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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 22.03.2002
Aktenzeichen: 5 U 249/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 158 Abs. 2
BGB § 808
BGB § 1922
ZPO § 91
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 U 249/00

verkündet am 22. März 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht K........, den Richter am Oberlandesgericht G.... und die Richterin am Oberlandesgericht L..................

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 20. Oktober 2000 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Mönchengladbach geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten abwenden gegen Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten - ihrem Vater - als Erben ihres Großvaters Rückzahlung von Sparguthaben.

Der im Verlaufe des Rechtsstreits verstorbene Erblasser und ursprüngliche Beklagte hatte zugunsten der am 4. März 1981 geborenen Klägerin, seiner Enkelin, regelmäßig gespart.

Zunächst sparte er auf einem Prämiensparvertrag auf den Namen der Klägerin Konto Nr. 2460187 bei der Stadtsparkasse M.................... Das Konto löste er am 3. Juni 1994 auf. Das Guthaben betrug 5.245,56 DM.

Am 4. Juni 1993 eröffnete der Erblasser auf den Namen der Klägerin ein neues Sparkonto bei der Stadtsparkasse M................... Nr. 1216274. Auf dieses Konto zahlte er monatlich per Spardauerauftrag 50 DM ein.

Am 18. November 1994 eröffnete die Mutter der Klägerin als deren gesetzliche Vertreterin unter deren Namen ein Depot bei der Stadtsparkasse M................... Nr. 7044472. Verrechnungskonto für dieses Depot war das Sparkonto der Klägerin Nr. 1216274.

Ebenfalls am 18. November 1994 erwarb die Mutter der Klägerin für die Klägerin einen Sparkassenbrief zum Nennwert von 6.000 DM, Laufzeit vier Jahre, 6,5 % Zinsen. Den Betrag von 6.000 DM hatte die Mutter zuvor mit Einverständnis des Erblassers von dem Sparkonto abgehoben.

Die Zinsen aus dem Sparbrief und der Nennbetrag des Sparbriefes nach Fälligkeit wurden dem Sparkonto gutgeschrieben. Außerdem überwies die Mutter im Februar 1998 einen Betrag von 256,93 DM auf das Sparkonto.

Der Erblasser hob in den Jahren 1998/1999 folgende Beträge vom Sparkonto ab:

am 7. Dezember 1998 2.900,00 DM am 15. Dezember 1998 100,00 DM am 4. Januar 1999 2.999,99 DM am 1. Februar 1999 3.000,00 DM am 1. März 1999 1.108,00 DM insgesamt 10.107,99 DM.

Die Klägerin hat vom Erblasser Zahlung dieses Betrages verlangt. Er habe ihr das Geld geschenkt. Das Sparkonto habe sie - vertreten durch ihre Mutter - eröffnet. Den Sparbrief habe sie - vertreten durch ihre Mutter - mit vom Erblasser geschenkten Mitteln gekauft.

Der Erblasser hat behauptet, er habe das Sparkonto eröffnet und den Brief erworben. Die Klägerin habe das Sparbuch erst mit Vollendung ihres 18. Lebensjahres erhalten sollen.

Das Landgericht hat nach Vernehmung der Mutter den Beklagten verurteilt zur Zahlung von 8.206,93 DM (6.000 DM Nennbetrag Sparbrief, 1.950 DM hierauf angefallene Zinsen, 256,93 DM Einzahlung der Mutter).

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten.

Er meint, die Gutschrift aus dem fälligen Sparbrief auf dem Sparkonto sei nicht ohne Rechtsgrund erfolgt, weil der Sparbrief aus den Mitteln des Erblassers vom Sparkonto erworben worden sei. Beim Kauf sei festgelegt gewesen, dass der Nennbetrag wieder auf das Sparkonto zurückfließen solle.

Ein Anspruch auf Zahlung der 256,93 DM könne allenfalls der Mutter zustehen, nicht der Klägerin selbst.

Vorsorglich beruft er sich auf seine beschränkte Erbenhaftung.

