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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 14.11.2005
Aktenzeichen: I-1 U 59/05
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 253 Abs. 2
BGB § 823 Abs. 1
ZPO § 141
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 23. Februar 2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger macht restliche Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche aufgrund eines Unfalls vom 31.05.2003 gegen 17.20 Uhr auf einem Fahrradweg in der Nähe des XXX in D geltend.

Am Unfalltag befuhr der Kläger mit seinem Fahrrad einen Fahrradweg in der Nähe des XXX, der breit genug war, um das Passieren zweier Fahrräder zu ermöglichen. An einer Weggabelung wollte er mit seinem Fahrrad nach links abbiegen. Dabei stieß er mit dem ihm ebenfalls auf einem Fahrrad entgegenkommenden Beklagten zusammen, der aus seiner Sicht nach rechts in den von dem Kläger benutzten Fahrradweg einbiegen wollte. Der Kläger fiel infolge des Zusammenstoßes nach links von seinem Fahrrad. Das Fahrrad des Klägers sowie seine Sonnenbrille wurden beschädigt. Der Kläger zog sich eine schwere Jochbeinfraktur sowie einen Augenbogenknochenbruch zu. Der Gesichtsnerv wurde eingeklemmt. Außerdem zog er sich eine schmerzhafte Prellung am linken Unterarm zu. Er wurde zweimal operiert.

Die Haftpflichtversicherung des Beklagten erstattete dem Kläger ohne Anerkennung einer Rechtspflicht im Hinblick auf die beschädigte Sonnenbrille sowie das beschädigte Fahrrad ausgehend von einer Haftungsquote von 50 % einen Betrag von 112,50 Euro. Zudem zahlte sie einen Schmerzensgeldvorschuss in Höhe von 2.000 Euro.

Der Kläger ist der Ansicht gewesen, der Beklagte habe den ihm entstandenen Schaden insgesamt zu tragen. Insoweit hat er behauptet, der Beklagte sei mit zu hoher Geschwindigkeit bergab in die Kurve eingefahren und sei zu weit nach links abgekommen und deshalb verkehrswidrig aus Unachtsamkeit mit voller Wucht mit dem Vorderrad des Klägers kollidiert.

Die beiden Operationen hätten seinen vorherigen körperlichen und auch optischen Zustand nicht vollends wieder herstellen können, es sei davon auszugehen, dass lebenslange Folgeschäden verblieben. Auch heute noch leide er unter Schmerzen und insbesondere an einem Taubheitsgefühl im Lippen- und Wangenbereich.

Der Kläger macht als Schaden Zuzahlungsbeträge für die beiden Krankenhausaufenthalte in Höhe von 117 Euro geltend und begehrt restliches Schmerzensgeld, das nicht unter 23.000 € liegen sollte.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 117 Euro nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 05.09.2003 zu zahlen,

2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 05.09.2003 zu zahlen,

3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall zu bezahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, er habe den Fahrradweg mit einer Geschwindigkeit von circa 10 km/h befahren. Er sei auf dem Fahrradweg ganz rechts gefahren, als ihm plötzlich der Kläger mit überhöhter Geschwindigkeit entgegengekommen sei, so dass er - der Beklagte - die Kollision auf der aus seiner Sicht rechten Fahrbahnseite nicht mehr habe vermeiden können. Der Kläger habe daher die Kurve mit seinem Fahrrad nach links geschnitten, um seinen Weg zu verkürzen und sei dabei in seine - des Beklagten - Fahrspur geraten. Dementsprechend habe der Kläger auch nach dem Unfall erklärt, dass der Beklagte sich verkehrsgerecht verhalten habe, insbesondere ganz rechts gefahren sei. Zudem habe der Kläger angegeben, seinen Schaden selbst tragen zu wollen, weshalb der Unfall auch von der Polizei nicht aufgenommen worden sei.

