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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 28.10.2002
Aktenzeichen: 9 U 69/02
Rechtsgebiete: BauGB, BGB, ZPO


Vorschriften:

BauGB § 35
BGB § 166 Abs. 1
BGB § 284 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 1 a.F
BGB § 459 a.F.
BGB § 462 a.F
BGB § 459 Abs. 1 a.F.
BGB § 472 a.F.
BGB § 476 a.F.
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 287 Abs. 2
ZPO § 515 Abs. 3 a.F
ZPO § 543 Abs. 1 a.F.
ZPO § 543 Abs. 2 n.F.
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 U 69/02

Verkündet am 28. Oktober 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 30. September 2002 durch

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das am 28. Februar 2002 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts M. (10 O 498/99) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger 19.940,38 € nebst 4 % Zinsen seit dem 09.09.1999 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden zu 13 % den Klägern und zu 87 % den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden zu 8 % den Klägern und zu 92 % den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a.F. abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und (in dem Umfang, in dem die Kläger sie mit ihrem in der mündlichen Verhandlung vom 30.09.2002 gestellten Antrag noch weiterverfolgen) begründet.

Die Kläger haben gegenüber den Beklagten als Gesamtschuldnern einen Anspruch auf Rückzahlung eines Teils des gezahlten Kaufpreises für das Grundstück G. 5 a in Höhe von 19.940,38 € (39.000 DM).

Die Kläger können von den Beklagten Minderung des Kaufpreises gemäß §§ 459 Abs.1, 462, 472 BGB (a.F.) verlangen. Das Grundstück, das die Kläger von den Beklagten mit notariellem Vertrag vom 01.10.1998 gekauft haben, war mit einem Fehler behaftet, der seinen Wert und seine Tauglichkeit zu dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch in nicht unerheblichem Umfang minderte.

Auf den in Ziff. III. 1. (1) des Vertrages vereinbarten Gewährleistungsausschluss können sich die Beklagten in diesem Zusammenhang nicht berufen, da er insoweit gemäß § 476 BGB (a.F.) unwirksam ist. Die Beklagten haben nämlich den Klägern den Fehler des verkauften Grundstückes arglistig verschwiegen.

Ein Fehler liegt hier in der Tatsache, dass der rückwärtige Teil des verkauften Grundstückes aufgrund der Satzung der Stadt M. vom 07.10.1997 in Verbindung mit dem bestehenden Landschaftsplan nicht allein zum Außenbereich im Sinne von § 35 BauGB, sondern darüber hinaus auch zum Landschaftsschutzgebiet im Sinne des Landschaftsgesetzes von Nordrhein-Westfalen (LG-NW) gehört und deshalb gemäß § 34 Abs. 2 LG-NW in seiner Nutzbarkeit als Hausgarten erheblichen rechtlichen Beschränkungen unterliegt.

Ein Fehler der Kaufsache im Sinne von § 459 Abs.1 BGB (a.F.) setzt das Vorliegen eines Umstandes voraus, der den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Zweck mindert. Der Verkäufer ist verpflichtet, den Käufer über das Vorhandensein eines solchen Mangels aufzuklären, wenn er für die Entscheidung des Käufers und seine Bereitschaft, den geforderten Preis zu zahlen, ersichtlich von Bedeutung ist und der Käufer nach der Verkehrsanschauung Aufklärung erwarten kann.

Ein Fehler in diesem Sinne kann sich auch aus den rechtlichen Beziehungen der Sache zur Umwelt ergeben (MüKo-Westermann, 3. Aufl., Bd. 3, §459, Rnr. 34; Soergel-Huber, 12. Aufl., Bd. 3, § 459, Rnr. 28). Insbesondere öffentlich-rechtliche Beschränkungen der Nutzbarkeit eines Grundstückes, die aus Gründen des Gemeinwohls bestehen und vom Verkäufer nicht beseitigt werden können, sind nicht als Rechts- sondern, bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 459 BGB (a.F.), als Sachmangel anzusehen (BGH NJW 1992, 1384ff.; Palandt-Putzo, 61. Aufl., § 434, Rnr. 6; MüKo-Westermann, Bd. 3, 3. Aufl., § 434, Rnr. 5, § 459, Rnr. 34; Soergel-Huber, Bd. 3, 12. Aufl., § 459, Rnr. 28-29).