Die Klägerin bittet um Zurückweisung der Berufung und legt Anschlussberufung wegen des nicht zugesprochenen Teilbetrages in Höhe von 1.901,06 DM ein.

Sie macht geltend, der Erblasser habe immer gesagt, die monatlichen Einzahlungen seien Schenkungen an die Klägerin. Der Nennwert des Sparbriefes sei auf Anweisung der Mutter auf das Sparkonto gebucht worden. Sie habe es für sinnvoll erachtet, alles auf ein Buch einzuzahlen. Inhaberin des Buches sei sie gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist begründet, die Anschlussberufung der Klägerin hingegen unbegründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung der vom Erblasser von dem Sparkonto Nr. 1216274 bei der Stadtsparkasse M................... abgehobenen Beträge in Höhe von 10.107,99 DM.

Grundlage eines solchen Anspruches der Klägerin gegen den Beklagten könnte nur ein bereicherungsrechtlicher Anspruch in Verbindung mit § 1922 BGB sein (sei es aus § 816 BGB, vgl. OLG Köln, OLGR 1995, 218 oder aus § 812 Abs. 1 Satz 1; vgl. BGH NJW 1994, 931), wenn und weil der Erblasser der Klägerin gegenüber wirksam über das Sparguthaben verfügt hat, ohne im Verhältnis zur Klägerin dazu berechtigt gewesen zu sein.

Zwar ist durch die Auszahlung an den Erblasser die Stadtsparkasse M................... jedenfalls auch der Klägerin gegenüber gemäß § 808 BGB befreit worden. Für die Frage, ob der Erblasser im Verhältnis zur Klägerin hinsichtlich des Anspruchs auf Auszahlung des Sparguthabens berechtigt war oder nicht, kommt es jedoch alleine auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Erblasser und der Klägerin (sogenanntes Valutaverhältnis) an (vgl. BGH NJW 1994, 931; BGHZ 46, 198, 203; OLG Köln, NJW-RR 1995, 1224; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., Anm. 4 vor § 328 und § 334, Anm. 3).

Maßgebend ist, ob es zwischen dem Erblasser als Sparer und der Klägerin als Zuwendungsempfängerin zu einer rechtswirksamen Vereinbarung gekommen ist, die Rechtsgrund für den Empfang und das endgültige Behaltendürfen des Sparguthabens durch die Klägerin bildet. In Frage kommt insoweit allenfalls eine Schenkung. Einen Schenkungsvertrag zwischen ihr und dem Erblasser hat die Klägerin jedoch nicht dargetan.

Entgegen ihrer Auffassung kann nicht angenommen werden, der Erblasser habe ihr die jeweiligen Einzahlungen auf dem Sparkonto endgültig schenkweise zuwenden wollen, es habe sich dabei um sukzessive Schenkungen gehandelt (GA 96). Die Klägerin begründet diese ihre Rechtsansicht damit, der Erblasser habe Dritten gegenüber stets erklärt, die monatlichen Zuwendungen seien Schenkungen (GA 172). Unabhängig von der Frage, ob dieser Sachvortrag hinreichend konkret ist, sind etwaige Erklärungen Dritten gegenüber grundsätzlich nicht geeignet, das Rechtsverhältnis zwischen dem Erblasser und der Klägerin zu beeinflussen oder zu gestalten, insbesondere enthalten sie kein wirksames Schenkungsangebot. Auch sonst hat die Klägerin keine Anhaltspunkte für ein entsprechendes Schenkungsangebot des Erblassers dargetan, insbesondere nicht anlässlich der Kontoeröffnung (auf Erklärungen bei dieser Gelegenheit hatte der BGH, NJW 1994, 931, in dem von der Klägerin angeführten Fall abgestellt).

