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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 15.03.2000
Aktenzeichen: 5 U 92/99
Rechtsgebiete: VOB/B, BGB, AGBG, ZPO


Vorschriften:

VOB/B § 13 Nr. 5 Abs. 2
VOB/B § 12
VOB/B § 2
BGB § 631
BGB § 284
BGB § 286
AGBG § 11 Nr. 15
AGBG § 9
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
ZPO § 546
1. Dem Auftragnehmer muß eine genau festgesetzte, von ihm klar errechenbare Zeit gesetzt werden, innerhalb derer er die im Einzelnen gerügten Mängel beseitigen soll.

2. Eine Fristsetzung zur Unterbreitung von Lösungsvorschlägen reicht zur Begründung eines Kostenvorschusses nach § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B nicht aus.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am 15.03.2000

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgericht Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht K sowie die Richter am Oberlandesgericht D und Dr. C

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 28. April 1999 verkündete Urteil der 2a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Beklagte beauftragte den Kläger im Juli 1997 mit der

Durchführung von Schreinerarbeiten an ihrem Einfamilienhaus, das der Ehemann der Beklagten, von Beruf Architekt, geplant hatte, zu einem Festpreis von netto 77.755,00 DM. Der Auftrag betraf die Lieferung und Montage der Fenster- und Haustüranlagen. Vertragsgrundlage war das Angebot des Klägers vom 08.07.1997 in der Fassung des Angebotsprotokolls vom 09.07.1997. Diesen Auftrag erweiterte die Beklagte durch einen Zusatzauftrag vom 16.10.1997, wonach der Kläger weitere Arbeiten zu einem Festpreis von netto 3.000,00 DM erbringen sollte. Am 20.10.1997 beauftragte die Beklagte den Kläger ferner auch mit Schreiner- und Tischlerarbeiten im Innern des Hauses. Der Kläger führte die in Auftrag gegebenen Arbeiten aus und am 09.12.1997 fand ein Abnahmetermin statt. Hierüber wurde ein Protokoll aufgestellt, in dem verschiedene zu beseitigende Mängel aufgeführt sind. Der Kläger führte in der Folgezeit bis Ende Januar 1998 Nachbesserungsarbeiten aus. Die Rechnung des Klägers über die im Juli 1997 in Auftrag gegebenen Arbeiten über 87.629,88 DM ist durch à-conto Zahlungen der Beklagten bis auf einen Restbetrag von 5.948,81 DM ausgeglichen. Die Rechnungen über die im Oktober in Auftrag gegebenen Arbeiten über 35.343,25 DM und 3.450,00 DM stehen noch in voller Höhe offen. Die Beklagte verweigert weitere Zahlungen mit der Behauptung, dass die Arbeiten an der Fenster- und Türanlage gemäß Bauvertrag vom 09.07.97 mangelhaft ausgeführt seien und ihr ein Anspruch auf Kostenvorschuss zustehe.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung der, der Höhe nach unstreitigen, Vergütung verurteilt. Das Gericht bejahte die Abnahme der Werkleistung durch die Beklagte und verneinte Gegenansprüche, weil die Beklagte dem Kläger nicht Gelegenheit zur Ausführung der angebotenen Mängelbeseitigungsarbeiten gegeben habe. Zudem sei der Vortrag zur Höhe der Nachbesserungskosten unsubstantiiert. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils Bezug genommen.

Die Beklagte greift die Entscheidung mit ihrer Berufung an und trägt vor:

Der Kläger habe vertragswidrig Parallelschiebekipptüren statt der vereinbarten Hebeschiebekipptüren montiert. Die Türen seien nicht funktionsfähig, weil nur unter großer Kraftanstrengung bedienbar. Nur ein Teil der Mängel sei beseitigt worden, obwohl dem Kläger eine ausreichende Frist gesetzt worden sei. Die von dem Kläger vorgeschlagenen Nachbesserungsarbeiten seien unannehmbar gewesen, weil mit diesen Arbeiten die Mängel nicht dauerhaft zu beseitigen seien. Die Kosten der Nachbesserung für die im einzelnen aufgeführten Mängel seien mit brutto 82.294,97 DM höher als die gesamten Vergütungsansprüche des Klägers.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 23.04.1999 verkündeten Urteils des Landgerichts Düsseldorf die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger trägt zur Verteidigung des angegriffenen Urteils vor: Der Ehemann der Beklagten als ihr Vertreter sei darüber belehrt worden, dass die ursprünglich vorgesehene Türanlagen der Neigung der Fensteranlage nicht eingebaut werden körne und deshalb sei der Einbau der Parallelhebeschiebekipptüranlage vereinbart worden. Auf die Bedenken hinsichtlich der Funktion auch dieser Anlage sei der Ehemann der Beklagten hingewiesen worden. Er habe seine Arbeiten ordnungsgemäß erbracht. Soweit er Mangelbeseitigung angeboten habe, habe es sich um ausreichende Nachbesserungsarbeiten gehandelt. Die Beklagte habe zudem keine Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt und handele treuwidrig, wenn sie die angebotenen Arbeiten nicht ausführen lasse, aber gleichzeitig die Zahlung der Vergütung verweigere.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht zur Zahlung der restlichen Vergütung für die ausgeführten Arbeiten in Höhe von 44.742,06 DM verurteilt. Dem Kläger steht dieser Werklohnanspruch gemäß § 631 BGB, § 2 VOB/B zu.

1) Die Höhe der restlichen Werklohnforderung des Klägers ist unstreitig. Dieser Vergütungsanspruch ist auch fällig, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, denn die Beklagte hat die Werkleistungen als im wesentlichen vertragsgemäß abgenommen und der Kläger hat ordnungsgemäße, prüfbare Rechnungen erstellt. Die Parteien haben die Geltung der VOB/B vereinbart. Die nach § 12 VOB/B erforderliche Abnahme der Werkleistungen erfolgte am 09.12.1997 und wurde in dem Abnahmeprotokoll vom gleichen Tage dokumentiert. Dass in dem Abnahmeprotokoll einzelne nachzuarbeitende Mängel aufgeführt sind, steht nicht entgegen. Denn trotz dieser gerügten Mängel sah die Beklagte die Arbeiten "im wesentlichen" als vertragsgemäß an. Ausdrücklich heißt es unter Ziffer 3 des Protokolls, dass die Abnahme mit den Vorbehalten wegen der im einzelnen aufgeführten Leistungsmängel erfolgt ist. Sie hat gerade nicht, die Abnahme verweigert. Auf die Allgemeine Geschäftsbedingung in dem Abnahmeprotokoll, wonach die Abnahme erst wirksam werden soll, wenn die aufgeführten Mängel behoben sind, kann sich die Beklagte nicht berufen. Diese Regelung verstößt gegen § 11 Nr. 15 AGBG, weil sie eine unzulässige Beweislastumkehr zu Lasten des Beklagten beinhaltet. Auf die Ausführungen in der Entscheidung des Landgerichts kann zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden.

2) Die Verrechnung bzw. Aufrechnung der Beklagten mit Kostenvorschussansprüchen gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B ist nicht gerechtfertigt. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 07.02.2000 ausgeführt, dass sie wegen der behaupteten Mängel Kostenvorschussansprüche geltend macht. Grundsätzlich kann der Bauherr derartige Ansprüche gegen die offene Werklohnforderung verrechnen oder damit gegen eine Vergütungsforderung aus ordnungsgemäß erbrachten sonstigen Werkleistungen aufrechnen (vgl. BGH in NJW 1970, 2019). Der Beklagten ist dieses Recht jedoch verwehrt, weil die Voraussetzungen für einen Kostenvorschussanspruch nicht gegeben sind.

a) Der Anspruch nach § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B setzt voraus, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer vergeblich ein Frist zur Beseitigung der Mängel gesetzt hat. Diese Fristsetzung, die notwendige Voraussetzung für einen Kostenvorschussanspruch ist, hat die Beklagte unterlassen.

