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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 11.04.2000
Aktenzeichen: 4 U 67/99
Rechtsgebiete: VVG, AHB


Vorschriften:

VVG § 6 Abs. 3
VVG § 33 Abs. 2
VVG § 153 Abs. 1
AHB § 4 I Nr. 6 a
AHB § 4 II Nr. 2 a
AHB § 5 Nrn. 2
AHB § 5 Nrn. 3
AHB § 7 Nrn. 1
AHB § 7 Nrn. 2
Leitsätze

§§ 6 Abs. 3, 33 Abs. 2, 153 Abs. 1 VVG; § 4 I Nr. 6 a, II Nr. 2 a, § 5 Nrn. 2 und 3, § 7 Nrn. 1 und 2 AHB; BBE zur Privathaftpflichtversicherung

1.

Hat der Stiefsohn des Versicherungsnehmers und bisherigen Eigentümers das gemeinsam bewohnte Haus am Tag nach der Zwangsversteigerung fahrlässig in Brand gesetzt, so entfällt die Eintrittspflicht des Privathaftpflichtversicherers nicht nach §§ 7 Nr. 2, 4 II Nr. 2 AHB, weil der Versicherungsnehmer nicht geschädigt ist, und auch nicht nach den Besonderen Bedingungen für den Einschluß von Mietsachschäden, weil durch die Fortsetzung der Nutzung des Hauses nach der Zwangsversteigerung kein Mietverhältnis Begründet worden ist.

2.

Der Haftpflichtversicherer ist nicht nach § 6 Abs. 3 VVG wegen grob fahrlässiger Verletzung der Obliegenheit zur Anzeige des Versicherungsfalls leistungsfrei,

- wenn die Obliegenheitsverletzung keinen Einfluß auf die Feststellung des Versicherungsfalls gehabt hat, weil in Anbetracht der polizeilichen Ermittlungen und des von der Staatsanwaltschaft eingeholten, umfangreich bebilderten Brandsachverständigengutachtens nichts darauf hindeutet, daß weitere Aufklärungsbemühungen des Haftpflichtversicherers erfolgreich gewesen wären,

- und Nachteile bei der Festellung der dem Haftpflichtversicherer obliegenden Leistung nicht erkennbar sind, weil der Schaden von dem Gebäudeversicherer ermittelt worden ist und dieser ohnhin nur die Aufwendungen ersetzt verlangen kann, die zur Schadensbeseitigung erforderlich waren und deren Notwendigkeit er nachweisen kann.

3.

Der Haftpflichtversicherer ist nicht gemäß § 6 Abs. 3 VVG, §§ 5 N r. 3, 7 N r. 1 AHB wegen nicht rechtzeitiger Rücksendung des ausgefüllten Schadenanzeigeformulars leistungsfrei, wenn das Schadenanzeigeformulars eine Belehrung über die Folgen bewußt unwahrer oder unvollständiger Angaben, nicht jedoch über die Leistungsfreiheit infolge bloßer Verzögerung der Aufklärung enthält und der Versicherer in einem Schreiben mitgeteilt hat, er sehe den angeforderten Informationen "innerhalb von 14 Tagen - ab Zugang dieses Schreibens - bei Ihnen entgegen".


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 67/99 2 O 314/98 LG Kleve

Verkündet am 11. April 2000

T., Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. S und der Richter am Oberlandesgericht Dr. W und Dr. R

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 24. Februar 1999 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kleve wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Versicherungsschutz für den Brandschaden vom 4. Dezember 1995 zu gewähren, soweit die A Versicherungs-AG als Gebäudeversicherer Regreßansprüche gegen ihn geltend macht.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000 DM abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Sicherheit kann durch die Bürgschaft einer Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Der Stiefvater des Klägers, R E unterhält bei der Beklagten eine Privathaftpflichtversicherung, aus der der am 23. September 1973 geborene Kläger Versicherungsschutz begehrt.

Bis zum 2. Dezember 1996 war der Stiefvater des Klägers Eigentümer des Hausgrundstücks D straße, R, das er mit seiner Ehefrau, der Mutter des Klägers, dem Kläger und dessen Geschwistern bewohnte. Der Grundbesitz wurde am 3. Dezember 1996 zwangsversteigert und durch Beschluß vom selben Tage der Sparkasse M zugeschlagen.

Am 4. Dezember 1996 entzündete der Kläger im Kaminofen des Wohnzimmers mit Hilfe von Brennspiritus ein Feuer. Dabei brach ein Brand aus, durch den Gebäude und Inventar erheblich beschädigt wurden.

Der Gebäudeversicherer, die A Versicherungs-AG, leistete aufgrund dieses Schadensereignisses an die Sparkasse M eine Entschädigung in Höhe von 193.370 DM. Mit Schreiben vom 31. Oktober 1997 machte er deshalb Regreßansprüche gegen den Kläger geltend und bat um Mitteilung, ob er privathaftpflichtversichert sei. Nachdem der Gebäudeversicherer über das zur Beklagten bestehende Versicherungsverhältnis unterrichtet worden war, wandte er sich mit Schreiben vom 13. November 1997 an die Beklagte und bat um Mitteilung, ob Versicherungsschutz bestehe. Diese übersandte am 1. Dezember 1997 dem Stiefvater des Klägers ein Schadenanzeigeformular mit der Bitte um Ausfüllung und Rücksendung sowie um eine Erklärung dafür, warum der Schadenfall bisher nicht gemeldet worden sei. Als eine Reaktion ausblieb, wandte sich die Beklagte mit Schreiben vom 7. Januar 1998 erneut an den Stiefvater des Klägers und an den Kläger selbst. Dabei teilte sie mit, daß sie dem Eingang der angeforderten Informationen binnen vierzehn Tagen entgegensehe. Nach Ablauf dieser Frist versagte sie sowohl dem Kläger als auch seinem Stiefvater mit Schreiben vom 28. Januar 1998 den Versicherungsschutz, weil sie Obliegenheiten vorsätzlich verletzt hätten. Daraufhin übermittelte der Kläger der Beklagten die von ihm am 30. Januar 1998 ausgefüllte Schadenanzeige.

