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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 28.04.2005
Aktenzeichen: I-10 U 129/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 340
BGB § 340 Abs. 1 Satz 2
BGB § 341
BGB § 341 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 12.07.2004 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 13. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen gesamtschuldnerisch haftend die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung entsprechend hohe Sicherheit leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Kostenerstattung für Aufwendungen im Zusammenhang mit Baumaßnahmen an dem Objekt A. Straße 2 in D.- K. in Anspruch. Bei dem Objekt handelte es sich ursprünglich um eine Hofanlage, die in den Jahren 1996/97 grundlegend umgebaut und saniert worden ist, um mit Geschäfts- und Wohnräumen ausgestattet zu werden.

Die Parteien - der Kläger als Vermieter, die Beklagten als Mieter - schlossen den Mietvertrag am 17.07.1997; zu diesem Zeitpunkt war der grundlegende Umbau noch nicht abgeschlossen. In dem Vertrag ist - soweit im Berufungsrechtszug noch entscheidungserheblich - folgendes geregelt:

"§ 1: Die auf dem Grundstück im Haus Nr. 4 (Pferdestall) ... nachstehenden Räume und Flächen: 231,58 qm Praxisräume ... werden vermietet zum Betrieb einer Arztpraxis.

§ 2: Das Mietverhältnis beginnt am 01.05.1998 ...

§ 23: ...

Pönale: Fertigstellung: 01.05.1998

Für jeden Werktag ab dem 01.05.1998 bis 30.06.1998, an dem der Mieter die angemieteten Räume nicht nutzen kann, verpflichtet sich der Vermieter an den Mieter einen Betrag in Höhe von 250,00 DM als Vertragsstrafe zu zahlen.

Für jeden Werktag ab dem 01.07.1998, an dem der Mieter die angemieteten Räume nicht nutzen kann, verpflichtet sich der Vermieter an den Mieter einen Betrag in Höhe von 1.250,00 DM als Vertragsstrafe zu zahlen.

Geringfügige Nacharbeiten, die die Abwicklung der Einrichtung nicht beeinträchtigen, sind kein Anlass für den Beginn der Pönale.

...

Bezugsfertigkeit: Sie beinhaltet neben der bauseits gemäß Praxisplanung herzustellenden Räumlichkeiten incl. aller Sanitär-, Fliesen-, Bodenbelags-, Elektro-, Maler- und Innenausbauarbeiten (abgehängte Decken) auch die für den Praxisbetrieb unverzichtbare Fertigstellung der zur Praxis gehörigen Zugangswege und Parkplätze, die ein sicheres, schmutzfreies und ungehindertes Erreichen der Praxis für Patienten (auch für Rollstuhlfahrer) ermöglicht."

Der Kläger hat die Beklagten aus 13 Positionen - teilweise mit Unterpositionen - auf Zahlung von 49.641,11 € zuzüglich Zinsen in Anspruch genommen. Die Beklagten sind den Einzelansprüchen teilweise entgegengetreten und haben wegen mehrerer Gegenforderungen die Aufrechnung erklärt. In erster Linie haben sie sich eines Vertragsstrafeanspruchs in Höhe von 49.000,00 DM (25.053,30 €) berühmt. Bezüglich des Vertragsstrafeanspruchs haben die Parteien darüber gestritten, ob dieser vertraglich abgedungen worden sie und ob die Beklagten das Mietobjekt vorbehaltlos abgenommen haben.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme der Klage in Höhe von 34.574,05 € zuzüglich Zinsen stattgegeben. Einen Anspruch der Beklagten auf Vertragsstrafe hat es verneint, da sich die Beklagten entgegen § 341 Abs. 3 BGB nicht in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Abnahme die Geltendmachung der Vertragsstrafe vorbehalten hätten. Im übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wie die Entscheidungsgründe Bezug genommen (Bl. 137 f GA).

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie allein den - zur Aufrechnung gestellten - Anspruch auf Vertragsstrafe weiterverfolgen.

Sie machen geltend: Der Kläger habe das Objekt entgegen der Vereinbarung nicht zum 1. Mai 1998 bezugsfertig bereitgestellt. Sie hätten unter eigentlich unzumutbaren Bedingungen den Praxisbetrieb am 04.08.1998 aufgenommen. Tatsächlich seien die Räume nicht bezugsfertig gewesen, so habe die Heizungsanlage gefehlt, es habe keine Schmutzwasserentsorgung gegeben, auch habe kein warmes Wasser zur Verfügung gestanden. An Strom seien sie auf das Baustromaggregat angewiesen gewesen, was dazu geführt habe, dass das Röntgengerät häufig abgestürzt sei. Die Außenanlagen seien nicht fertiggestellt gewesen. Aus diesem Grund hätten sie sich auch mit dem Kläger auf eine Mietzinsminderung für August und September verständigt.

