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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 16.01.2006
Aktenzeichen: I-1 U 159/05
Rechtsgebiete: StVG, BGB, PflVG, ZPO, BRAGO, VVG


Vorschriften:

StVG § 7
StVG § 17
StVG § 18
BGB § 286
BGB § 288
BGB § 823
PflVG § 3 Nr. 1
PflVG § 3 Nr. 2
ZPO § 307
BRAGO § 118 Abs. 1 Nr. 1
BRAGO § 118 Abs. 2 S. 1
VVG § 67 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12.Juli 2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 19. September 2003 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1.) Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 6.605,30 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 4.425,16 Euro seit dem 12.06.2002, aus 1.083,30 Euro seit dem 25.08.2002 und aus 1.096,84 Euro seit dem 19.07.2003, sowie aus weiteren 7.160,85 Euro vom 12.06.2002 bis zum 18.07.2003 zu zahlen.

2.) Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger den aus der Inanspruchnahme seiner Vollkaskoversicherung bei der S. I. Gruppe D. zu Schadens-Nr. in den Jahren 2006 bis 2013 entstehenden Rückstufungsschaden aus dem Verkehrsunfall vom 11.05.2002 in Höhe von 50% zu ersetzen.

3.) Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner weitere 7.160,85 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 19.07.2003 an die S. I. Gruppe D. zu Schadens-Nr. zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 60 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 40 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 57 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 43 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber überwiegend unbegründet.

Die Beklagten wenden sich mit der Berufung nicht gegen ihre vom Landgericht angenommene hälftige Einstandsverpflichtung für den dem Kläger aus dem Unfall vom 11.05.2002 entstandenen Schaden auf der Grundlage der §§ 7, 17, 18 StVG, 823 BGB, 3 Nr. 1, 2 PflVG. Sie wenden sich weiterhin auch weder gegen die Berechnung des dem Kläger aus dem Unfall entstandenen kongruenten Schadens durch das Landgericht, soweit Reparaturkosten, Sachverständigenkosten, Wertminderung und Abschleppkosten in Rede stehen, noch greifen sie die Berechnung des dem Kläger entstandenen inkongruenten Schadens an, soweit es um die beschädigten CDs sowie die Unkostenpauschale geht.

Vielmehr beantragen die Beklagten eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils nur insoweit, als es dem Kläger einen Anspruch auf Ersatz von 50 % des in den Jahren 2003 bis 2013 infolge der Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung entstehenden Höherstufungsschadens in Höhe von insgesamt 2.805,05 Euro, auf Ersatz von 50% der Mietwagenkosten für den Zeitraum vom 01.06. bis zum 06.06.2002, sowie schließlich auf Ersatz der durch die Rechtsverfolgung gegenüber der Kaskoversicherung entstandenen Rechtsanwaltskosten zugesprochen hat.

I.

Soweit die Beklagten sich gegen den vom Kläger im Rahmen seiner Leistungsklage geltend gemachten Anspruch auf Ersatz des in der Zeit bis 2013 entstehenden Rückstufungsschadens infolge der Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung wenden, zweifeln sie ihre grundsätzliche Einstandsverpflichtung für den aufgrund des Verkehrsunfalls vom 11.05.2002 entstandenen und entstehenden Rückstufungsschaden nicht an. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass sie den hilfsweise beschränkten Klageantrag auf Ersatz von 50 % des bis zum 31.12.2005 entstandenen Rückstufungsschadens sowie auf Feststellung der 50-prozentigen Ersatzverpflichtung der Beklagten hinsichtlich des in den Jahren 2006 bis 2013 entstehenden Rückstufungsschadens anerkannt haben.