Die Staatsanwaltschaft Kleve leitete gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren ein und erhob am 25. Juli 1997 Anklage wegen fahrlässiger Brandstiftung. Das Strafverfahren wurde durch Beschluß des Amtsgerichts Rheinberg vom 26. Februar 1998 gemäß § 153 a Abs. 2 StPO eingestellt.

Der Kläger hat behauptet: Der Brand sei von ihm fahrlässig verursacht worden. Den Brandschaden habe sein Stiefvater der Beklagten bereits am 5. oder 6. Dezember 1996 telefonisch gemeldet.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm Versicherungsschutz für den Brandschaden vom 4. Dezember 1996 zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich darauf berufen, sie sei leistungsfrei, weil der Versicherungsfall ihr nicht innerhalb einer Woche schriftlich angezeigt worden sei und der Kläger sie - unstreitig - nicht über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens unterrichtet habe. Darüber hinaus habe er gegen seine Aufklärungsobliegenheit verstoßen, da er ihr die notwendigen Informationen über das Schadenereignis vorenthalten habe.

Durch Urteil vom 24. Februar 1999 hat das Landgericht Kleve die Beklagte antragsgemäß verurteilt und zur Begründung ausgeführt, die Verletzung der Aufklärungsobliegenheit führe nicht zu ihrer Leistungsfreiheit, da sie den Kläger über den bei einer verspäteten Beantwortung ihrer Anfragen drohenden Anspruchsverlust nicht belehrt habe. Ferner könne die Beklagte sich nicht auf ihre Leistungsfreiheit berufen, weil der Kläger seiner Anzeigeobliegenheit nicht unverzüglich nachgekommen sei, da es an einem groben Verschulden fehle und nicht ersichtlich sei, daß die Interessen der Beklagten ernsthaft gefährdet worden seien.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens macht sie ergänzend geltend, der Kläger habe den Brand bewußt verursacht. Darüber hinaus sei sie - die Beklagte - durch die verspätete Unterrichtung über den Schadensfall daran gehindert worden, den Schadenshergang und -umfang näher aufzuklären.

Sie beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm Versicherungsschutz für den Brandschaden vom 4. Dezember 1995 zu gewähren, soweit die Gebäudeversicherung, die A Versicherungs-AG, Regreßansprüche gegen ihn geltend macht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozeßakte sowie der zu Informationszwecken beigezogenen Akte der Staatsanwaltschaft Kleve 13 Js 417/97 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung bleibt ohne Erfolg.

Die Beklagte hat dem Kläger aufgrund des mit seinem Stiefvater geschlossenen Versicherungsverhältnisses Haftpflichtversicherungsschutz für das Brandereignis vom 4. Dezember 1996 zu gewähren. Soweit der Senat den Tenor des angefochtenen Urteils dennoch - auf Antrag des Klägers - neu gefaßt hat, dient das lediglich der Konkretisierung des Versicherungsfalles (BGH, VersR 1981, 173). Ein Teilunterliegen des Klägers ist damit nicht verbunden, da er sich nicht darauf berufen hat, daß auch Dritte wegen des Brandes Schadensersatzansprüche gegen ihn erhoben hätten.

1.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die von dem Kläger erhobene Feststellungsklage zulässig. Im Haftpflichtversicherungsrecht kann der Versicherungsnehmer von dem Versicherer im allgemeinen nicht Befriedigung des Haftpflichtgläubigers verlangen. Dem Haftpflichtversicherer steht es frei, ob er die geltend gemachten Haftpflichtansprüche erfüllen oder den Versuch einer Abwehr unternehmen will. Eine Klage auf Befreiung von der Haftpflichtforderung kommt danach in der Regel nur dann in Betracht, wenn das Bestehen des Haftpflichtanspruchs rechtskräftig festgestellt ist. Solange dies nicht der Fall ist, kann der Versicherungsnehmer daher nur auf Feststellung klagen (BGH a.a.O.).

2.

Zu Unrecht bestreitet die Beklagte ferner die Aktivlegitimation des Klägers. Allerdings ist nach § 7 Nr. 1 Satz 2 AHB, die ebenso wie die Besonderen Bedingungen und Erläuterungen zur Privathaftpflicht-Versicherung der Beklagten (im folgenden: BBE) dem Versicherungsverhältnis zugrundeliegen, und § 75 Abs. 2 WG nur der Stiefvater des Klägers als Versicherungsnehmer zur Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag befugt. Das ist im Entscheidungsfall jedoch ohne Belang, da die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 28. Januar 1998 (GA 17) eine Klagefrist nach § 12 Abs. 3 VVG gesetzt hat.

Daraus ist aber zu entnehmen, daß sie sich mit der Geltendmachung der Ansprüche durch ihn einverstanden erklärt (so Späte, AHB, 2. Aufl., § 7 Rn. 5; Voit in: Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 7 AHB Rn. 3) bzw. daß sie auf ihre Rechte aus § 7 Nr. 1 Satz 2 AHB verzichtet hat (so OLG Hamm, r + s 1994, 248).

3.

