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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 14.01.2008
Aktenzeichen: I-1 U 16/07
Rechtsgebiete: StPO, StVG, PflVG, StVO, ZPO


Vorschriften:

StPO § 153a Abs. 1
StVG § 7
StVG § 17
StVG § 17 Abs. 2
StVG § 17 Abs. 3
StVG § 17 Abs. 3 Satz 1
PflVG § 3 Nr. 1
StVO § 1 Abs. 2
StVO § 4 Abs. 1
StVO § 10
StVO § 10 Satz 1
ZPO § 398 Abs. 1
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Ziff. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels sowie unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten das am 13. Dezember 2006 verkündete Grund- und Teilurteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Klage ist im Hinblick auf den Klageantrag zu Ziff. 1 dem Grunde nach zu 2/3 gerechtfertigt, wobei bei der Bemessung eines angemessenen Schmerzensgeldes ein Mitverschulden des Klägers im Umfang von 1/3 zu berücksichtigen ist.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, als Gesamtschuldner dem Kläger 2/3 des diesem als Folge des Unfalls vom 10. Juli 2003 künftig entstehenden materiellen Schadens zu ersetzen, soweit nicht die Ansprüche auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

Es wird weiterhin festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, als Gesamtschuldner dem Kläger den infolge des Unfalls vom 10. Juli 2003 künftig entstehenden immateriellen Schaden zu ersetzen, wobei zu berücksichtigen ist, dass den Kläger hinsichtlich der Unfallursache ein Mitverschulden im Umfang von 1/3 trifft.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden zu 47 % dem Kläger und zu 53 % den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.800,-- € abzuwenden, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Den Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,-- € abzuwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Klage liegt ein Verkehrsunfall zugrunde, der sich am 10. Juli 2003 gegen 14.30 Uhr auf der T. in Grevenbroich-Kapellen zwischen dem am 28. Oktober 1964 geborenen Kläger als Motorradfahrer und dem am 15. September 1927 geborenen Beklagten zu 1. als Pkw-Fahrer in Höhe der Ein- und Ausfahrt des Betriebsgeländes des Autohauses VW Breuer ereignet hat.

Der Kläger befuhr mit seinem Motorrad Typ Yamaha die T.straße in Richtung Wevelinghoven. Gleichzeitig beabsichtigte der Beklagte zu 1. mit seinem Pkw VW Golf das Betriebsgelände der Firma Breuer zu verlassen, um nach links in die T.straße, ebenfalls in Fahrtrichtung Wevelinghoven, einzubiegen. Haftpflichtversicherer des PKW ist die Beklagte zu 2. Nachdem der Beklagte zu 1. den von rechts nahenden Kläger auf seinem Motorrad in einiger Entfernung wahrgenommen hatte, bog er wie beabsichtigt nach links ab. Infolge eines im Einzelnen streitigen Geschehens kam es in Höhe der Ein- und Ausfahrt zu einer Kollision, bei der das Motorrad des Klägers gegen die hintere rechte Heckseite des Pkw VW des Beklagten zu 1. prallte.

Infolge dieses Geschehens trug der Kläger schwere Verletzungen davon. Er erlitt eine Rippenserienfraktur rechts, eine beiderseitige Hämatothorax-Verletzung, einen Spannungspneumothorax rechts, eine instabile Fraktur des 12. Brustwirbelkörpers sowie ein Schädelhirntrauma ersten Grades. Der Kläger leidet als Folge der Unfallverletzungen unter einem eingeschränkten Bewegungsspielraum im Wirbelsäulenbereich sowie unter starken muskulären Beschwerden. Er verspürt regelmäßig Kopfschmerzen und Migräneanfälle. Im Bereich des linken Knies treten gelegentlich stechende Schmerzen als Unfallfolge auf. Mit dem Eintritt von Dauer- bzw. Folgeschäden ist zu rechnen.

In einem zu dem Aktenzeichen 403 Js 1036/03 StA Mönchengladbach gegen den Beklagten zu 1. anhängig gewesenen Strafverfahren hat der D.-Sachverständige Dipl.-Ing. L. unter dem Datum des 25. Juli 2003 ein unfallanalytisches Gutachten erstellt, zu dessen Einzelheiten auf den Inhalt der beigezogenen Strafakte (Bl. 32 ff. d.A.) verwiesen wird. Nachfolgend hat er unter dem Datum des 31. März 2004 im Auftrag des Klägers eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme gefertigt (Bl. 150/152 der Sachakte). Mit Verfügung vom 24. März 2004 hat die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach das Strafverfahren gemäß § 153a Abs. 1 StPO nach auflagengemäßer Zahlung eines Geldbetrages von 250,-- € eingestellt.

Zum Unfallhergang hat der Kläger Folgendes behauptet: Die Entstehung der Kollision sei ausschließlich auf das grob verkehrswidrige Verhalten des Beklagten zu 1. zurückzuführen. Dieser sei aus einer viel weiter hinter gelegenen Position als später durch den Sachverständigen N. in seinem Gutachten vom 7. Februar 2006 angenommen zügig auf die Talstraße eingefahren. Der Kläger hat sich die Ausführungen in einem durch ihn unter dem Datum des 26. Juni 2006 eingeholten Privatgutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. B. zu Eigen gemacht. Danach sei er entgegen der Annahme des Sachverständigen N. in einer aufrechten Fahrposition mit seinem Krad gegen das Heck des Pkw des Beklagten zu 1. geprallt. Nach den Feststellungen des Sachverständigen B. habe er, der Kläger, keinerlei Chance gehabt, durch Abbremsen oder Ausweichen den Zusammenstoß mit dem Pkw zu vermeiden. Soweit der Zeuge S. bekundet habe, er, der Kläger, habe sich nur auf dem Hinterrad fahrend der Unfallstelle genähert, sei diese Darstellung durch die Unfallanalyse des Sachverständigen B. widerlegt.

Der Kläger hat die Beklagten auf Zahlung von Ersatz für materielle und immaterielle Unfallschäden in Anspruch genommen und hat die Feststellung einer Ersatzverpflichtung der Beklagten für künftige materielle und immaterielle Unfallschäden begehrt.

Er hat beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihm 32.321,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. Juni 2004 zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, soweit sie nach Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung entstehen, aus dem Unfall vom 10. Juli 2003 auf der T.straße in Höhe des Hauses 73 in Grevenbroich zu zahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben behauptet, der Unfall sei allein auf das grob verkehrswidrige Verhalten des Klägers zurückzuführen, der den öffentlichen Verkehrsraum als Rennstrecke missbraucht habe. Die Beklagten haben sich die Aussage des Zeugen S. aus der Ermittlungsakte zu Eigen gemacht, wonach der Kläger nur auf dem Hinterrad seines Krades gefahren sei. Der Beklagte zu 1. habe seinen Pkw in der Grundstücksausfahrt angehalten, den linken Blinker gesetzt und sich vergewissert, dass die Straße frei gewesen sei. Er habe den von rechts in sicherer Entfernung kommenden Kläger erkannt und sei sodann, da der Sicherheitsabstand ausreichend gewesen sei, auf die T.straße eingefahren. Nach einiger Zeit habe er dann einen lauten Knall bemerkt und festgestellt, dass sein Pkw beschleunigt worden sei. Die Aussage des Zeugen S. lasse nur den Schluss zu, dass der Kläger mit einer Annäherungsgeschwindigkeit von sicherlich 100 km/h gefahren sei. Dieser habe vor dem Aufprall nicht mehr bremsen können, weil es ihm nicht rechtzeitig gelungen sei, mit dem Vorderrad seines Krades wieder Bodenkontakt zu bekommen. Als gesicherte Erkenntnis sei die Feststellung des Sachverständigen L. zu bewerten, wonach das Motorrad eine Kollisionsgeschwindigkeit von 60 bis 66 km/h gehabt habe.

Das Landgericht hat Beweis zum Unfallhergang durch Zeugenvernehmung sowie durch Einholung eines unfallanalytischen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. N. sowie durch dessen mündliche Anhörung erhoben. Zu dem Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen N. vom 7. Februar 2006 (Bl. 201 ff. d.A.) sowie auf die Sitzungsniederschriften vom 12. Juli 2005 (Bl. 184 ff. d.A.) und vom 25. Oktober 2006 (Bl. 351 ff. d.A.) verwiesen.

Durch das angefochtene Grund- und Teilurteil hat das Landgericht im Hinblick auf den Klageantrag zu Ziff. 1 die Klage dem Grunde nach zur Hälfte für gerechtfertigt erklärt, wobei bei der Bemessung eines angemessenen Schmerzensgeldes ein hälftiges Verschulden des Klägers zu berücksichtigen sei. Darüber hinaus hat das Landgericht die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten als Gesamtschuldner ausgesprochen, dem Kläger 50 % des diesem künftig entstehenden materiellen Unfallschadens zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen. Zusätzlich hat das Landgericht festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, dem Kläger den künftigen immateriellen Unfallschaden zu ersetzen, wobei zu berücksichtigen sei, dass ihn hinsichtlich der Unfallursache ein Mitverschulden in Höhe von 50 % treffe. Die weitergehende Zahlungs- und Feststellungsklage hat das Landgericht abgewiesen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Der Kläger habe gegen die Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz gemäß §§ 7, 17 StVG in Verbindung mit § 3 Nr. 1 PflVG. Der Unfall sei für keinen der Beteiligten ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG gewesen.

Der Kläger sei hinsichtlich seiner Behauptung beweisfällig geblieben, der Beklagte zu 1. sei mit seinem Pkw so schnell von dem Gelände des Autohauses auf die Talstraße eingefahren, dass er nicht mehr habe reagieren können. Nach den Ausführungen des Sachverständigen N. hätte der Kläger den Unfall vermeiden können, wenn er 50 km/h schnell gefahren wäre und beide Reifen seines Motorrades Bodenkontakt gehabt hätten. Den als einleuchtend bezeichneten Ausführungen des Sachverständigen Nieländer hat sich das Landgericht vollumfänglich angeschlossen. Der Sachverständige habe sich bei seinen Prämissen auf die Aussage des Zeugen S. gestützt. Dieser habe glaubhaft bekundet, dass der Beklagte zu 1. mit seinem Pkw mit gesetztem Blinker zunächst im Bereich der Einfahrt gestanden habe, bevor er langsam in die Tstraße gefahren sei. Die Kammer sei vom Wahrheitsgehalt der Aussage des Zeugen überzeugt.