Um einen solchen Fall handelt es sich auch bei der hier in Rede stehenden Zugehörigkeit eines Teils des verkauften Grundstückes zum Landschaftsschutzgebiet.

Die Frage, ob die Zugehörigkeit eines Grundstückes zu einem Landschaftsschutzgebiet seine Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Zweck mindert, kann nicht abstrakt beantwortet werden, sondern ist eine Frage des Einzelfalles. Einerseits kommt es nämlich darauf an, zu welchem Zweck das Grundstück nach dem Vertrag erworben wird, zum anderen darauf, welche Nutzungsbeschränkungen im konkreten Falle bestehen. Es ist ebenso möglich, dass die bestehenden Nutzungsbeschränkungen im Einzelfall den vertragsgemäßen Gebrauch überhaupt nicht beeinträchtigen wie es möglich ist, dass sie ihn völlig vereiteln.

Vorliegend haben die Kläger das Haus gekauft, um darauf ein Einfamilienhaus zu errichten. Diese Absicht ist in Ziff. III. 1. (2) des Kaufvertrages eindeutig zum Ausdruck gekommen. Sie bildet damit den nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch im Sinne von § 459 BGB (a.F.). Nach der Verkehrsanschauung erwartet ein Erwerber, der ein Grundstück kauft, um ein Einfamilienhaus in einer kleinen Ortschaft in ländlich geprägter Umgebung zu errichten, dass er auf der nicht bebauten Fläche (nach Maßgabe evtl. vorhandener Bebauungspläne und nachbarrechtlicher Bestimmungen) einen Hausgarten anlegen und diesen einfrieden kann. Soweit diese Möglichkeit in nicht unerheblichem Umfang aus rechtlichen Gründen eingeschränkt ist, liegt damit eine Minderung der Tauglichkeit des Grundstückes zu dem vertragsgemäßen Gebrauch vor.

Aus der im konkreten Falle unstreitig vorliegenden Zugehörigkeit des hinteren Grundstücksteiles zum Landschaftsschutzgebiet ergeben sich rechtliche Beschränkungen seiner Nutzbarkeit als Hausgarten.

Maßgeblich für die Frage, welche Nutzung eines Grundstückes im Landschaftsschutzgebiet zulässig ist, ist zunächst die Regelung des § 34 Abs. 2 LG-NW. Hiernach sind im Landschaftsschutzgebiet nach Maßgabe näherer Bestimmung im Landschaftsplan alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebietes verändern können oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen. Das Gesetz verweist mithin hinsichtlich der Frage, welche Nutzungen eines Grundstückes erlaubt und verboten sind, auf den für das jeweilige Gebiet geltenden Landschaftsplan.

Die sich hieraus ergebenden Nutzungsbeschränkungen schränken im vorliegenden Falle, unabhängig von der zwischen den Parteien umstrittenen Frage, wie weit sie im einzelnen reichen, die übliche und nach der Verkehrssitte zu erwartende Nutzung als Hausgarten eines Einfamilienhauses in einem Maße ein, welches dessen Tauglichkeit zu diesem Zweck wesentlich mindert. So ergibt sich aus dem Landschaftsplan u.a. , dass Zäune und andere aus Baustoffen oder Bauteilen hergestellte Einfriedungen mit Ausnahme ortsüblicher Forstkultur- und Weidezäune unzulässig sind. Ferner ist es unzulässig, Grünland in eine andere Nutzung umzuwandeln oder Brachen umzubrechen und in eine andere Nutzung umzuwandeln sowie bisher land- oder forstwirtschaftlich genutzte Flächen und Brachflächen in eine kleingärtnerische Nutzung umzuwandeln.