Aus dem Versicherungsvertrag mit dem Stiefvater des Klägers folgt die grundsätzliche Einstandspflicht der Beklagten. Nach den Erläuterungen zu II. 1.b) BBE (GA 207) sind in der Familienhaftpflichtversicherung auch (Stief-)Kinder mitversichert. Zwar besteht danach für volljährige Kinder Versicherungsschutz nur, solange sie ledig sind und sich in der Schul- oder der sich unmittelbar daran anschließenden Berufsausbildung befinden. Diese Voraussetzungen sind jedoch im Falle des zum Zeitpunkt des Brandereignisses 23-jährigen, unverheirateten (BA 145) Klägers gegeben, da er seine Krankenpfleger-Ausbildung, in der er zum Zeitpunkt des Brandschadens noch stand, direkt nach dem Schulabschluß aufgenommen hat.

Das wird durch die von ihm beigebrachten Schulunterlagen und Zeugnisse lückenlos dokumentiert (GA 194 bis 200, 213 bis 221). Daß er seine Ausbildung in der Zeit vom 4. Juli 1994 bis 30. September 1995 zur Ableistung des Zivildienstes unterbrochen hat, ist nach II. 1.b) BBE unschädlich.

Ebenso ist die - sich hier aus den Erläuterungen zu I. BBE (GA 207) ergebende - Grundvoraussetzung für das Bestehen von Privathaftpflichtversicherungsschutz erfüllt. Denn der Kläger wird von dem Gebäudeversicherer aufgrund der gesetzlichen Haftpflicht aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 67 Abs. 1 VVG als Privatperson in Anspruch genommen, weil sich eine Gefahr des täglichen Lebens verwirklicht hat (zum Begriff der "Gefahr des täglichen Lebens" vgl. BGHZ 136, 142 = r + s 1997, 451; Senat, Urt. v. 7. Dez. 1999, 4 U 237/98, Seite 9). Dem steht nicht entgegen, daß der Brandschaden dadurch hervorgerufen worden ist, daß der Kläger mit Hilfe von Brennspiritus Feuer entfacht hat. Zwar entfällt die Eintrittspflicht nach den Erläuterungen zu I. BBE (GA 207), wenn infolge einer "ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung" ein Schaden entsteht. Diese Voraussetzung ist hier jedoch nicht gegeben, weil sich der Ausschlußtatbestand auf die seltenen Fälle beschränkt, in denen die schadensstiftende Handlung im Rahmen einer allgemeinen Beschäftigung des Versicherten vorgenommen worden ist, die ihrerseits ungewöhnlich und gefährlich ist (BGH, VersR 1996, 283; 1981, 271, 273; 1996, 495 f.; BGHZ 136, 146; Senat, a.a.O., Seite 13). Als solche Rahmenhandlung kann aber hier nicht das Entfachen eines Feuers mittels eines Brandbeschleunigers, sondern allenfalls das Anzünden des Feuers im Kaminofen angesehen werden, das an sich aber weder ungewöhnlich noch gefährlich ist.

4.

Ferner wird die Einstandspflicht der Beklagten nicht durch die weiteren in den AHB und BBE vorgesehenen Risikobeschränkungen ausgeschlossen.

a) Die Eintrittspflicht der Beklagten entfällt nicht gemäß §§ 7 Nr. 2, 4 Abs. 2 Nr. 2 AHB, weil der Versicherungsnehmer oder ein Angehöriger durch das Brandereignis geschädigt worden ist. Zum Zeitpunkt des Brandereignisses war der Stiefvater des Klägers aufgrund des Zuschlagsbeschlusses vom 3. Dezember 1996 nicht mehr Eigentümer des betroffenen Grundstücks, § 89, 90 ZVG. Ob und inwieweit Hausrat, der im Eigentum des Stiefvater des Klägers und der übrigen Familienmitglieder stand, zerstört worden ist, ist unerheblich, da der Kläger Haftpflichtversicherungsschutz nur gegen die Inanspruchnahme durch den Gebäudeversicherer verlangt.

b) Ebenso lassen die Besonderen Bedingungen für den Einschluß von Mietsachschäden oder § 4 Abs. 1 Nr. 6 a) AHB die Eintrittspflicht der Beklagten nicht entfallen.

Nach b) der Besonderen Bedingungen für den Einschluß von Mietsachschäden (GA 206) besteht kein Haftpflichtversicherungsschutz, sofern das Regreßverzichtsabkommen der Feuerversicherer eingreift. Ob dessen Voraussetzungen gegeben sind, kann jedoch dahinstehen, weil dadurch nur die Eintrittspflicht für Mietsachschäden begrenzt wird. Um einen solchen Schaden handelt es sich hier indes nicht, da - entgegen der Auffassung der Beklagten (GA 37) - zwischen der Sparkasse M und dem Stiefvater des Klägers kein Mietverhältnis bestand. Durch die einseitige Gebrauchsanmaßung ohne die Zustimmung des Eigentümers oder die Fortsetzung des Gebrauchs nach dem Verlust des Besitzrechts wird nämlich kein - auch kein stillschweigendes - Mietverhältnis begründet (Palandt/Putzo, BGB, 59. Aufl., § 535 Rn. 1). Daß entsprechende Vertragserklärungen ausgetauscht worden wären, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, daß das Regreßverzichtsabkommen für die Parteien ohne Bedeutung wäre. Sollten dessen Voraussetzungen erfüllt sein, entfiele vielmehr die Haftung des Klägers gegenüber dem Gebäudeversicherer. Das ist im Deckungsprozeß zwischen Versichertem und Versicherer jedoch ohne Belang (Langheid in: Römer/Langheid, VVG, § 149 Rn. 5).