Zu berücksichtigen ist weiter, dass selbst nach dem Vortrag der Klägerin der Erblasser immer erklärt hat, er wolle ihr das Sparbuch an ihrem 18. Geburtstag (Vollendung des 18. Lebensjahres) übergeben. Dem entspricht die Aussage ihrer vor dem Landgericht als Zeugin vernommenen Mutter, die bekundet hat, der Erblasser habe - fast wörtlich - erklärt: "Ich will der I........ diese 10.000 DM zum 18. Geburtstag übergeben."

Gerade diese Erklärung in Verbindung mit dem Umstand, dass der Erblasser das Sparbuch nicht an die Klägerin oder deren Mutter als gesetzliche Vertreterin herausgegeben, sondern in seinem Besitz behalten hat, spricht entscheidend dafür, dass der Erblasser die Sparbeiträge der Klägerin - noch - nicht endgültig zuwenden, sondern sich selbst die Verfügungsfreiheit über das gesamte Sparguthaben vorbehalten wollte (vgl. insoweit BGHZ 46, 198, 200 f.; OLG Köln, OLGR 1995, 218; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1992, 625). Dies gilt nicht nur dann, wenn der Sparer den Begünstigten nicht über die Eröffnung eines solchen Sparkontos unterrichtet (so offenbar der BGH NJW 1994, 931 und OLG Düsseldorf, NJW-RR 1992, 625), sondern auch dann, wenn der Begünstigte weiss, dass es ein solches Sparkonto gibt (so offenbar OLG Köln, OLGR 1995, 218, das ausführt, das bloße Wissen könne eine Gläubigerstellung nicht begründen).

Die vorstehenden Überlegungen berücksichtigen zudem den regelmäßigen Willen des jeweiligen Sparers. Es kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass jemand, der ein Sparkonto auf den Namen seiner Enkelin oder seines Enkels anlegt und bespart, das Buch aber behält, jede einzelne Spareinzahlung unwiderruflich aus seinem Vermögen geben und der Enkelin bzw. dem Enkel endgültig zuwenden will. Vielmehr ist es gerade im Interesse des Sparers, sich im Zweifel die Möglichkeit zu erhalten, einer Verschlechterung der eigenen Vermögensverhältnisse oder einer Änderung der Verhältnisse der Eltern der Enkelin oder des Enkels oder etwaigen Verstößen gegen Wohlverhaltensvorstellungen des Sparers Rechnung zu tragen (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1992, 625; BGHZ 46, 198, 201).

Dies liegt auch im Interesse des jeweiligen Begünstigten. Wenn nämlich jemand, der für einen Dritten spart, befürchten muss, das Geld endgültig zu verlieren und in begründeten Fällen nicht mehr darüber verfügen zu können, auch wenn er das Sparbuch noch in Händen hält, würde er im Zweifel - wenn überhaupt - nur sparen, wenn er sicher sein könnte, das Geld nicht mehr selbst zu benötigen oder es für andere Zwecke verwenden zu wollen.

Es bestünde hier selbst dann grundsätzlich kein Anspruch der Klägerin auf Auszahlung des Sparguthabens, wenn man entgegen den vorstehenden Ausführungen die Vereinbarung einer Schenkung annähme. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme (Zeugin S......) war allenfalls eine Schenkung vereinbart, die bis zum 18. Lebensjahr der Klägerin von der Entscheidung des Erblassers abhängen sollte. Wenn aber eine Schenkung von der im freien Belieben stehenden Entscheidung des Schenkers, hier des Erblassers, abhängt, steht sie zulässigerweise unter einer auflösenden sogenannten Potestativbedingung (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., 10 vor § 158). Diese auflösende Bedingung ist gemäß § 158 Abs. 2 BGB eingetreten, indem der Erblasser über das Sparguthaben durch Abhebung verfügt hat.

Aus der Tatsache, dass aus dem Sparguthaben die Mutter der Klägerin als deren gesetzliche Vertreterin am 18. November 1994 auf den Namen der Klägerin einen Sparbrief im Nennwert von 6.000 DM erworben hat, ergibt sich nichts anderes.