Zutreffend halten die Beklagten dem Leistungsantrag des Klägers auf Ersatz des Rückstufungsschadens aber entgegen, dass dieser Schaden, soweit er erst in der Zukunft entsteht, nicht im Rahmen einer Leistungs- sondern nur im Wege einer Feststellungsklage geltend gemacht werden kann. Denn hinsichtlich des zukünftigen Beitragsschadens steht nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest, ob und inwieweit sich die Rückstufung im Vermögen des Geschädigten tatsächlich nachteilig auswirken wird (BGH MDR 1992, 853; Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., Kap. 41 Rn. 48).

Den dementsprechend vom Kläger hilfsweise dahingehend beschränkten Klageantrag, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn den hälftigen Rückstufungsschaden für den Zeitraum von 2003 bis 2005 in Höhe von 584,39 Euro zu zahlen und im übrigen festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, an ihn 50 % des zukünftig entstehenden Rückstufungsschadens infolge des Unfalls vom 11.05.2002 für die Jahre 2006 bis einschließlich 2013 zu zahlen, haben die Beklagten nach Vorlage der Schadensberechnung durch die Kaskoversicherung des Klägers anerkannt. Hierin liegt ein teilweises Anerkenntnis des Klageanspruchs gemäß § 307 ZPO, so dass die Beklagten dementsprechend durch Teilanerkenntnisurteil zu verurteilen sind.

II.

Soweit die Beklagten sich mit ihrer Berufung gegen den dem Kläger zuerkannten Anspruch auf Ersatz von 50 % der Mietwagenkosten für den Zeitraum vom 01.06. bis 06.06.2002 wenden, dringen sie durch.

Für diesen Zeitraum kann der Kläger keinen Mietwagenkostenersatz verlangen. Die Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs sind in einem eindeutigen Reparaturkostenfall - wie hier - allein nach Maßgabe der erforderlichen Zeit für die Reparatur zu ermitteln. Die Dauer einer Ersatzbeschaffung spielt grundsätzlich keine Rolle. Das muss auch für den Fall der Beschädigung eines hochwertigen Leasingfahrzeugs gelten, sofern die Reparaturkosten, wie hier, deutlich unter 60 % des Wiederbeschaffungswertes liegen. Einen Ersatzwagen zu leasen oder zu kaufen, war dem Kläger unbenommen. Die dafür benötigte Zeit ist aber für die Frage der Erstattungsfähigkeit der Mietwagenkosten unmaßgeblich (siehe auch BGH NJW 2003, 3480)..

In vorliegendem Fall hat der Sachverständige E. in seinem Gutachten vom 17.05.2002 die Reparaturdauer für das Fahrzeug des Klägers mit etwa 15 Arbeitstagen angegeben. Die Dauer der Erstellung des Schadensgutachtens des Sachverständigen war dabei als Vorlaufzeit im vorliegenden Fall nicht zu berücksichtigen, da angesichts des erheblichen Wertes des zum Zeitpunkt des Unfalls gerade gut 5 Monate alten Mercedes-Benz S 320 mit einem Wiederbeschaffungswert von 58.500 Euro auch ohne ein solches Gutachten ohne weiteres zu erkennen war, dass die Reparaturkosten nur einen Bruchteil der Wertes des Fahrzeuges ausmachen würden. Danach aber kann der Kläger Mietwagenkostenersatz nur für die Dauer der maximal 15 Arbeitstage in Anspruch nehmenden Reparatur und damit für den Zeitraum vom 11.05.2002 bis zum 31.05.2002 verlangen. Hinsichtlich der in dem Zeitraum vom 01.06. bis zum 06.06.2002 anteilig angefallenen Mietwagenkosten in Höhe von 593,40 Euro (2.175,77 Euro : 22 Tage x 6 Tage) besteht daher ein Schadensersatzanspruch des Klägers nicht, es verbleiben erstattungsfähige Mietwagenkosten in Höhe von 2.064,45 Euro (2.657,85 Euro - 593,40 Euro).

III.

Schließlich hat das Landgericht entgegen der Ansicht der Beklagten dem Kläger zutreffend einen Anspruch auf Ersatz der im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme seiner Vollkaskoversicherung angefallenen Rechtsanwaltskosten zugesprochen. Diese Kosten belaufen sich nach den im Berufungsverfahren nicht angegriffenen Ausführungen des Landgerichts auf 512,46 Euro.