Des weiteren wird die Einstandspflicht der Beklagten nicht durch § 4 Abs. 1 Nr. 6 a) AHB ausgeschlossen. Zwar hat sie danach nicht für Schäden einzutreten, die an durch verbotene Eigenmacht erlangten Sachen verursacht werden. Verbotene Eigenmacht liegt jedoch nur vor, wenn ein Unbefugter den Besitz ohne den Willen des Berechtigten ergreift. Dem steht aber das Unterlassen der Rückgabe nach Beendigung des Besitzrechts nicht gleich (BayObLG, NJW-RR 1998, 876; Palandt/Bassenge, a.a.O., § 858 Rn. 5). Eine Analogie zu den §§ 858, 861 BGB oder den in § 4 Abs. 1 Nr. 6 a) AHB angesprochenen Vertragsverhältnissen (Miete, Pacht, Leihe, Verwahrung) kommt ebenfalls nicht in Betracht (Hamm, r + s 1995, 450; Koblenz, r + s 1994, 410; Späte, a.a.O., § 4 Rn. 121; Voit, a.a.O., § 4 AHB 39).

c) Schließlich entfällt die Eintrittspflicht der Beklagten nicht gemäß § 152 VVG i.V.m. § 4 Abs. 2 Nr. 1 AHB, weil der Kläger den Brand vorsätzlich verursacht hätte. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte erstinstanzlich durch die Bezugnahme auf ihr Schreiben an den Gebäudeversicherer vom 10. September 1998 (GA 75 ff.) die von dem Kläger behauptete fahrlässige Verursachung gestanden hat, da keine zureichenden Anhaltspunkte für eine vorsätzliche Brandstiftung bestehen.

Allerdings ist der Beklagten einzuräumen, daß der Verdacht einer Vorsatztat nicht von der Hand zu weisen ist, wenn ein tags zuvor - deutlich unter Wert (BA 51, 100) - zwangsversteigertes Gebäude abbrennt. Dieser Verdacht wird jedoch durch das Brandursachengutachten des Sachverständigen R vom 27. Januar 1997 (BA 18 ff.) und die übrigen Erkenntnisse, die in dem Ermittlungsverfahren gegen den Kläger gewonnen worden sind, ausgeräumt.

Insoweit ergibt sich aus der beigezogenen Ermittlungsakte, daß der Kläger sich in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Rheinberg am 26. Februar 1998 - wie auch hier - dahin eingelassen hat, der Brand sei von ihm versehentlich verursacht worden, als er in dem Kaminofen im Wohnzimmer unter Zuhilfenahme von Brennspiritus ein Feuer entzünden wollte (BA 146). Diese Schilderung deckt sich nicht nur mit dem Vorwurf in der Anklageschrift und dem von dem Gebäudeversicherer ermittelten Sachverhalt, sondern entspricht auch den Angaben, die der Kläger bereits am Tattage gegenüber der Polizei gemacht hat (BA 3). Gestützt wird diese Darstellung ferner durch die Erklärungen, die sein 7-jähriger Bruder ebenfalls bereits kurz nach Brandausbruch gegenüber der Polizei abgegeben hat. Danach hat der Kläger ihm gegenüber bei der Warnung vor dem Feuer geäußert, daß er "Anzünder für den Ofen in den Kamin gesteckt" habe (BA 7). Mit Rücksicht darauf ist die Polizei - in Kenntnis der Zwangsversteigerung des Gebäudes schon am Brandtage davon ausgegangen, daß eine vorsätzliche Brandstiftung anscheinend auszuschließen sei (BA 9).

Für die Richtigkeit dieser Bewertung spricht ferner die Tatsache, daß die 10-jährige Schwester C des Klägers sich noch im Haus befand, als das Feuer ausbrach (BA 7, 9) und daß der Kläger sich eine - wenn auch nicht besonders gravierende - Brandvergiftung zugezogen hat, als er - wie auch die Beklagte einräumt (GA 152)- einen Löschversuch unternahm.

Die Annahme einer nur fahrlässigen Brandstiftung wird gleichfalls durch das im Auftrag der Staatsanwaltschaft eingeholte Brandursachengutachten gestützt. Danach ist das Feuer ausgebrochen, weil der Kläger das Brennmaterial, bestehend aus Braunkohlebriketts und Holz sowie Stroh und Resten einer Spanplatte (BA 39) mit Hilfe von Brennspiritus in Brand setzen wollte (BA 93 f.). Soweit die Mutter des Klägers bei ihrer polizeilichen Befragung angegeben hat, Heu oder Stroh "sei ihres Wissens" im Haus nicht vorhanden gewesen (BA 8), wird dadurch - entgegen der Auffassung der Beklagten - eine fahrlässige Inbrandsetzung nicht in Frage gestellt (so aber die Beklagte BA 151), da der Sachverständige tatsächlich entsprechende Brandrückstände vorgefunden hat und nicht ersichtlich ist, inwiefern die Beimischung von Stroh ein Indiz für eine vorsätzliche Brandstiftung sein könnte. Auch die Entzündung des Feuers findet durch das Gutachten eine plausible Erklärung, da zum Zeitpunkt des Brandes die Außentemperaturen nur + 8° betrugen (BA 32) und der zur Befeuerung der Heizung vorgehaltene Flüssiggastank vollständig entleert war (BA 35). Soweit die Beklagte ein Beheizen der Wohnung aufgrund der winterlichen Temperaturen für nicht erforderlich hält, ist das nicht nachvollziehbar.

