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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 19.07.2004
Aktenzeichen: I-1 U 41/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 346 I n.F.
BGB § 434 I n.F.
BGB § 437 Nr. 2 n.F.
BGB § 475 I
ZPO § 531
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 29. Januar 2004 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten beider Rechtszüge trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.

Zu Unrecht hat das Landgericht der auf die Rückabwicklung des zwischen den Parteien am 28.06.2002 geschlossenen Kaufvertrags über einen gebrauchten Opel Astra gerichteten Klage stattgegeben. Der Klägerin steht ein insoweit allein aus § 346 I BGB n.F. in Betracht kommender Anspruch auf Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises von 10.200,00 EUR Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs nicht zu. Gemäß § 346 I BGB n.F. sind die empfangenen Leistungen im Falle des Rücktritts einer Vertragspartei einander zurückzugewähren. Im Unterschied zum Landgericht kann sich die Klägerin aber nach Ansicht des Senat nicht mit Erfolg darauf berufen, wirksam durch Erklärung vom 03.01.2003 von dem streitgegenständlichen Kaufvertrag zurückgetreten zu sein. Im einzelnen ist dazu folgendes auszuführen: 1. Gemäß § 437 Nr.2 BGB n.F. kann der Käufer nur dann zurücktreten, wenn die gekaufte Sache mangelhaft ist und der Mangel innerhalb einer gesetzten Frist nicht nachgebessert worden oder aber die Nacherfüllung fehlgeschlagen oder dem Käufer unzumutbar ist ( §§ 323 , 440 BGB n.F.). Ein Sachmangel liegt nach § 434 I BGB n.F. dann vor, wenn die Sache bei Übergabe ( § 446 BGB n.F.) nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat, sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung oder aber sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten darf. Für die Beurteilung dessen, was die gewöhnliche Verwendung ist, ist der Erwartungshorizont eines vernünftigen Durchschnittskäufers maßgeblich. Abzustellen ist auf normale, durchschnittliche Anforderungen des Marktes am Maßstab vergleichbarer Sachen (Faust in Bamberger/Roth, BGB, Bd. I, § 434 Rn 57, 64; Dauner-Lieb/Heidel, Schuldrecht, § 434 Rn 9). Bei einem Gebrauchtwagen ist für die Beurteilung namentlich auch bedeutsam, ob die Beeinträchtigungen die bei einem Wagen des entsprechenden Alters und der entsprechenden Fahrleistung üblichen Abnutzungs- und Verschleißerscheinungen übersteigen ( Bamberger/Roth aaO). Im Unterschied zur Wandelung nach altem Recht ist Voraussetzung für einen Rücktritt nach neuem Recht zudem, dass die Pflichtverletzung des Verkäufers nicht nur unerheblich ist ( § 323 Abs.5 S.2 BGB n.F; dazu OLG Düsseldorf Urteil vom 27.02.2003, Am. 3 W 21/04). 2. Der einzige Mangel, der hier als Sachmangel im Sinne von § 434 I BGB n.F. überhaupt von Bedeutung sein kann, ist das von der Klägerin behauptete Ausgehen des Motors während der Fahrt. Sämtliche anderen von der Klägerin gerügten Mängel sind nämlich unstreitig entweder durch die Beklagte bereits vor Erklärung des Rücktritts beseitigt worden oder aber es handelt sich dabei um bloße übliche Alters- und Verschleißerscheinungen. Wie das Landgericht sieht es der Senat aufgrund der Aussage des Ehemanns der Klägerin, des Zeugen T., an dessen Richtigkeit keine durchgreifenden Zweifel bestehen, jedenfalls für erwiesen, dass der Motor im Zeitraum Oktober 2002 bis April 2003 während der Fahrt im Leerlauf, namentlich beim Zurollen auf eine Ampel, häufig ausging. Im Ansatz zunächst zutreffend hat das Landgericht darin einen Sachmangel gesehen. Auch nach Ansicht des Senats gehört es regelmäßig jedenfalls zur üblichen Verwendung eines zwei Jahre alten Gebrauchtwagens mit einem Kaufpreis von 10.200,- EUR , dass dieser fahrbereit ist und mit diesem auch längere Strecken zurückgelegt werden können, ohne dass der Motor während der Fahrt ausgeht. Welche Auswirkungen sich daraus ergeben, dass das vom Zeugen T. bestätigte Ausgehen des Motors während der Fahrt jedenfalls zum Teil in einen Zeitraum fällt, der zeitlich nach der Rücktrittserklärung der Klägerin liegt, kann offen bleiben, da es hierauf aus den nachfolgenden Gründen nicht ankommt. 