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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 14.05.1998
Aktenzeichen: 8 U 163/97
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 823
BGB § 289 Abs. 1
BGB § 286 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am 14. Mai 1998

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 23. April 1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B sowie die Richter am Oberlandesgericht G und S

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 11. September 1997 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin war im Jahre 1992 mit dem optischen Zustand ihrer Nase unzufrieden und wandte sich deshalb an die Firma M Ä GmbH in M, bei welcher der Beklagte als Chirurg angestellt war. In einem Vorgespräch kam man überein, eine operative Korrektur vorzunehmen. Vereinbarungsgemäß erschien die Klägerin am 1. Dezember 1992 in der Klinik; dort verkleinerte der Beklagte den Nasenrücken der Patientin und korrigierte gleichzeitig die Oberlippe. Mit dem Ergebnis des Eingriffs war die Klägerin nicht zufrieden. Sie wandte sich deshalb an die G die mit Bescheid vom 14. Juli 1994 (Bl. 12 ff GA) das Vorgehen des Beklagten beanstandete. Im Anschluß an dieses Verfahren verlangte die Patientin ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.000 DM, das der Beklagte zahlte. Im Jahre 1995 ließ die Klägerin von dem plastischen Chirurgen Prof. Dr. O eine erneute Korrektur vornehmen; dieser entnahm der Patientin unterhalb der Brust Knorpelstücke" die er im Bereich des Nasenrückens implantierte; außerdem injizierte er in die Oberlippe eine plastische Masse, um die als störend empfundene Asymmetrie zu beseitigen. Für die Behandlung mußte die Klägerin insgesamt einen Betrag von 11.180,33 DM aufwenden (vgl. Belege, Bl. 24 ff GA). Eine auf Erstattung dieses Betrages gerichtete anwaltliche Mahnung blieb erfolglos.

Die Klägerin verlangt Schadensersatz. Sie hat behauptet, der Beklagte habe die Korrektur unzulänglich vorgenommen; er habe die Knorpelschicht des linken Nasenflügels übermäßig reseziert, so daß die Atmung beeinträchtigt gewesen sei; darüber hinaus habe er die Oberlippe asymmetrisch gestaltet; auch sei nach dem Eingriff in diesem Bereich ein Taubheitsgefühl aufgetreten. Daneben hat die Klägerin ihr Begehren auf ein Aufklärungsversäumnis des verantwortlichen Arztes gestützt; dieser habe mit ihr die Risiken des operativen Vorgehens nicht erörtert, sondern den Eingriff als insgesamt völlig problemlos dargestellt; zu der Korrektur der Oberlippe habe er sie erst unmittelbar vor der Operation überredet.

Der Kläger war in der mündlichen Verhandlung des Landgerichts vom 12. September 1996 anwaltlich nicht vertreten, so daß die Kammer dem auf Zahlung von 11.180,33 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 16. November 1995 gerichteten Begehren durch Versäumnisurteil stattgegeben hat. Gegen diese Entscheidung hat der Beklagte rechtzeitig Einspruch eingelegt.

Die Klägerin hat sodann beantragt,

das Versäumnisurteil vom 12. September 1996 aufrechtzuerhalten.

Der Beklagte hat den Antrag gestellt,

das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Er hat seine Passivlegitimation bestritten und in diesem Zusammenhang vorgetragen, die Klägerin müsse sich an ihre Vertragspartnerin, die M Ä GmbH, wenden. Die kosmetische Operation habe er einwandfrei durchgeführt. Auch habe er die Patientin sechs Wochen vor dem Eingriff über die mit dem chirurgischen Vorgehen verbundenen Risiken aufgeklärt (Beweis: Zeugnis S, Bl. 120 GA).

Die 3. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf hat durch Urteil vom 11. September 1997 das vorangegangene Versäumnisurteil aufrecht erhalten.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Beklagten. Er macht geltend, die erstinstanzliche Zivilkammer hätte den Vorwurf eines Behandlungsfehlers nicht auf die Feststellungen der Gutachterkommission stützen dürfen, da diese keinen plastischen Chirurgen als Sachverständigen hinzugezogen habe. Das Fehlen der den Eingriff betreffenden Dokumentation sei nicht ihm - dem Beklagten - vorzuwerfen; die Behandlungsunterlagen seien offenbar bei der Firma M Ä GmbH verloren gegangen. Schließlich hätte sein die Aufklärung der Patientin betreffender Beweisantritt nicht übergangen werden dürfen.