Entgegen ihrer Ansicht spricht auch nicht gegen den vom Kläger geschilderten Geschehensablauf, daß er den Brandbeschleuniger in den bereits vorgewärmten oder möglicherweise bereits mit offener Flamme betriebenen Feuerungsraum eingebracht hat (BA 43). Denn nur so ist es zu erklären, daß - wie der Kläger bereits am Brandtage gegenüber der Polizei angegeben hat (BA 2) - eine Stichflamme aus dem Ofen in die mit Brennspiritus gefüllte Flasche schlagen konnte. Schließlich ergibt sich ein Widerspruch zu der von dem Sachverständigen festgestellten Brandverursachung auch nicht daraus, daß der Kläger in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht erklärt haben soll, er habe Feuer machen wollen, weil kein "Heizöl" mehr vorhanden gewesen sei (BA 146). Vielmehr dürfte die Protokollnotiz auf einem Versprecher oder Mißverständnis beruhen, da nichts darauf hindeutet, der Kläger habe wider besseres Wissen behaupten wollen, daß die Heizungsanlage mit Öl statt - wie von dem Sachverständigen festgestellt - mit Gas betrieben worden sei.

Ferner deutet die von der Polizei festgestellte - und durch die Lichtbildmappe I bestätigte - Unordnung in den Wohnräumen nicht auf eine vorsätzliche Brandstiftung hin (BA 5). Zwar wird dieser Eindruck von der Polizei (jedenfalls teilweise) zutreffend auf einen - auf den Bildern erkennbaren - Mangel an Abstellflächen und Schränken zurückgeführt. Angesichts des noch vorhandenen Mobiliars kann daraus aber - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht abgeleitet werden, daß das Haus wie auf einen Brand vorbereitet gewirkt habe. Gegen eine von vornherein geplante Brandstiftung spricht letztlich auch, daß die abwesenden Eltern des Klägers - nach dem Eindruck der Polizei - erkennbar erschrocken waren, als sie von dem Brand erfuhren (BA 8).

Insgesamt betrachtet kann danach kein ernsthafter Zweifel daran bestehen, daß der Kläger das Gebäude nur fahrlässig in Brand gesetzt und daß er das Übergreifen des Feuers auf das Gebäude weder gewollt noch billigend in Kauf genommen hat.

5.

Die Beklagte ist nicht gemäß § 6 Abs. 3 VVG leistungsfrei, weil der Kläger seine Anzeigeobliegenheit verletzt hätte.

a) Gemäß § 5 Nr. 2 i.V.m. § 7 Nr. 1 Satz 1 AHB hat auch der Kläger als Mitversicherter den Eintritt des Versicherungsfalles, d.h. eines Schadenereignisses, das Haftpflichtansprüche zur Folge haben kann (§ 5 Nr. 1 AHB), sowie die Einleitung des gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahrens spätestens innerhalb einer Woche schriftlich anzuzeigen. Gegen diese Obliegenheiten hat der Kläger - unstreitig - in objektiver Hinsicht verstoßen.

Auf die Verletzung der Pflicht zur Anzeige des Versicherungsfalles könnte sich die Beklagte allerdings gemäß §§ 153 Abs. 1 Satz 2, 33 Abs. 2 VVG nicht mehr berufen, wenn sie von ihrem Versicherungsnehmer - wie der Kläger vorträgt - am 5. oder 6. Dezember 1996 telefonisch über den Brandschaden unterrichtet worden wäre. Das bedarf jedoch keiner Aufklärung, da die Beklagte auch unabhängig davon nicht leistungsfrei ist.

b) Bei der Verletzung einer nach dem Versicherungsfall zu erfüllenden Obliegenheit wird nach § 6 Abs. 3 VVG zwar kraft Gesetzes ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Fehlverhalten des Versicherungsnehmers - hier des Versicherten - vermutet (Römer in: Römer/Langheid, a.a.O., § 6 Rn. 94). Der Annahme einer bewußten Pflichtverletzung steht im Streitfall jedoch die allgemeine Erfahrung entgegen, daß sich kein vernünftiger Versicherungsnehmer durch bewußte Nichterfüllung der Anzeigepflicht Rechtsnachteile im Deckungsverhältnis zu seinem Versicherer zuzieht (BGH, VersR 1981, 321, 322; OLG Hamm, OLGR 1997, 76). Deshalb ist im Entscheidungsfall lediglich von einer grob fahrlässigen Versäumung der Anzeigefrist auszugehen. Die dahingehende Vermutung kann der Kläger nicht entkräften. Die von ihm angesprochenen Hinderungsgründe Schock, vorrangiges Interesse am Strafverfahren, Umzug und Beginn des Krankenpfleger-Examens Anfang 1998 - liefern nämlich keine zureichende Erklärung, warum er sich über ein Jahr lang nicht mit der Beklagten in Verbindung gesetzt hat. Nicht zu überzeugen vermag insoweit auch die Argumentation des Landgerichts, der Kläger habe jedenfalls zunächst mit einer Inanspruchnahme durch den Gebäudeversicherer nicht rechnen müssen. Dem steht nämlich entgegen, daß er nach seinem eigenen Vortrag von der angeblichen Kontaktaufnahme seines Stiefvaters mit beiden Versicherern unterrichtet war.

c) Bei einer grob fahrlässigen Verletzung der Anzeigepflicht bleibt der Versicherer jedoch gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 VVG insoweit zur Leistung verpflichtet, als die Verletzung Einfluß weder auf die Feststellung des Versicherungsfalles noch auf die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung gehabt hat. Zwar muß der Versicherungsnehmer den Kausalitätsgegenbeweis führen. Diesen Negativbeweis kann er jedoch praktisch nur in der Weise erbringen, daß er zunächst die sich aus dem Sachverhalt selbst ergebenden Möglichkeiten ausräumt und dann abwartet, welche Behauptungen der Versicherer über Art und Maß der Kausalität aufstellt. Diese muß er dann widerlegen (BGH, VersR 1964, 709, 712). Davon ausgehend spricht vorliegend aber nichts dafür, daß der Beklagten durch das Fehlverhalten des Klägers ein Nachteil entstanden ist.