Die Klägerin hat insoweit ihre erstinstanzliche Behauptung, der Sparbrief sei mit geschenkten Mitteln des Erblassers erworben worden, dahin konkretisiert, ihre Mutter habe das Geld mit Einverständnis des Erblassers von dem Sparkonto abgehoben (GA 173). Hierzu hat die als Zeugin vernommene Mutter erklärt:

"Als dann eine gewisse Summe angespart war, kam das dann mit dem Sparbrief. Ich wurde dann zur Sparkasse Holt gebeten. Mir wurde erklärt, dass meine Tochter den Sparbrief nicht kaufen könne. Ich müsse diesen kaufen. Dies, weil ich alleinerziehungsberechtigt war. So ist dann auch verfahren worden. Das Geld war aus der Ansparsumme.

Der Großvater war Buchhalter. Er hat sich alles genau ausgerechnet."

Diese Umstände genügen nicht, eine Schenkung des Erblassers - nun in Höhe des Nennbetrages für den Sparbrief - an die Klägerin anzunehmen.

Es ist zu berücksichtigen, dass der Erblasser im Zusammenhang mit dem Erwerb des Sparbriefes lediglich eine besondere Anlageform gewählt hat, die höhere Zinsen versprach. Aus der Aussage der Zeugin S...... ergibt sich, dass die Anlage des Geldes vom Sparkonto als Sparbrief der Wunsch des Erblassers gewesen ist. Es ist nichts dafür dargetan, dass der ursprüngliche Wille des Erblassers - eine ins Auge gefasste Schenkung an die Klägerin bei Vollendung deren 18. Lebensjahres - sich damals geändert und er mit der Klägerin eine andere Vereinbarung, nämlich die einer endgültigen Schenkung des Sparbriefes, getroffen habe. Die Klägerin selbst behauptet insoweit keine zusätzlichen, ergänzenden oder abweichenden Vereinbarungen mit dem Erblasser.

Dafür spricht auch, dass nach den Vereinbarungen mit der Stadtsparkasse anlässlich des Erwerbes des Sparbriefes, nämlich im Zusammenhang mit der allein zu diesem Zweck erfolgten Eröffnung des Depots, das Verrechnungskonto für das Depot und die darin verwahrten Wertpapiere (es war nur der Sparbrief) das vom Erblasser angelegte Sparkonto sein sollte. Außerdem betrug die Laufzeit des Sparbriefes vier Jahre, so dass er vor Vollendung des 18. Lebensjahres der Klägerin fällig wurde und der Nennwert wieder dem Sparkonto zufloss.

Für eine Schenkung spricht nicht, dass nach dem Vortrag der Klägerin im Berufungsrechtszug ihre Mutter kurz vor Fälligkeit von der Sparkasse angerufen worden sein soll mit der Frage, auf welches Konto der fällige Nennbetrag überwiesen werden solle. Dieses Konto war bereits bei Eröffnung des Depots bestimmt worden.

Auch der Umstand, dass Sparbuch und Sparbrief auf den Namen der Klägerin angelegt waren, spricht nicht mit hinreichender Sicherheit für eine Schenkung. Insoweit können auch steuerliche Erwägungen eine Rolle gespielt haben.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 256,93 DM. Selbst wenn dieser Betrag von ihrer Mutter auf das Sparkonto überwiesen worden sein sollte, so folgt daraus noch nicht, dass diese Überweisung eine Zuwendung/Schenkung aus Mitteln der Mutter an die Klägerin darstellte. Es ist nicht auszuschließen, dass es sich insoweit um eine Zahlung der Mutter im Zusammenhang mit etwa auf den Sparbrief angefallenen Zinsen gehandelt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Im Hinblick auf die Entscheidung des BGH (NJW 1994, 931) lässt der Senat die Revision zu.

Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren: 10.107,99 DM = 5.168,13 EUR.

Berufung des Beklagten: 8.206,93 DM = 4.196,14 EUR

Anschlussberufung der Klägerin: 1.901,06 DM = 972,00 EUR.

Ende der Entscheidung

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