Das Landgericht hat den Beklagten als Partei vernommen und sodann die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe ein Verschulden des Beklagten nicht bewiesen, da dieser in seiner Parteivernehmung glaubhaft bekundet habe, dass er langsam an die Kreuzung herangefahren sei, um dort rechts abzubiegen, und sich dabei ganz rechts gehalten habe. Diese Schilderung des Beklagten stehe auch nicht im Widerspruch zu objektiven Umständen, die einen anderen Geschehensablauf nahelegten.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, der zur Begründung ausführt, allein aus den objektiven Unfallumständen ergebe sich, dass der Kläger die Kurve des Fahrradweges nicht nach links geschnitten habe. Vielmehr sei der Unfall allein von dem Beklagten verursacht worden, der mit zu hoher Geschwindigkeit zu weit links gefahren sei.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 23.02.2005 verkündeten Urteils des Landgerichts Düsseldorf.

1.) den Beklagten zu verurteilen, an ihn 117 Euro nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 05.09.2003 zu zahlen,

2.) den Beklagten zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 05.09.2003 zu zahlen,

3.) festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 31.05.2003 gegen 17.20 Uhr Nähe XXX auf dem Fahrradweg zu bezahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beruft sich auf seine Angaben zum Unfallhergang im Rahmen seiner Parteivernehmung.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers ist zulässig aber unbegründet. Ihm steht der geltend gemachte Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch gegen den Beklagten nicht gemäß §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB zu.

Voraussetzung eines solchen Anspruchs wäre gewesen, dass der Kläger eine schuldhafte Verursachung des Unfalls vom 31.05.2003 durch den Beklagten bewiesen hat.

An die Feststellung des Landgerichts, dass der Kläger diesen Beweis nicht geführt hat, ist der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden, da keine konkreten Anhaltspunkte für Zweifel an ihrer Richtigkeit bestehen.

So hat der auf Antrag des Klägers in erster Instanz als Partei vernommene Beklagte ausgesagt, er sei aus seiner Sicht rechts auf dem Fahrradweg gefahren. Dementsprechend habe sich auch der Zusammenstoß auf der aus seiner Sicht rechten Seite des Fahrradweges noch vor der Weggabelung ereignet. Er sei zudem langsam an die Weggabelung herangefahren und habe vor der Einmündung seine Geschwindigkeit nochmals durch Einsatz seiner Bremsen reduziert.

Der vom Senat gemäß § 141 ZPO angehörte Kläger konnte keine zuverlässigen Angaben zu der Frage machen, ob der Beklagte seine Seite des Fahradweges kurz vor der Kollision verlassen hatte und so den Unfall verursacht hat. Vielmehr hat der Kläger zum Unfallverlauf im Wesentlichen nur angeben können, dass vor ihm wie aus heiterem Himmel plötzlich der Beklagte auf seinem Fahrrad aufgetaucht sei und es sofort zur Kollision gekommen sei, ohne dass er sagen könne, im welchem Bereich des Fahrradweges die Kollision erfolgte. Soweit der Kläger den Kollisionspunkt auf der Skizze in der Anlage zur Klageschrift vom 12.05.2004 etwa mittig im Bereich der Weggabelung eingezeichnet hat, hat er gleichzeitig angegeben, dass er sich insoweit nicht sicher sei.

Da auch im übrigen keine Umstände ersichtlich sind, die einen Rückschluß auf den tatsächlichen Unfallverlauf und insbesondere den exakten Ort der Kollision der beiden Parteien zulassen, ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger den ihm obliegenden Beweis, dass der Beklagte auf die von dem Kläger genutzte Seite des Weges abgekommen ist und so den Zusammenstoß schuldhaft verursacht hat, nicht erbracht hat. Die Grundsätze über den Anscheinsbeweis kommen dem Kläger nicht zugute. Denn es fehlt an einem typischen Geschehensablauf als Grundlage für die Annahme eines Verschuldens des Beklagten.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 30.000 Euro festgesetzt.

Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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