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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 17.03.2005
Aktenzeichen: I-10 U 127/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 564 Abs. 2 a.F.
BGB § 565 Abs. 1 a a.F.
BGB § 568
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Streithelfers der Beklagten wird das am 3. Juni 2004 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Streithelfers der Beklagten trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist unbegründet, denn das Mietverhältnis der Parteien war mit Ablauf des 31.12. 2001 beendet. Für die Folgezeit steht der Klägerin demnach der geltend gemachte Mietzinsanspruch für die Zeit von Januar 2002 bis Oktober 2003 nicht mehr zu. Gründe:

1. Zutreffend ist das Landgericht allerdings davon ausgegangen, dass das ursprünglich bis zum 30.9. 1999 befristete Mietverhältnis über den genannten Termin hinaus fortbestand, weil die Parteien das Mietverhältnis auf der Grundlage des Vertrags stillschweigend über Jahre hinweg fortgesetzt haben. Die Klägerin hat der Beklagten die Räumlichkeiten überlassen, die Beklagte hat den vereinbarten Mietzins einschließlich der Nebenkostenvorauszahlung geleistet. Die Klägerin hat die Nebenkostenvorauszahlungen abgerechnet, die Beklagte hat die Abrechnungen akzeptiert. Darin liegt, wie das Amtsgericht in dem vorausgegangenen Rechtsstreit - 48 C 14194/01 AG Düsseldorf - zutreffend erkannt hat, der konkludente Neuabschluss eines unbefristeten Mietvertrages zu den bisherigen Bedingungen auf unbestimmte Zeit, der trotz der Schriftformklausel im Mietvertrag formlos wirksam vereinbart werden konnte. Dem steht der Ausschluss von § 568 BGB a.F. (Bl. 5 f GA) nicht entgegen (vgl. Bub/Treier-Grapentin, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl. IV Rdn 46 mwN). Auch wenn die Parteien § 568 BGB ausgeschlossen haben, kann ihr Verhalten nach Mietende ergeben, dass sie das Mietverhältnis aufgrund einer stillschweigenden Vereinbarung fortgesetzt haben (Senat, GE 2003, 183). Etwaige Verhandlungen der Parteien über eine schriftliche Neufassung des Mietvertrages ändern daran nichts; keine der Parteien hat die Schriftform als wesentlich für die Fortsetzung des Mietverhältnisses angesehen. 2. Das Mietverhältnis ist indessen durch die Kündigung der Beklagten mit Wirkung zum 31.12. 2001 beendet worden. Dabei kann offen bleiben, ob bereits das Schreiben der Beklagten vom 31.5. 2001 (Bl. 46 GA), mit der sie erklärte, das Büro zum 30.6. 2001 zu räumen, von der Klägerin als Kündigungserklärung im Sinn des § 564 Abs. 2 BGB a.F. aufgefasst werden musste, denn immerhin lässt das Schreiben erkennen, dass die Beklagte die Nutzung des Mietobjekts aufzugeben gedachte, was für die von ihr beabsichtigte Auflösung des Miet-/Nutzungsverhältnisses zum 30.6. 2001, mithin für eine fristlose Kündigung spricht. Dass auch die Klägerin dies so aufgefasst hat, folgt aus ihrem Schreiben vom 6.6. 2001 (Bl. 177 GA), mit dem sie für den Fall, dass die Beklagte eine Kündigung habe aussprechen wollen, auf die Kündigungsfrist des § 565 Abs. 1 a BGB a.F. hinweist. Diese Frage braucht indessen nicht abschließend geklärt zu werden. Jedenfalls mit dem anwaltlichen Schreiben des Streithelfers vom 21.6. 2001 (Bl. 66 f GA) wird unmissverständlich klargestellt, dass die Beklagte das sofortige Ende des "Nutzungsverhältnisses" anstrebt. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass das Schreiben weder von einer Kündigung spricht noch von deren Erforderlichkeit ausgeht, weil sich die Beklagte nach Ablauf des 30.9. 