1.)

Zu den entschädigungspflichtigen Kosten der Rechtsverfolgung nach einem Verkehrsunfall können nicht nur diejenigen gehören, die dem Geschädigten durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts für die Verhandlung mit dem Schädiger und/oder dessen Haftpflichtversicherer entstanden sind, sondern unter Umständen auch die Kosten der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe für die Verhandlung mit dem Kaskoversicherer (BGH NZV 2005, 252, 253 mit weiteren Nachweisen).

2.)

Die Beklagten wenden gegen den Anspruch des Klägers auf Ersatz der ihm im Zusammenhang mit der Verhandlung mit der Kaskoversicherung entstandenen Rechtsanwaltskosten lediglich ein, der Kläger könne die insoweit gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO angefallene Geschäftsgebühr nicht ersetzt verlangen, weil diese gemäß § 118 Abs. 2 S. 1 BRAGO auf die Prozessgebühr angerechnet werde. Dies trifft aber nicht zu. Zwar hatte die Vertretung des Klägers gegenüber der Vollkaskoversicherung den Fahrzeugschaden des Klägers aus dem Verkehrsunfall vom 11.05.2002 zum Gegenstand, dessen Ersatz der Kläger auch in vorliegendem Verfahren geltend macht mit der Folge, dass die Prozessbevollmächtigte des Klägers sich nicht erneut in die Materie einarbeiten musste. Voraussetzung für die Anrechnung der Geschäftsgebühr gemäß § 118 Abs. 2 S. 1 BRAGO ist aber neben dem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang auch ein enger personeller Zusammenhang. Derselbe Rechtsanwalt oder dieselbe Sozietät muss also gegenüber derselben Person tätig werden. So fehlt es beispielsweise an dem personellen Zusammenhang und findet eine Anrechnung nicht statt, wenn der Rechtsanwalt im Rahmen der Unfallschadensregulierung zunächst den Haftpflichtversicherer des Gegners zur Zahlung auffordert, dann aber lediglich diesen selbst verklagt (Gebauer / Schneider / Hembach, Anwaltskommentar, BRAGO, § 118 Rn. 63; Riedel / Sußbauer, BRAGO, 8. Aufl., § 118 Rn. 63; Hartmann, Kostengesetze, 33. Aufl., § 118 Rn. 89). Da es an einem solchen personellen Zusammenhang zwischen einerseits der Vollkaskoversicherung als Anspruchsgegnerin des Klägers und andererseits den Beklagten als seinen Anspruchsgegnern fehlt, kommt eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Prozessgebühr nicht in Betracht. Eine Anrechenbarkeit der Geschäftsgebühr auf die Prozessgebühr ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass es angesichts der Schadensminderungspflicht des Klägers der Billigkeit entspricht, dass der Haftpflichtversicherer hinsichtlich seiner Verpflichtung zum Ersatz der Rechtsverfolgungskosten nicht schlechter gestellt werden darf, als wenn der gesamte Schaden von ihm selbst verlangt worden wäre. Denn der Geschädigte verstößt durch die Inanspruchnahme seiner Vollkaskoversicherung dann nicht gegen seine Schadensminderungsverpflichtung, wenn der Haftpflichtversicherer in Verzug geraten ist. Vorliegend hat der Kläger aber seine Vollkaskoversicherung erst bedingt durch die lange Verfahrensdauer während des laufenden Schadensersatzprozesses gegen die Beklagten in Anspruch genommen, also zu einem Zeitpunkt, als die Beklagte zu 2.) sich mit der von ihr geschuldeten Schadensersatzleistung gemäß § 286 BGB in Verzug befand. Die darauf zurückzuführenden Anwaltskosten sind deshalb - ungekürzt - als Verzugsschaden zu ersetzen. Da die Beklagten die Frage der Höhe der angefallenen und zu ersetzenden Rechtsanwaltskosten nicht zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht haben, ist diese Schadensposition, die im Rahmen der folgenden Gesamtabrechnung eigenständig aufgeführt wird, in voller Höhe von 512,46 Euro anzuerkennen. Durch die Herausnahme dieser Position aus der Gruppe der quotenbevorrechtigten Positionen bei gleichzeitiger Nichtberücksichtigung im Rahmen der inkongruenten Positionen ergibt sich ein geringfügiger Mehrbetrag bei der Summe, die an die Kaskoversicherung zu zahlen ist. Im Ergebnis bleibt die Belastung der Beklagten aber gleich.