Der Beklagte zu 1. sei nicht mit einer stark überhöhten Geschwindigkeit auf die T.straße eingefahren. Anhand der Zeugenaussage und der Angabe des Beklagten zu 1. ergäben sich keine Hinweise dafür, dass Letzterer mit einer deutlich höheren Geschwindigkeit als einer solchen von 17 km/h angefahren sei. Die durch den Sachverständigen L. bei seiner Geschwindigkeitsschätzung angenommene Anfahrposition des Beklagten zu 1. innerhalb des Hofgeländes sei nach den Ausführungen des Sachverständigen N. nicht plausibel.

Nicht überzeugend seien die Ausführungen in dem durch den Kläger in Auftrag gegebenen Parteigutachten des Sachverständigen B., der eine räumliche Vermeidbarkeit für diesen ausgeschlossen habe. Dem zugrunde liege die Annahme einer zu hohen Geschwindigkeit des Beklagten zu 1. von 20 bis 23 km/h.

Dem Beklagten zu 2. (richtig: dem Beklagten zu 1) falle ein schuldhafter Verstoß gegen § 10 StVO zur Last. Es spreche der Anscheinsbeweis schuldhafter Unfallverursachung gegen ihn.

Den Kläger treffe ebenfalls ein schwerwiegender schuldhafter Verkehrsverstoß gegen die allgemeine Rücksichtspflicht gemäß § 1 Abs. 2 StVO. Er sei vor dem Unfallereignis nur auf dem Hinterrad gefahren und habe deshalb nicht mehr rechtzeitig bremsen können. Dieser Sachverhalt stehe aufgrund der Aussage des Zeugen S. fest. Die Aussage des Zeugen werde bestätigt durch die Ermittlungen des Sachverständigen N.. Nach seinen Ausführungen spreche für eine Hinterradfahrt des Klägers, dass sich das Krad zum Zeitpunkt des Anstoßes nicht in aufrechter Stellung, sondern auf der Seite liegend befunden habe und zudem keine Verzögerungsspuren auf der Fahrbahn gezeichnet habe, obwohl dem Kläger nach den Berechnungen des Sachverständigen eine Abwehrzeit zur Verfügung gestanden haben müsse. Auch der Parteigutachter B. habe nicht ausschließen können, dass der Kläger zu einem Zeitpunkt vor der Kollision auf dem Hinterrad gefahren sei. Nach den Feststellungen des Sachverständigen N. sei von einem Anstoßtempo des Motorrades von 50 bis 60 km/h auszugehen.

Die Gewichtung der Verursachungsbeiträge nach § 17 Abs. 2 StVG führe zu einer quotalen Haftungsverteilung von jeweils 50 %. Der Mitverursachungsanteil des Klägers wegen eines eklatanten Verstoßes gegen die Verhaltenspflichten im Straßenverkehr falle ebenso schwer ins Gewicht wie das Einfahrverschulden des Beklagten zu 1. Der Feststellungsantrag zu Ziff. 2 sei teilweise unter Berücksichtigung einer Mitverschuldensquote des Klägers von 50 % begründet.

Gegen diese Entscheidung wenden sich sowohl der Kläger als auch die Beklagten mit ihrer jeweils form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Der Kläger verfolgt mit seinem Rechtsmittel sein erstinstanzliches Zahlungs- und Feststellungsbegehren im Umfang von 100 % weiter. Er macht dazu im wesentlichen Folgendes geltend:

Das Landgericht sei aufgrund einer falschen Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gelangt, dass der Unfall für ihn kein unabwendbares Ereignis gewesen sei und dass ihn ein Verschulden an der Kollision treffe. Bei der durch den Sachverständigen N. ermittelten Annäherungsgeschwindigkeit von 50 bis 55 km/h sei es technisch nicht möglich, bei dem eingelegt gewesenen fünften Gang mit dem Motorrad auf dem Hinterrad zu fahren. Eine solche Feststellung lasse sich auch nicht auf die Bekundungen des Zeugen S. stützen. Die Bekundungen des Zeugen seien durch die wissenschaftlichen Gutachten wiederlegt. Überdies habe das Landgericht die eigenen Bekundungen des Beklagten zu 1. nicht gewürdigt. Dieser habe nach seiner Darstellung zu keinem Zeitpunkt den Kläger lediglich auf dem Hinterrad fahren sehen. Es stehe fest, dass der Beklagte zu 1. die Entfernung des Klägers bei der Einfahrt falsch eingeschätzt habe. Dieser habe sofort eine Notbremsung eingeleitet und sei gestürzt.

Dem Beklagten zu 1. sei ein schuldhafter Verstoß gegen § 10 StVO zur Last zu legen mit der Folge einer vollen Haftung der Beklagten, weil den Kläger kein Verschulden an der Kollision treffe. Der Kläger habe nach Erkennen der Unfallgefahr eine Vollbremsung eingeleitet und sich mit dem Motorrad zur Seite geworfen, um einen Frontalaufprall auf den Pkw des Beklagten zu 1. zu verhindern.

Der Kläger beantragt,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Grund- und Teilurteils nach seinen erstinstanzlichen Schlussanträgen zu erkennen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Darüber hinaus legen sie Berufung mit dem Ziel ein, eine Haftungsverteilung auf der Grundlage einer Quotierung von 75 % zu Lasten des Klägers zu erreichen.

Sie beantragen,

1. unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils den Klageantrag zu 1. abzuweisen.

2. festzustellen, dass sie als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger 25 % des ihm als Folge des Unfalls vom 10.07.2003 künftig entstehenden materiellen Schadens zu ersetzen soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

3. festzustellen, dass sie als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger den in Folge des Unfalls vom 10.07.2003 künftig entstehenden immateriellen Schaden zu ersetzen, wobei zu berücksichtigen ist, dass den Kläger hinsichtlich der Unfallursache ein Mitverschuldensanteil in Höhe von 75 % trifft.

4. den weitergehenden Feststellungsantrag abzuweisen und die Klage im Übrigen abzuweisen, soweit der Kläger mehr als 25 % des bezifferten Schadens und Schmerzensgeld geltend macht.

Dazu machen sie im wesentlichen folgendes geltend:

Das Verschulden des Beklagten zu 1. trete hinter dem schwerwiegenden schuldhaften Verkehrsverstoß des Klägers zurück. Dieser habe nach der Aussage des Zeugen S. und nach dem Gutachten des Sachverständigen N. auf dem Hinterrad fahrend sein Motorrad als Sportgerät und den öffentlichen Verkehrsraum als Übungsplatz benutzt. Hingegen sei dem Beklagten zu 1. aus Unachtsamkeit eine Vorfahrtverletzung unterlaufen, die wegen der menschlichen Unzulänglichkeiten im Straßenverkehr immer wieder vorkomme.

Auf der Grundlage einer Anspruchsberechtigung des Klägers von 25 % seien seine gerechtfertigten bezifferten Zahlungsansprüche durch die vorprozessualen Zahlungen der Beklagten zu 2. in Höhe von 29.000 € ausgeglichen.

Die Beklagten machen sich zum Unfallhergang die Beweiswürdigung und die Tatsachenfeststellung des Landgerichts zu eigen. Soweit der Kläger einen neuen Sachverhalt vortrage, demzufolge er zur Vermeidung der Gefahr eines tödlichen Zusammenstoßes eine Vollbremsung eingeleitet habe und sein Krad, entsprechend der ADAC-Empfehlung auf die Seite habe fallen lassen, um sich dann von diesem zu lösen, sei dies völlig abwegig.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Der Senat hat Beweis durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens erhoben. Zu dem Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. S. in seinem Gutachten vom 9. Juli 2007 (Bl. 442 ff. d.A.) verwiesen.

Die beigezogene Strafakte 403 Js 1036/03 StA Mönchengladbach war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist in der Sache teilweise begründet. Er ist hinsichtlich seiner unfallbedingten materiellen und immateriellen Schäden nicht in dem geltend gemachten Umfang von 100 % anspruchsberechtigt, sondern nur in Höhe einer Quote von 2/3. Er dringt nicht mit seinem Einwand durch, ihn treffe kein Verschulden an der Entstehung des Kollisionsereignisses. Allerdings ist das Gewicht des Mitverschuldensanteils des Klägers nach dem Ergebnis der ergänzenden zweitinstanzlichen Tatsachenaufklärung nicht so gravierend, wie durch das Landgericht mit einer Quote von 50 % angenommen. Die fahrlässige Herbeiführung des Unfallereignisses wegen einer deutlich überhöhten Annäherungsgeschwindigkeit führt dazu, dass die Anspruchsberechtigung des Klägers nur um einen Mitverschuldensanteil von 1/3 zu kürzen ist.

Daraus folgt gleichzeitig, dass die Berufung der Beklagten, mit der sie eine Abweisung der Zahlungs- und Feststellungsklage über den von ihnen akzeptierten Haftungsanteil von 25 % hinaus begehren, in der Sache erfolglos bleibt. Sie haben das Schadensersatz- und Schmerzensgeldverlangen des Klägers in dem oben angegebenen Umfang zu erfüllen, wobei die Quote auch für die Feststellung ihrer Ersatzverpflichtung bezüglich künftiger materieller und immaterieller Beeinträchtigungen gilt. Den Beklagten zu 1. trifft als Grundstücksausfahrer der Vorwurf, das Zustandekommen des Zusammenstoßes durch eine Fehleinschätzung der vorkollisionären Verkehrssituation überwiegend verschuldet zu haben.

Im Einzelnen ist Folgendes auszuführen:

I.

