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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 18.12.2001
Aktenzeichen: 4 U 78/01
Rechtsgebiete: VVG, BUZ


Vorschriften:

VVG § 12 Abs. 3
BUZ § 2 Abs. 1
BUZ § 2 Abs. 3
BUZ § 7
1.

Der Einlieferungsbeleg für ein Einwurfeinschreiben mit einer Leistungsablehnung des Versicherers gemäß § 12 Abs. 3 VVG beweist nicht, dass das Einwurfeinschreiben, das der Versicherungsnehmer erhalten hat, ihm innerhalb der gewöhnlichen Postlaufzeit zugegangen ist.

2.

(Wie Urteil des Senats vom 11.09.2001 - 4 U 206/00 - bereits eingesandt)

Ist der Versicherungsnehmer seit mehr als sechs Monaten wegen Erkrankung vollständig außerstande, seinen Beruf auszuüben, und ist deshalb nach § 2 Abs. 3 BUZ von seiner Berufsunfähigkeit auszugehen, ohne dass der Versicherer - wie es geboten wäre - sich zu seiner Leistungspflicht wegen Berufsunfähigkeit erklärt, muss er sich so behandeln lassen, als habe er den Anspruch umfassend mit der Folge anerkannt, dass der Versicherer sich davon nur im Wege des Nachprüfungsverfahrens nach § 7 BUZ lösen kann.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 78/01

Verkündet am 18. Dezember 2001

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 13. November 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. S des Richters am Oberlandesgericht Dr. W und der Richterin am Landgericht F

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 7. Februar 2001 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - Einzelrichter - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 38.485,53 DM nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz - max. in Höhe von 12 % - seit dem 6. Oktober 2000 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 33 % und die Beklagte zu 67 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger, gelernter Schreinergeselle, unterhält bei der Beklagten eine Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, der die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten für die Berufsunfahigkeits-Zusatzversicherung, Beilage B 32 (im folgenden: AVB, vgl. GA 10 ff.), zugrunde liegen. Aus dieser Versicherung erwächst ihm im Falle mindestens 50%iger Berufsunfähigkeit eine jährliche Rente von 19.060,-- DM.

Am 20. Juli 1998 beantragte der Kläger bei der Beklagten Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, weil er seit dem 6. Januar 1997 wegen Verschleißerscheinungen an der Wirbelsäule nach Bandscheibenvorfall L 4/L 5 und starken Schmerzen in der Leiste nach insgesamt drei Leistenoperationen arbeitsunfähig erkrankt war. Krankheitsbedingt hat der Kläger seinen Beruf als Schreiner zwischenzeitlich aufgegeben und ist seitdem ohne Beschäftigung.

Nach Einholung einer Stellungnahme des Facharztes für Orthopädie Dr. Z (GA 30) lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 17. Dezember 1999 (GA 15) Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ab, verwies den Kläger auf eine Tätigkeit als Endkontrolleur in der Möbelindustrie und belehrte ihn über die Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG sowie die Folgen ihrer Nichteinhaltung.

Mit der vorliegenden, am 16. Juni 2000 bei Gericht eingegangenen Klage, begehrt der Kläger Rentenleistungen für drei Jahre, d.h. für die Zeit vom 7. Juli 1997 bis 7. Juli 2000. Die Klage ist der Beklagten am 6. Oktober 2000 zugestellt worden (GA 20), nachdem der Kläger den am 4. Juli 2000 (GA 1 R) angeforderten Gerichtskostenvorschuss am 15. September 2000 (GA I) eingezahlt hatte.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, nach § 2 Abs. 3 der AVB der Beklagten gelte er seit dem 7. Juli 1997 als dauerhaft berufsunfähig. Die Beklagte könne ihn nicht auf die Tätigkeit als Endkontrolleur in der Möbelindustrie verweisen, weil es sich hierbei um einen sog. Nischenarbeitsplatz handele, für den ein Arbeitsmarkt praktisch nicht existiere.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 57.198,-- DM nebst 12 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Versäumung der Klagefrist nach § 12 Abs. 3 VVG gerügt und im übrigen geltend gemacht: Aus den Gründen der von ihr vorgelegten ärztlichen Stellungnahme stehe noch nicht fest, dass der Kläger dauerhaft seinen Beruf als Schreiner oder eine vergleichbare Tätigkeit nicht ausüben könne. Jedenfalls stünden dem Kläger nach § 1 Abs. 3 ihrer AVB Leistungen frühestens seit dem 1. Juli 1998 zu, nachdem er ihr die Berufsunfähigkeit unstreitig erstmals am 20. Juli 1998 gemeldet habe.