Dadurch, dass die Beklagte bestimmte Mängel in das Abnahmeprotokoll aufgenommen hat, hat sie den Kläger zugleich zu deren Beseitigung aufgefordert. Eine Frist zur Mängelbeseitigung hat sie jedoch nicht gesetzt. Im Abnahmeprotokoll ist in der Spalte "Termin für Beseitigung" keine Eintragung erfolgt. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass eine Mängelbeseitigungsfrist von 4 Wochen gelte, weil diese Frist unter Ziff. 6 des Angebotsprotokolls genannt ist. Die in den Allgemeinen Bedingungen des Angebotsprotokolls enthaltene Fristsetzung ist unwirksam. Es handelt sich bei der Vertragsklausel um eine von der Beklagten verwendete Allgemeine Geschäftsbedingung. Dies ergibt sich schon daraus, dass auch für den anderen Vertrag mit dem Kläger dieses vorformulierte Angebotsprotokoll verwandt wurde. Die Klausel über die Fristsetzung bereits im Angebotsprotokoll verstößt gegen § 9 AGBG. Denn Voraussetzung für den Kostenvorschussanspruch ist, dass dem Unternehmer eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt wird. Die Angemessenheit einer Frist kann nur unter Berücksichtigung des konkret gerügten Mangels im Einzelfall beurteilt werden. Insbesondere wenn, wie hier, nicht Standardarbeiten auszuführen sind, sondern besondere Arbeiten aufgrund der Neigung der Fensteranlage nach innen, wird der Unternehmer durch eine derart pauschale Beseitigungsfrist, die keine Rücksicht auf die konkret auszuführenden Nachbesserungsarbeiten nimmt, unangemessen benachteiligt (vgl. auch Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, 13. Auflage, § 13 Rdn. 510). Hinzu kommt, dass eine Fristsetzung in dem Angebotsprotokoll auch nicht hinreichend klar ist. Dem Auftragnehmer muss eine genau festgesetzte, zumindest von ihm klar errechenbare Zeit gesetzt werden, innerhalb derer er die im einzelnen gerügten Mängel beseitigen soll (Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, a.a.O., § 13 Nr. 5 Rdn. 508). Daran fehlt es aber. Das Abnahmeprotokoll nimmt keinen Bezug auf Fristen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Bauvertrag. Gerade weil in dem Abnahmeprotokoll eine eigene Spalte für die Mängelbeseitigungstermine vorgesehen ist, konnte der Kläger nicht davon ausgehen, dass dennoch die Frist gemäß dem Angebotsprotokoll mit den weitreichenden Folgen einer Leistungsablehnung im Falle nicht fristgerechter Arbeiten, wie sie Ziffer 5 des Abnahmeprotokolls vorsieht, eintreten sollte.

Soweit die Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz vorträgt, dem Kläger sei mündlich eine Frist von 4 Wochen gesetzt worden, ist dieser Vortrag unsubstantiiert und deshalb unbeachtlich. Wenn die Fristsetzung Gegenstand der Erörterung bei der Abnahme war, hätte es sich aufgedrängt, diese in dem schriftlichen Protokoll festzuhalten, zumal dafür eine eigene Spalte in dem Formular vorgesehen ist. Warum dies aber unterlassen wurde, erklärt die Beklagte nicht. Die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der über ein Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunde wirkt sich dahin aus, dass die Partei, die eine abweichende Vereinbarung behauptet, diese darlegen und beweisen muss. Dabei sind erhöhte Anforderungen an die Darlegung zu stellen, warum die behauptete Abrede entgegen der schriftlich von beiden Parteien akzeptierten Urkunde nicht in diese aufgenommen wurde. Dem genügt die erstmals in der Berufungsinstanz erhobene Behauptung einer mündlichen Fristsetzung ohne weitere Ausführungen nicht. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass auch in den vorgerichtlichen Schreiben der Beklagten, insbesondere dem vom 28.02.1998, mit dem sie um Lösungsvorschläge bat, mit keinem Wort auf eine bereits abgelaufene Frist hingewiesen wurde.

