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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 29.05.2001
Aktenzeichen: 5 W 8/01
Rechtsgebiete: GKG, ZPO


Vorschriften:

GKG § 25 Abs. 3
GKG § 25 Abs. 2 Satz 2
GKG § 15
GKG § 23 Abs. 2
GKG § 25
GKG § 25 Abs. 2 Satz 3
GKG § 25 Abs. 4
ZPO § 3
ZPO § 493 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

5 W 8/01

In dem selbständigen Beweisverfahren

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf am 29. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht K den Richter am Oberlandesgericht D und die Richterin am Oberlandesgericht L

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Streitverkündeten zu 1) gegen den Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 21. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

In dem selbständigen Beweisverfahren ist durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis darüber erhoben worden, ob eine Aluminium Fassade mangelhaft ist, worauf dies zurückzuführen ist und welche entstehen. Die Antragstellerin hatte ihrem Beweisantrag ein Nachbesserungsangebot beigefügt, wonach die G & Co GmbH die Sanierung der Fassadenfläche von 1380 m² für netto 876.870 DM anbot. Der vom Gericht beauftragte Sachverständige A stellte Mängel fest und schätzt die Kosten der Beseitigung auf 600 DM/qm. Auf der Grundlage dieser Angaben setzte das Landgericht mit Beschluss vom 21. Dezember 2000 den Streitwert für das selbständige Beweisverfahren auf 828.000 DM fest.

Die Streitverkündete zu 1) wendet sich gegen diese Wertfestsetzung und begründet dies damit, dass die Streitverkündete zu 2) einen Teilbereich von 661 m² der Fassade nachgebessert habe. Dafür seien Kosten von 298.000 DM entstanden. Hochgerechnet auf die Gesamtfassade von 1.380 m² ergäben sich daher nur Kosten von 622.000 DM, die als Wert des Beweisverfahrens festzusetzen seien.

Die Antragsgegnerin, die eine eigene Beschwerde nicht eingelegt hat, trägt vor, die tatsächlichen Nachbesserungskosten beliefen sich auf 450,85 DM/m². Da die Gesamtfläche nur 1.200 m² betrage, seien insgesamt 591.002,12 DM als Sanierungskosten zu veranschlagen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die von dem Sachverständigen vorgeschlagene Sanierung undurchführbar sei und die Antragstellerin bei Verwendung des von dem Gutachter vorgesehenen Materials eine bessere Ausführung erhalte, als nach dem zugrunde liegende Vertrag vorgesehen.

Die Antragstellerin, verteidigt die Kostenfestsetzung. Die Streitverkündete zu 2) führt aus, dass es für die Streitwertbemessung auf das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers ankomme.

II.

Die Beschwerde der Streitverkündeten zu 1) ist gemäß § 25 Abs. 3 GKG zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Das Vorbringen der Antragsgegnerin rechtfertigt ebenfalls keine Änderung des Streitwertbeschlusses, § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG.

1)

Der Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens bemisst sich nach dem materiellen Interesse des Antragstellers an der Beweiserhebung. Ist ein Rechtsstreit in der Hauptsache bereits anhängig, dann entspricht der Wert des Beweisverfahrens dem Wert des Hauptsacheverfahrens. Dies beruht bei der nach § 3 ZPO zu treffenden Ermessensentscheidung insbesondere auf der Erwägung, dass die selbständige Beweiserhebung einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht nach § 493 Abs. 1 ZPO gleichsteht (Senat in OLGA 1995, 163). Ist das selbständige Beweisverfahren einem Hauptsacheverfahren vorgeschaltet - isoliertes Beweisverfahren - dann entspricht der Verfahrenswert, der Wert des materiellen Interesse des Antragstellers, in der Regel ebenfalls dem Wert des beabsichtigten Hauptsacheverfahrens, es können sich jedoch im Einzelfall Umstände ergeben, die eine andere Ermessensentscheidung rechtfertigen. Denn mancher Antragsteller, der seinen Antrag auf die Feststellung eines Zustandes einer Sache beschränkt, will sich - etwa in Werkvertragssachen - erst durch das Beweisverfahren schlüssig werden, ob und welche Ansprüche er geltend machen wird. Regelmäßig wird sich aber aus der Antragstellung, so bei einem Antrag auf Feststellung von Mangelbeseitigungskosten im Werkvertragsrecht, oder aus dem Vortrag des Antragstellers ergeben, welche Ansprüche eines Hauptsacheverfahrens durch das selbständige Beweisverfahren vorbereitet, die Durchsetzung welcher Ansprüche durch die Beweiserhebung gesichert werden sollen. Lässt sich dies feststellen, dann entspricht der Wert dieser Hauptsache dem Wert des selbständigen Beweisverfahrens (vgl. auch OLG Hamm in OLGR 1999, 162; zum Meinungsstand vgl. Zöller/Herget; § 3 ZPO, Stichwort selbständiges Beweisverfahren).