Das Landgericht hat die Klage wegen Versäumung der Klagefrist nach § 12 Abs. 3 VVG abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, unter Zugrundelegung der gewöhnlichen Laufzeit für Einschreibesendungen sei dem Kläger das Schreiben vom 17. Dezember 1999, einem Freitag, jedenfalls bis Freitag, den 24. Dezember 1999, zugegangen, zumal der Zugang des Schreibens als solcher unstreitig sei. Die danach am 24. Juni 2000 endende Klagefrist habe der Kläger mit der am 16, Juni 2000, also noch vor Fristablauf, eingereichten Klage nicht gewahrt, weil diese nicht "demnächst" i. S. von § 270 Abs. 3 ZPO, sondern erst am 6. Oktober 2000 der Beklagten zugestellt worden sei. Die Verzögerung zwischen Klageeinreichung und Zustellung sei vom Kläger zu verantworten, weil er sich mehr als zwei Monate Zeit gelassen habe, den am 4. Juli 2000 angeforderten Kostenvorschuss einzuzahlen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Er macht geltend, das Landgericht habe verkannt, dass die Beklagte den ihr obliegenden Beweis, wann ihm das Schreiben vom 17. Dezember 1999 zugegangen und wann demnach die Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG in Gang gesetzt worden sei, nicht erbracht habe. Die Beklagte habe nicht einmal substantiiert vorgetragen, wann sie das Schreiben zur Post aufgegeben habe.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 7. Februar 2001 die Beklagte zu verurteilen, an ihn 57.198,-- DM nebst 12 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie behauptet unter Vorlage eines Aufgabebeleges (GA 90), das Schreiben vom 17. Dezember 1999 sei am 20. Dezember 1999 als Einwurfeinschreiben zur Post aufgegeben und dem Kläger wegen der Weihnachtsfeiertage am 27. Dezember 1999 zugestellt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus §§ 1 Abs. 1 S. 2, 49 VVG i.V.m. § 1 Abs. 1 b) der AVB der Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von Berufsunfähigkeitsrente für die Zeit vom 1. Juli 1998 bis einschließlich 7. Juli 2000, d. h. in Höhe von insgesamt 38.485,53 DM (= 2 x 19.060,- DM zzgl. 7/365 von 19.060,- DM) zu. Im übrigen sind Klage und Berufung unbegründet.

1.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist dem Klageanspruch nicht bereits deshalb der Erfolg versagt, weil der Kläger die Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG nicht gewährt hätte. Die insoweit darlegungs- und beweispflichtige (vgl. Römer/Langheid, § 12 VVG, Rdn 51) Beklagte hat nicht zu beweisen vermocht, dass dem Kläger das Ablehnungsschreiben vom 17. Dezember 1999 vor Ende März 2000 zugegangen ist, als der Kläger - wie er im Senatstermin vom 13. November 2001 erläutert hat - es erhalten haben will. Aus diesem Grund kann nicht festgestellt werden, die am 6. Oktober 2000 bewirkte Zustellung der Klage sei nicht mehr rechtzeitig im Sinne von § 12 Abs. 3 VVG erfolgt.