(1) Zwar hat die Beklagte zur Frage der Aufklärung der Schadensverursachung vorgetragen, sie hätte bei frühzeitiger Unterrichtung einen Brandsachverständigen beauftragt, die Beteiligten näher zu befragen versucht und auf deren Einvernahme im Ermittlungsverfahren hingewirkt. Das hilft ihr jedoch nicht weiter, da dem Versicherer nicht schon dann ein relevanter Nachteil entsteht, wenn das Versäumnis des Versicherten einen irgendwie gearteten Einfluß auf den Gang des Feststellungsverfahrens hat, sondern nur dann, wenn das Ergebnis seiner Feststellungen dadurch negativ beeinflußt wird (BGH a.a.O.). Das ist aber nicht der Fall.

Fraglich ist schon, ob die Beklagte die angesprochenen Maßnahmen tatsächlich ergriffen hätte, da sie in ihrem Schreiben vom 10. September 1998 an den Gebäudeversicherer keinen Zweifel daran gelassen hat, daß die polizeilichen Ermittlungen zu ihrer Zufriedenheit ergeben hätten, daß der Kläger den Brand lediglich (leicht) fahrlässig verursacht habe (GA 76). Selbst wenn man jedoch zu ihren Gunsten davon absieht, weil es sich bei diesem Schreiben möglicherweise nur um einen - gescheiterten - Versuch gehandelt hat, die Inanspruchnahme des Klägers abzuwenden, deutet aber nichts darauf hin, daß die in Betracht zu ziehenden Aufklärungsbemühungen erfolgreich gewesen wären. Mängel des von der Staatsanwaltschaft eingeholten Brandursachengutachtens hat die Beklagte nämlich trotz der umfangreichen Bilddokumentation, die eine sachkundige Überprüfung ermöglicht hätte, nicht aufzeigen können. Ebensowenig ergeben sich aus den Ermittlungsakten Widersprüche in der Darstellung der Beteiligten, die bei frühzeitiger Überprüfung. zur Feststellung einer Vorsatztat hätten führen können. Soweit die Beklagte gleichwohl Divergenzen und Widersprüche zwischen den Angaben des Klägers und seiner Angehörigen sieht, wird auf die vorstehenden Ausführungen zur Frage der vorsätzlichen Brandstiftung Bezug genommen. Davon abgesehen ist nicht erkennbar, welche sachdienlichen Auskünfte die Beklagte sich von einer detaillierten Vernehmung des Klägers und seiner Familie versprochen hätte. Insoweit ist zu berücksichtigen, daß sein Stiefvater und seine Mutter zum Zeitpunkt des Brandes außer Haus waren. Daß der damals 7-jährige Bruder und die 10-jährige Schwester des Klägers, die beide bei der Entzündung des Feuers nicht im selben Raum anwesend waren, noch Erhellendes zur Brandentstehung hätten beitragen können, ist gleichfalls nicht ersichtlich. Was bleibt ist danach die Möglichkeit, daß die Beklagte den Kläger selbst hätte eingehend befragen können. Zwar hätte er sich ihr gegenüber - anders als in dem Ermittlungsverfahren - nicht auf sein Aussageverweigerungsrecht berufen können. Daß er bei einer Befragung durch die Beklagte eine abweichende Sachdarstellung geliefert hätte, die den Nachweis einer Vorsatztat ermöglichen würde, bleibt aber reine Spekulation, zumal seine späteren Angaben in der Hauptverhandlung voll und ganz mit seiner ersten Äußerung gegenüber der Polizei am Brandtage übereinstimmten.

(2) Gleichfalls ist nicht erkennbar, daß der Klägerin Nachteile bei der Feststellung des Umfangs der ihr obliegenden Leistung entstanden sind. Obgleich der Kläger geltend gemacht hat, die Beklagte hätte selbst in Kenntnis des Versicherungsfalles zunächst die Inanspruchnahme durch den Gebäudeversicherer und den Ausgang des Strafverfahrens abgewartet, hat sie nämlich nicht konkret vorgetragen, was sie unternommen hätte, wenn sie frühzeitig über das Brandereignis unterrichtet worden wäre. Wenngleich an den diesbezüglichen Vortrag des Versicherers keine überzogenen Anforderungen zu stellen sind, ist das aber unzureichend. Zumindest hätte die Beklagte erläutern müssen, welche Maßnahmen sie bei rechtzeitiger Erfüllung der Obliegenheit getroffen und welchen Erfolg sie sich davon versprochen hätte (BGH, a.a.O.). Zu Lasten des Klägers kann daher nicht unterstellt werden, daß die Beklagte sogleich konkrete Aufklärungsmaßnahmen ergriffen hätte und daß diese zu einer Reduzierung der Schadensbeseitigungskosten geführt hätten. Ebensogut möglich ist, daß sie sich mit einer sachkundigen Überprüfung der von dem Gebäudeversicherer im Rahmen ihrer Inanspruchnahme präsentierten Schadensbelege begnügt hätte. Dazu ist sie aber nach wie vor imstande. Zwar hat die Beklagte darauf hingewiesen, daß Gebäudeversicherer auf Neuwertbasis abzurechnen pflegen, wohingegen sie allenfalls den Zeitwert zu ersetzen habe. Daraus ergibt sich aber kein Nachteil für sie, weil der Gebäudeversicherer von ihr ohnehin nur die Aufwendungen ersetzt verlangen kann, die zur Schadensbeseitigung erforderlich waren und deren Notwendigkeit er nachzuweisen imstande ist.

6.

