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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 09.03.2006
Aktenzeichen: I-10 U 130/05
Rechtsgebiete: UStG, UmwG, BGB, ZPO, MV


Vorschriften:

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1
UStG § 14
UStG § 14 Abs. 1
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1
UmwG § 123 Abs. 3
UmwG § 123 Abs. 3 Nr. 1
BGB § 166
BGB § 273
BGB § 320 Abs. 2
BGB § 536 Abs. 1
ZPO § 265
ZPO § 265 Abs. 2
ZPO § 533
MV § 3.1
MV § 3.5
MV § 3.7
MV § 7 Abs. 2
MV § 9.2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 30. August 2005 verkündete Urteil der Vorsitzenden der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die L. GmbH, vertreten durch die Herren T. R., W. H. H. und R. W. K., H. 299, 4 D., zu zahlen

(a) 131.814,99 € nebst 8 % Zinsen

- aus 10.000,00 € seit dem 1.8.2003,

- aus weiteren je 12.083,73 € seit dem 4.8., 4.9., 6.10. und 5.11.2003 und

- aus weiteren je 6.680,01 € seit dem 4.12.2003, 4.1., 5.2., 5.3., 4.4., 6.5., 5.6., 4.7., 5.8., 5.9. und 6.10.2004 und

(b) weitere 11.756,80 € Zug-um-Zug gegen Erteilung einer den Anforderungen des § 14 UStG entsprechenden Rechnung für die auf die Monate Dezember 2003 bis Oktober 2004 entfallende Miete in Höhe von 8.668,91 € monatlich.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 14,5 %, die Beklagte zu 85,5 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung rückständiger Miete und Kaution in Höhe von insgesamt 161.141.79 €. Wegen der getroffenen Feststellungen wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (GA 90-92). Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen (GA 93 ff.). Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie weiterhin die vollständige Abweisung der Klage erstrebt.

Sie rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Landgericht habe verkannt, dass sie jedenfalls vor dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses schon deshalb keinen Mietzins schulde, weil die Klägerin selbst noch nicht Eigentümerin oder Besitzerin der Flächen gewesen sei und ihr daher den Besitz nicht eingeräumt habe und auch nicht habe einräumen können. Das Landgericht habe den Umstand falsch gewertet, dass die Klägerin mit ihrer Billigung einen Teil der vermieteten Flächen kurz nach Abschluss des Mietvertrages wieder zurückgenommen habe und hierdurch die Abgeschlossenheit verloren gegangen sei. Das Landgericht habe verkannt, dass der Mietvertrag hierdurch konkludent aufgehoben worden sei. Jedenfalls sei der Mietzins wegen der fehlenden Abgeschlossenheit auf Null gemindert. Es sei zudem nicht erkennbar, wie sich der reduzierte Mietzins errechne. Auch die Kaution hätte das Landgericht nicht zuerkennen dürfen. Da das Mietverhältnis durch ihre Kündigung vom 23.2.2005 beendet worden und damit der Kautionsrückzahlungsanspruch fällig geworden sei, stehe dem Zahlungsbegehren die dolo-agit-Einrede entgegen. Im Übrigen beruft sie sich auf ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Vorlage einer der Bestimmung des § 14 UStG entsprechenden Rechnung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung Bezug genommen (GA 115 ff.).

Mit ihrem am 15.2.2006 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz gleichen Datums hat sie für den Fall, dass der Senat ihre Auffassung hinsichtlich einer Mietaufhebungsvereinbarung nicht teile, eine Hilfs-Feststellungsklage eingereicht mit dem Antrag, festzustellen, dass sie gegenüber der Klägerin für den Zeitraum vom 18.10.2003 bis zum 31.10.2004 aufgrund von Mängeln von der Entrichtung des Mietzinses aus dem Untermietvertrag vom 17.10.2003 befreit sei. Diesen Antrag hat sie neben dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils und Abweisung der Klage in der mündlichen Verhandlung gestellt.

