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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 21.03.2002
Aktenzeichen: 8 U 118/01
Rechtsgebiete: AGBG, GOZ, ZPO


Vorschriften:

AGBG § 9
AGBG § 24 a
AGBG § 1 Abs. 1
AGBG § 9 Abs. 2 Satz 2
GOZ § 9
GOZ § 2 Abs. 2
GOZ § 2 Abs. 2 Satz 3
GOZ § 2 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 713
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 U 118/01

Verkündet am 21. März 2002

pp.

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 28. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B den Richter am Oberlandesgericht S und die Richterin am Oberlandesgericht S

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 26. April 2001 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Beklagte begab sich auf Empfehlung einer Bekannten am 25. Juli 1995 erstmals in die Behandlung des niedergelassenen Zahnarztes Dr. M der ausschließlich Privatpatienten behandelt. Zunächst erfolgte eine allgemeine Zahnbehandlung, für die eine schriftliche Honorarvereinbarung getroffen wurde. Im weiteren war eine prothetische Neuversorgung vorgesehen. In dem Behandlungstermin am 19. September 1995 übergab Dr. M der Beklagten einen von ihm gefertigten Heil- und Kostenplan für Zahnersatz, den die Beklagte am 5. Februar 1996 unterzeichnete. Gleichzeitig unterzeichnete sie als Anlage zu dem Heil- und Kostenplan eine Vereinbarung zur Vergütungshöhe (GA 18), die unter anderem folgenden Text enthält:

"Für die in Aussicht genommene privatärztliche Behandlung bei Frau ... wird für die einzelnen Leistungspositionen der amtlichen Gebührenordnung folgender Multiplikator des Mindestsatzes vereinbart: ..."

Das Formular weist an dieser Stelle einen Freiraum für Eintragungen auf, der in der Urkunde vom 19.9.1995/5.2.1996 handschriftliche Eintragungen enthält, die sich auf Leistungsnummern des Gebührenverzeichnisses der GOZ beziehen und die als Multiplikatoren für einzelne genannte Gebührenziffern den 5,9-fachen bzw. 8,2-fachen Gebührensatz vorsehen.

Sodann folgt weiterer vorgedruckter Text:

"Eine Erstattung der Vergütung durch Erstattungsstellen ist möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet.

Die amtliche GOZ sieht eine Höhe der Gebühr bis zum 3 1/2-fachen des Gebührensatzes vor.

Die Bezeichnung der Leistungen befindet sich auf der Rückseite dieses Blattes.

Der Zahlungspflichtige bestätigt, einen Abdruck dieser Vereinbarung erhalten zu haben."

Die aufgrund des Heil- und Kostenplanes vom 19. September 1995 beruhende zahnprothetische Behandlung begann nach der Unterzeichnung der Gebührenvereinbarung durch die Beklagte am 5. Februar 1996 und wurde im Oktober 1996 erfolgreich abgeschlossen.

Aufgrund einer mit Einverständnis der Beklagten (GA 20) erfolgten Abtretung von Honorarforderungen hat die Klägerin, bei der es sich um eine zahnärztliche Abrechnungsgesellschaft handelt, die von Dr. M erbrachten Leistungen wie folgt abgerechnet:

Rechnung vom 22.5.1996 betreffend die prothetische Behandlung vom 5.2. bis 27.3.1996: 12.220,90 DM (GA 163)

Rechnung vom 30.10.1996 betreffend die prothetische Behandlung vom 30.5 bis 21.10.1996: 27.101,22 DM (GA 14)

Rechnung vom 7.11.1996 betreffend allgemeine Zahnbehandlung vom 27.7.1995 bis 31.10.1996: 12.264,74 DM (GA 165).

Gegenstand der vorliegenden Klage ist ein von der Klägerin nach Teilzahlungen der Beklagten errechneter Restbetrag aus der Rechnung vom 30.10.1996 in Höhe von 14.645,36 DM (27.101,22 DM abzüglich gezahlter 12.455,86 DM).