1a) Die einschlägige Anspruchsgrundlage ist in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend dargelegt (Bl. 5 UA; Bl. 372 d.A.).

b) Darüber hinaus trifft die Begründung zu, dass der Unfall für keinen der Beteiligten ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 StVG darstellte (Bl. 5 UA; Bl. 372 d.A.).

2) Unstreitig hat sich der Zusammenstoß bei dem Versuch des Beklagten zu 1. ereignet, mit seinem Pkw VW Golf von dem Parkplatz des Autohauses B. in Grevenbroich-Kapellen auf die T.straße zu fahren. Entgegen der Darstellung im Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 3 UA; Bl. 320 d.A.) hat sich der Zusammenstoß allerdings nicht in Höhe des Hauses T.straße 73 ereignet. Die auf der Grundlage der am Schadensort vorgefundenen Unfallspuren erstellten Rekonstruktionszeichnungen des durch das Landgericht beauftragten Sachverständigen Dipl.-Ing. N. sowie des durch den Senat hinzugezogenen Sachverständigen Dipl.-Ing. S. (Bl. 204, 241, 506 d.A.) lassen erkennen, dass sich das fraglichen Ereignis gegenüber der Ausfahrt des Grundstückes B. in Höhe des Hauses T.straße Nr. 75 zugetragen hat. Nichts anderes folgt aus dem für die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach zu dem Aktenzeichen 403 Js 1036/03 erstatteten D.-Gutachten des Sachverständigen L. von 25. Juli 2003 (vgl. Zeichnung Bl. 66 Beiakte) sowie aus dem durch die Beklagten überreichten Privatgutachten des Schverständigen B. vom 26. Juni 2006 (vgl. Zeichnung Bl. 313 d.A.).

3a) Als Grundstücksausfahrer hatte der Beklagte zu 1. die strengen Sorgfaltsanforderungen des § 10 Satz 1 StVO zu beachten. Nach dieser Bestimmung hat sich ein Verkehrsteilnehmer, der aus einem Grundstück auf die Fahrbahn einfahren will, sich so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Von einem Grundstücksausfahrer wird äußerste Sorgfalt gefordert. Er muss sich vergewissern, dass die Fahrbahn für ihn im Rahmen der gebotenen Sicherheitsabstände (§ 4 StVO) frei ist und dass er niemanden übermäßig behindert. Die Verantwortung für die Sicherheit des beabsichtigten Fahrmanövers trifft vor allem ihn (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl., § 10 StVO, Rdnr. 10; Burmann in Janiszewski/Jagow/Burmann, Straßenverkehrsrecht, 20. Aufl., § 10 StVO, Rdnrn. 7 und 8).

b) Kommt es im unmittelbaren zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem Ein- und Ausfahren zu einer Kollision mit dem fließenden Verkehr, so spricht der Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden des Ein- bzw. Ausfahrenden (Burmann a.a.O., § 10 StVO, Rdnr. 8; Hentschel a.a.O., § 10 StVO, Rdnr. 11).

c) Indes bedarf es im vorliegenden Fall zur Feststellung des vorkollisionären Fehlverhaltens des Beklagten zu 1. noch nicht einmal der Heranziehung der Grundsätze über den Anscheinsbeweis. Die Beklagten räumen in ihrer Berufungsbegründung eine schuldhafte Mitverursachung des Kollisionsgeschehens durch den Beklagten zu 1. ein, indem sie vortragen, diesem sei "aus Unachtsamkeit eine Vorfahrtsverletzung passiert" (Bl. 417 unten d.A.).

d) Abgesehen davon steht nach allen zu den Akten gelangten unfallanalytischen Sachverständigengutachten fest, dass der Beklagte zu 1. problemlos den Zusammenstoß hätte vermeiden können, wenn er die Vorbeifahrt des bevorrechtigten Klägers im fließenden Verkehr auf der T.straße abgewartet hätte.

aa) Nach den örtlichen Verhältnissen und der geraden Streckenführung auf der T.straße in der Annäherungsrichtung des Klägers ist die Feststellung zu treffen, dass der Beklagte zu 1. beim Verlassen des Grundstücks und bei Erreichen des vorgelagerten Radweges nach rechts eine Sichtweite von ca. 200 m hatte, die ihm bei guten Sicht- und Witterungsverhältnissen eine rechtzeitige Wahrnehmung des auf seinem Motorrad herannahenden Klägers ermöglicht hätte. Die durch den Sachverständigen N. von der Streckenführung der T.straße gefertigten Lichtbilder (Bl. 280 ff. d.A.) geben die örtlichen Verhältnisse anschaulich wieder. Insbesondere die Fotos 13 bis 15 (Bl. 286, 287 d.A.) verdeutlichen, dass der Beklagte zu 1. in dem Moment ungehindert nach rechts Einblick in die T.straße nehmen konnte, als er die Höhe der auf dem vorgelagerten Radweg positionierten Baumreihe passiert hatte.

bb) Dem Verteidigungsvorbringen der Beklagten gemäß "hielt" der Beklagte zu 1. "seinen Pkw VW Golf ... in der Grundstücksausfahrt des Betriebsgeländes der Firma B. an" und "vergewisserte sich, dass die Straße frei war und bog links auf die T.straße" (Klageerwiderung vom 17. März 2005; Bl. 91 d.A.). Zwar hatte er den von rechts kommenden Kläger erkannt, wähnte diesen aber nach dem weiteren Verteidigungsvorbringen "in sicherer Entfernung" mit der Folge der Einfahrt auf die T.straße, "da der Sicherheitsabstand ausreichend war" (Bl. 91 d.A.). Diese Darstellung entspricht weitgehend den von der Polizei am Unfallort aufgenommenen Angaben des Beklagten zu 1.) (Bl. 6, 7 Beiakte).

4a) Dem Beklagten zu 1. ist anzulasten, dass er unter Verletzung seiner strengen Sorgfaltspflicht aus § 10 StVO die Verkehrssituation auf der T.straße falsch eingeschätzt hat. Er hat verkannt, dass sich der bevorrechtigte Kläger auf seinem Motorrad mit einer Geschwindigkeit von ca. 77 km/h näherte, die ein gefahrloses Einbiegen unter Wahrung des nach § 4 Abs. 1 StVO erforderlichen Sicherheitsabstandes ausschloss. Wie noch darzulegen sein wird, lässt sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme entgegen den Darlegungen im angefochtenen Urteil indes nicht die Feststellung treffen, dass sich der Kläger der späteren Unfallstelle lediglich auf dem Hinterrad fahrend näherte. Sein Annäherungsverschulden beschränkte sich darauf, dass er die am Unfallort zulässige Höchstgeschwindigkeit (50 km/h) um mehr als 50 % überschritten hat.

b) Dieser Umstand ändert andererseits nichts an der Erkenntnis, dass der Beklagte zu 1. durch die Fehleinschätzung des Annäherungstempos seines Unfallgegners und die darauf gegründete Anfahrentscheidung die maßgebliche Ursache für das Zustandekommen der Kollision gesetzt hat. Auf die Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit durch den bevorrechtigten Verkehr darf sich der Grundstücksausfahrer bei der Erfüllung seiner strengen Sorgfaltspflicht aus § 10 StVO nicht verlassen (ständige Rechtsprechung des Senats, z. B. Urteil vom 17.03.1997, Az.: 1 U 124/96; so auch OLG Düsseldorf - 15. Zivilsenat - VersR 1987, 909; Burmann in Janiszewski/Jagow/Burmann a.a.O., § 10 StVO, Rdnr. 8 sowie Hentschel a.a.O., § 10 StVO, Rdnr. 10 jeweils mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).

II.

Das Landgericht hat seine Überzeugung, der Kläger habe sich der Unfallstelle nur auf dem Hinterrad fahrend genähert, maßgeblich auf die Aussage des Zeugen S. gestützt (Bl. 9 UA; Bl. 376 d.A.). Der Kläger macht mit seinem Rechtsmittel zu Recht geltend, dass nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Tatsachenaufklärung, dem Inhalt der beigezogenen Strafakte 403 Js 1036/03 StA Mönchengladbach und nicht zuletzt nach dem Verteidigungsvorbringen der Beklagten kein Raum für die Feststellung des durch das Landgericht angenommenen gravierenden Annäherungsverschuldens des Klägers ist.

1a) Dagegen spricht zunächst der Umstand, dass der Beklagte zu 1. zu keinem Zeitpunkt eine andere Wahrnehmung wiedergegeben hat als die, den Kläger in einer gewöhnlichen Annäherungssituation wahrgenommen zu haben. Bereits am Unfallort hatte er gegenüber den aufnehmenden Polizeibeamten bekundet, er habe anlässlich des Anhaltens am Fahrbahnrand den Kradfahrer bemerkt, habe aber "die Lücke für ausreichend erachtet und sei auf die T.straße eingefahren" (Bl. 6, 7 Beiakte). Dem entspricht im Wesentlichen das Verteidigungsvorbringen der Beklagten nach Maßgabe der Klageerwiderung vom 17. März 2005 (Bl. 91 d.A.). Hätte sich der Kläger tatsächlich mit einem hochgestellten Motorrad und nur auf dem Hinterreifen fahrend der Position des Beklagten zu 1. in der Grundstücksausfahrt genähert, wäre kaum nachvollziehbar, dass dieses auffällige Fahrmanöver dessen Aufmerksamkeit entgangen sein soll. Immerhin will sich der Beklagte zu 1. über die Verkehrssituation auf der T.straße aus der Annäherungsrichtung des Klägers "vergewissert" haben (Bl. 91 d.A.).

