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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 30.03.2001
Aktenzeichen: 4 Ws 109/01
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 57 Abs. 5
StGB § 57 Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

4 Ws 109/01

In der Strafvollstreckungssache

gegen

wegen

schweren Raubes

hat der 4. Strafsenat durch den Richter am Oberlandesgericht K , die Richterin am Oberlandesgericht M -S und den Richter am Oberlandesgericht B

am 30. März 2001

auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluß der 2. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Kleve vom 16. Januar 2001 - 2 StVK 493/00 G -, durch den die Aussetzung der Vollstreckung des Strafrestes aus dem Urteil des Landgerichts Krefeld vom 3. Dezember 1996 - 22 StK 33/96 - zur Bewährung abgelehnt wurde, nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers (§ 473 Abs. 1 S. 1 StPO) als unbegründet verworfen.

Gründe:

I.

Durch Urteil des Landgerichts Krefeld vom 03. Dezember 1996 ist der Verurteilte wegen schweren Raubes in Tateinheit mit räuberischem Angriff auf einen Kraftfahrer zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt worden. Nach den im Urteil getroffenen Feststellungen hatte der Verurteilte, der als Fahrer bei einem Geldtransportunternehmen beschäftigt war, gemeinsam mit einem unbekannt gebliebenen Mittäter einen Überfall auf einen von ihm gefahrenen Geldtransporter fingiert. Hierbei wurde Bargeld im Wert von fast DM 1.000.000,--erbeutet. Der bei dieser Fahrt als Beifahrer eingesetzte Arbeitskollege des Verurteilten war nicht eingeweiht und ging von einem echten Überfall aus. Der Verurteilte hat von Anfang an bis heute die ihm zur Last gelegte Tat bestritten. Er hat lediglich eingeräumt, einen von dem unbekannten Täter übersehenen Geldsack, in dem sich ca. DM 65.000,-- befanden, in Absprache mit seinem Beifahrer beiseite geschafft zu haben, um das Geld bzw. einen entsprechenden Anteil für sich zu behalten. Dieser Geldbetrag konnte wenige Tage nach der Tat sichergestellt werden. Bisher konnte weder der Hauptteil der Beute in Höhe von fast DM 1.000.000,-- aufgefunden werden noch der Mittäter ermittelt werden. Der Verurteilte, der nach wie vor jede Tatbeteiligung bestreitet, hat hierzu bisher keine Angaben gemacht.

Der Verurteilte hat zwischenzeitlich zwei Drittel der gegen ihn verhängten Freiheitsstrafe verbüßt. Das Strafende ist auf den 24. April 2003 bestimmt. Mit der angefochtenen Entscheidung hat die Strafvollstreckungskammer die Aussetzung der Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe zur Bewahrung abgelehnt. Zur Begründung hat sie maßgeblich auf die Vorschrift des § 57 Abs. 5 StGB abgestellt.

II.

Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seinem form- und fristgerecht (§§ 306 Abs. 1, 311 Abs. 2 StPO) eingelegten Rechtsmittel. In der Sache erweist sich die sofortige Beschwerde als unbegründet, da auch nach Auffassung des Senats die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Strafaussetzung zur Bewährung derzeit nicht vorliegen.

1.

Dabei bedarf es keiner abschließenden Entscheidung des Senats zu der Frage, ob ein Verheimlichen der Tatbeute und die hierin zu sehende mangelnde Bereitschaft zur Schadenswiedergutmachung im vorliegenden Fall zu einer ungünstigen Sozialprognose im Sinne des § 57 Abs. 1 S. 2 StGB führt und sich bereits deshalb eine Strafaussetzung zur Bewährung verbietet (vgl. hierzu OLG Hamburg, NStZ 1988, 274; Tröndle/Fischer, StGB, 50. Aufl. 2001, Rz. 6 zu § 57; Stree in Schönke-Schröder, StGB, 26. Aufl. 2001, Rz. 17 zu § 57). Ebenso muß der Senat nicht klaren, inwieweit das andauernde Bestreiten der Tat (hierzu Tröndle/Fischer, aaO., m.w.N.) bzw. das Fehlen von Vollzugslockerungen für sich genommen oder im Zusammenwirken mit anderen Umständen einer günstigen Sozialprognose entgegensteht. Denn selbst wenn man trotz dieser Gesichtspunkte von einer günstigen Sozialprognose im Sinne des § 57 Abs. 1 S. 2 StGB ausgehen wollte, ist hier aufgrund der Regelung des § 57 Abs. 5 StGB von einer Strafaussetzuna zur Bewährung abzusehen.

