Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 05.04.2006
Aktenzeichen: I-1 W 62/03
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, RpflG


Vorschriften:

BGB § 247
ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 104 Abs. 3 Satz 1
RpflG § 11 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Krefeld vom 14. April 2003 hinsichtlich des Eingangssatzes des Tenors abgeändert und wie folgt neu gefasst:

"Aufgrund des Urteils des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9. September 2002 sind von den Beklagten an Kosten 3.891,22 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 31. Oktober 2002 an den Kläger zu erstatten."

Im Übrigen verbleibt es bei dem Tenor der angefochtenen Entscheidung.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen den Beklagten zur Last.

Gründe:

Das gem. § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 11 Abs. 1 RpflG als sofortige Beschwerde zu behandelnde Rechtsmittel des Klägers hat in der Sache in vollem Umfang Erfolg. Die Absetzung der streitigen Kosten für die Inanspruchnahme des Privatgutachters ist nicht gerechtfertigt.

1) Entgegen der Begründung der Nichtabhilfeentscheidung der Rechtspflegerin des Landgerichts vom 12. November 2003 sind nicht die Sachverständigenkosten in Höhe von 1.294,56 DM verfahrensgegenständlich. Die diesbezügliche Rechnung des Privatgutachters A. vom 2. Juli 2001 hatte der Kläger lediglich zur Erläuterung und umfassenden Darstellung seines Beschwerdevorbringens zu den Akten gereicht. Der Streit der Parteien im Kostenfestsetzungsverfahren betrifft allein die Rechnung des Privatgutachters A. vom 15. August 2002 in Höhe von 394,-- € netto für seine Teilnahme am Senatstermin vom 15. Juli 2002 mit Beweisaufnahme.

2) Die Frage der Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Privatgutachtens ist grundsätzlich kritisch zu prüfen (OLG Düsseldorf - 10. Zivilsenat, Kostensenat - Beschluss vom 14. April 1994, Az: 10 W 48/94, abgedruckt in Rpfleger 1995, 39 und OLGR-Düsseldorf 1994, 251). Aus § 91 I S. 1 ZPO ergibt sich nämlich, dass der unterlegene Gegner die Kosten eines von der Gegenseite eingeholten Privatgutachtens nur zu tragen hat, soweit dieses zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Nach ganz überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur sind im Kostenfestsetzungsverfahren - unbeschadet etwaiger Erstattungsansprüche aus materiellem Schadensersatzrecht - solche Kosten nur ausnahmsweise berücksichtigungsfähig (vgl. die Übersicht bei Stein/Jonas/Bork, 21. Aufl., § 91, V Stichwort "Privatgutachten" und bei Baumbach/Hartmann, 56. Aufl, § 91, Anm. 102 Stichwort "Gutachten"). Insbesondere dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Stellungnahme des Privatgutachters während des Rechtsstreits eingeholt wird, sind an die Notwendigkeit dieser Rechtsverfolgungsmaßnahme strenge Anforderungen zu stellen (Baumbach/Hartmann, a.a.O.; Zöller/Herget, 24. Aufl., § 91 Rdnr. 13, Stichwort "Privatgutachten"). Während des Prozesses findet eine Beweisaufnahme nämlich grundsätzlich nur im Rahmen der gerichtlichen Beweisanordnungen statt. Die Klärung umstrittener Tatsachenfragen ist nicht Sache der Parteien, sondern des Gerichts in dem nach der ZPO hierfür vorgesehenen Beweisaufnahmeverfahren. Deshalb wird die Notwendigkeit der Einholung eines Privatgutachtens, dessen Beweiswert ohnehin vielfach geringer ist als das des Gutachtens eines gerichtlich bestellten Sachverständigen, nur in besonderen Ausnahmefällen bejaht werden können (OLG Düsseldorf, a.a.O. mit Hinweis auf OLG Düsseldorf VersR 62, 624; OLG München, NJW 72, 2273).