b) Zudem sind die durch den Beklagten zu 1. sowie durch den Zeugen S. am Unfallort gemachten Abstandsangaben zu berücksichtigen: Der Beklagte zu 1. will seinen späteren Unfallgegner vorkollisionär erstmals in Höhe des Hauses T.straße Nr. 85 wahrgenommen haben (Bl. 6, 7 Beiakte). Folgt man der Darstellung, die der Zeuge S. gegenüber den aufnehmenden Polizeibeamten gemacht hat, hat er den "Motorradfahrer in Höhe des Hauses Nr. 77 nur auf dem Hinterrad" fahrend gesehen (Bl. 7 Beiakte). Ausweislich der Unfallrekonstruktionszeichnung des Sachverständigen S., die zu diesem Punkt keine Abweichung von den zeichnerischen Darstellungen der übrigen vorgenannten Sachverständigen aufweist, ist der Kollisionsort nur etwa 5 m von der linksseitigen Grundstücksgrenze des Hauses T.straße Nr. 77 entfernt. Es erscheint nun aber völlig unwahrscheinlich, dass der Kläger in einer akuten Gefahrensituation, welche plötzlich durch die unvorsichtige Einfahrt des Beklagten zu 1. von dem Betriebsgelände der Firma B. in die T.straße entstanden war, wenige Meter vor dem späteren Unfallort mit seinem Motorrad noch eine waghalsige Kunstfigur ausgefahren haben soll. Nach der am Unfallort abgegebenen Darstellung des Beklagten zu 1. hat dieser den Einfahrvorgang begonnen, als sich der Kläger auf der T.straße etwa in Höhe des Hauses Nr. 85 befand - und zwar auf dem Krad in einer Normalfahrt. Dass der Kläger sodann auf der Strecke zwischen den Häusern Nr. 85 und Nr. 77 aus Übermut oder aus sonstigen nicht zwingenden Gründen eine Hinterradfahrt aufgenommen haben soll, obwohl der einfahrende Pkw VW Golf seines späteren Unfallgegners in Höhe des Hauses Nr. 75 für ihn ein plötzliches Frontalhindernis bildete, ist schlechterdings nicht nachzuvollziehen.

c) Die Schilderung des Zeugen S., der Kläger habe sich vorkollisionär der Unfallstelle nur auf dem Hinterrad fahrend genähert, ist darüber hinaus mit der Tatsache unvereinbar, dass alle mit der Unfallanalyse befasst gewesenen Vorgutachter von der Annahme ausgegangen sind, dass zum Kollisionszeitpunkt an dem klägerischen Motorrad der 5. Gang eingelegt war. Skeptisch hat sich dazu nur der Sachverständige S. geäußert (Bl. 447, 448 d.A.). Im Ergebnis bedarf es aber keiner Auseinandersetzung mit den divergierenden Meinungen. Entscheidend ist, dass sich die Beklagten ausweislich ihrer Berufungsbegründung die unfallanalytischen Ausführungen des Sachverständigen N. in seinem Gutachten vom 7. Februar 2006 zur Stützung ihrer Behauptung zu Eigen machen, der Kläger habe auf dem Hinterrad fahrend das Motorrad für "Stunt-Übungen" eingesetzt (Bl. 416 ff. d.A.).

aa) Auch der Sachverständige N. hat nun aber in Übereinstimmung mit den Sachverständigen L. und B. eingeräumt, dass eine Hinterradfahrt nur dann möglich gewesen wäre, wenn an dem Motorrad ein sehr viel kleinerer Gang als der 5. eingelegt gewesen wäre (Bl. 239 d.A.). Die durch ihn in diesem Zusammenhang aufgezeigte Möglichkeit, durch das "Rutschen auf der linken Krad-Seite" habe sich an dem Motorrad die Gangwahl verändern können (Bl. 239 d.A.), ist nicht plausibel.

bb) Die zu den Akten gelangten Lichtbilder der Lenkereinheit des klägerischen Motorrades machen nämlich deutlich, dass der Schaltmechanismus für die Gangwahl linksseitig angebracht ist (vgl. die Lichtbilder Nr. 5 und 22 zum Gutachten S. vom 14. Mai 2007; Bl. 522, 533 d.A.). Nach der im Vergleich zu den gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen N. deutlich genaueren Unfallanalyse des Sachverständigen S., welcher der Senat folgt, ist erwiesen, dass das Motorrad des Klägers nicht - wie durch den Sachverständigen N. angenommen - in einer Linkslage rutschend gegen die hintere rechte Ecke des Pkw Golf des Beklagten zu 1. geprallt ist, sondern in einer Rutschbewegung auf der rechten Längsseite (Bl. 478 d.A.). Diese rechtsseitige Rutschbewegung hat sich den weiteren Erkenntnissen des Sachverständigen S. gemäß nach der Berührung mit dem Pkw VW Golf des Beklagten zu 1. fortgesetzt, bis das Vorderrad des Motorrades mit dem Bordstein einer rechtsseitigen Pflanzinsel kollidierte und schließlich - immer noch in einer rechtsseitigen Lage - in Höhe des Pkw VW Golf des unbeteiligten Fahrzeughalters S. zum Stillstand kam. Die Einzelheiten ergeben sich aus der Unfallrekonstruktionszeichnung des Sachverständigen als Anlage 11 zu seinem Gutachten (Bl. 506 d.A.). Es gab somit keinen Kontakt der mit dem Schaltmechanismus versehenen linken Lenkerseite mit der Straßenoberfläche, welcher der Mutmaßung des Sachverständigen N. entsprechend für eine unbeabsichtigte Verstellung der Gangwahl hätte ursächlich werden können.

d) Der Sachverständige N. hat in seinem Gutachten vom 7. Februar 2006 dargelegt, der Versuch einer Hinterradfahrt mit einem Motorrad des durch den Kläger gesteuerten Typs (Motorleistung 112 KW mit einem Hubraum von 998 cm³ und einem Leergewicht von 193 kg) mache eine starke Anfahrbeschleunigung in einem sehr viel kleineren Gang als dem 5. erforderlich (Bl. 239 d.A.). Eine solche Beschleunigung ist zwangsläufig mit einem "Hochdrehen" des Motors verbunden.

Der Zeuge Sivasubramaniam meinte bei seiner Befragung durch das Landgericht, er kenne sich aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit als Kfz-Mechaniker mit Motorgeräuschen aus. Wegen der Beschleunigung, die zur Ermöglichung einer Hinterradfahrt im 2. Gang notwendig ist, erscheint die Darstellung des Zeugen nicht plausibel, dass das Fahrverhalten des Klägers nur mit einem "normalen Motorengeräusch" verbunden gewesen sein soll (Bl. 188 d.A.).

2) Mit den Unfallspuren nicht vereinbar ist darüber hinaus die weitere Darstellung des Zeugen S., der Motorradfahrer habe "sich zunächst überschlagen", sodann sei "das Motorrad quasi irgendwie schräg gegen den Golf gerutscht", ohne dass das Motorrad nach der Berührung mit dem Pkw noch "großartig weitergerutscht" sei; die Berührung des Motorrades mit dem weißen Golf, ehe dieser "ein Stückchen weitergefahren" sei, habe sich "in Höhe des dort befindlichen Baumes" ereignet (Bl. 186, 187 d.A.).

a) Folgt man dieser Darstellung, müssten die lichtbildlich gesicherten Schlag- und Kratzspuren im Wesentlichen vor der Berührung mit dem Pkw VW Golf des Beklagten zu 1. entstanden sein, da das Krad zum Schluss nicht mehr "großartig weiter gerutscht" sein soll. Dann müsste sich aber nach der lichtbildlich dargestellten Lage der Kratz- und Schlagspuren (Bl. 49 unten Beiakte) der Unfall an deren Ende am rechten Straßenrand "in Höhe des dort befindlichen Baumes" zugetragen haben. Die Unfallrekonstruktionszeichnungen aller Sachverständigen lassen jedoch nicht erkennen, dass der Unfallort am rechten Straßenrand in Baumhöhe gelegen sein soll. Vielmehr haben alle Sachverständigen den Ort der Berührung der unfallbeteiligten Fahrzeuge im Bereich der Fahrbahnmitte verortet - und zwar in Höhe der ersten langgezogenen Kratzspur ca. 7 Meter von dem Baum entfernt (Spur Nr. 1 der polizeilichen Unfallzeichnung; Bl. 9 Beiakte). Nach den Ausführungen des Sachverständigen S. hat sich der Aufprall gegen den Pkw VW Golf des Beklagten zu 1. im Bereich dieser ersten Schürfspuren oder unmittelbar danach zugetragen. Diese Spuren wurden von der später abgerissenen weißen Frontverkleidung gezeichnet, als das Motorrad auf die rechte Seite kippte oder bereits eine rechtsseitige Lage eingenommen hatte (Bl. 472, 475 d.A.).

b) Nach den weiteren Darlegungen des Sachverständigen S. finden sich an der linken Seite des Motorrades keine Schürfmarkierungen an abstehenden Bauteilen, wie Außenspiegel, Blinker, Fußraste. Davon ausgenommen ist lediglich eine annähernd vertikal angeordnete Verschürfung auf dem Motordeckel, die sich nach dem Lichtbildmaterial wegen der nicht mit der Fahrtrichtung des Motorrades übereinstimmenden Vertikalausrichtung als Altschaden darstellt (vgl. Lichtbild Bl. 56 unten Beiakte). Im Hinblick auf die durch den Sachverständigen S. ausführlich beschriebenen Schürfmarkierungen auf der rechten Seite des Motorrades an Spiegel, Frontverkleidung, Schalldämpferrohr, Lenkeraußenende und anderen vorstehenden Teilen (Bl. 460, 461 d.A.) kann entgegen der Darstellung des Sachverständigen N. (Bl. 232 d.A.) das Krad vor dem Zusammenstoß mit dem Pkw des Beklagten zu 1. nicht auf die linke Seite abgekippt gewesen sein.

c) Da sich das Motorrad nach den Erkenntnissen des Sachverständigen S. von der ersten Kratzspur ab bis in die Endstellung ausschließlich auf der rechten Längsseite bewegte, können die Eindruckstellen auf der linken Seite des Tankbehälters des Motorrades ebenfalls nicht bei dem Rutschvorgang entstanden sein. Plausibel ist die Erklärung des Sachverständigen S., diese Beschädigungen seien im Zusammenhang mit einem Überschlagvorgang zu sehen, als der Kläger von dem Motorrad getroffen wurde oder er auf dieses aufprallte (Bl. 479 d.A.).

d) Stimmig dazu ist die Schilderung des Zeugen S., das Motorrad habe sich "mehrfach" und "zunächst" überschlagen (Bl. 185, 186 d.A.). Die durch den Zeugen geschilderte und seitens des Sachverständigen verifizierte Überschlagbewegung liefert eine plausible Erklärung für die Tatsache, dass Ersterer meinte, den Kläger bei der anfänglichen Wahrnehmung nur auf dem Hinterrad fahrend und bei dem Versuch gesehen zu haben, "das Vorderrad wieder auf die Straße zu bringen" (Bl. 185 d.A.). Die Aussage des Zeugen lässt jedenfalls die Erkenntnis zu, dass er das Motorrad des Klägers vorkollisionär in einer instabilen Fahrsituation wahrgenommen hat. Diese ist dann aber mit Überschlagvorgang des Motorrad fahrenden Klägers in Verbindung zu bringen, der wiederum die Folge der durch ihn in seiner Berufungserwiderung vom 30. März 2007 eingeräumten sofortigen Vollbremsung als Reaktion auf den plötzlich eingefahrenen Beklagten zu 1. war (Bl. 423 d.A.).