Die Klägerin hat vorgetragen, die Beklagte schulde das in Rechnung gestellte Honorar aufgrund der von Dr. M mit ihr wirksam getroffenen Honorarvereinbarung. Die Höhe der in Ansatz gebrachten Gebührensätze sei mit der Beklagten, die sich hierüber auch ausführlich informiert habe, im einzelnen erörtert worden.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 14.645,36 DM nebst 12,25 % Zinsen hieraus seit dem 30.11.1996 sowie 15 DM vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, die Klägerin könne die eingeklagte Restforderung, auf die im übrigen eine weitere Teilzahlung zu verrechnen sei, nicht verlangen, weil die zugrundeliegende Honorarvereinbarung mit Dr. M unwirksam sei. Diese verstoße gegen die Vorschriften des AGBG, weil das Honorar nicht auf ein individuelles Behandlungserfordernis abgestellt sei; auch sei die Vereinbarung entgegen § 2 Abs. 2 Satz 1 GOZ erst während der Behandlung getroffen worden. Im übrigen hat die Beklagte ein Überschreiten der durch den Heil- und Kostenplan veranschlagten Vergütung bemängelt. Hinsichtlich der Rechnungspositionen hat die Beklagte die mehrfache Berechnung der Gebührenziffer 806 und die in Ansatz gebrachten Laborkosten als überhöht beanstandet.

Die 3. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Dr. M Sowie durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Zahnarztes Dr. B.

Durch das am 26.4.2001 verkündete Urteil hat das Landgericht der Klage in Höhe von 14.601,52 DM nebst 4 % Zinsen seitdem 1.12.1996 sowie weitere 15 DM stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen.

Gegen die Entscheidung wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie bestreitet nunmehr die Aktivlegitimation der Klägerin und macht geltend, die zugrundeliegende Forderungsabtretung durch Dr. M sei nichtig. Ihr hierzu erklärtes Einverständnis sei mangels ausreichender Angaben zum Inhalt der abgetretenen Ansprüche nicht wirksam. Darüber hinaus sei die von ihr am 5.2.1996 unterzeichnete Honorarvereinbarung unwirksam. Diese sei nämlich nicht vor sondern während des Behandlungsablaufes getroffen worden und enthalte - auch unter Berücksichtigung eines von Dr. M übergebenen Merkblattes - unzulässige Zusätze im Sinne von § 2 Abs. 2 GOZ. Darüber hinaus fehle eine erforderliche Leistungsbeschreibung. Die Beklagte hat ihre erstinstanzliche Auffassung vertieft, wonach die Honorarvereinbarung einen Formularvertrag darstelle, der entsprechend den Vorschriften der §§ 9, 24 a AGBG unwirksam sei. Die Beklagte beanstandet im übrigen die Entscheidung des Landgerichts zur mehrfachen Berechnungsfähigkeit der GOZ-Ziffer 806 und bemängelt, dass der Sachverständige zur Angemessenheit der Laborkosten nicht abschließend Stellung genommen habe.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die zulässige Berufung der Beklagten, die sich nicht mehr gegen die von der Klägerin vorgenommene Verrechnung von ihr erbrachter Teilzahlungen wendet, hat keinen Erfolg.

I.

Die Klägerin ist aufgrund der von ihr vorgelegten Factoring-Vereinbarung vom 20./26. Februar 1996 berechtigt, die aus dem Behandlungsverhältnis der Beklagten mit dem Zahnarzt Dr. M herrührenden Honorarforderungen im eigenen Namen geltend zu machen. Ohne Erfolg beruft die Beklagte sich darauf, ihr zu der Forderungsabtretung erforderliches Einverständnis nicht wirksam erteilt zu haben, weil für sie weder die Anspruchshöhe noch die von der Abtretung erfassten Behandlungszeiträume ersichtlich gewesen sind. Aufgrund der schriftlichen Einverständniserklärung der Beklagten vom 9. April 1996 war - ohne dass es weiterer Erläuterungen bedurfte - klargestellt, dass die beschriebene Abtretung von Honorarforderungen den Zeitraum vom Behandlungsbeginn bis zum Behandlungsende betraf. Zur Wirksamkeit der Abtretung bedurfte es dabei im übrigen keiner genauen Darstellung der Anspruchshöhe, die zu diesem Zeitpunkt nicht bezifferbar war.