3) Ein solcher Ausnahmefall ist hier allerdings gegeben.

a) Der Kläger macht mit Erfolg geltend, er sei nach Eingang des Gutachtens des durch den Senat bestellten Sachverständigen S. vom 17. Januar 2002 auf sachverständige Hilfe angewiesen gewesen, um in der erforderlichen Weise darzutun, dass die gutachterlichen Ausführungen wegen ungeklärter Anknüpfungstatsachen keine geeignete Grundlage für die zu treffende Streitentscheidung des Senats waren. Die daraufhin durch den Sachverständigen A. im Auftrag des Klägers vorgenommenen gutachterlichen Tätigkeiten sind in der hier - nicht verfahrensgegenständlichen - Kostenliquidation vom 2. Juli 2001 abgerechnet. Die durch den Privatgutachter gewonnenen Erkenntnisse haben dann Eingang in den Schriftsatz vom 21. März 2002 gefunden, in welchem sich der Kläger kritisch mit den gutachterlichen Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen S. auseinander setzt.

b) Daraufhin sah sich der Senat veranlasst, auf Antrag des Klägers den Zeugen M. T. zum Beweisaufnahmetermin am 15. Juli 2002 zu laden. Auf der Grundlage der durch die Zeugenvernehmung neu gewonnenen Erkenntnisse, die u.a. auch auf ergänzenden Fragen des Sachverständigen S. die Kompatibilitätsanalyse betreffend beruhten, hat dann der Sachverständige S. sein schriftliches Gutachten in dem entscheidenden Punkt berichtigt. Danach hatte der Senat ausweislich des am 9. September 2002 verkündeten Berufungsurteils (Bl. 5 UA) keine durchgreifenden Zweifel mehr daran, dass die gemäß dem Gutachten des Sachverständigen A. zur Abrechnung gestellten Beschädigungen auf die fragliche Kollision mit dem Opel Kadett des Beklagten zu 1. zurückgingen.

4) Aufwendungen für eine Privatgutachten sind erstattungsfähig, wenn eine Partei zur klageweisen Geltendmachung eines Zahlungsbegehrens auf sachverständige Hilfe angewiesen ist und das Gutachten Verwendung in dem Rechtsstreit gefunden oder diesen zumindest beeinflusst hat (OLG Düsseldorf - 10. Zivilsenat - Beschluss vom 27. Februar 1997, Aktenzeichen: 10 W 21/97, veröffentlicht in NJW-RR 1997, 1431 = MDR 1997, 789).

a) Nach dem geschilderten Verfahrensablauf steht fest, dass die unfallanalytischen Erkenntnisse des Privatgutachters A. den Ausgang des Rechtsstreits beeinflusst haben. Denn sie haben den Senat dazu veranlasst, die maßgeblichen Anknüpfungstatsachen, insbesondere die Kollisionsposition, die Aufprallgeschwindigkeit sowie die Beschädigungen am Opel Kadett einschließlich der Fahrzeugfarbe, durch die Vernehmung des Zeugen T. weiter aufzuklären mit der bezeichneten Folge einer nachträglichen Korrektur der gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen S. anlässlich seiner Anhörung im Senatstermin am 15. Juli 2002.

b) Damit bestehen im Ergebnis auch keine Bedenken, die streitigen Aufwendungen des Privatgutachters Arnon für sein Erscheinen anlässlich des Beweisaufnahmetermines als erstattungsfähig im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu behandeln. Zwar ist er im Terminprotokoll des Senats nicht bei der Aufzählung der bei Aufruf der Sache Erschienenen aufgeführt. Auch bestehen Zweifel hinsichtlich der Stimmigkeit des Beschwerdevorbringens des Klägers, der gerichtlich bestellte Sachverständige Stiegen habe vor dem Sitzungssaal den Sachverständigen A. als Verfasser des Gegengutachtens sowie als präsenten Zeugen erkannt und sich allein schon wegen der Vernehmungsbereitschaft des Zeugen dazu motiviert gesehen, seine früheren gutachterlichen Ausführungen zu korrigieren. Jedoch macht der Kläger zu Recht geltend, dass die vorsorgliche Gestellung des Privatgutachters im Beweisaufnahmetermin eine notwendige Maßnahme zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO war. Denn es war vorher nicht absehbar, welche Ausführungen der gerichtlich bestellte Sachverständige S. bei seiner Anhörung im Hinblick auf das Ergebnis der Vernehmung des Zeugen T. machen würde. Es kam konkret die Möglichkeit in Betracht, dass sich noch eine Befragung des Privatgutachters als notwendig herausstellen würde. Um nicht Gefahr zu laufen, einen dahingehenden Beweisantrag mit der Begründung der Prozessverschleppungsabsicht zurückgewiesen zu bekommen, war die vorsorgliche Bereitstellung des sachverständigen Zeugen A. seitens des Klägers auch unter Berücksichtigung des Gebots zu einer kostensparenden Prozessführung nicht zu beanstanden.

5) Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 394,-- €.

Zur Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

Zurück