Die Beklagte hat beantragt, die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Zahlung an die L. GmbH zu erfolgen habe. Sie hat der Zulassung der Widerklage widersprochen und eine Verhandlung über den Widerklageantrag abgelehnt.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 12.1.2006, auf die im Einzelnen Bezug genommen wird (GA 134 ff.). Mit Schriftsatz vom 15.2.2006 hat sie - von der Beklagten nicht bestritten - dargelegt, dass sie u.a. die streitigen Ansprüche mit Ausgliederungs- und Übernahmevertrag vom 8.11.2005 gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG auf die L. GmbH übertragen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze der Parteien einschließlich der zu den Akten gereichten schriftlichen Unterlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache in Höhe von 17.570,00 € Erfolg. In dieser Höhe kann die Klägerin die in der zuerkannten Miete von 151.141,79 € enthaltenen Nebenkostenvorauszahlungen wegen Eintritts der Abrechnungsreife nicht mehr verlangen. Darüber hinaus steht der Beklagten in Höhe von weiteren 11.756,80 € hinsichtlich der auf die rückständige Miete für die Monate Dezember 2003 bis Oktober 2004 entfallenden anteiligen Mehrwertsteuer (= 11 x 1.068,80 €) bis zur Erteilung einer den Anforderungen des § 14 UStG entsprechenden Rechnung ein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 BGB zu, das im tenorierten Umfang zu einer Zug-um-Zug-Verurteilung führt (§ 274 BGB). Das Landgericht hat die Beklagte im Übrigen zutreffend zur Zahlung rückständiger Miete für die Zeit von August 2003 bis Oktober 2004 in verbleibender Höhe von 133.571,79 € und zur Zahlung der vertraglich vereinbarten Kaution von 10.000 € verurteilt. Das angefochtene Urteil beruht insoweit weder auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 546 ZPO) noch rechtfertigen die im Berufungsverfahren zu Grunde zu legenden Tatsachen (§§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, 529 Abs. 1 ZPO) eine abweichende Beurteilung. Der Senat folgt den Gründen der angefochtenen Entscheidung nach Maßgabe der folgenden durch das Berufungsvorbringen veranlassten Ausführungen.

1.

Die nach dem Inhalt des Schriftsatzes der Klägerin vom 15.2.2006 nach Rechtshängigkeit der Klage vorgenommene unstreitige Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 UmwG auf die L. GmbH führt nicht zum Verlust der Prozessführungsbefugnis der Klägerin. Vielmehr greift zugunsten der Klägerin die Bestimmung des § 265 Abs. 2 ZPO ein. Danach hat eine - wie hier - nach Rechtshängigkeit vorgenommene Veräußerung oder Abtretung der streitbefangenen Sache auf den Prozess keinen Einfluss. Dieser wird vielmehr zwischen den bisherigen Parteien in gesetzlicher Prozessstandschaft weitergeführt (Thomas/Reichold, ZPO, 27. Aufl., § 265, RdNr. 12). Der Kläger muss den Klageantrag allerdings der geänderten materiellen Rechtslage anpassen und nunmehr Leistung an den Rechtsnachfolger verlangen. Dem ist die Klägerin nachgekommen. § 265 ZPO käme im Übrigen auch dann zur Anwendung, wenn es sich bei der Ausgliederung lediglich um eine rechtsgeschäftliche Übertragung des Untermietvertrages mit einer gemäß § 19.1 MV (GA 18) in zulässiger Weise im Voraus erteilten Zustimmung der Beklagten gehandelt hätte (KG, ZMR 2003, 835; Palandt/Grüneberg, BGB, 65. Aufl., § 398, RdNr. 38 a; § 309 Nr. 10 BGB ist auf Mietverträge nicht anwendbar).

2.