3) Nach den Umständen kann aus der Aussage des Zeugen S. nicht die durch das Landgericht dargestellte Schlussfolgerung gezogen werden, der Kläger habe sich auf dem Hinterrad fahrend wie ein "Stuntman im Film" der Unfallstelle genähert. Diese Darstellung ist mit zu vielen Unsicherheiten behaftet. Während die Schilderung des Zeugen Sivasubramaniam bezüglich der Einzelheiten des Fahrverhaltens des Beklagten zu 1. im Zuge des Verlassens des Betriebsgeländes der Firma Breuer konstant und widerspruchsfrei ist, zeigen sich deutliche Schwächen bei der Wiedergabe der Abfolge des Geschehens vom Zeitpunkt der ersten Wahrnehmung des Motorrad fahrenden Klägers ab.

a) In seiner schriftlichen Zeugenvernehmung vom 11. Juli 2003 in dem Ermittlungsverfahren 403 Js 1036/03 StA Mönchengladbach (Bl. 30 Beiakte) hatte der Zeuge angegeben, der Motorradfahrer sei "noch ca. 50 m von der Grundstücksausfahrt entfernt" gewesen, als er diesen erstmals wahrgenommen habe. Bei seiner Befragung durch das Landgericht im Termin vom 12. Juli 2005 hat er hingegen bekundet, zum Zeitpunkt der ersten Wahrnehmung sei das Motorrad aus seiner Sichtrichtung "etwa 3 bis 4 Häuser entfernt" gewesen (Bl. 185 d.A.), ausweislich der Lichtbilder der Örtlichkeiten also ganz erheblich weniger als die vorgenannte Ausgangsdistanz.

b) In seiner Wiedergabe vom 11. Juli 2003 hatte der Zeuge seine Darstellung hinsichtlich einer anfänglichen Hinterradfahrt mit einem vergeblichen Versuch des Klägers geschildert, "das Vorderrad auf die Fahrbahn zu bekommen, wobei er gestürzt" sei. Im Anschluss daran sei er dann "gegen den Pkw geprallt" (Bl. 30 Beiakte). Bei seiner Befragung durch das Landgericht hat der Zeuge den fraglichen Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt anders geschildert: Danach sei der Motorradfahrer nach der Hinterradfahrt und dem vergeblichen Versuch, "das Vorderrad wieder auf die Straße zu bringen... ins Schleudern geraten und hat sich mehrfach überschlagen". Erst im Zusammenhang mit dieser Überschlagsbewegung sei er "dann auch gegen einen weißen Golf", also gegen den Pkw des Beklagten zu 1., gekommen (Bl. 185 d..A.). Diese Darstellung entspricht weitgehend den Bekundungen, die der Zeuge S. am Unfallort gegenüber den aufnehmenden Polizeibeamten abgegeben hatte, wenn man einmal davon absieht, dass er seinerzeit ausgeführt hatte, der Kläger sei in der Endphase im Zuge einer Rutschbewegung gegen den Pkw geraten (Bl. 7 Beiakte). Bei seiner Befragung durch das Landgericht hat der Zeuge andererseits nach Vorhalt seiner schriftlichen Aussage vom 11. Juli 2003 (Bl. 30 Beiakte) bekundet, diese sei "im Wesentlichen so richtig", weil er seinerzeit "noch eine bessere Erinnerung an den Sachverhalt" gehabt habe (Bl. 188 d.A.).

c) Die Unsicherheiten im Aussageverhalten des Zeugen S. lassen darauf schließen, dass er von dem spektakulären Unfallgeschehen unmittelbar vor ihm auf der T.straße überrascht wurde und er deshalb möglicherweise nicht alle Einzelheiten des fraglichen Geschehens in ihrer richtigen zeitlichen Abfolge wahrgenommen hat. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass der Zeuge auch auf wiederholte Nachfrage hin nicht in der Lage war anzugeben, "wo sich der weiße Golf in dem Zeitpunkt befunden" hat, als er "den Motorradfahrer das erste Mal gesehen" hatte (Bl. 187 d.A.). Zumindest ist wegen der Unsicherheiten und der fehlenden Aussagekonstanz vom Zeitpunkt der ersten Wahrnehmung des Klägers ab davon auszugehen, dass der Zeuge im Nachhinein erhebliche Schwierigkeiten hat, seine Beobachtung des vorkollisionären Geschehens widerspruchsfrei und authentisch wieder zu geben. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass die durch den Zeugen bekundete Hinterradfahrt des Klägers wenige Meter vor dem Kollisionsort sich nicht als Teil eines gezielten Fahrmanövers des Klägers darstellte. Vielmehr spricht alles für die Annahme, dass die durch den Zeugen gemachte Beobachtung im Zusammenhang mit einer Überschlagsbewegung steht, nachdem der Kläger wegen einer aus einer überhöhten Annäherungsgeschwindigkeit eingeleiteten Vollbremsung die Gewalt über seine Maschine verloren hatte und die Reifen keinen fahrstabilen Bodenkontakt mehr hatten.

4) Der Senat hat keinen Anlass zu einer nochmaligen Vernehmung des Zeugen S. nach Maßgabe des § 398 Abs. 1 ZPO. Er ist bereits durch das Landgericht zu den Einzelheiten des fraglichen Geschehens umfassend befragt worden; das Ergebnis dieser Vernehmung hat Eingang in das ausführliche Sitzungsprotokoll gefunden. Ebenso wenig wie das Landgericht hat der Senat irgendwelche Zweifel hinsichtlich der Glaubwürdigkeit des Zeugen. Im Rahmen der Beweiswürdigung kommt es aber wesentlich auf die Stimmigkeit seiner Angaben an, die aus den dargelegten Gründen in vielerlei Hinsicht nicht gegeben ist. Nach Lage der Dinge ist von einer nochmaligen Befragung des Zeugen durch den Senat kein substantieller Erkenntnisgewinn zu erwarten. Dies nicht zuletzt im Hinblick darauf, dass der Zeuge schon bei seiner Vernehmung durch das Landgericht im Termin am 12. Juni 2005 eingeräumt hatte, seine Erinnerung habe nachgelassen. Dies ergibt sich aus seiner damaligen Aussage, er habe zur Zeit der schriftlichen Aussage vom 11. Juli 2003 "noch eine bessere Erinnerung an den Sachverhalt gehabt". Eine solche "bessere Erinnerung" ist durch eine nochmalige Vernehmung des Zeugen mehr als 5 Jahre nach dem Unfall nicht zu erwarten.

5) Im Gegensatz zu der Beweiswürdigung des Landgerichts vermag der Senat nicht die Feststellung zu treffen, dass die Aussage des Zeugen S. durch die Unfallanalyse des Sachverständigen N. in einem Ausmaß eine Bestätigung gefunden hat, dass die Darstellung des Zeugen bezüglich der Hinterradfahrt des Klägers den Feststellungen über den Hergang des vorkollisionären Geschehens zugrunde gelegt werden kann.

a) Zwar hat der durch das Landgericht beauftragte Sachverständige N. in der Zusammenfassung seines schriftlichen Gutachtens vom 7. Februar 2006 dargelegt, der Umstand, dass das Krad vorkollisionär keine markanten Spuren auf der Fahrbahn gezeichnet habe, obwohl dem Kläger ein entsprechender Abwehrzeitraum zur Verfügung gestanden habe, spreche dafür, dass der Kläger unmittelbar vor dem Anstoß des auf der Seite liegenden Krades gegen den Pkw nur auf dem Hinterrad gefahren sei (Bl. 240 d.A.). Diese Schlussfolgerung kann jedoch keineswegs als zwingend erachtet werden.

Die Tatsache, dass das Motorrad des Klägers keine markanten Bremsspuren auf der Straßenoberfläche hinterlassen hat, lässt sich ohne Weiteres auch auf einen vorkollisionären Überschlagsvorgang zurückführen, in dessen Endphase das Motorrad nach den Erkenntnissen des Sachverständigen S. seitlich nach rechts wegkippte, so dass beide Reifen den Bodenkontakt verloren.

b) Die weitere Darlegung im Gutachten des Sachverständigen N. vom 7. Februar 2006, die durch den Zeugen S. beschriebene vorkollisionäre Hinterradfahrt des Klägers könne die Ursache dafür gewesen sein, dass dieser nicht sofort auf den in die T.straße eingebogenen Pkw mit einem Abbremsen habe reagieren können (Bl. 237, 238 d.A.), entbehrt ebenfalls einer hinreichend sicheren Tatsachengrundlage. Denn sie beruht auf der Annahme einer Authenzitität der durch den Zeugen geschilderten riskanten Fahrweise des Klägers, von der aus den oben dargelegten Gründen nicht ausgegangen werden kann.