a) Obwohl die Beklagte das Ablehnungsschreiben als sog. Einwurfeinschreiben an den Kläger versandt hat, ist sie nicht in der Lage, einen entsprechenden Auslieferungsbeleg der Deutschen Post AG über den Einwurf des Schriftstückes in den Briefkasten des Klägers vorzulegen. Bei einem Einwurfeinschreiben, das die Deutsche Post AG seit dem 1. September 1997 anbietet, existiert nämlich nicht nur ein Aufgabebeleg; vielmehr wird der Einwurf des Einschreiben? in den Briefkasten mit Datums - und Zeitangabe sowie der Unterschrift des Briefzustellers auf einem Auslieferungsbeleg bestätigt. Der Auslieferungsbeleg wird im Beleglesezentrum in Mannheim zentral für die ganze Bundesrepublik Deutschland eingescannt und für drei Jahre gespeichert, wobei der Auslieferungsbeleg vernichtet wird. Der Absender kann jedoch gegen Zahlung einer Gebühr einen schriftlichen Datenauszug über den eingescannten Auslieferungsbeleg erhalten (vgl. Friedrich, VersR 2001, 1090). Einen solchen Datenauszug hat die Beklagte jedoch - wie ihr Prozessbevollmächtigter im Senatstermin vom 13. November 2001 zu Protokoll erklärt hat - über die Auslieferung ihres an den Kläger gerichteten Ablehnungsschreibens bei der Deutschen Post AG nicht erlangen können. Aus diesem Grund bedarf es hier keiner Entscheidung darüber, ob jener Datenauszug den Anscheinsbeweis für die Zustellung des Schriftstückes zu dem darin dokumentierten Zeitpunkt begründen kann (vgl. zum Meinungsstand: Anscheinsbeweis bejahend: Jänich, VersR 1999» 535; verneinend: Friedrich, VersR 2001, 1090).

Mit dem von der Beklagten in Kopie vorgelegten Einlieferungsbeleg (GA 89, 90), aus dem sich ergibt, dass das Ablehnungsschreiben am 20. Dezember 1999 zur Post aufgegeben wurde, kann sie den ihr obliegenden Beweis eines Zugangs des Schreibens beim Kläger innerhalb gewöhnlicher Postlaufzeiten nicht führen. Denn nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung besteht weder für normale Postsendungen noch für Einschreiben ein Anscheinsbeweis dafür, dass eine zur Post gegebene Sendung den Empfänger überhaupt (BGH NJW 1996, 2033, 2035; Palandt/Heinrichs, 60. Aufl., § 130 BGB, Rdnr. 21) oder - wenn, der Zugang wie hier unstreitig ist - ihn innerhalb einer bestimmten Zeit erreicht (OLG Hamm VersR 1982, 1045). Die Annahme eines regelmäßigen Postganges ist im vorliegenden Fall auch deshalb zweifelhaft, weil der bei Einwurfeinschreiben üblicherweise datenmäßig erfasste Auslieferungsbeleg nicht beigebracht werden kann. Hinzu kommt, dass die Versendung des Schreibens unmittelbar vor den Weihnachtsfeiertagen erfolgte, also zu einer Zeit, zu der die Post das jährlich größte Brief- und Paketaufkommen zu bewältigen hat, so dass es nicht ausgeschlossen erscheint, dass Briefe liegen bleiben oder fehlgeleitet werden.

Der Beklagten ist auch nicht darin zu folgen, der Kläger habe durch Einreichung seiner Klage am 16. Juni 2000, also exakt einen Tag vor Ablauf einer Frist von sechs Monaten seit Datierung des Ablehnungsschreibens, jedenfalls konkludent zum Ausdruck gebracht, das Ablehnungsschreiben noch im Dezember 1999 erhalten zu haben. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers, Rechtsanwalt F, hat im Senatstermin erläutert, dass er als Fachanwalt für Sozialrecht generell Klagefristen nach dem jeweiligen Datum des Schreibens berechne, welches eine Klagefrist in Gang setze, weil das Zugangsdatum bei der Mandantschaft in der Regel kaum zuverlässig zu ermitteln sei. So sei auch im vorliegenden Fall verfahren worden. Zudem hat Rechtsanwalt F seine Akte vorgelegt, in der sich ein Schreiben des Klägers vom 27. März 2000 befindet, mit dem der Kläger ihm das Mandat für diesen Rechtsstreit erteilt. Vor diesem Hintergrund hat die Beklagte nicht bewiesen, dass dem Kläger ihr Ablehnungsschreiben vom 17. Dezember 1999 vor dem 27. März 2000 zugegangen ist.

b) Ist danach zugunsten des Klägers von einem Zugang des Schreibens zum 27. März 2000 auszugehen, ist die Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG gewahrt. Zwar erfolgte die Zustellung der Klage erst am 6. Oktober 2000 und damit nach Ablauf der Sechsmonatsfrist, die am 27. September 2000 endete. Die Frist wurde jedoch durch den Eingang der Klage bei Gericht am 16. Juni 2000 gewahrt, weil die Zustellung der Klage "demnächst" im Sinne von § 270 Abs. 3 ZPO bewirkt wurde.