Es kann in diesem Zusammenhang nicht darauf ankommen, ob die Kläger den hinteren Teil des gekauften Grundstückes überhaupt noch irgendwie sinnvoll nutzen können. Dies spielt lediglich für die Frage der Höhe des Minderungsbetrages eine Rolle. Entscheidend ist vielmehr, ob die Kläger den betreffenden Grundstücksteil in dem üblichen Rahmen als Hausgarten nutzen und einfrieden können, so wie sie dies beim Erwerb eines Baugrundstückes für ein Einfamilienhaus erwarten konnten. Dies aber ist angesichts der vorgenannten Nutzungseinschränkungen zu verneinen, so dass in Übereinstimmung mit der vom Landgericht hierzu vertretenen Auffassung das objektive Vorliegen eines Sachmangels zu bejahen ist.

Diesen Fehler haben die Beklagten den Klägern arglistig verschwiegen.

Unstreitig haben die Beklagten die Kläger vor dem Abschluss des Kaufvertrages nicht darauf hingewiesen, dass der hintere Teil des verkauften Grundstückes zum Landschaftsschutzgebiet gehört.

Bei einer Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels handelt arglistig, wer einen Fehler zumindest für möglich hält, gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragsgegner den Fehler nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (BGH NJW 1990, 42; BGH NJW-RR 1997, 270). Nach der Lebenserfahrung kann von der Kenntnis eines schwerwiegenden verborgenen Mangels auf die Einsicht und die Billigung geschlossen werden, dass der Vertragspartner den Mangel vielleicht nicht kennt und andernfalls den Vertrag möglicherweise nicht oder nicht so, wie geschehen geschlossen hätte (BGHZ 109, 327, 333).

Hinsichtlich der insoweit erforderlichen Kenntnis der Beklagten ist zwar zu berücksichtigen, dass von mehreren Verkäufern grundsätzlich nur der haftet, der selbst arglistig gehandelt hat (Hagen/Brambring, Der Grundstückskauf, 7. Aufl., Rnr. 211b, m.w.N.), also insbesondere Kenntnis vom vorliegenden Mangel hatte. Soweit jedoch einer von mehreren Verkäufern kraft Vertretungsmacht für die anderen handelt, so müssen sich die übrigen eine von diesem verübte arglistige Täuschung nach § 166 Abs.1 BGB zurechnen lassen. Dies gilt auch dann, wenn der die Verhandlungen führende Verkäufer keine Abschlussvollmacht, aber die Befugnis hatte, auf die Kaufsache bezügliche Erklärungen mit Wirkung für die übrigen abzugeben (Mü-Ko-Westermann, 3. Aufl., Bd. 3, § 463, Rnr. 15 und Rnr. 17). Vorliegend hat unstreitig der Beklagte zu 3) für alle Verkäufer die Verhandlungen geführt und er war zugleich unstreitig auf der Anhörung vom 09.10.1996 anwesend. Daher müssen sich auch die übrigen Beklagten, unabhängig von ihrem eigenen Kenntnisstand gemäß § 166 Abs.1 BGB die bei dieser Gelegenheit erworbene Kenntnis des Beklagten zu 3) zurechnen lassen.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sieht es der Senat als erwiesen an, dass zumindest der Beklagte zu 3) spätestens seit der Anhörung vom 09.10.1996 Kenntnis von dem dem Grundstück anhaftenden Sachmangel hatte oder diesen zumindest für möglich hielt.

Entgegen der Auffassung des Landgerichtes genügt es hierfür, dass die Beklagten, oder zumindest der Beklagte zu 3), von der Zugehörigkeit des hinteren Grundstücksstreifens zum Landschaftsschutzgebiet Kenntnis hatten. Für das Vorliegen von Arglist bedarf es nicht darüber hinaus der zusätzlichen Kenntnis der Beklagten davon, dass aufgrund der durch die Zugehörigkeit zum Landschaftsschutzgebiet bedingten konkreten Nutzungsbeschränkungen im Einzelfall eine übliche Gartennutzung nicht möglich ist. Zu Recht vertreten die Kläger insoweit die Auffassung, allein die Tatsache, dass ein Teil des Grundstückes unter Landschaftsschutz steht, stelle einen Umstand dar, den die Beklagten hätten offenbaren müssen, auch wenn ihnen nicht bewusst gewesen wäre, welche konkreten Nutzungsbeschränkungen sich hieraus ergeben.

