Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 08.01.2001
Aktenzeichen: 9 U 155/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 93
ZPO § 307
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am 8. Januar 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 4. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht P, den Richter am Oberlandesgericht G und den Richter am Landgericht M

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 24. Mai 2000 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal geändert.

Die Zwangsvollstreckung des Beklagten aus der vollstreckbaren Ausfertigung des notariellen Kaufvertrages vom 18. Dezember 1998, UR.-Nr. 2242/98 des Notars P R in W, wird für unzulässig erklärt.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung des Beklagten.

Der Kläger erwarb von dem Beklagten mit notariellem Kaufvertrag vom 18. Dezember 1998 ein Mehrfamilienhaus in W zum Kaufpreis von 790.000 DM. Das Grundstück war belastet mit einer Grundschuld zugunsten der Volksbank R über 970.000 DM und mit einer Vormerkung für die Eintragung einer Sicherungshypothek (Abteilung III, Nr. 8) in Höhe von 14.372,77 DM zugunsten der KTR. Nach dem Kaufvertrag war der Kaufpreis fällig am 31. Januar 1999, nicht jedoch vor Ablauf von fünf Tagen seit Vorliegen der allgemeinen Fälligkeitsvoraussetzungen, die im Kaufvertrag wie folgt aufgeführt waren (4):

a) bis c)

...

d)

Vorliegen der Löschungsunterlagen für die eingetragenen Belastungen;

e)

schriftliche Mitteilung des Notars vom Vorliegen der Voraussetzungen zu a) bis d);

f)

Übergabe einer Aufstellung über die Mietkautionen und Auszahlung der Kautionen nebst Zinsen an den Kläger.

Unstreitig waren die Fälligkeitsvoraussetzungen a) bis c) erfüllt.

Am 14. Oktober 1999 erteilte die K ihre Zustimmung zur Löschung der Vormerkung für die Eintragung ihrer Sicherungshypothek.

Mit Schreiben vom 21. Oktober 1999 erteilte auch die Volksbank R (erneut) Treuhandauftrag befristet bis zum 22. November 1999.

Der Notar teilte daraufhin mit Schreiben vom 25. Oktober 1999 dem Kläger mit, die von ihm zu überwachenden Fälligkeitsvoraussetzungen lägen vor. Mit Schreiben/Fax vom 29. Oktober 1999 forderte der Rechtsanwalt des Klägers den Beklagten auf, die Mietkautionsaufstellung zu übergeben und die Kautionen bis zum 10. November 1999 auszuzahlen. Offenbar erstellte der Beklagte persönlich am 4. November 1999 eine Mietkautionsaufstellung per 31. Dezember 1998.

Mit Schreiben vom 24. November 1999 wies der Notar den Anwalt des Klägers darauf hin, dass er dem Beklagten eine vollstreckbare Ausfertigung des Kaufvertrages erteilt habe. Der Anwalt des Klägers forderte daraufhin mit Fax vom 26. November 1999 den Beklagten auf, mitzuteilen, dass die Zwangsvollstreckung nicht durchgeführt werde; der Kaufpreis sei nicht fällig.

Mit Fax vom 30. November 1999 meldete sich der Anwalt des Beklagten beim Anwalt des Klägers, überreichte eine aktualisierte Kautionsaufstellung und teilte mit, der sich danach ergebende Betrag von 7.227,67 DM sei auf das Konto des Anwalts des Klägers eingezahlt worden, somit der Kaufpreis fällig; der Kläger werde in Verzug gesetzt.

Am 2. Dezember 1999 reichte der Kläger Zwangsvollstreckungsgegenklage ein, nachdem der Notar dem Anwalt des Klägers mit Schreiben vom gleichen Tage bestätigt hatte, dass die Volksbank bislang den Treuhandauftrag nicht verlängert und er mit gleicher Post um Verlängerung des Auftrags gebeten habe.