II.

Die von Dr. M und der Beklagten unter dem 19. September 1995/5. Februar 1996 getroffene Honorarvereinbarung ist rechtlich nicht zu beanstanden.

1.)

Die Gebührenvereinbarung entspricht den Anforderungen von § 2 Abs. 2 Satz 3 GOZ, wonach sie außer der notwendigen Feststellung, dass eine Erstattung der Vergütung durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet ist, keine weiteren Erklärungen enthalten darf. Die von der Beklagten beanstandete Bestätigung, wonach sie einen Abdruck der Vereinbarung erhalten hat, stellt keine in dieser Weise unzulässige Erklärung dar. Wesentlicher Zweck der Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 3 GOZ besteht darin, den Patienten vor einer unüberlegten, leichtfertigen Verpflichtung zur Zahlung einer überhöhten Vergütung zu schützen, weshalb die zu fordernde Klarheit es notwendig macht, dass in dem Schriftstück jedweder von der Tragweite der Abrechnungsvereinbarung ablenkender Zusatz unterbleibt (BGH NJW 1998, 1786). Der von der Beklagten beanstandete Zusatz befasst sich nicht mit der Frage der Gebührenhöhe und kann daher, was keiner vertiefenden Darstellung bedarf, keinen Einfluss auf die durch die Vorschrift geschützte Willensbildung des Patienten haben. Auf den - von der Beklagten im übrigen nicht vorgetragenen - Inhalt eines von Dr. M seinerzeit zur Patienteninformation verwendeten Merkblattes kommt es dabei nicht entscheidend an. Weil § 2 Abs. 2 Satz 3 GOZ alleine auf die in der Gebührenvereinbarung enthaltenen Erklärungen abstellt, haben Zusatzinformationen keine eigenständige Bedeutung, sondern können nur zur Beurteilung der Frage, ob der Text der Gebührenvereinbarung unzulässige Zusätze beinhaltet, herangezogen werden.

2.)

Die Gebührenvereinbarung verstößt auch nicht gegen § 2 Abs. 2 Satz 1 GOZ. Nach dieser Bestimmung muss ein die Höhe der Vergütung betreffender Vertrag "vor Erbringung der Leistung" geschlossen werden. Dies war hier der Fall. Die prothetische Leistungen betreffende Gebührenvereinbarung beruht auf dem Heil- und Kostenplan vom 19. September 1995/5. Februar 1996 und betraf ein von den bisherigen zahnärztlichen Leistungen abgrenzbares Behandlungsgeschehen. Die Beklagte selbst hat bei ihrer Anhörung vor dem Landgericht vorgetragen, dass die auf der Gebührenvereinbarung beruhende prothetische Behandlung erst am 5. Februar 1996, also nach deren Unterzeichnung, begann. Die Beklagte wäre daher, wenn sie die von Dr. M gewünschte weitere Vereinbarung nicht hätte akzeptieren wollen, ohne Inkaufnahme irgendwelcher Nachteile wegen der bisherigen Leistungen in der Lage gewesen, von der prothetischen Behandlung Abstand zu nehmen und sich gegebenenfalls in eine anderweitige zahnärztliche Behandlung zu begeben. Entgegen der Auffassung der Beklagten wäre die Abstandnahme von einer Weiterbehandlung durch Dr. M auch nicht unzumutbar gewesen, zumal sie seit dem schriftlichen Angebot zur Unterzeichnung der Honorarvereinbarung am 19. September 1995 selbst Erkundigungen bei ihrer Krankenkasse hinsichtlich der Höhe möglicher Erstattungsleistungen eingeholt und die Vereinbarung erst am 5. Februar 1996 unterzeichnet hatte.

3.)