Dem steht nicht entgegen, dass die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses erst am 15. September 2000 erfolgte, nachdem der Vorschuss bereits durch Verfügung vom 3. Juli 2000 angefordert worden war. Grundsätzlich liegt der dem Kläger zuzubilligende Zeitrahmen für die Einzahlung des Vorschusses zwar bei zwei Wochen (vgl. OLG Köln r+s 2000, 404, 405). Dem Kläger schaden aber nur solche Verzögerungen, die nach Fristablauf eingetreten sind. Maßgebend ist allein eine etwaige Verzögerung zwischen Fristablauf und Zustellung der Klage (vgl. BGH NJW 1993, 2320; 1995, 2230; OLG Köln r+s 2000, 404, 405). Die Frist lief aber hier noch bis zum 27. September 2000, so dass die Zustellung am 6. Oktober 2000 "demnächst" geschehen ist.

2.

Der Kläger ist spätestens seit dem 7. Juli 1997 berufsunfähig i. S. von § 2 Abs. 1 der AVB der Beklagten. Nach dieser Vorschrift liegt Berufsunfähigkeit vor, wenn der Versicherte insbesondere infolge Krankhaft, die ärztlich nachzuweisen ist, voraussichtlich dauernd außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht.

Dass der Kläger aufgrund seiner Rücken- und Leistenprobleme nicht mehr in der Lage ist, seinen zuletzt ausgeübten Beruf als Schreiner auszuüben, hat die Beklagte in ihrem Ablehnungsschreiben vom 17. Dezember 1999 hingenommen. Soweit sie im vorliegenden Rechtsstreit geltend macht, ausweislich der von ihr vorgelegten ärztlichen Stellungnahme des Dr. Z vom 19. November 1999 sei zweifelhaft, ob beim Kläger eine dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigung gegeben sei, ist dies unerheblich. Das Dauermoment wird hier gem. § 2 Abs. 3 der AVB der Beklagten unwiderleglich vermutet. Die Beklagte hat nicht bestritten, dass der Kläger seit dem 6. Januar 1997 ununterbrochen für mehr als sechs Monate bis zur krankheitsbedingten Aufgabe seines Berufes arbeitsunfähig erkrankt war. Damit steht seine Berufsunfähigkeit im angestammten Beruf als Schreiner mit Wirkung ab 7. Juli 1997 fest.

3.

Die Beklagte kann den Kläger nicht auf eine Tätigkeit als Endkontrolleur in der Möbelindustrie verweisen. Dass es sich dabei um eine mit der vom Kläger zuletzt ausgeübten, von ihm in seinem Schriftsatz vom 11. Dezember 2000 (GA 40) im einzelnen beschriebenen Tätigkeit vergleichbare Arbeit handelt, hat die Beklagte nicht dargelegt.

Es gehört zur Vortragslast des Versicherers, die Vergleichsberufe, auf die er den Versicherungsnehmer verweisen will, bezüglich der sie prägenden Merkmale, insbesondere erforderliche Vorbildung, übliche Arbeitsbedingungen (Arbeitsverhältnisse, Arbeitszeiten, übliche Entlohnung, etwa erforderliche Fähigkeiten oder körperliche Kräfte, Einsatz technischer Hilfsmittel), hinreichend zu konkretisieren (BGH VersR 1988, 234; VersR 1994, 1095, 1096; VersR 1999, 1134, 1135; OLG Koblenz ZfS 2001, 176, 177). Erst dann ist der Anspruchsteller gehalten, darzutun und ggf. zu beweisen, dass er diese Berufe nicht ausüben kann.

Dieser Darlegungslast ist die Beklagte in bezug auf den von ihr genannten Beruf des Endkontrolleurs in der Möbelindustrie in keiner Weise nachgekommen. Allein der Hinweis darauf, dass der Kläger im Rahmen des von ihm angestrengten sozialgerichtlichen Verfahrens auf diese Tätigkeit verwiesen wurde (vgl. GA 28/29), ersetzt nicht den im vorliegenden Rechtsstreit erforderlichen Sachvortrag.