Sind Gegenstand des Hauptsachenanspruches, dessen Beweisgrundlagen gesichert werden sollen, wie hier die Kosten für die Beseitigung von Werkmängeln, dann sind, soweit die Mängel von dem Sachverständigen bestätigt werden, die von diesem ermittelten Mängelbeseitigungskosten zu Grunde zu legen. Bestätigt der Sachverständige nur einen Teil, der Mängel, dann ist bei der Wertfestsetzung zu berücksichtigen, inwieweit höhere Mängelbeseitigungskosten angefallen wären, wenn die Behauptungen des Antragstellers zu den nicht festgestellten Mängeln richtig gewesen wären. Dies bedeutet aber nicht, dass die subjektiven Vorstellungen des Antragstellers entscheidend sind. Der Kostenaufwand zur Beseitigung der behaupteten Mängel ist vielmehr nach objektiven Kriterien zu schätzen und dann den vom Sachverständigen ermittelten Mängelbeseitigungskosten hinzuzurechnen.

Auf die subjektiven Vorstellungen des Antragstellers kann es nur indiziell ankommen, entscheidend ist die Bewertung auf objektiver Grundlage. Dem steht nicht entgegen, dass nach § 15 GKG der Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung für die Wertfestsetzung maßgebend und der Antragsteller gehalten ist, bereits im Zeitpunkt der Antragstellung Wertangaben zu machen. Die Festlegung des Zeitpunktes in § 15 GKG besagt nichts über die Grundlage der Wertberechnung. Allein die subjektive Schätzung des Antragstellers im Zeitpunkt der Einreichung des Antrages kann keine ausreichende Grundlage sein, denn seine Schätzung ist, wie sich aus § 23 Abs. 2 GKG ergibt, unverbindlich und kann jederzeit bezichtigt werden. Auch das Gericht ist zu einer Änderung einer früheren Wertfestsetzung verpflichtet, wenn sich deren Unrichtigkeit während des Verfahrens ergibt, § 25 GKG. Die Bemessung des Wertes ist der Disposition der Parteien entzogen. Das Gericht ist gehalten, den wahren Streitwert zu bemessen und muss sich dabei an den von dem Gutachter festgestellten Mängelbeseitungsaufwand orientieren und gegebenenfalls hypothetische weitere Kosten, für die nicht festgestellten aber behaupteten Mängel hinzurechen. Bei diesen zusätzlichen Kosten können die Angaben der Parteien ein Indiz für den Kostenaufwand bilden, diesen aber nicht verbindlich festlegen. Vielmer sind auch sonstige Umstände, mögen sie aus Erfahrungswerten resultieren oder sich aus dem Sachverständigengutachten ableiten lassen, zu berücksichtigen.