Zu Unrecht beanstandet die Beklagte eine fehlende Bezeichnung der von den einzelnen Gebührenziffern der Honorarvereinbarung betroffenen Leistungen wegen ihrer im Schriftbild zu kleinen Darstellung. Ungeachtet der rechtlichen Konsequenzen eines entsprechenden Mangels zeigt die Vorlage der der Beklagten seinerzeit überlassenen schriftlichen Vergütungsvereinbarung, dass sämtliche Leistungen und die ihnen zugeordneten Gebührenziffern problemlos erkennbar sind.

Die Honorarvereinbarung ist auch nicht etwa wegen eines Verstoßes gegen § 9 Abs. 2 Satz 2 AGBG unverbindlich; bei den getroffenen Regelungen handelt es sich nach ihrem Inhalt und ihrem Zustandekommen nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 1 Abs. 1 AGBG, sondern um eine Individualvereinbarung. Deshalb kommt es auch nicht entscheidend darauf an, ob auf die von Dr. M mit der Beklagten getroffene Vereinbarung die Grundsätze eines Verbrauchervertrages anzuwenden wären. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat (8 U 1/99; 8 U 15/99; 8 U 138/00), ist für das Vorliegen einer Individualvereinbarung maßgebend, dass sie auf das individuelle Behandlungserfordernis des Patienten abgestimmt ist. Hier lag der Heil- und Kostenplan vom 19. September 1995 mit den bei der Beklagten erhobenen Befunden zugrunde. Danach waren bestimmte prothetische Leistungen vorgesehen, so dass die dafür vereinbarte Gebührenhöhe als auf das konkrete Behandlungsgeschehen abgestimmt anzusehen ist.

III.

Die Einwände der Beklagten hinsichtlich der Berechtigung einer 6-fachen Berechnung der GOZ Ziffer 806 sowie der Höhe der berechneten Laborkosten sind unberechtigt.

1)

Die Beklagte weist zwar zutreffend darauf hin, dass sich eine Berechtigung zur mehrfachen Berechnung der GOZ-Ziffer 806 (Registrieren von Unterkieferbewegungen zur Einstellung voll adjustierbarer Artikulatoren und Einstellung nach den gemessenen Werten) entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht aus dem Heil- und Kostenplan vom 19. September 1995, in dem eine 6-malige Berechnung dieser Gebührenziffer vorgesehen ist, herleiten lässt. Allerdings hat der von dem Landgericht beauftragte Sachverständige Dr. B in seinem schriftlichen Gutachten unter Hinweis auf die von Dr. M angewandte aufwendige Untersuchungstechnik und unter Auseinandersetzung mit der zu der Gebührenberechnung veröffentlichten Literatur deutlich gemacht, dass angesichts der Indikationslage hier keine Bedenken gegen eine 6-malige Abrechnung der Gebührenziffer bestehen.

2.)

Die Beklagte ist nicht berechtigt, Abzüge bezüglich der in Rechnung gestellten Laborkosten zu machen. Diese sind als angemessen im Sinne von § 9 GOZ und damit als insgesamt berechnungsfähig anzusehen. Dem steht nicht entgegen, dass die in Rechnung gestellten Vergütungen der Zahntechnikerleistungen teilweise erheblich über den Sätzen der von dem Sachverständigen Dr. B zu Vergleichszwecken befragten Labors liegen. Entscheidend ist, dass der Zahnarzt Dr. M dem Zahntechniker einen von dem Sachverständigen bestätigten besonders hohen Grad an Präzision abverlangte. Die damit an den Zahntechniker gestellten hohen Anforderungen wirken sich naturgemäß auf die Kostenberechnung aus, weshalb die gegenüber anderen Zahntechnikerlabors erhöhten Vergütungen verständlich sind. Hinzu kommt, dass die Höhe der Kosten annähernd genau in dem der Beklagten vor der prothetischen Behandlung ausgehändigten Heil- und Kostenplan genannt war und die Beklagte gerade wegen der Kostenhöhe zunächst weitere Erkundigungen einholte. Daher kommt es für die Frage der Angemessenheit der Laborleistungen nicht entscheidend auf die interne Preiskalkulation des Zahntechnikers an, die demnach keiner Klärung bedarf.

B.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Die Beschwer der Beklagten liegt unter 20.000 Euro.

Ende der Entscheidung

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