Mit Schreiben vom 9. Dezember 1999 verlängerte sodann die Volksbank den Treuhandauftrag bis 30. Januar 2000, mit weiterem Schreiben vom 7. Februar 2000 aufgrund Telefonates erneut bis zum 30. April 2000.

Der Notar bestätigte dem Anwalt des Beklagten mit Schreiben vom 8. Februar 2000, dass die Fälligkeitsvoraussetzungen gemäß Kaufvertrag wieder vorlägen.

Mit Schreiben vom 10. Februar 2000 stellte der Anwalt des Klägers an den Anwalt des Beklagten Ansprüche wegen Verzögerung bei der Abwicklung des Kaufvertrages gegenüber den Ansprüchen des Beklagten auf Verzinsung des Kaufpreises und meinte, weil der Treuhandauftrag erneut befristet sei, sei der Kaufpreis wieder nicht fällig. Er forderte einen unbefristeten Treuhandauftrag. Am 15. Februar 2000 zahlte der Kläger sodann den Kaufpreis und erklärte anschließend die Zwangsvollstreckungsgegenklage einseitig in der Hauptsache für erledigt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil sie bei Zustellung am 23. Dezember 1999 deshalb unbegründet gewesen sei, weil der Kaufpreis zu diesem Zeitpunkt fällig gewesen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Er meint, die Zwangsvollstreckungsgegenklage sei bei Einreichung am 2. Dezember 1999 begründet gewesen, weil die Auszahlung der Mietkautionen frühestens am 30. November 1999 erfolgt und Fälligkeit fünf Tage nach diesem Termin, also am 6. Dezember 1999 hätte eintreten können; allerdings sei der Treuhandauftrag bis zum 22. November 1999 nur befristet gewesen.

Im Zeitpunkt der Zustellung am 23. Dezember 1999 sei die Zwangsvollstreckungsgegenklage - vorübergehend - unbegründet geworden, nachdem die Volksbank den Treuhandauftrag mit Schreiben vom 9. Dezember 1999 bis zum 31. Dezember 1999 (richtig muß es heißen: bis zum 30. Januar 2000) verlängert habe. Im übrigen sei der umgekehrte Rechtsgedanke des § 93 ZPO anzuwenden, weil der Kläger sofort gezahlt habe, nachdem die Volksbank am 7. Februar 2000 den Treuhandauftrag bis zum 30. April 2000 verlängert habe.

Auf Hinweis des Senates, dass die Erfüllung des titulierten Anspruchs nicht ohne weiteres eine Erledigung der Vollstreckungsabwehrklage zur Folge habe, vielmehr gerade der Erfüllungseinwand zu den Einwänden gehöre, auf den die Vollstreckungsgegenklage gestützt werden könne, ist der Kläger zu seinem ursprünglichen Klageantrag zurückgekehrt.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Zwangsvollstreckung des Beklagten aus der vollstreckbaren Ausfertigung des notariellen Kaufvertrages vom 18. Dezember 1998, UR.-Nr. 2242/98 des Notars P R in W für unzulässig zu erklären.

Der Beklagte erkennt die Klageforderung unter Verwahrung gegen die Kosten an.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist begründet.

Aufgrund des Anerkenntnisses des Beklagten war ohne weitere Sachprüfung dessen Zwangsvollstreckung antragsgemäß für unzulässig zu erklären, § 307 ZPO.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen, § 91 Abs. 1 ZPO. Grundsätzlich sind zwar bei einem sofortigen Anerkenntnis die Prozeßkosten dem Kläger aufzuerlegen, dies gilt aber nur, wenn der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Klageerhebung Veranlassung gegeben hat, § 93 ZPO. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind deshalb nicht erfüllt, weil der Beklagte Anlaß für die Vollstreckungsabwehrklage gegeben hat.

Die Zwangsvollstreckung, die der Beklagte betrieb, war unzulässig. Es fehlte bis zur Zahlung des Kaufpreises an dessen Fälligkeit.