Bereits mit dem allgemeinen Begriff des Landschaftsschutzgebietes verbindet sich nach der Verkehrsanschauung die Vorstellung von Nutzungsbeschränkungen, auch wenn diese nach Art und Umfang erheblich differieren können. Als im Verkehr allgemein bekannt kann zumindest die Tatsache angesehen werden, dass in einem Landschaftsschutzgebiet besondere Regelungen gelten, die einer Nutzung Grenzen setzen, und zwar nicht allein hinsichtlich der Errichtung baulicher Anlagen. Ein Käufer kann deshalb vom Verkäufer redlicherweise erwarten, dass ihn dieser schon auf die bloße Zugehörigkeit eines verkauften Grundstückes zum Landschaftsschutzgebiet hinweist und ihm damit die Chance gibt, selbst zu klären, inwieweit im konkreten Falle die bestehenden Nutzungsbeschränkungen reichen und ob sie die beabsichtigte Nutzung im Einzelfall beeinträchtigen. Die Kläger durften daher erwarten, von den Beklagten darüber informiert zu werden, dass ein Teil des verkauften Grundstückes zum Landschaftsschutzgebiet gehörte. Ein Verkäufer, der weiß, dass ein als Baugrundstück für ein Einfamilienhaus verkauftes Grundstück hinsichtlich seines rechtlichen Status aus zwei Teilen besteht, von denen der eine bebaubarer Innenbereich und der andere Landschaftsschutzgebiet ist, hat den Käufer auf diesen Umstand hinzuweisen. Der Käufer muss mit einer solchen, in der Praxis eher ungewöhnlichen Konstellation nicht rechnen. Erhält er einen diesbezüglichen Hinweis, dann kann er sich selbst darüber informieren, welche konkreten Nutzungsbeschränkungen für ihn gelten. Ein Verkäufer, der einen solchen Hinweis trotz eigener Kenntnis von der Zugehörigkeit zum Landschaftsschutzgebiet unterlässt, handelt arglistig, weil er dem Käufer eine Tatsache vorenthält, von der ihm bewusst ist, dass sie seine Kaufentscheidung unter Umständen beeinflussen könnte. Es genügt insoweit, wenn der Verkäufer sich der Tatsache bewusst ist, dass die ihm positiv bekannte Zugehörigkeit eines Teils des Grundstückes zum Landschaftsschutzgebiet sich auf dessen Nutzbarkeit unter Umständen nachteilig auswirken könnte.

Zumindest die hiernach für die Bejahung arglistigen Verschweigens ausreichende allgemeine Kenntnis von der Zugehörigkeit des hinteren Grundstücksteiles zum Landschaftsschutzgebiet, wenn auch nicht notwendigerweise von den sich hieraus im Einzelfall ergebenden konkreten Nutzungsbeschränkungen, hatte der Beklagte zu 3) spätestens seit der Anhörung vom 09.10.1996.

Dies ist zur Überzeigung des Senats durch die vom Landgericht durchgeführte Beweisaufnahme erwiesen.

Von den als Zeugen vernommenen Teilnehmern der Anhörung vom 09.10.1996 haben die meisten ausgesagt, sie wüssten nicht mehr, ob auf der Anhörung gesagt worden sei, dass das Gebiet jenseits der durch die geplante Satzung bei 30 m festgelegten Grenze des bebaubaren Innenbereiches Landschaftsschutzgebiet sei und bleibe.