6) Im Gegensatz zu der Beweiswürdigung des Landgerichts vermag der Senat seine Feststellungen über den gesamten Hergang des Kollisionsgeschehens nicht maßgeblich auf die Ausführungen des Sachverständigen N. zu stützen.

a) Zwar trifft es zu, dass der Kläger in Widerspruch zu den Unfallrekonstruktionen der Sachverständigen L. sowie B. nicht in einer aufrechten Fahrposition gegen das hintere rechte Heck des Pkw VW Golf des Beklagten zu 1. geprallt ist. Dies hatte bereits der Sachverständige N. zutreffend erkannt. Seine Annahme aber, das Motorrad des Klägers habe nach einem Sturz eine linke Seitenlage eingenommen, als es rutschend mit Cockpit und Lenker gegen das Heck des Pkw seines Unfallgegners prallte, ist mit den an dem Krad eingetretenen Schleif- und Rutschspuren nicht vereinbar. Da diese an den vorstehenden Teilen ausschließlich auf der rechten Motorradseite zu finden sind, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass entsprechend der Unfallrekonstruktion des Sachverständigen S. das Motorrad vor dem Anprall gegen den Pkw eine nach rechts gerichtete Seitenlage eingenommen hatte. Dies steht im Übrigen in Übereinstimmung mit der Tatsache, dass ein wesentlicher Teil der durch den Kläger erlittenen knöchernen Verletzungen (Rippenserienfraktur) ebenfalls rechtsseitig eingetreten ist.

b) Den Umstand, dass die an dem Motorrad festzustellenden Kratz- und Schürfspuren auf der rechten Seite gelegen sind, hat der Sachverständige N. mit einer Erläuterung zu erklären versucht, die nicht plausibel ist: Danach soll die Möglichkeit in Betracht kommen, dass das in einer linksseitigen Lage gegen das Heck des Fahrzeuges gerutschte Krad wegen der Heftigkeit des Anstoßes "auf die rechte Seite umschlägt und hierbei zunächst heftig mit dem Auspufftopf ... auf der Fahrbahnoberfläche aufschlägt" (Bl. 233 d.A.). Den Eintritt der rechtsseitigen Rippenserienfraktur bringt der Sachverständige N. mit einem Aufprall des auf der linken Seite rutschenden Klägers gegen die Heckstoßstange des Pkw in Verbindung (Bl. 233 d.A.).

aa) Nach der Unfallrekonstruktion des Sachverständigen S. ist das Motorrad des Klägers auf der rechten Längsseite rutschend mit verschwenktem Lenker und dadurch nach oben aufgestelltem Vorderrad gegen den Heckstoßfänger des Pkw des Beklagten zu 1. geprallt (Bl. 478 d.A.). Diese Anstoßkonfiguration hat der Sachverständige anschaulich in seinen Zeichnungen (Anlagen 9 und 10 zu seinem Gutachten vom 9. Juli 2007; Bl. 504, 505 d.A.) dargestellt. Auch unter Berücksichtigung der durch den Sachverständigen S. ermittelten Kollisionsgeschwindigkeit des Krades zwischen 47,5 und 50,5 km/h (Bl. 486 d.A.) erscheint es ausgeschlossen, dass das fast 200 kg schwere Motorrad infolge des Anstoßes noch einen solchen Bewegungsimpuls erhalten haben soll, dass es aus der durch den Sachverständigen S. dargestellten stabilen Seitenlage durch eine Umschlagsbewegung von 180 Grad noch in eine entgegengesetzte Seitenlage hätte gestoßen werden können.

bb) Nach den weiteren Erkenntnissen des Sachverständigen S. ist nicht nachvollziehbar, dass sich der Kläger zum Zeitpunkt des Anpralls gegen den Pkw des Beklagten zu 1. noch auf seinem Krad befunden haben soll, da keinerlei Verletzungen am rechten Bein diagnostiziert worden seien (Bl. 478 d.A.). Für die Annahme, dass sich der Kläger schon von seinem Motorrad zu einem Zeitpunkt gelöst hatte, bevor sein Fahrzeug gegen das Heck des Pkw des Beklagten zu 1. prallte, spricht darüber hinaus die Erklärung des Sachverständigen S., dass sich der Kläger mit dem Krad vorkollisionär überschlagen hatte (Bl. 479 d.A.). Kam es aber zu einer frühzeitigen Ablösung des Klägers von seinem Krad, kann die rechtsseitige Rippenserienfraktur entgegen der Mutmaßung des Sachverständigen N. nicht erst durch den Anstoß des Körpers des Klägers gegen die Heckstoßstange des Pkw eingetreten sein.

cc) Das Phänomen der Unterbrechung der an der Unfallstelle vorgefundenen Kratz- und Schlagspuren sowie deren plötzliche Ausrichtung zum rechten Fahrbahnrand hin (vgl. Lichtbild Bl. 49 unten Beiakte) erklärt sich aus der Unfallanalyse des Sachverständigen S.: Danach hat sich der Aufprall gegen den Pkw Golf des Beklagten zu 1. im Bereich der ersten Schürfspuren (Spur Nr. 1 der polizeilichen Unfallzeichnung; Bl. 9 d.A.) oder unmittelbar danach zugetragen (Bl. 475 d.A.). Anlässlich des Aufpralls war das Krad bereits auf die rechte Seite gestürzt (Bl. 477 d.A.). Durch den Aufprall hat sich dann eine Rotation des Motorrades um die Vordergabel eingestellt mit der Folge eines Abhebens von der Fahrbahn und eines anschließenden Zurückfallens auf den rechtsseitigen Schalldämpfer. Dabei ist die kreisrund markierte Schlagmarke entstanden. Dadurch hat das Motorrad einen nach rechts zum Straßenrand gerichteten Bewegungsdrall erhalten. Die Einzelheiten ergeben sich aus den zeichnerischen Darstellungen des Sachverständigen S. in den Anlagen 8 und 11 zu seinem Gutachten (Bl. 503, 506 d.A.).

III.

Nach dem Ergebnis der durch den Senat durchgeführten ergänzenden Tatsachenaufklärung steht fest, dass sich der Kläger mit einer unzulässig hohen Annäherungsgeschwindigkeit dem späteren Unfallort auf der T.straße genähert hat. Diese lag bei mindestens 77 km/h, so dass der Kläger die am Unfallort zulässige Höchstgeschwindigkeit (50 km/h) um jedenfalls 54 % überschritten hat. Auf das Gefahrensignal des plötzlich vor ihm auf die T.straße eingefahrenen Beklagten zu 1. hat er dann mit einer Vollbremsung reagiert, in deren Folge er die Gewalt über sein Motorrad verloren hat. Zwar hat der Sachverständige S. das vorkollisionäre Fahrverhalten des Klägers aus technischer Sicht nicht abschließend aufzuklären vermocht. Der klägerische Prozessvortrag lässt jedoch keine andere Schlussfolgerung als diejenige zu, dass der Kläger unzulässigerweise mit einem überhöhten Ausgangstempo gefahren ist. Dieses hatte der wartepflichtige Beklagte zu 1. falsch eingeschätzt, so dass er trotz der vorherigen Wahrnehmung seines späteren Unfallgegners noch vor diesem gefahrlos nach links in die T.straße einzubiegen vermeinte.

1) Der Sachverständige S. hat hinsichtlich des vorkollisionären Fahrverhaltens des Klägers drei Geschehensabläufe als möglich dargestellt:

a) Der erste betrifft die Annäherungssituation, dass der Kläger "sich nicht in einer üblichen stabilen Fahrsituation näherte und er einen erheblichen Teil der zur Verfügung stehenden Abwehrzeit dazu benötigte, wieder in eine stabile Fahrsituation zurückzukehren (Bl. 492 oben d.A.). Damit meinte der Sachverständige die durch das Landgericht als unfallursächlich angenommene und als groben Verkehrsverstoß bewertete Annäherung des Klägers in einer instabilen Fahrsituation auf einem Hinterrad. Aus den oben dargelegten Gründen scheidet eine solche Feststellung, die das Landgericht maßgeblich auf die mit zahlreichen Unsicherheit behaftete Aussage des Zeugen S. gestützt hat, aus.

b) Als weitere Möglichkeit hat der Sachverständige S. die Eventualität aufgezeigt, dass der Kläger in der Annäherungsphase "längere Zeit unaufmerksam war und verspätet auf die Einfahrt des Pkw reagierte" (Bl. 492 oben d.A.). Auch für die Feststellung eines derartigen schuldhaften Fehlverhaltens findet sich keine hinreichende Tatsachengrundlage. Ein Aufmerksamkeits- oder Reaktionsverschulden des Klägers wird weder von den Beklagten behauptet, noch lässt sich ein solches aus den zu den Akten gelangten sachverständigen Unfallanalysen ableiten. Nicht zu widerlegen ist die Behauptung des Klägers in seiner Berufungserwiderung vom 30. März 2007, er habe in Anbetracht des plötzlich vor ihm aufgetauchten Hindernisses in Form des Pkw des Beklagten zu 1. sofort eine Vollbremsung eingeleitet (Bl. 423 d.A.).

c) Der Sachverständige Schmitz sah sich zu einer Einschätzung der Annäherungsgeschwindigkeit des Klägers außer Stande. Dies beruhte auf dem Umstand, dass der Sachverständige keine Erkenntnisse darüber hatte, ob der Kläger die Abwehrzeit von 2,1 bis 2,8 Sekunden, die ihm nach den unfallanalytischen Berechnungen auf das Gefahrensignal des eingefahrenen Beklagten zu 1. verblieb, zu einer situationsbedingten Abbremsung des Krades genutzt hatte. Für diesen Fall hat der Sachverständige S. ausweislich seiner Berechnungen in der Anlage 18 zu seinem Gutachten (Bl. 513 d.A.) "bei sofortiger Bremseinleitung des Kradfahrers Ausgangsgeschwindigkeiten von 77 bis 93 km/h" ermittelt (Bl. 488 d.A.). Auszugehen ist von dem unteren Grenzwert der Geschwindigkeitsbandbreite.