Zwar hatte der Notar mit Schreiben vom 25. Oktober 1999 gemäß Ziff. 4 e) dem Kläger mitgeteilt, die von ihm zu überwachenden Fälligkeitsvoraussetzungen lägen vor. Der Treuhandauftrag der Volksbank R war jedoch bis zum 22. November 1999 befristet und bereits abgelaufen, bevor der Beklagte dem Kläger die Aufstellung über die Mietkautionen übergeben und die Kautionen ausgezahlt hatte (Fälligkeitsvoraussetzung Ziff. 4f) des Kaufvertrages). Später hat zwar die Volksbank ihren Treuhandauftrag (wiederholt) verlängert. Dadurch trat aber nicht ohne weiteres nun die Fälligkeit des Kaufpreises ein. Es fehlte an einer weiteren Mitteilung des Notars gemäß Ziff. 4 e) des Kaufvertrages darüber, dass nunmehr die von ihm zu überwachenden Fälligkeitsvoraussetzungen (wieder) vorlagen. Eine solche Mitteilung des Notars war erforderlich. Denn die Fälligkeitsvoraussetzungen nach, dem Kaufvertrag mußten zeitgleich vorliegen. Im übrigen ergab sich aus der ursprünglichen Notarmitteilung vom 25. Oktober 1999 wegen der beigefügten Treuhandunterlagen, dass der Treuhandauftrag bis zum 22. November 1999 befristet war, so dass der Kläger zunächst von einer Beendigung des Treuhandauftrages ausgehen konnte und durfte. Eine anderslautende Mitteilung des Notars hat er später nicht mehr erhalten. Es ist nicht dargetan und auch sonst nicht ersichtlich, dass der Kläger auf andere Weise davon erfahren hat, dass der Treuhandauftrag später verlängert worden war. Gleiches gilt für die Verlängerung des Treuhandauftrages bis zum 30. April 2000.

Nach Zahlung des Kaufpreises war die Zwangsvollstreckung des Beklagten wegen Erfüllung des Klägers unzulässig.

Die Erfüllung hat auch nicht etwa das Rechtsschutzbedürfnis für die Vollstreckungsabwehrklage entfallen lassen.

Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Zwangsvollstreckungsgegeklage besteht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs solange, als der Gläubiger den Vollstreckungstitel noch in Händen hat. Dies gilt selbst dann, wenn der Gläubiger auf seine Rechte aus dem Titel verzichtet hat oder zwischen ihm und dem Schuldner Einigkeit darüber besteht, dass eine Zwangsvollstreckung nicht mehr in Betracht kommt. Denn das Rechtsschutzinteresse für die Vollstreckungsabwehrklage ist grundsätzlich nicht davon abhängig, ob eine konkrete Vollstreckungsmaßnahme droht. Es genügt, dass der Gläubiger die Zwangsvollstreckung überhaupt betreiben kann. Nur wenn der Schuldner in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise auf Dauer vor einer - uneingeschränkten - Vollstreckung aus dem Titel geschützt ist, entfällt das Rechtsschutzinteresse (BGH NJW 1994, 1161, 1162 m.N.). Ausnahmen werden nur bei einer Teilerfüllung - insbesondere bei Titeln auf wiederkehrende Unterhaltsleistungen - zugelassen, soweit eine Zwangsvollstreckung nach den Umständen des Falles unzweifelhaft nicht mehr droht (BGH, a.a.O.; BGH NJW-RR 1989, 124). Zugrunde liegende Erwägung dürfte sein, dass der Titel in diesem Fall nicht überflüssig geworden ist, sondern vom Gläubiger noch für eine weitere Vollstreckung benötigt wird (vgl. OLG Frankfurt, MDR 1988, 241).

Die Entscheidung über die zulässige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 1 ZPO.

Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren und Beschwer des Beklagten: 790.000,-- DM.

Ende der Entscheidung

Zurück