Eindeutig in diesem Sinne hat allerdings der Zeuge N. Sch. ausgesagt:

Der Zeuge Sch., der die Bürgeranhörung am 09.10.1996 moderiert hat, hat bekundet, es sei hinsichtlich des Baugebietes G. darüber gesprochen worden, dass die Bautiefe 30 m von der Straße aus gesehen betragen solle. Über den Charakter der Fläche außerhalb des Satzungsgebietes als Landschaftsschutzgebiet sei klar gesprochen worden. Dies sei als Begründung für die Abgrenzungslinie festgestellt worden. Die Folgen der Abgrenzung seien nicht vertieft worden, insbesondere nicht die weiteren Nutzungsmöglichkeiten der Gebiete außerhalb der Satzungsbegrenzung. Es sei aber darüber gesprochen worden, dass dieses Gebiet bleibt, wie es ist, das heißt, dass es landwirtschaftliche Fläche unter Landschaftsschutz bleibe.

Diese Bekundungen des Zeugen Sch. werden zum Teil bestätigt durch die Angaben anderer Zeugen:

So glaubte sich der Zeuge K. E. zu erinnern, der Zeuge Sch. habe darauf hingewiesen, dass der Landschaftsplan an den Bereich der Satzung nach § 34 BauGB angrenzt.

Der Zeuge U. M., der nach eigenem Bekunden gemeinsam mit dem Beklagten zu 3) bei der Anhörung war, weil er von der Familie F. ein Grundstück kaufen wollte, hat bekundet, der Beklagte zu 3) habe sich auf der Anhörung wegen der auf den Plänen eingezeichneten neuen Grenze erkundigt. Der Zeuge Sch. habe dann erklärt, dass die Grundstücke "wegen des Landschaftsschutzgesetzes" nicht mehr so tief sein dürften. Der Beklagte zu 3) habe dann noch gefragt, wieso er dann so viel Geld für die Vermessung ausgegeben habe, worauf der Zeuge Sch. geantwortet habe, dass dies aufgrund des Gesetzes nicht anders machbar sei. Nach der Anhörung habe er sich mit dem Beklagten zu 3) unterhalten, wie es weitergehe. Die Nutzbarkeit des Grundstückes habe hinsichtlich der letzten 10 m "sozusagen in der Luft" gehangen.

Der Zeuge E. M. schließlich hat bekundet, er denke, in der Versammlung sei das Wort "Naturschutzgebiet" gefallen. Eine konkrete Erinnerung habe er aber nicht mehr daran.

Bei Würdigung der genannten Beweise sieht es der Senat als erwiesen an, dass der Zeuge Sch. auf der Anhörung vom 09.10.1996 ausdrücklich mitgeteilt hat, dass das Land jenseits des auf eine Tiefe von 30m vorgesehenen Geltungsbereichs der geplanten Innenbereichssatzung Landschaftsschutzgebiet sei und bleibe und dass der anwesende Beklagte zu 3) dies bewusst wahrgenommen hat.

Die Bekundung des Zeugen Sch., er habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Gebiet hinter der 30-m-Linie Landschaftsschutzgebiet sei, ist glaubhaft. Der Zeuge war als Moderator der Anhörung unmittelbar an den dort geführten Gesprächen beteiligt. Wie aus seiner Bekundung weiter ersichtlich ist, war gerade der Landschaftsschutz das eigentliche Motiv dafür, den Geltungsbereich der seinerzeit geplanten Innenbereichssatzung auf einen Landstreifen von 30 m Tiefe zu beschränken. Deshalb wurden ja auch in der Satzung selbst Anpflanzungspflichten als Kompensation für den Verlust an geschützter Landschaft vorgenommen.

Dem Beklagten zu 3) war, wie insbesondere der Zeuge U. M. bestätigt hat, gerade die Beschränkung der Satzung auf 30 m wichtig, weil er und seine Miterben das Grundstück bereits anders zugeschnitten hatten. Darum hat er ausdrücklich noch einmal nachgefragt. Darauf antwortete, wie der Zeuge U. M. weiter angegeben hat, der Zeuge Sch. , dass die Grundstücke "wegen des Landschaftsschutzgesetzes" nicht mehr so tief sein dürften. Auch der Zeuge Sch. hat bestätigt, gerade die Zugehörigkeit zum Landschaftsschutzgebiet sei als Begründung für die Abgrenzung festgestellt worden. Der Zeuge E. M. schließlich glaubte sich zu erinnern, das Wort "Naturschutzgebiet" (was für Laien mit "Landschaftsschutzgebiet" leicht zu verwechseln ist) sei gefallen.