IV.

Danach ergibt sich folgende Gesamtabrechnung :

1.)

Von der Kaskoversicherung erfasster, im Berufungsverfahren nicht angegriffener, unmittelbarer Sachschaden :

 Reparaturkosten18.277,93 Euro
Sachverständigenkosten756,72 Euro
Wertminderung3.500,00 Euro
Abschleppkosten612,36 Euro
Kaskoschaden insgesamt :23.147,01 Euro

Darauf hat die S. I. als Kaskoversicherung des Klägers nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts 18.734,35 Euro gezahlt. Dem Kläger ist daher ein Restschaden in Höhe von 4.412,66 Euro (23.147,01 Euro - 18.734,35 Euro) verblieben. Ausgehend von der im Berufungsverfahren nicht angegriffenen Annahme des Landgerichts, dass von einer Haftungsquote von 50 % auszugehen ist, hätte der Kläger bei Nichtbestehen der Kaskoversicherung einen Anspruch gegen die Beklagten auf Ausgleich des Kaskogesamtschadens in Höhe von 11.573,51 Euro (23.147,01 Euro : 2). Von diesem Teilbetrag aus dem Gesamtanspruch müssen dem Kläger aufgrund seines Quotenvorrechts 4.412,66 Euro verbleiben. Auf den Kaskoversicherer geht die Schadensersatzforderung gemäß § 67 Abs. 1 VVG in Höhe von 7.160,85 Euro (11.573,51 Euro - 4.412,66 Euro) über.

2.)

Von der Kaskoversicherung nicht erfasster Sachfolgeschaden :

 Mietwagenkosten :2.064,45 Euro
Unkostenpauschale :25,00 Euro
6 CDs :102,13 Euro
Rückstufungsschaden bis Ende 2005: 1.168,78 Euro
Gesamtfolgeschaden:3.360,36 Euro

Von diesem Betrag haben die Beklagten angesichts der Haftungsquote von 50 % die Hälfte, nämlich 1.680,18 Euro zu tragen.

3.)

Der Schadenersatzanspruch des Klägers hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten in Höhe von 512,46 Euro ergibt sich aus den Ausführungen unter III.

4.)

Insgesamt ergibt sich danach ein Zahlungsanspruch des Klägers in Höhe von 6.605,30 Euro (4.412,66 Euro + 1.680,18 Euro + 512,46 Euro). An die S. I. als Kaskoversicherer ist aufgrund gemäß § 67 Abs. 1 VVG übergegangenen Rechts ein Betrag von 7.160,85 Euro zu zahlen.

V.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB. Die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts haben die Beklagten in ihrer Berufung nicht angegriffen.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 93 ZPO. Hinsichtlich des geltend gemachten Rückstufungsschadens haben die Beklagten den hilfsweise beschränkten Klageantrag sofort anerkannt, nachdem der Kläger die Schadensentstehung und -höhe belegt hat. Da die Beklagten insoweit keine Veranlassung zur Klage gegeben haben, trägt hinsichtlich dieser Schadensposition der Kläger gemäß § 93 ZPO die Kosten des Rechtsstreits.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.969,58 Euro (14.624,76 Euro - 11.655,58 Euro) festgesetzt.

Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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