Weiterhin ist die Beklagte nicht gemäß § 6 Abs. 3 VVG leistungsfrei, weil der Kläger gegen die aus §§ 5 Nr. 3, 7 Nr. 1 Satz 1 AHB folgende Aufklärungsobliegenheit verstoßen hätte.

a) Außer Frage steht allerdings, daß der Kläger durch die nicht fristgemäße Beantwortung des Schreibens vom 7. Januar 1998 und die nicht rechtzeitige Rücksendung des ausgefüllten Schadenanzeigeformulars in objektiver Hinsicht gegen seine Verpflichtung verstoßen hat, dem Versicherer ausführliche und wahrheitsgemäße Schadenberichte zu erstatten sowie alle Tatumstände, welche auf den Schadenfall Bezug haben, mitzuteilen (§ 5 Nr. 3 AHB). Der Senat hegt auch keinen Zweifel daran, daß der Kläger diese Obliegenheit - wie kraft Gesetzes vermutet wird - vorsätzlich verletzt hat. Ein vorsätzlicher Verstoß wird durch die - nach der Überzeugung des Senats glaubhaften Bekundungen des Klägers bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 29. Februar 2000 nicht entkräftet, nach denen sein Stiefvater und er aufgrund der Auskunft eines Sachbearbeiters des Gebäudeversicherers davon ausgegangen sind, daß es vom Ausgang des Strafprozesses abhänge, ob die Versicherung AG oder die Beklagte für den Brandschaden aufzukommen habe. Zwar ist seinen Angaben nicht zu entnehmen, daß er seine Einlassung zur.

Schadensursache gegenüber der Beklagten von dem Ergebnis des Strafverfahrens abhängig machen wollte. Dafür besteht schon deshalb kein Anhaltspunkt, weil sowohl die polizeilichen Feststellungen am Brandort als auch die ersten Angaben des Klägers zur Ursache des Brandes für eine abweichende, falsche Darstellung des Geschehensablaufes und seiner Verantwortlichkeit keinen Raum mehr ließen. Gleichwohl stellen seine Bekundungen ein vorsätzliches Fehlverhalten nicht in Frage. Selbst wenn - aus Sicht des Klägers - nämlich mit einer Regulierungsentscheidung der Beklagten erst nach dem rechtskräftigen Abschluß des Strafverfahrens zu rechnen war, bedeutete das nicht, daß die Beklagte bis zu diesem Zeitpunkt kein anerkennenswertes Interesse an der Aufklärung des Tatgeschehens hatte. Schließlich mußte sie ihre Entscheidung in Anbetracht der erheblichen Entschädigungsforderung sorgfältig vorbereiten.. Daß der Kläger dies verkannt haben könnte, ist aber nicht ersichtlich.

(b) Der danach anzunehmende vorsätzliche Verstoß führt aber nicht zwangsläufig zur Leistungsfreiheit der Beklagten, wenn - wie hier - das Versäumnis folgenlos bleibt. Vielmehr muß nach der Relevanzrechtsprechung (vgl. BGH, VersR 1984, 228) hinzutreten, daß die vorsätzliche Verletzung der Aufklärungspflicht generell geeignet ist, die berechtigten Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden, daß dem Versicherten ein erhebliches Verschulden zur Last fällt und daß er ordnungsgemäß belehrt worden ist.

(1) Allerdings kann hier eine ernsthafte Gefährdung der Interessen der Beklagten nicht verneint werden, denn jede Verzögerung der Auskunftserteilung erhöht die Gefahr, daß der Versicherer keine zutreffenden Feststellungen zum tatsächlichen Geschehensablauf mehr treffen kann. Auch wenn sich diese Gefahr - wie ausgeführt - im vorliegenden Fall nicht realisiert hat, bleibt davon jedoch die generelle Gefährdung der Belange des Versicherers durch ein solches Fehlverhalten unberührt.

(2) Ebensowenig ist feststellbar, daß das Verschulden des Klägers nur gering war. Zwar wird ein einsichtiger Versicherer im allgemeinen noch Verständnis dafür aufbringen können, wenn - wie hier - der Versicherte die ihm erstmals zur Erfüllung seiner Aufklärungsobliegenheit gesetzte Frist von 14 Tagen um rund 1 Woche überschreitet. Darauf kann sich der Kläger im Streitfall jedoch nicht berufen, weil das Brandereignis schon mehr als 1 Jahr zurücklag und ihm auch nicht verborgen geblieben sein kann, daß sein Stiefvater, in dessen Haushalt er lebte, bereits mit Schreiben vom 1. Dezember 1997 - vergebens - zur Beantwortung derselben Fragen aufgefordert worden war. Deshalb musste ihm klar sein, daß die Angelegenheit - jedenfalls aus Sicht der Beklagten - eilbedürftig war.