2) Erstinstanzlich hatte der Kläger in seiner Klageschrift vorgetragen, wegen der Vorfahrtverletzung des Beklagten zu 1. habe er, der Kläger, sein Krad nicht mehr bremsen können und sei deshalb auf die rechte Seite des Hecks des Pkw des Beklagten zu 1. aufgefahren (Bl. 3 d.A.). Zu Eigen gemacht hat sich der Kläger die Geschwindigkeitsangabe des Sachverständigen L. in dessen Nachtragsgutachten vom 31. März 2004, wonach die Kollisionsgeschwindigkeit, die dem Klagevorbringen zufolge mit der Annäherungsgeschwindigkeit gleichzusetzen sein soll, zwischen 53 und 58 km/h betragen habe (Bl. 103, 151 d.A.). Der Sachverständige N. hat in seinem Gutachten vom 7. Februar 2006 das Anstoßtempo des Motorrades gegen den Pkw VW Golf mit 50 bis 60 km/h eingegrenzt. Dabei hat er das Vorbringen des Klägers zugrunde gelegt, dieser habe sein Krad nicht mehr abbremsen können (Bl. 236 d.A.). Unter der selben Prämisse hat der durch den Kläger beauftragte Privatgutachter B. in der Stellungnahme vom 26. Juni 2006 die Annäherungsgeschwindigkeit des Klägers in der Größenordnung von 50 bis 55 km/h angegeben (Bl. 320 d.A.).

3a) Die Kollisionsgeschwindigkeit kann jedoch dann nicht mit der Annäherungsgeschwindigkeit des Klägers gleichgesetzt werden, wenn ihm vorkollisionär noch eine bremsbedingte Verzögerung seines Motorrades gelungen ist. Dies wird anhand der Ausführungen des Sachverständigen S. deutlich: Der durch ihn errechneten Kollisionsgeschwindigkeit des Krades zwischen 47,5 und 50,5 km/h steht unter der Voraussetzung einer vorherigen sofortigen Bremseinleitung des Klägers auf das von dem Pkw des Beklagten zu 1. ausgegangene Gefahrensignal eine Ausgangsgeschwindigkeit des Krades in der Bandbreite zwischen 77 bis 93 km/h gegenüber (Bl. 488, 494 d.A.).

b) Da der Kläger nun aber in der Berufungserwiderung vom 30. März 2007 die Einleitung einer sofortigen Vollbremsung in Anbetracht des unerwartet aufgetauchten Hindernisses einräumt (Bl. 423 d.A.), ist zu seinem Nachteil im Rahmen der Beweiswürdigung die Schlussfolgerung zu ziehen, dass das Annäherungstempo des Klägers deutlich über der Anstoßgeschwindigkeit seines Krades lag. Dabei ist zu Gunsten des Klägers von dem untersten Wert des durch den Sachverständigen S. aufgezeigten Geschwindigkeitsspektrums auszugehen.

c) Für eine Ausgangsgeschwindigkeit von 77 km/h hat der Sachverständige einen Reaktionsabstand des Klägers von 40,3 m errechnet (Bl. 488 d.A.). Bei weiterer Berücksichtigung der durch den Sachverständigen S. für das Krad zugrunde gelegten mittleren Verzögerungswerten von 6,0 bis 6,5 m/sec² ergeben sich Gesamtanhaltewege zwischen 54,40 und 57,40 m bei Einleitung einer sofortigen Vollbremsung. Diese Wege liegen deutlich über dem vorgenannten Reaktionsabstand von 40,30 m.

4) Diese Gegenüberstellung macht deutlich, dass von folgendem Sachverhalt auszugehen ist: Bei der plötzlichen Einfahrt des Beklagten zu 1. wähnte der Kläger den ihm noch zur Verfügung stehenden Anhalteweg als zu kurz, um noch eine Kollision mit dem Heck des Fahrzeuges seines Unfallgegners vermeiden zu können. Die schon aufgrund eines natürlichen Abwehrmechanismus durch ihn eingeleitete und nunmehr eingeräumte Vollbremsung führte dann dazu, dass sein Motorrad mit einem anfänglichen Überschlagvorgang instabil wurde und seitlich nach rechts wegkippte, ehe es in der durch den Sachverständigen rekonstruierten Anstoßkonfiguration gegen das Heck des Pkw VW Golf des Beklagten zu 1. prallte. Dieser hatte wiederum anfänglich die Annäherungsgeschwindigkeit des Klägers falsch eingeschätzt, so dass sich für ihn - entsprechend der Annahme des Sachverständigen S. - "der erkannte Abstand ... als gefahrlos" darstellte (Bl. 491 unten d.A.).

5) Der Feststellung der sturzursächlichen Vollbremsung des Klägers steht nicht die Tatsache entgegen, dass sich auf der Straße vor dem Kollisionsort keine, jedenfalls keine sichtbare, Bremsspurzeichnung seines Krades gefunden hat. Insoweit kommt die Möglichkeit einer fehlerhaften Dosierung von Vorder- und Hinterradbremse in Verbindung mit einem Lenkfehler in Betracht, welche - was senatsbekannt ist - auch ohne die Zeichnung einer Bremsspur zu einer Instabilität des Motorrades führen kann. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang die Darlegung des Sachverständigen N. in seinem Gutachten vom 7. Februar 2006, es könne sein, dass der Kläger sein Zweirad überbremst habe und sofort nach Bremsbetätigung zu Fall gekommen sei (Bl. 237 d.A.). Zwar hat der Sachverständige S. wegen des Fehlens von Bremsspuren eine durch den Kläger versuchte "Panikbremsung" mit einem Blockieren des Vorderrades ausgeschlossen (Bl. 494 d.A.). Indes kann eine instabile Fahrsituation eines Motorrades infolge einer fehlerhaften Abbremsung in Verbindung mit einem Lenkfehler auch ohne eine Vorderradblockade mit Bremsspurzeichnung eintreten.

6a) In seiner Berufungsbegründung hat der Kläger die Behauptung aufgestellt, nach Erkennen der Unfallgefahr und Einleitung der Vollbremsung habe er sich mit dem Motorrad zur Seite geworfen, um einen Frontalaufprall mit dem Kraftfahrzeug des Beklagten zu 1. zu verhindern (Bl. 408 d.A.). Diesem Vortrag sind die Beklagten in ihrer Berufungsbegründung mit dem Vorbringen entgegen getreten, es sei völlig abwegig, dass der Kläger, um der Gefahr eines tödlichen Zusammenstoßes zu entgehen, nach der Vollbremsung sein Motorrad - entsprechend der A.-Empfehlung - auf die Seite habe fallen lassen, um sich dann von diesem zu lösen (Bl. 419 d.A.).

b) Die Behauptung des Klägers unterliegt als neues Angriffsmittel der Zurückweisung nach § 531 Abs. 2 Ziff. 3 ZPO. Die Feststellung, dass entsprechend der Unfallrekonstruktion des Sachverständigen S. das Motorrad nicht - wie durch die Sachverständigen L. und B. angegeben - in einer aufrechten Fahrposition gegen das Heck des Pkw des Beklagten zu 1. geprallt war, kam schon nach den Ausführungen des Sachverständigen N. in dessen Gutachten vom 7. Februar 2006 in Betracht. Dieser hatte für den Moment des Zusammenstoßes eine - wenn auch fälschlicherweise nach links gerichtete - Kippposition des Motorrades ermittelt. Der Kläger hätte also bereits in erster Instanz vortragen können, dass die Anstoßkonfiguration mit einem seitlich weggekippten Motorrad auf einer zuvor durch ihn eingeleiteten Abwehrmaßnahme mit dem Ziel seiner Loslösung von dem Fahrzeug beruhen soll. Für den Novenausschluss nach § 531 Abs. 2 Ziff. 3 ZPO genügt bereits einfache Fahrlässigkeit (Zöller/Gummer/Heßler, Kommentar zur ZPO, 26. Aufl., § 531, Rdnr. 31).

Nicht von der Zurückweisung nach Maßgabe des § 531 Abs. 2 ZPO betroffen ist das unwidersprochen gebliebene Vorbringen des Klägers in seiner Berufungserwiderung vom 30. März 2007, er habe sofort nach der Wahrnehmung des Pkw des Beklagten zu 1. als unerwartet aufgetauchtes Hindernis eine Vollbremsung eingeleitet (Bl. 423 d.A.).

IV.

Nach den plausiblen Ausführungen des Sachverständigen S. steht darüber hinaus fest, dass der Kläger problemlos den fatalen Zusammenstoß hätte vermeiden können, wenn er die am Unfallort vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h eingehalten hätte.

1a) Die Berechnungen des Sachverständigen (Anlage 20 des Gutachtens; Bl. 515 d.A.) ergeben, dass der Kläger bei auch von durchschnittlichen Kradfahrern zu erzielenden Bremsverzögerungen von 6 bis 6,5 m/sec² aus einer Geschwindigkeit von 50 km/h nur einen Gesamtanhalteweg von 25,2 bis 29,2 m benötigt hätte, wobei ihm ein anfänglicher Reaktionsabstand bis zum späteren Kollisionsort von 30 m zur Verfügung stand (Bl. 489 d.A.).

b) Die Berechnungen des Sachverständigen Schmitz in der Anlage 21 (Bl. 516 d.A.) verdeutlichen darüber hinaus, dass wegen der bei weiterer Beschleunigung des Pkw VW Golf zunehmenden Geschwindigkeits- und Abstandsvergrößerung der Kläger zur Angleichung der Geschwindigkeit seines Krades an diejenige des Pkw aus 50 km/h lediglich eine Bremsverzögerung zwischen 1,1 und 1,8 m/sec² hätte herbeiführen müssen. Wenn der Kläger die zulässige Höchstgeschwindigkeit eingehalten hätte, hätte er bei einer situationsgerechten Reaktion auf den Anblick des einfahrenden Beklagten zu 1. den Zusammenstoß folglich problemlos zeitlich und räumlich vermeiden können.