Zudem ist die Beklagte nicht dem Vorbringen des Klägers entgegengetreten, bei dem genannten Vergleichsberuf des Endkontrolleurs in der Möbelindustrie handele es sich um eine sog. Nischentätigkeit, die betriebsintern an ältere, leistungsgeminderte Arbeitnehmer vergeben werde und für die daher ein allgemein zugänglicher Arbeitsmarkt nicht existiere. Auf solche Tätigkeiten muss sich der Kläger nicht verweisen lassen (vgl. BGH VersR 1999, 1134, 1135; Senat NVersZ 2001, 219).

4.

Gilt der Kläger daher gemäß § 2 Abs. 3 der AVB der Beklagten seit dem 7. Juli 1997 als berufsunfähig, so führt dies zu Leistungsansprüchen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung solange, bis ggf. im Wege des Nachprüfungsverfahrens nach § 7 der AVB der Beklagten eine Änderung erzielbar wäre (vgl. Senat VersR 2000, 1400, 1401). Zwar ist § 7 der AVB der Beklagten nach seinem Wortlaut erst nach Anerkennung oder Feststellung der Leistungspflicht des Versicherers anwendbar und eine Anerkennung der Leistungspflicht der Beklagten ist vorliegend gerade noch nicht erfolgt. Auf der Grundlage ihrer Vertragsbedingungen (§ 5 AVB) ist die Beklagte aber auch bei nur fingierter Berufsunfähigkeit i.S. von § 2 Abs. 3 ihrer AVB verpflichtet, sich darüber zu erklären, ob und ggf. ab wann sie ihre Leistungspflicht anerkennt oder nicht (vgl. BGH VersR 1990, 605, 606 und VersR 1993, 562, 564). Denn der Versicherer ist nicht befugt, den Versicherten hinzuhalten und monatlich oder vierteljährlich die Fortdauer der Berufsunfähigkeit zu prüfen (vgl. Prölss/Martin, 26. Aufl., § 5 BUZ, Rdnr. 8). Unterlässt es der Versicherer daher - wie hier - die bedingungsgemäß gebotene Feststellung vorzunehmen, so ist er so zu behandeln, als habe er den Anspruch umfassend anerkannt (vgl. BGH VersR 1989, 1182; VersR 1997, 436, 437; OLG Oldenburg VersR 1996, 486).

Insoweit hätte sich die Beklagte von dem zu unterstellenden bedingungsgemäßen Anerkenntnis der seit dem 7. Juli 1997 kraft Fiktion bestehenden Berufsunfähigkeit des Klägers nur im Wege eines Nachprüfungsverfahrens gem. § 7 ihrer AVB lösen können, das hier ersichtlich nicht durchgeführt wurde.

5.

Auch wenn der Kläger nach § 2 Abs. 3 der AVB der Beklagten seit dem 7. Juli 1997 als berufsunfähig gilt, stehen ihm gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 der AVB der Beklagten Rentenleistungen erst seit dem 1. Juli 1998 zu. Nach dieser Vorschrift entsteht der Anspruch auf die Versicherungsleistungen erst mit dem Beginn des Monats der Mitteilung, sofern der Versicherte dem Versicherer die Berufsunfähigkeit erst mehr als drei Monate nach ihrem Eintritt schriftlich anzeigt. Da der Kläger seit dem 7. Juli 1997 berufsunfähig ist, dies der Beklagten aber unstreitig erstmals am 20. Juli 1998 schriftlich angezeigt hat, stehen ihm Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung mit Wirkung ab 1. Juli 1998 zu.

Für die Zeit vom 1. Juli 1998 bis 7. Juli 2000 errechnet sich daher bei einer unstreitigen Jahresrentenleistung in Höhe von 19.060 DM ein Gesamtbetrag von 38.485,53 DM.

6.

Auf diesen Betrag hat der Kläger aus § 288 Abs. 1 BGB seit dem 6. Oktober 2000 Anspruch auf Zahlung von 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz, max. in Höhe von 12 %. Für den von ihm behaupteten fixen Zinsschaden in Höhe von 12 % hat der Kläger auf das Bestreiten der Beklagten keinen zulässigen Beweis angetreten, so dass ihm lediglich Zinsen nach dem Gesetz zustehen.

7.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 546 ZPO) sind nicht erfüllt.

Streitwert für die Berufung: 57.198,-- DM

Beschwer des Klägers: 18.712,47 DM

Beschwer der Beklagten: 38.485,53 DM.

Ende der Entscheidung

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