1999 nicht mehr an den Mietvertrag gebunden fühlte. Entscheidend ist darauf abzustellen, dass dem Schreiben der unbedingte Wille entnommen werden kann, die Nutzung der Geschäftsräume gegen Entgelt mit sofortiger Wirkung zum 30.6. 2001 zu beenden. Hierin liegt bei verständiger Auslegung im Sinn des § 133 BGB die Erklärung einer fristlosen Kündigung. Die Kündigung ist eine auf die Beendigung des Mietverhältnisses gerichtete einseitige und empfangsbedürftige Willenserklärung mit rechtsgestaltender Wirkung. Aus dem Grundsatz der Klarheit und Eindeutigkeit bei der Ausübung von Gestaltungsrechten folgt, dass die Kündigung den erklärten Willen aufzeigen muss, das Vertragsverhältnis beenden zu wollen. Dieser Wille kann indes auch einem inhaltlich nicht eindeutigen Schreiben entnommen werden, wenn der Erklärungsempfänger zweifelsfrei erkennen kann, dass die andere Partei das Mietverhältnis beenden möchte (BGH NZM 2001, 1077, 1078). So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat in dem anwaltlichen Schreiben vom 21.6. 2001 zweifelsfrei erkennen lassen, dass sie das - aus ihrer Sicht - Nutzungsverhältnis, in Wahrheit aber Mietverhältnis, mit Wirkung zum 30.6. 2001 beenden wollte. Unbeschadet der fehlerhaften Ansicht zu einem vertragslosen Zustand war dem Schreiben für die Klägerin als Erklärungsgegnerin eindeutig zu entnehmen, dass die Beklagte von einer weiteren Nutzung der Geschäftsräume gegen Entgelt über den 30.6.2001 hinaus Abstand nehmen und sich demnach aus ihrer Sicht aus dem Mietverhältnis lösen wollte. Dass eine Kündigung nicht ausdrücklich ausgesprochen wurde, beruhte allein auf der Annahme der Beklagten, dass die Parteien lediglich noch ein bloßes Nutzungsverhältnis - nicht aber ein Mietvertrag - verband. Vor diesem Hintergrund ist die Aussage des Schreibens vom 21.06.2001 verständlich, dass es einer Kündigung angesichts des vertragslosen Zustandes nicht bedürfe. Hierdurch wird aber nicht der zugleich unmissverständlich erklärte Wille der Beklagten in Frage gestellt, ein Ende der entgeltlichen Nutzung der Geschäftsräume zum 30.06.2001 herbeiführen zu wollen. Damit erfüllt das Schreiben aber inhaltlich die Anforderungen an eine Kündigungserklärung. Dieser Einsicht konnte sich auch die Klägerin nicht versperren. Zwar lagen für die demnach erfolgte fristlose Kündigung Kündigungsgründe nicht vor. Es entspricht jedoch ständiger Rechtsprechung, dass eine fristlose Kündigung hilfsweise in eine ordentliche Kündigung umzudeuten ist, wenn nach dem eindeutig zum Ausdruck gekommenen Willen des Kündigenden das Vertragsverhältnis jedenfalls zum nächstmöglichen Termin beendet werden soll (BGH NZM 2003, 235 [236]; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl. Rdn 909, 910 mwN). Dass der Erklärung der Beklagten die Absicht, das Nutzungsverhältnis zum nächst möglichen Zeitpunkt zu beenden, zu entnehmen ist, kann nicht zweifelhaft sein. Die Beklagte hat das Mietverhältnis spätestens mit Schreiben vom 21.6. 2001, mithin vor dem 3. Werktag im Juli gekündigt. Als ordentliche Kündigung beendete sie das Mietverhältnis gemäß § 565 Abs. 1 a BGB a.F. zum 31.12. 2001. Die ab Januar 2002 geltend gemachten Mietzinsansprüche bestehen somit nicht. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 101 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern. Streitwert für das Berufungsverfahren: 11.023,32 EUR.

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