2) Die Richtigkeit dieser zusammenfassenden Feststellungen des Sachverständigen S. unterliegt keinen Bedenken. Sie beruht auf der Prämisse, dass der Beklagte zu 1. seinen Anfahrvorgang erst aufgenommen hat, nachdem er zunächst im Bereich des Fahrbahnrandes angehalten hatte, um sich über die Verkehrssituation auf der T.straße zu vergewissern (Bl. 492, 495 d.A.). Diese Annahme steht in Übereinstimmung mit dem Verteidigungsvorbringen der Beklagten sowie mit den Angaben, die der Zeuge S. sowohl in seiner schriftlichen Zeugenvernehmung vom 11. Juli 2003 (Bl. 30 d.A.) als auch anlässlich seiner Befragung durch das Landgericht im Termin am 12. Juli 2005 (Bl. 188, 189 d.A.) gemacht hat. Bedenken gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen zum anfänglichen Fahrverhalten des Beklagten zu 1) bestehen nicht.

3) Wegen des vorherigen Anhaltens des Beklagten zu 1. im Bereich der Grundstücksausfahrt müssen die Vermeidbarkeitsbetrachtungen des Sachverständigen S. unberücksichtigt bleiben, die er für den Fall angestellt hat, dass der Beklagte zu 1. ohne Zwischenstopp aus der Fahrt heraus von dem Betriebsgelände der Firma B. auf die T.straße eingefahren ist (Bl. 492 ff. d.A.).

4) Der Senat hat keine Bedenken, seine Feststellungen zum Unfallhergang zu einem wesentlichen Teil auf die unfallanalytischen Erkenntnisse des Sachverständigen S. zu stützen. Dieser ist dem Senat in seiner Eigenschaft als Fachsenat für Verkehrsunfallsachen seit Jahren als ein zuverlässiger und gewissenhafter Gutachter bekannt, der über besondere Sachkunde bei Verkehrsunfällen unter Beteiligung von Motorrädern verfügt. Gegen seine gutachterlichen Ausführungen erheben die Parteien keine Einwendungen.

5a) Soweit die unfallanalytischen Erkenntnisse des Sachverständigen S. nicht mit denjenigen des durch das Landgericht beauftragten Sachverständigen N. übereinstimmen, ist bereits dargelegt, aus welchen Gründen den Ersteren der Vorzug zu geben ist.

b) Die gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen L. in seinen Stellungnahmen vom 29. Juli 2003 (Bl. 32 ff. Beiakte) sowie vom 31. März 2004 (Bl. 150 ff. d.A.) beruhen auf der Annahme einer Anstoßkonfiguration, derzufolge das Motorrad des Klägers in einer aufrechten Fahrposition mit dem Vorderrad gegen die rechte Heckhälfte des Pkw VW Golf geprallt sein soll (Bl. 41 d.A.). Auch der Sachverständige B. ist in seinem durch den Kläger überreichten Privatgutachten vom 26. Juni 2006 von der Annahme ausgegangen, das Krad sei in annähernd aufrechter Position gegen das Heck gestoßen (Bl. 303 d.A.). Die Annahme einer solchen Aufprallsituation erweist sich aus den durch den Sachverständigen S. dargelegten Gründen, insbesondere wegen der an dem Motorrad und den an der hinteren rechten Heckseite des Pkw VW Golf eingetretenen Schäden, als unzutreffend. Diesbezüglich besteht zwischen den gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen S. und denjenigen des Sachverständigen N. sogar weitgehend Übereinstimmung, wenn man einmal von der Divergenz hinsichtlich der Seitenlage des Krades absieht.

c) Angesichts dieses Beweisergebnisses ist festzustellen, dass die Sachverständigen L. und B. hinsichtlich der wesentlichen Phase des fraglichen Unfallgeschehens, nämlich des Anstoßes des Motorrades gegen das Heck des Pkw VW Golf, von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen sind. Allein schon aus diesem Grund sieht sich der Senat außer Stande, den Ausführungen der beiden vorgenannten Gutachter zu folgen. Dies gilt - wegen der nunmehr feststehenden vorkollisionären Abbremsung des Krades - insbesondere hinsichtlich der zusammenfassenden Schlussfolgerung im Gutachten B., für den Kläger sei der Unfall räumlich nicht vermeidbar gewesen und eine zeitliche Vermeidbarkeit sei ebenfalls für den Fall nicht nachweisbar, dass man für den Kläger mittlere bis günstige Werte für die Reaktions- und Bremsschwellzeit in Ansatz bringe (Bl. 327 d.A.).

d) Hinzu kommt, dass die Unfallanalyse des Sachverständigen B. auf der Grundlage einer zu hohen Annäherungsgeschwindigkeit des Pkw des Beklagten zu 1. von 20 bis 23 km/h beruht. Dies hat wiederum seinen Grund darin, dass der Sachverständige B. entgegen der insoweit glaubhaften Angabe des Zeugen S. nicht von einer Einfahrt des Beklagten zu 1. in die Fahrbahn nach einem vorherigen Zwischenstopp am Fahrbahnrand ausgegangen ist. Dieses erwiesene Fahrverhalten des Beklagten zu 1. hat der Sachverständige B. in nicht überzeugender Weise als aus technischer Sicht sehr unwahrscheinlich bezeichnet (Bl. 320 d.A.). Überdies legt der Sachverständige S. plausibel dar, dass die zeichnerische Unfallrekonstruktion des Sachverständigen B. (Bl. 313 d.A.) einen "untypischen eckigen Abbiegevorgang aus einer extrem rechtsorientierten Ausgangsposition auf der Geländezufahrt" zum Gegenstand habe. Dies gelte insbesondere für die unterstellte Abbiegebewegung aus der Fahrt heraus (Bl. 473 d.A.).

V.

Bei der Abwägung aller unfallursächlichen Umstände gemäß § 17 StVG dürfen zu Lasten einer Partei nur solche Umstände berücksichtigt werden, auf welche sie sich entweder selbst beruft, die unstreitig oder erwiesen sind. Diese Abwägung führt hier dazu, dass die durch das Landgericht vorgenommene Haftungsverteilung im Verhältnis 50 % zu 50 % keinen Bestand haben kann. Denn die dafür mit maßgebliche Feststellung, dem Kläger sei wegen seiner Hinterradfahrt ein eklatanter Verstoß gegen seine Verhaltenspflichten im Straßenverkehr anzulasten, kann nach dem Ergebnis der ergänzenden Beweisaufnahme keinen Bestand haben. Vielmehr beschränkt sich das Annäherungsverschulden des Klägers auf die - allerdings deutlich übersetzte - Annäherungsgeschwindigkeit von 77 km/h. Darauf, dass der wartepflichtige Beklagte zu 1) sich verkehrsgerecht verhalten und seine Vorfahrt beachten werde, durfte er vertrauen.

1) Zu Lasten der Beklagten ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte zu 1. das Annäherungstempo des vorfahrtberechtigten Klägers falsch eingeschätzt hat. Dies führte dazu, dass er meinte, noch vor diesem aus seiner Warteposition in der Grundstücksausfahrt nach links in die Talstraße einbiegen zu können. Damit hat er die maßgebliche Erstursache für die Entstehung der Kollision gesetzt, obwohl er nach Maßgabe des § 10 StVO als Grundstücksausfahrer äußerste Sorgfalt hätte walten lassen müssen. Dazu gehörte, dass er die Eventualität einer zu hohen Annäherungsgeschwindigkeit des vorfahrtberechtigten Verkehrs auf der T.straße in Betracht zog. Die Fehleinschätzung des Beklagten zu 1. führte dazu, dass sein Pkw in der durch den Sachverständigen S. rekonstruierten Kollisionsstellung, die mittig der T.straße gelegen war, für den von hinten aufrückenden Kläger ein plötzliches Frontalhindernis bildete mit der Folge einer deutlichen Erhöhung der von dem Pkw VW Golf ausgegangenen Betriebsgefahr.

2a) Aus diesen Gründen ist der den Beklagten anzulastende Verursachungs- und Verschuldensanteil deutlich schwerer zu gewichten als derjenige, der zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen ist.

b) Bei einer Kollision eines Grundstücksausfahrers mit einem Fahrzeug des fließenden Verkehrs führt eine Geschwindigkeitsüberschreitung nach der ständigen Rechtsprechung des Senats in der Regel zu einer Mithaftung des Vorfahrtberechtigten, soweit es sich nicht um eine bloße leichte Überschreitung handelt. Die Höhe des Haftungsanteils steigt dabei mit dem Maß der Geschwindigkeitsüberschreitung (so auch Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 10. Aufl., Rdnr. 71). Im Ergebnis ist deshalb hier eine Haftungsquote im Verhältnis 1/3 zu 2/3 zu Ungunsten der Beklagten auszusprechen. Diese entspricht der in vergleichbaren Fallkonstellationen festgesetzten Quotierung (OLG Celle NZV 1991, 195; OLG Nürnberg VersR 1973, 259 zitiert bei Grüneberg a.a.O., Rdnr. 67). Soweit der Senat im Falle einer Kollision eines Grundstücksausfahrers in einem PKW mit einem Motorrad, dessen Fahrer innerorts mit 73 km/h zu schnell fuhr, eine Haftungsverteilung im Verhältnis von 50 % zu 50 % ausgesprochen hat (Urteil vom 25.06.2001, Az. 1 U 198/00), ist dies auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Dem Zusammenstoß war nämlich ein Überholvorgang des Krades auf einer mehrspurigen Straße vorausgegangen.

VI

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative ZPO.

Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Gegenstandswert für den Berufungsrechtszug beträgt 44.821,86 €. Dabei entfällt auf das Rechtsmittel des Klägers ein Anteil von 21.160,93 € und auf die Berufung der Beklagten ein solcher von 23.660,93 €. Der Senat bewertet den Gegenstandswert der Feststellungsklage bezüglich künftiger materieller und immaterieller Unfallschäden wegen des Ausmaßes der Verletzungen des Klägers und den potentiellen Folgebeeinträchtigungen mit insgesamt 10.000,-- €.

Die Beschwer der Parteien liegt jeweils über 20.000,-- €.

Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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