Auch wenn die meisten anderen Teilnehmer der Anhörung diesen für sie vielleicht nicht wesentlichen Punkt vergessen haben sollten, so ist dies gleichwohl nicht für den Beklagten zu 3) anzunehmen, für den die Frage, ob und warum die Grenze bei 30 m lag, von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung war. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass er die für die Begrenzung auf 30 m von dem Zeugen Sch. gegebene Begründung des Landschaftsschutzes zur Kenntnis genommen hat.

Ihm war auch bewusst, dass darin eine mögliche Einschränkung für die Verwertbarkeit der Grundstücke lag, wie sich aus seiner im Protokoll der Anhörung und von dem Zeugen U. M. wiedergegebenen Äußerung entnehmen lässt, mit der er sinngemäß beklagte, das er das Grundstück schon anders als entsprechend der Satzungslinie geteilt habe. Wenn die Zugehörigkeit des hinteren Grundstücksteiles zum Landschaftsschutzgebiet in der Vorstellung des Beklagten zu 3) eine für die Verwertbarkeit der Grundstücke irrelevante Tatsache gewesen wäre, hätte es nämlich für ihn keinen Grund gegeben, an dieser Tatsache Anstoß zu nehmen.

Der Beklagte zu 3) sprach, wie der Zeuge U. M. weiter bekundet hat, nach der Anhörung mit diesem, wobei man nach Bekunden des Zeugen davon ausging, die Nutzbarkeit des hinteren Grundstücksteiles hinge "in der Luft". Auch dies deutet darauf hin, dass der Beklagte sich der uneingeschränkten Nutzbarkeit des hinteren Grundstücksteiles nicht sicher war.

Hinzuzunehmen ist noch die Bekundung des Zeugen Sch., es sei darüber gesprochen worden, dass dieses Gebiet bleibt, wie es ist, das heißt, dass es landwirtschaftliche Fläche unter Landschaftsschutz bleibe. Es kann nicht angenommen werden dass dies dem Beklagten zu 3), für den dieser Punkt von erheblichem wirtschaftlichen Interesse war, entgangen ist.

Im Ergebnis ist daher als erwiesen anzusehen, dass zumindest der Beklagte zu 3) aufgrund des Verlaufs der Anhörung von der teilweisen Zugehörigkeit des später an die Kläger verkaufte Grundstückes zum Landschaftsschutzgebiet positive Kenntnis hatte.

Darüber hinaus hielt er es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zumindest für möglich, dass sich hieraus Einschränkungen der Nutzbarkeit ergeben könnten, auch wenn er darüber im einzelnen keine klaren Vorstellungen hatte.

Damit aber hatte er Kenntnisse von den die Mangelhaftigkeit des verkauften Grundstückes begründenden Umständen, die er und die anderen Beklagten, denen die Kenntnis des Beklagten zu 3) zuzurechnen ist, den Klägern redlicherweise hätten offenbaren müssen.

Nach der Lebenserfahrung ist dann aber davon auszugehen, dass der Beklagten bewusst war, dass die Kläger bei Kenntnis dieses Umstandes nicht bereit gewesen wären, auch für den hinteren Teil des Grundstücks einen Preis von 300 DM/qm zu zahlen.

Hinsichtlich der Höhe der Klageforderung ist darauf abzustellen, welcher Wert dem im Landschaftsschutzgebiet gelegenen hinteren Grundstücksteil im Verhältnis zu dem von den Parteien zugrundegelegten Kaufpreis von 300 DM pro qm zuzumessen ist.