Der Beklagte stellt den Antrag,

das am 11. September 1997 verkündete Urteil des Landgerichts Düsseldorf abzuändern und die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 12. September 1996 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Das Landgericht hat der Klage mit Recht stattgegeben. Die Klägerin kann nach § 823 BGB Zahlung des für die Korrekturoperation insgesamt aufgewendeten Betrages in Höhe von 11.180,33 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 16. November 1995 verlangen.

I.

Mit Recht ist das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis gelangt, daß der Beklagte sowohl bei der chirurgischen Verkleinerung des Nasenrückens als auch bei der Oberlippenkorrektur fehlerhaft vorgegangen ist:

1.

Fest steht, daß die Klägerin nach dem Eingriff vom 1. Dezember 1992 unter erheblichen Beschwerden und Unzuträglichkeiten leiden mußte: Der linke Naseneingang war deutlich kleiner gestaltet als der rechte; dieser Umstand beeinträchtigte die Atmung und führte zu einer nasalen Artikulation.

Außerdem war die Oberlippe asymmetrisch und im medialen Drittel gefühllos. Daß diese gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorlagen, ergibt sich nicht nur aus den intraoperativen Feststellungen des mit der späteren Korrektur befaßten Chirurgen Prof. Dr. O, sondern auch aus dem Befund des Arztes Dr. W der die Patientin am 30. März 1993 untersucht hat (vgl. Bl. 8 ff GA).

2.

Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, daß dieses kosmetisch ungünstige Ergebnis auf von ihm nicht zu beeinflussende unvermeidbare Faktoren zurückzuführen sei. In diesem Zusammenhang muß sich zu seinen Lasten auswirken, daß die ärztliche Dokumentation unzulänglich und in den entscheidenden Punkten lückenhaft ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die heutige Unauffindbarkeit der Behandlungsunterlagen letztlich dem Arzt persönlich oder der M Ä GmbH als Klinikträgerin vorzuwerfen ist; unstreitig hat der Beklagte nämlich den von ihm verfaßten Operationsbericht der hiesigen Gutachterkommission im Rahmen des dort geführten Verfahrens vorgelegt; in diesem Dokument wird der Ablauf des Eingriffs nur oberflächlich und in einer medizinisch nicht nachvollziehbaren weise beschrieben: Die Schilderung der Flügelknorpelresektion spricht für ein in diesem Bereich übermäßiges Vorgehen; die Korrektur an der Oberlippe wird in den Aufzeichnungen überhaupt nicht erwähnt. Angesichts dessen ist dem Beklagten der Einwand, die festgestellten Mängel seien auf ungünstige anatomische Besonderheiten zurückzuführen, verwehrt; derartige Umstände hätten nämlich in dem von ihm verfaßten Operationsbericht erwähnt werden müssen. Mit Recht ist das Landgericht deshalb zu dem Ergebnis gelangt, daß das allgemeine Vorbringen des Beklagten, er sei einwandfrei vorgegangen und müsse ein eigenes Fehlverhalten "mit Nichtwissen bestreiten", unerheblich ist.

3.

Der Umfang der Ersatzforderung wird nicht bestritten. Die Klägerin hat im einzelnen dargelegt, daß der nachbehandelnde Chirurg Prof. Dr. O Maßnahmen zur ästhetischen Gestaltung der Oberlippe und zur Rekonstruktion des Nasenrückens ergriffen hat. Die hierfür aufgewendeten Kosten sind durch Rechnungen und Zahlungsnachweise belegt.

II.

Unter diesen Umständen kann dahingestellt bleiben, ob die Ersatzforderung der Klägerin auch auf ein Aufklärungsversäumnis des Beklagten gestützt werden könnte; auffällig ist in diesem Zusammenhang allerdings, daß der Beklagte gegenüber der hiesigen Gutachterkommission erklärt hat, die Patientin habe ein ihm vorliegendes "Merkblatt zu einem Aufklärungsgespräch über eine Nasenkorrektur" unterzeichnet; tatsächlich war und ist er nicht im Stande, diese Urkunde vorzulegen.

III.

Der Zinsanspruch beruht auf den §§ 289 Abs. 1, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB.

B.

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Streitwert im Berufungsverfahren, zugleich Beschwer des Beklagten: 11.180,33 DM.

Ende der Entscheidung

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