Im Schreiben vom 28.02.1998 hat die Beklagte ebenfalls keine Mängelbeseitigungsfrist gesetzt. Die Frist zur Unterbreitung von Lösungsvorschlägen, die in diesem Schreiben gesetzt ist, ist zur Begründung eines Kostenvorschussanspruches nach § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B nicht ausreichend (vgl. dazu Ingenstau/Korbion a.a.O., Rdn. 508).

b) Eine Fristsetzung war auch nicht ausnahmsweise entbehrlich. Dies ist dann der Fall, wenn der Auftragnehmer eine Nachbesserung eindeutig ablehnt oder wenn er unnachgiebig nur ungeeignete Mängelbeseitigung anbietet, weil dies einer endgültigen Weigerung gleichkommt. Der Kläger hat aber eine derartige Verweigerungshaltung nicht eingenommen. Er hat vielmehr sogar die gemeinsame Erörterung mit einem Sachverständigen angeboten, was gerade deutlich macht, dass er bereit war, die wirklich erforderlichen Arbeiten auszuführen. Aus der bloßen Meinungsverschiedenheit der Parteien über die Art einer durchzuführenden Nachbesserung kann deshalb nicht geschlossen werden, der Kläger verweigere die erforderliche Nachbesserung. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Unternehmer grundsätzlich die Art der Nachbesserung entscheidet und sein Nachbesserungsangebot deshalb nur dann einer Weigerung gleichgestellt werden kann, wenn dieses Angebot eindeutig unzureichend und eine verdeckte Weigerung zur ordnungsgemäßen Arbeit ist. Eine derartige Verweigerungshaltung des Klägers ergibt sich aber nicht. Die von der Beklagten mit Schreiben vom 28.02.1998 geforderten Lösungsvorschläge hat der Kläger mit Schreiben vom 04.03.1998 unterbreitet. Er hat zudem mehrfach die Beiziehung eines Sachverständigen angeboten. Die Antwort der Beklagten bestand darin, pauschal eine Nachbesserung des Klägers mit Schreiben vom 17.03.1998 abzulehnen. Dass die Nachbesserungsvorschläge des Klägers ungeeignet wären, teilte die Beklagte dem Kläger in dem Schreiben nicht mit und ging auf die angebotene Beiziehung eines Sachverständigen überhaupt nicht ein. Im übrigen ergibt sich aus dem Schriftverkehr nicht, welche der Nachbesserungsvorschläge sie als ungeeignet zurückgewiesen haben will. Beispielhaft ist darauf hinzuweisen; dass der Kläger noch am 28.07.1998 einen Austausch der Verglasung angeboten hat, was die Beklagte ohne Angabe von Gründen nicht akzeptiert hat.

Eine Weigerung der Nachbesserung kann auch nicht hinsichtlich der Türanlage festgestellt werden. Der Kläger hat sich zwar auf den Standpunkt gestellt, die nachträglich vereinbarte Türanlage geliefert und montiert zu haben, diese Meinungsverschiedenheit über die Richtigkeit der Vertragserfüllung machte eine Fristsetzung nicht entbehrlich. Dies gilt um so mehr, als der Schriftverkehr, insbesondere das Schreiben der Beklagten vom 27.08.1997 für eine vereinbarte Vertragsänderung spricht. Jedenfalls war aber die Haltung des Klägers nicht so eindeutig ablehnend, dass eine Fristsetzung reine Förmelei gewesen wäre.

Der vom Landgericht zuerkannte Zinsanspruch, den die Beklagte nicht angreift, ist gemäß §§ 284, 286 BGB gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen zur Zulassung der Revision gemäß § 546 ZPO sind nicht erfüllt.

Der Streitwert in der Berufungsinstanz und die Beschwer der Beklagten beträgt 44.742,06 DM. Die Verrechnung mit dem Kostenvorschussanspruch gegen den restlichen Vergütungsanspruch aus dem Bauvertrag vom 09.07.1997 führt nicht zu einer Streitwerterhöhung. Die im übrigen erklärte Aufrechnung erhöht den Streitwert ebenfalls nicht. Es handelt sich um eine streitwertneutrale Primäraufrechnung.

Ende der Entscheidung

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