Der Minderungsbetrag kann vom Senat nach § 287 Abs.2 ZPO geschätzt werden (Palandt-Putzo, 61. Aufl., § 472, Rnr. 6). Eine weitere Sachaufklärung zu dieser Frage, insbesondere die Einholung eines Sachverständigengutachtens, erachtet der Senat im Verhältnis zu den damit verbundenen Kosten und Verzögerungen für nicht sachgerecht, weil sich der Wert des betroffenen Grundstückteiles im konkreten Fall nach seiner individuellen Situation im Hinblick auf die noch möglichen und zulässigen Nutzungen durch die Kläger bestimmt und insoweit ein Marktpreis für Grundstücke in vergleichbarer Situation nach der Erfahrung des Senats nicht feststellbar sein dürfte.

Bei seiner Schätzung hat der Senat einerseits die oben im einzelnen dargestellten Nutzungseinschränkungen aufgrund der im Landschaftsplan festgelegten Beschränkungen berücksichtigt, die die Kläger rechtlich daran hindern, den hinteren Teil ihres Grundstückes in der üblichen Weise als Hausgarten zu nutzen. Dies bedeutet im Hinblick auf das Gesamtgrundstück darüber hinaus, dass die Kläger gehindert sind, dieses in einer einheitlichen Form zu gestalten und zu gebrauchen. Ferner war zu Gunsten der Kläger zu berücksichtigen, dass bei einem eventuellen späteren Verkauf des ganzen Grundstückes aufgrund der bestehenden Einschränkungen, die die Kläger potentiellen Käufern offenbaren müssten, ein erheblich geringerer Wiederverkaufspreis zu erzielen sein wird.

Andererseits erachtet der Senat jedoch einen Wert von 10,- DM pro qm, wie ihn die Kläger zugrundelegen, für zu niedrig. Entgegen der von den Klägern vertretenen Auffassung ist diesen nämlich nicht jede Nutzung des hinteren Grundstückteiles, die über eine Verwendung als Ackerfläche hinausgeht, verwehrt. So ist insbesondere eine Bepflanzung des im Landschaftsschutzgebiet gelegenen Teiles nicht völlig ausgeschlossen, sondern in Abstimmung mit der unteren Landschaftsbehörde und nach deren Vorgaben möglich. Auch eine Nutzung als sogenannte Wildwiese sowie eine Einfriedung mit einem sogenannten Koppelzaun erscheint möglich und zulässig, wie sich daran zeigt, dass der Kläger des Parallelverfahrens LG M. 10 O 439/99, Herr G. L., ausweislich der beigezogenen Akten dieses Verfahrens sein benachbartes Grundstück in gleicher Situation mit Zustimmung der Stadt M. auf die genannte Weise nutzt.

Bei Abwägung der obigen Gesichtspunkte erachtet der Senat einen verbleibenden Wert von 50,-- DM pro qm für den betroffenen Grundstücksteil für angemessen. Hieraus ergibt sich ein Minderungsbetrag pro qm in Höhe von 250 DM (300 DM Kaufpreis abzüglich 50 DM tatsächlicher Wert). Dies wiederum ergibt einen Anspruch der Kläger auf Teilrückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 156 x 250 DM, das heißt 39.000 DM, bzw.19.940,38 €.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 284 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB (a,F.).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 515 Abs. 3 ZPO (a.F.). Den Klägern waren trotz ihres Obsiegens in der Berufungsinstanz anteilig Kosten aufzuerlegen, da sie in erster Instanz über den zugesprochenen Betrag hinaus einen Anspruch in Höhe von insgesamt 45.240,-- DM (23.130,84 €) geltend gemacht haben und ihn auch in der Berufungsinstanz bis zur mündlichen Verhandlung vom 30.09.2002 zunächst in dieser Höhe weiterverfolgt haben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür gemäß § 543 Abs.2 ZPO (n.F.) nicht vorliegen.

Streitwert für das Berufungsverfahren:

bis zum mündlichen Verhandlung vom 30.09.2002: 23.130,84 € ab der mündlichen Verhandlung vom 30.09.2002: 19.940,38 €

Beschwer für die Beklagten: 19.940,38 €



Ende der Entscheidung

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