Bei einer Fläche von 1.380 m² und einem Preis von 600 DM/m² errechnen sich die Mangelbeseitigungskosten mit 828.000 DM. Zu Recht hat das Landgericht den Wert daher in dieser Höhe festgesetzt.

a) Der Sachverständige A hat in seinem Gutachten vom 06.07.1998 das Vorliegen der von der Antragstellerin behaupteten Mängel an der Fassade bestätigt und die Kosten der Mängelbeseitigung auf 600 DM/m² beziffert. Diesen Betrag hat das Landgericht zu Recht als Grundlage der Wertbemessung in Ansatz gebracht. Das Vorbringen der Streitverkündeten zu 1) und der Antragsgegnerin, die Arbeiten seien zum Teil seitens der Streitverkündeten zu 2) zu einem günstigeren Kostenaufwand durchgeführt worden, rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Werden die tatsächlichen Mangelbeseitigungskosten innerhalb der Frist, in der eine Änderung der Streitwertfestsetzung möglich ist - 6 Monate nach Erledigung des Verfahrens gemäß § 25 Abs. 2 Satz 3 GKG - festgestellt, so kann dies eine Korrektur der auf der Grundlage einer Sachverständigenschätzung ermittelten Wertfestsetzung erfordern. Dies setzt jedoch voraus, dass die ausgeführten Arbeiten denjenigen entsprechen, die der Sachverständige als erforderlich und notwendig angesehen hat. Dies ist aber hier nicht der Fall. Die Antragsgegnerin verweist darauf, dass bei den in Teilbereichen ausgeführten Arbeiten von den Vorgaben des Sachverständigen abgewichen wurde, weil sie und die Streitverkündeten dessen Mängelbeseitigungsmaßnahmen für undurchführbar bzw. zu zu kostspielig hielten. Es ergibt sich schon nicht, dass die Antragstellerin mit einer derartigen Vorgehensweise hinsichtlich der gesamten Fassade nunmehr einverstanden wäre. Während der Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens und nur darauf kommt es an, bestand das Interesse der Antragstellerin aber an der Mängelbeseitigung entsprechend der Feststellungen des Sachverständigen. Wären diese Arbeiten kostengünstiger als von dem Gutachter geschätzt ausgeführt worden, müsste der Wert des Verfahrens korrigiert werden. Dass die Antragstellerin aber nunmehr möglicherweise eine andere Mängelbeseitigung hinnimmt, als von ihr und dem Gutachter während des Verfahrens für notwendig erachtet, hat auf das Beweisverfahren und dessen Wertfestsetzung keinen Einfluss.

b) Die Antragstellerin hat ein Angebot der G & Co. GmbH vorgelegt, aus der sich ergibt, dass eine Fassadenfläche von 1.380 m² zu bearbeiten ist. Es ergibt sich nicht, dass der Sachverständige L, auf den die Antragsgegnerin sich zur Begründung einer geringeren Fläche bezieht, ein eigenes Aufmass genommen hätte. Die von ihm angenommene Fläche entspricht der Leistungsbeschreibung des Generalunternehmervertrages. Ein eigenes Aufmass trägt die Antragsgegnerin nicht vor, während die Streitverkündete zu 1) ebenso wie die Antragstellerin die Fassadenfläche mit 1.380 m² angibt. Da eine geringere als von der Antragstellerin angegebene Fläche nicht feststeht, ist bei der Wertermittlung von dieser Fläche auszugehen.

c) Soweit die Antragsgegnerin darauf verweist, durch die von dem Sachverständigen vorgeschlagene Mängelbeseitigung erhalte die Antragstellerin einen Mehrwert, es seien "Sowieso-Kosten" zu berücksichtigen, hat dies auf die Wertfestsetzung keinen Einfluss. Denn das Interesse der Antragstellerin auf Feststellung der gesamten Nachbesserungskosten ist für die Wertfestsetzung entscheidend. Ob in einem Hauptsacheverfahren aus materiell-rechtlichen Erwägungen Abzüge vorzunehmen wären, ist nicht Gegenstand des Beweisverfahrens und damit für die Wertfestsetzung nicht erheblich.

Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet, § 25 Abs. 4 GKG.

Wert des Beschwerdeverfahrens: bis 3.000 DM (Differenz der Rechtsanwaltsgebühren gemäß § 48 BRAGO zwischen einem Streitwert von 828.000 DM und 541.002,12 DM).

Ende der Entscheidung

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