(3) Ungeachtet dessen kann ein "relevantes" Fehlverhalten nicht angenommen werden, da es an einer ordnungsgemäßen Belehrung des Klägers fehlt. Zwar hat die Beklagte ihn in ihrem Schreiben vom 7. Januar 1998 zutreffend darauf hingewiesen, daß er gehalten sei, sie - die Beklagte - durch die Erteilung aller erforderlichen und zumutbaren Auskünfte bei der Ermittlung des Sachverhaltes zu unterstützen, und daß eine vorsätzliche Verletzung dieser Obliegenheit selbst dann zum Verlust des Versicherungsschutzes führt, wenn sie keinen Einfluß auf die Feststellungen zu Grund oder Höhe des Schadenfalles hat. Ferner war auch der Schadenanzeige - wenn auch an eher versteckter, drucktechnisch nicht sonderlich betonter Stelle auf der ersten Seite - zu entnehmen, daß bewußt unwahre oder unvollständige Angaben auch dann zum Verlust des Anspruches führen, wenn dem Versicherer dadurch kein Nachteil entsteht. Daraus konnte im vorliegenden Fall aber auch ein ordentlicher Versicherungsnehmer nur entnehmen, daß er seinen Versicherungsschutz verliert, wenn er die ihm vorgelegten Fragen bewußt wahrheitswidrig oder derartig lückenhaft beantwortet, daß die Frage nicht mehr als beantwortet angesehen werden kann. Daraus erschließt sich jedoch nicht, daß schon eine bloße Verzögerung der Rückäußerung zur Leistungsfreiheit des Versicherers führt, zumal § 5 Nr. 3 AHB gerade keine Frist vorsieht, binnen der der Versicherungsnehmer zur Erfüllung seiner Aufklärungspflicht gehalten ist. Eben deshalb kann aber weder die übliche Belehrung über die Folgen bewußt unwahrer oder unvollständiger Angaben noch der eher unspezifische Hinweis der Beklagten auf die Folgen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzungen genügen, um den Versicherungsnehmer auf das Risiko aufmerksam zu machen, das er eingeht, wenn er die ihm gesetzte Frist nicht einhält (ebenso OLG Hamm, r + s 1996, 470, 471). Deshalb mußte die Beklagte den Kläger auf die Folgen einer Fristüberschreitung hinweisen, wenn sie diese zum Anlaß nehmen wollte, ihm den Versicherungsschutz zu versagen. Das hat sie jedoch versäumt, da sie in ihrem Schreiben vom 7. Januar 1998 nur - verharmlosend - erklärt hat, sie sehe den angeforderten Informationen "innerhalb von 14 Tagen - ab Zugang dieses Schreibens bei Ihnen - entgegen."

7.

Eine gegen § 5 Nr. 3 AHB verstoßende Auskunftsverweigerung ist dem Kläger ferner auch nicht deshalb vorzuwerfen, weil er bei der Ausfüllung des Schadenanzeigeformulars am 30. Januar 1998 zum Schadenshergang auf das Anspruchschreiben des Gebäudeversicherers vom 31. Oktober 1997 Bezug genommen und weitere Fragen unbeantwortet gelassen hat. Denn zu dem Zeitpunkt bestand für den Kläger keine Aufklärungspflicht mehr. Die Sanktion der Leistungsfreiheit hat ihre Berechtigung allein durch das Schutzbedürfnis des prüfungs- und verhandlungsbereiten Versicherers, weil dieser für eine sachgerechte Regulierung auf die wahrheitsgemäßen vollständigen Angaben des redlichen Versicherungsnehmers angewiesen ist (BGH, VersR 1999, 1535, 1536). Prüfungsbereit war die Beklagte zu diesem Zeitpunkt aber nicht mehr, da sie bereits mit Schreiben vom 28. Januar 1998 ihre Eintrittspflicht abgelehnt hatte.

8.

Schließlich führt auch nicht zur Leistungsfreiheit der Beklagten, daß der Stiefvater des Klägers als Versicherungsnehmer seinerseits die Anzeigepflicht gemäß § 5 Nr. 2 AHB und die Aufklärungspflicht gemäß § 5 Nr. 3 AHB verletzt hat.

Ob eine Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers, der eine Haftpflichtversicherung für sich und seine Angehörigen unterhält, zu Lasten eines Mitversicherten wirkt, ist umstritten (bejahend Prölss, a.a.O., § 74 Rn. 9 m.w.N.; verneinend: Voit, a.a.O., § 7 AHB Rn. 4, ebenso aber ausdrücklich nur für die Kfz-Haftpflichtversicherung: BGHZ 49, 130 (im übrigen offenlassend, 138) und Römer, a.a.O., § 79 Rn. 4 a.E.). Welcher Auffassung der Vorzug zu geben ist, kann im Streitfall jedoch dahinstehen, weil die Beklagte selbst dann nicht leistungsfrei würde, wenn dem Kläger die gleichgelagerten Versäumnisse seines Stiefvaters zuzurechnen wären.

Wenn der Stiefvater als Versicherungsnehmer - entgegen dem Vorbringen des Klägers - die Anzeigepflicht versäumt hätte, wäre auch bei ihm aus den bereits oben dargelegten Gründen nur von einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung auszugehen. Diese Obliegenheitsverletzung würde aber gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 VVG nicht zur Leistungsfreiheit der Beklagten führen, da sie weder Einfluß auf die Feststellung des Versicherungsfalles noch auf die Feststellung oder den Umfang der der Beklagten obliegenden Leistung gehabt hat.

Gleichfalls bliebe auch die Nichtbeantwortung der Schreiben der Beklagten vom 1. Dezember 1997 und 7. Januar 1998 folgenlos, da auch der Stiefvater des Klägers nicht über die Rechtsfolgen einer verzögerten Beantwortung des Auskunftsbegehrens belehrt worden ist. Auch wenn er zweifach vergebens zur Stellungnahme zum Schadenfall aufgefordert worden ist, kann nämlich sein Schweigen nicht als endgültige Verweigerung der Auskunftserteilung aufgefaßt werden, da nichts dafür spricht, daß er den Versicherungsschutz des Klägers ernsthaft gefährden wollte. Auf eine Verweigerung der Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten könnte allenfalls der Umstand hindeuten, daß er schon im Januar 1997 nach erstmaliger Übermittlung eines Schadenanzeigeformulars von dessen Ausfüllung und Rücksendung abgesehen hat. Darauf hat sich die Beklagte indes nicht - auch nicht hilfsweise - berufen, da sie in der Berufungsbegründung ausdrücklich in Abrede stellt, daß das mit dem Datum vom 26. Januar 1997 versehene Blanko-Formular in irgend einem Zusammenhang mit dem Streitfall steht (GA 153).

9.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Berufungsstreitwert und Beschwer der Beklagten: 154.696,00 DM.

Ende der Entscheidung

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