2.

Nach dieser Vorschrift kann das Gericht davon absehen, die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn der Verurteilte unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib der Deliktsbeute macht. Wer durch sein Schweigen oder durch falsche Angaben den Zugriff auf die durch die Tat erlangten Vermögensvorteile erschwert, verdient auch unter generalpräventiven Gesichtspunkten, die in § 57 Abs. 5 StGB ihren Ausdruck gefunden haben (vgl. hierzu Terhorst, JR 1988, 295, 296), nicht die Strafaussetzung der Reststrafe zur Bewährung.

a)

Trotz des andauernden Beteuerns des Verurteilten, er habe mit dem Überfall nichts zu tun, muß auf Grund des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Krefeld, an dessen Feststellungen der Senat gebunden ist, davon ausgegangen werden, daß der Verurteilte seinen Mittäter kennt und sich weigert, diesen preiszugeben, um sich die Chance zu erhalten, nach seiner Entlassung in den Genuß der Beute zu kommen. Ausreichende Anhaltspunkte dafür, daß die getroffenen Feststellungen unrichtig sein könnten, werden von dem Verurteilten nicht genannt. Solche sind auch nicht ersichtlich.

Nach Auffassung des Senats ist es für die Anwendung des § 57 Abs. 5 StGB nicht erforderlich, daß die dem Verurteilten möglichen Angaben mit Sicherheit zur Wiedererlangung der Beute und damit zur Wiedergutmachung des durch die Tat angerichteten Schadens führen. Unzureichende oder falsche Angaben macht der Täter bereits dann, wenn er sein Wissen über Tatsachen nicht offenbart, deren Kenntnis den Strafverfolgungsbehörden die Ergreifung des Mittäters, der die Tatbeute durch die Tat erlangt hatte, ermöglichen kann und damit den Zugriff auf die erlangten Gegenstände als solche erleichtern kann.

Dem Senat erscheint eine Anwendung des § 57 Abs. 5 StGB auch auf Fallgestaltungen wie der vorliegenden, in denen der Verurteilte eine Beteiligung an der ihm zur Last gelegten Straftat von Anfang an abgestritten hat und hiervon auch nach seiner Verurteilung nicht abweicht, gerechtfertigt. Der Senat verkennt nicht, daß das Bestreiten der Tat und demzufolge auch das Schweigen zum Verbleib der Beute ein zulässiges Verteidigungsverhalten des Angeklagten im Erkenntnisverfahren darstellt, das ihm nicht straferschwerend angelastet werden darf (vgl. OLG München, JR 1988, 294 mit zustimmender Anmerkung Terhorst; Tröndle/Fischer, aaO., Rz. 29c zu § 46 m.w.N.). Nach der der Regelung des § 57 Abs. 5 StGB zu Grunde liegenden gesetzgeberischen Wertung greift dieser Gedanke im Rahmen der Entscheidung über die Aussetzung der weiteren Strafvollstreckung nicht ein. Dem Täter kann es zugemutet werden, nach Kräften an der Schadenswiedergutmachung mitzuwirken, will er für den Strafrest Bewährung erhalten (vgl. OLG München, aaO.; Tröndle/Fischer, aaO., Rz. 11 zu § 57). Daß der Verurteilte durch diesen Ansatz der Möglichkeit beraubt wird, weiterhin glaubhaft die Tat zu leugnen, ist im Hinblick auf die Belange der Opfer und auch einer wirksamen Strafrechtspflege und Kriminalitätsbekämpfung hinzunehmen (vgl. Terhorst, aaO.).

b)

Der Senat hat keine Veranlassung, die Reststrafe trotz des Schweigens des Verurteilten auszusetzen. Die Vorschrift des § 57 Abs. 5 StGB ist zwar als eine Kann-Vorschrift ausgelegt. Ein Ausnahmefall, der es im Rahmen der Ermessensentscheidung sachgerecht erscheinen läßt, die Vollstreckung des Strafrestes auszusetzen, ist dann gegeben, wenn dem Verurteilten sein Verhalten fairer Weise nicht angelastet werden kann, z.B. wenn er Repressalien seiner Mittäter zu befürchten hat (vgl. Tröndle/Fischer, aaO, Rz. 11 zu § 57). Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalles sind nicht erkennbar.

Ende der Entscheidung

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