3. Dieser Sachmangel berechtigt die Klägerin nämlich nicht zum Rücktritt, jedenfalls kann sie sich auf den von ihr darauf gestützten Rücktritt nicht berufen. 3.1. Zunächst steht dem allerdings nicht entgegen, dass zwischen den Parteien zugleich mit dem Kaufvertrag eine sogenannte " 1000tage-Garantieversicherung" abgeschlossen worden ist. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht insoweit eine Beschaffenheitsvereinbarung vereint. Auch nach Ansicht des Senats liegt in dieser Garantieversicherung entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung keine Beschaffenheitsvereinbarung des Inhalts, dass Mängel, die über die Garantie reguliert werden können, keine Mängel der Kaufsache darstellen. Zum einen kann - wie das Landgericht insoweit ebenfalls zutreffend ausgeführt hat - die Vereinbarung einer "Garantie" schon bei verständiger Würdigung nur so verstanden werden, dass diese dem Käufer - über die gesetzlichen Rechte hinaus - zusätzliche Rechte geben, die Stellung des Käufers dagegen nicht verschlechtern soll. Genau dies wäre aber der Fall, wenn man hier sämtliche von der Garantie erfasste Mängel - selbst dann, wenn sie an sich einen Sachmangel im Sinne von § 434 I BGB darstellten - von der gesetzlichen Gewährleistung ausnähme, denn vorliegend tritt die streitgegenständliche Garantie nicht voll, sondern lediglich mit Eigenbeteiligung des Käufers ein (gestaffelt nach Kilometerleistung). Im Übrigen ist in den Allgemeinen Bedingungen für die Garantie unter § 1 Nr.4 ausdrücklich geregelt, dass die gesetzlichen Rechte des Käufers durch diese Garantie nicht eingeschränkt werden. Schließlich läge in einer Beschaffenheitsvereinbarung, wie sie von der Beklagten geltend gemacht wird, ein Verstoß gegen § 475 I BGB. 3.2. Bedenken ergeben sich indes insoweit, als dass es sich bei dem "Ausgehen des Motors während der Fahrt" lediglich um einen nach außen in Erscheinung tretenden Mangel handelt, die Ursache hierfür aber in einem anderen Defekt liegt. Da vorliegend offen bleibt, worauf das Ausgehen der Motors zurückzuführen ist, läßt sich letztlich auch nicht feststellen, ob das "Ausgehen des Motors während der Fahrt" nicht schlicht auf die übliche Abnutzung eines Verschleißteils zurückzuführen war. Hierfür spricht indes einiges im Hinblick darauf, dass unter Zugrundelegung der Aussage des Zeugen T., der Motor sei nicht mehr während der Fahrt ausgegangen, nachdem im April 2003 der Luftmassenmesser ausgetauscht worden ist. 3.3. Abgesehen davon, ergeben sich des weiteren Zweifel dahin, ob es sich bei dem in Rede stehenden Mangel (Ausgehen des Motors während der Fahrt) um eine erhebliche Pflichtverletzung handelte, was für den Rücktritt Voraussetzung ist. Soweit das Oberlandesgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 27.02.2003 ( 3 W 21/04) die Frage der Erheblichkeit der Pflichtverletzung in dem dort zu entscheidenden Fall am Maßstab der Reparaturkosten festgemacht und bei einem Reparaturaufwand von unter 3 % des Kaufpreises eine erhebliche Pflichtverletzung verneint hat, so sieht darin auch der erkennende Senat grundsätzlich ein praktikables, wenn auch nicht unbedingt allein zu berücksichtigendes Beurteilungskriterium. Nach Ansicht des Senats ist zumindest dann, wenn sich wie vorliegend infolge unklarer Ursachen mangels ausreichender Schätzungsgrundlagen die Höhe der zur Beseitigung notwendigen Reparaturkosten nicht hinreichend feststellen lässt, auch auf die jeweiligen Begleitumstände abzustellen. Insoweit war hier zu berücksichtigen, dass auch unter Zugrundelegung des Vortrags der Klägerin davon auszugehen ist, dass der Motor nicht stets und ständig, sondern lediglich im Zeitraum Oktober 2002 bis April 2003 20 Mal ausgegangen sein soll, stets aber wieder ansprang und damit das Fahrzeug durchaus seinem Zwecke entsprechend zur Fortbewegung genutzt werden konnte. Anhaltspunkte dafür, dass die Betriebssicherheit des Fahrzeugs oder aber die Verkehrssicherheit des Fahrers, der Insassen oder Dritten gefährdet worden ist, hat der Senat indes, namentlich unter Berücksichtigung, dass der Wagen nach dem Vortrag der Klägerin offenbar regelmäßig von deren Ehemann für die Fahrt zu seiner Arbeitsstätte genutzt worden ist, nicht. Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang ausgeführt hat, dass das Ausgehen des Motors mit "großen Gefahren" verbunden gewesen sei, so vermag der Senat nicht nachzuvollziehen, worauf das Landgericht insoweit seine Überzeugung stützt. Der Zeuge hat dies so nicht bestätigt. Das dahingehende, lediglich pauschale Vorbringen der Klägerin ist bereits nicht nachvollziehbar, da diese zugleich vorgetragen hat, " der Motor sei seit Oktober 2002 regelmäßig im Leerlauf ausgegangen". Dies wiederum steht im Einklang mit den von der Klägerin vorgelegten Werkstattaufträgen, in denen insgesamt zweimal vermerkt ist, "Motor überprüfen, fällt im Leerlauf bei Anrollen auf Ampel aus...". 3.4. Es bedarf hier aber letztlich keiner Entscheidung darüber, ob eine erhebliche Pflichtverletzung vorliegt. Ebenfalls kann offen bleiben, ob das beklagte Ausgehen des Motors nicht lediglich auf dem Defekt eines Verschleißteils beruht. Selbst dann, wenn dies jeweils zugunsten der Klägerin unterstellt würde, hat die Klägerin vorliegend jedenfalls auf ihre Rechte aus dem von ihr unter dem 03.01.2003 erklärten Rücktritt verzichtet, weshalb es auch keiner Erörterung mehr bedarf, ob der Rücktrittserklärung eine Fristsetzung zur Nacherfüllung hätte vorausgehen müssen oder ob diese ausnahmsweise entbehrlich war ( § 440 BGB n.F.) . Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin hat diese das Fahrzeug nach Erklärung ihres Rücktritts am 03.01.2003 noch mehrfach im April 2003 zwecks Reparatur in die Werkstatt der Beklagten gebracht. Dass der von der Klägerin behauptete Mangel gegenwärtig noch besteht, lässt sich indes nicht feststellen. Vielmehr geht der Senat aufgrund der Aussage des Zeugen T. davon aus, dass der Mangel "Ausgehen des Motors während der Fahrt", seit April 2003 zumindest weitgehend beseitigt ist, nachdem der Wagen im April 2003 erneut in der Werkstatt der Beklagten repariert wurde. Wird wie vorliegend aber ein Mangel, auf den der Käufer seinen Rücktritt gestützt hat, nach Erklärung des Rücktritts im Einvernehmen mit dem Käufer durch den Verkäufer beseitigt, so kann der Käufer sein Rücktrittsrecht nicht mehr geltend machen. Dadurch, dass die Klägerin nach Rücktrittserklärung erneut den Auftrag zur Nachbesserung gegeben hat, die jedenfalls im April 2003 zur Behebung des Mangels führte, hat diese nach Ansicht des Senats vielmehr auf die Geltendmachung ihrer Rechte aus dem erklärten Rücktritt verzichtet. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ( BGH NJW 1996, 2647 - 2648) führte schon nach altem Recht eine im Einverständnis des Käufers durchgeführte, zur vollständigen Mangelbehebung führende Nachbesserung nach erfolgter Wandelungserklärung, bei der es sich - anders als bei der Rücktrittserklärung nach neuem Recht - nicht um ein einseitiges Gestaltungsrecht handelte, dazu, dass der Wandelung der Boden entzogen worden ist. Etwas anderes kann nach Ansicht des Senats erst recht nicht gelten, wenn wie vorliegend nach der - an kein Einverständnis des Verkäufers anknüpfenden - Rücktrittserklärung mit Zustimmung des Käufers, hier sogar im Auftrag der Klägerin, eine Nachbesserung erfolgt ist, die zur vollständigen Behebung des Mangels geführt hat. 4. Soweit die Klägerin mit der Berufung nunmehr behauptet, das Fahrzeug laufe nach wie vor "unrund", so beruft sich sie hierauf ohne Erfolg. Dahinstehen kann, ob dieses Vorbringen mangels Substantiiertheit nicht schon unbeachtlich ist, weil unklar bleibt, was genau die Klägerin damit meint. Ebenfalls kann offen bleiben, ob es sich dabei lediglich um einen zum Rücktritt nicht berechtigenden unerheblichen Mangel handelt. Jedenfalls ist ihr Vorbringen verspätet im Sinne von § 531 ZPO. II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 I ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt 10.200,- EUR, diesem Betrag entspricht auch die Beschwer der Klägerin. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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