgestellt worden, und nichts dafür spricht, daß der Zeuge, der für von ihm vermittelte Verträge Provision erhält, ein Interesse am Abschluß eines Vertrages mit geringerer Versicherungssumme oder ohne Zusatzversicherung gehabt haben könnte, muß sowohl ein auf das Erfüllungsinteresse als auch ein auf das negative Interesse gerichteter Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluß ausscheiden, weil der Kläger dem Versicherungsantrag und dem Versicherungsschein unschwer hätte entnehmen können, ob der Vertrag das Risiko der Berufsunfähigkeit einschloß oder nicht (vgl. dazu OLG Köln r + s 1992, 220, 221; 1993; 1385 f.; Langheid § 43 Rn. 18). Wenn er ungeachtet dessen darauf vertraut haben sollte, daß der im November 1995 geschlossene Vertrag ihn bei Berufsunfähigkeit absichere, ist sein Mitverschulden aber von solchem Gewicht, daß selbst bei einem Anspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluß, bei dem - anders als bei der Erfüllungshaftung - eine Haftungsquotierung möglich ist (Langheid, a.a.O., § 43 Rn 26), ein etwaiges Versäumnis des Zeugen Türke dahinter zurücktreten würde.

Eine Erstreckung des im November 1995 abgeschlossenen Versicherungsvertrages auf das Risiko der Berufsunfähigkeit kommt auch auf der Grundlage des § 5 Abs. 3 VVG nicht in Betracht.

Voraussetzung dafür wäre, daß der Kläger bei Aufnahme des Versicherungsantrages den Einschluß des Berufsunfähigkeitsrisikos gegenüber dem Agenten (mündlich) beantragt und die Beklagte den Versicherungsschein davon abweichend ausgefertigt hätte, ohne auf diese Änderung hinzuweisen. Dafür reicht aber die Behauptung des Klägers, der Zeuge T habe die Mitversicherung der Berufsunfähigkeit zugesagt, nicht aus, weil völlig offen bleibt, ob er diese angebliche Erklärung vor, bei oder - worauf das vom Kläger behauptete Telefonat Ende 1995 hindeutet - nach Aufnahme des Versicherungsantrages abgegeben haben soll.

c) Schließlich haftet die Beklagte dem Kläger auch nicht deshalb, weil der Zeuge T den Abschluß eines weiteren Versicherungsvertrages mit Wirkung zum 1. Januar 1996 "verbummelt" hätte. Daß sich der Abschluß des im März 1996 zustande gekommenen Vertrages aus Gründen verzögert habe, die in seinen Verantwortungsbereich fielen, hat der Zeuge bei seiner Vernehmung nämlich nicht bestätigt. Vielmehr hat er statt dessen - unwidersprochen - auf die wirtschaftliche Probleme des Klägers hingewiesen.

III.

Die nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze haben dem Senat keine Veranlassung zur Wiedereröffnung geboten.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Soweit das Urteil nicht bereits kraft Gesetzes revisibel ist, besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen.

Berufungsstreitwert:

Antrag zu 1) 10.000,00 DM Antrag zu 2) (Rente 1.666,66 DM x 42 =) 69.999,72 DM Rückstand 1.666,66 DM x 12 = 19.999,42 DM Antrag zu 3) (357 DM x 42 x 0,8 =) 11.995,20 DM Antrag zu 4) 5.000,00 DM 116.994,84 DM.

Zugleich wird der Streitwertbeschluß des Landgerichts vom 14. Januar 1999 gemäß § 25 Abs. 2 S. 2 GKG abgeändert und der Streitwert für die erste Instanz ebenfalls auf 116.999,84 DM festgesetzt.

Beschwer des Klägers: 106.994,84 DM Beschwer der Beklagten: 10.000,00 DM.

Ende der Entscheidung

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