Sie beantragen,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen, soweit sie zu einer Zahlung von mehr als 9.265,10 € zuzüglich Zinsen verurteilt worden sind.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er wendet ein, sich mit den Beklagten im Frühjahr 1998 - formwirksam - darauf geeinigt zu haben , dass sich die Beklagten um eine Verlängerung ihrer vorausgegangenen Mietverhältnisse bemühen sollten; deswegen habe das streitige Mietverhältnis erst zum 01.08.1998 in Kraft treten und die vereinbarte Vertragsstrafe entfallen sollen. Dies ergebe sich schon aus dem Schreiben der Beklagten vom 15. Juli 1998 (Anl. K 24, Bl. 102 f GA). Die Pönale sei zudem, wie vom Landgericht zutreffend erkannt, wegen des fehlenden Vorbehalts nicht mehr geschuldet. Hinzu komme, dass die verspätete Übergabe zumindest auch auf der Vielzahl teilweise erst spät vorgebrachter Sonderwünsche der Beklagten beruhe.

Letztendlich sei der Vertragsstrafenanspruch unzutreffend berechnet. Samstage und Feiertage seien keine "Werktage" im Sinne der genannten Bestimmung. Mit der Abnahme am 06.07.1998 entfalle zudem die Vertragsstrafe.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat einen zur Aufrechnung geeigneten Anspruch der Beklagten auf Zahlung einer Vertragsstrafe mit zutreffender Begründung verneint.

Zwar haben die Parteien in § 23 des Vertrages vom 17.07.1997 für den Fall, dass das Mietobjekt ab dem vereinbarten Beginn des Mietverhältnisses (01.05.1989) nicht genutzt werden kann, eine der Höhe nach bei fortschreitender Verzögerung gestaffelte Vertragsstrafe vereinbart. Unstreitig ist den Beklagten das Mietobjekt zu dem im Vertrag genannten Zeitpunkt nicht zum Gebrauch überlassen worden. Ein danach verwirkter Strafanspruch ist jedoch gemäß § 341 Abs. 3 BGB erloschen, weil sich die Beklagten bei der Annahme der vom Kläger geschuldeten Leistung - Übergabe der Mieträume - die Geltendmachung der Vertragsstrafe nicht vorbehalten haben. Ob, wie der Kläger behauptet, § 23 des Mietvertrages nachträglich einvernehmlich abbedungen worden ist, bedarf vor diesem Hintergrund keiner Entscheidung.

Mit der Berufung machen die Beklagten geltend, § 341 BGB sei auf die verspätete Überlassung von Mieträumen nicht anwendbar, weil die Gebrauchsgewährung für den Verspätungszeitraum nicht nachgeholt werden könne. Dem kann nicht gefolgt werden. Zwar ist bei einem Dauerschuldverhältnis wie der Mieten anerkannt, dass eine Leistungsverzögerung bei der Gebrauchsüberlassung zu einer Teilunmöglichkeit der Leistung führt, weil die Gebrauchsüberlassung für den Verspätungszeitraum nicht mehr nachholbar ist (Bub/Treier-Kraemer, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, III Rdn. 1197 m.w.N.). Die Parteien haben die Vertragsstrafe allerdings nicht in Bezug auf Teilleistungen, sondern für den Fall vereinbart, dass die Gebrauchsgewährung nicht zu dem auf den 01.05.1998 festgesetzten Übergabezeitpunkt erfolgt. Dem entspricht die Regelung des § 341 BGB. Denn anders als bei § 340 BGB kann die Strafe bei nicht gehöriger, insbesondere nicht rechtzeitiger Erfüllung neben der Erfüllung gefordert werden, während der Gläubiger nach § 340 BGB entweder die Vertragsstrafe oder die Erfüllung beanspruchen kann. Hätten die Parteien ein Strafversprechen für die Nichterfüllung vereinbaren wollen, hätte die - wenn auch verspätete - Gebrauchsüberlassung an die Beklagten als Erfüllung einen Anspruch gemäß § 340 Abs. 1 Satz 2 BGB auf eine Vertragsstrafe ohnehin ausgeschlossen. Für durch Zeitablauf nicht nachholbare Teilleistungen fehlt es hingegen schon an der grundlegenden Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 340 BGB, dass der Gläubiger sich nämlich entscheiden kann, ob er weiterhin die Erfüllung oder die Vertragsstrafe fordert.

Der Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe ist erloschen. Hierzu kann auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen werden, mit denen sich die Berufungsbegründung nicht auseinandersetzt (vorbehaltlose Annahme der Erfüllung).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Nebenentscheidungen im übrigen aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird wie folgt festgesetzt: 25.308,95 €.

Ende der Entscheidung

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