Der Senat geht mit dem Landgericht davon aus, dass die Beklagte seit dem 1.8.2003 zur Zahlung der vereinbarten Miete verpflichtet ist. Die Beklagte beruft sich demgegenüber ohne Erfolg darauf, die Klägerin habe ihrer Gebrauchsüberlassungspflicht nicht nachkommen können, weil sie zu diesem Termin weder Eigentümerin noch Besitzerin gewesen sei. Unter den besonderen Umständen des Streitfalls ist jedenfalls davon auszugehen, dass die Parteien die Vorausleistungspflicht der Klägerin insoweit in zulässigerweise abbedungen haben. Das ergibt eine an Treu und Glauben und der Verkehrssitte orientierte Auslegung des streitgegenständlichen Untermietvertrages (§§ 133, 157, 242). Der Untermietvertrag datiert vom 17.10.2003. Zu diesem Zeitpunkt war beiden Parteien bekannt, dass die Hauptvermieterin die Mietflächen zu dem vertraglichen festgelegten Übergabetermin (1.8.2003) nicht an die Klägerin übergeben hatte, diese ihrerseits ihrer Überlassungspflicht gegenüber der Beklagten zu dem vereinbarten Termin nicht nachkommen konnte. Die Beklagte muss sich hierbei die Kenntnis ihres Geschäftsführers, der nicht nur die Verhandlungen über den Untermietvertrag geführt hat, sondern darüber hinaus maßgeblich sowohl in die Vertragsverhandlungen mit der Klägerin eingeschaltet war als auch den Hauptmietvertrag vom 8.4.2003 (GA 62) und den ersten Nachtrag hierzu vom 30.6.2003 (GA 153) jeweils in Vertretung der Hauptvermieterin abgeschlossen hat, gemäß § 166 BGB zurechnen lassen. Wenn sich die Beklagte unter diesen Umständen gleichwohl auf eine Mietzahlungspflicht bereits ab 1.8.2003 eingelassen hat, so haben die Parteien damit bei verständiger Würdigung vereinbart, dass die Überlassung der Mietflächen nicht Voraussetzung für die Mietzahlungspflicht der Beklagten sein sollte. Dieses Verständnis der vertraglichen Regelungen wird auch durch das nachvertragliche Verhalten der Beklagten bestätigt. Diese hat sich - was nach den zutreffenden Ausführungen der Kammer (Urteilsgründe S. 8) andernfalls nahe gelegen hätte - weder in der mit der Klägerin selbst geführten außergerichtlichen Korrespondenz (GA 63) noch in dem Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 23.2.2005 (GA 64) auf eine fehlende Überlassung zum 1.8.2003 berufen, sondern diesen Einwand erstmals in ihrer Klageerwiderung vom 26.7.2005 erhoben.

Aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die der Senat sich zu eigen macht, kommt es auch nicht darauf an, dass die Parteien das in § 7 Abs. 2 MV vereinbarte Übergabeprotokoll nicht gefertigt haben.

Für die Annahme der Beklagten, in der Zurücknahme eines Teils der Mietflächen mit ihrer Billigung liege eine vollständige Aufhebung des Mietvertrages ist nach den zugrunde zu legenden Feststellungen (§ 529 ZPO) kein Raum. An das Vorliegen einer konkludenten Mietaufhebungsvereinbarung sind strenge Anforderungen zu stellen. Anders als in der Entscheidung des Senats vom 5.4.2001 (OLGR 2002, 2) fehlen hier jegliche konkreten Anknüpfungspunkte für die Annahme, die Parteien hätten das Mietverhältnis durch die Reduzierung der Mietfläche ab 1.12.2003 einvernehmlich aufheben wollen. Die Beklagte hat die Flächenreduzierung ausweislich der vorzitierten Korrespondenz auch selbst nicht als Mietaufhebungsvereinbarung verstanden. Noch mit Schreiben vom 14.10.2004 hat sie der Klägerin mitgeteilt, sie nutze die Flächen nicht und habe sich um einen Nachmieter bemüht. Hierzu bestand ebenso wenig Anlass wie zu der mit Anwaltsschreiben vom 23.2.2005 ausgesprochenen Kündigung wegen angeblich verweigerter Untermieterlaubnis, wenn das Mietverhältnis aus ihrer Sicht bereits seit 1.12.2003 aufgehoben war.

3.

Es mag dahinstehen, ob die Parteien sich am 4.8.2004 auf eine Mietreduzierung ab 1.12.2003 auf 8.668,91 € geeinigt haben oder ob der Beklagten ein darüber hinausgehendes Minderungsrecht gemäß § 536 Abs. 1 BGB zusteht. Ist - wie die Beklagte bestreitet - eine Einigung über die Mietreduzierung nicht zustande gekommen, ist ein etwaiges Minderungsrecht der Beklagten jedenfalls gemäß § 9.2 MV in zulässiger Weise ausgeschlossen und die Beklagte zumindest in geltend gemachter Höhe zur Mietzahlung verpflichtet.

Haben die Parteien eine Vorleistungspflicht der Klägerin abbedungen, hatte die Beklagte jedenfalls ab 17.10.2003 die Möglichkeit der vertragsgemäßen Nutzung, so dass sie sich - zumal sie bis zur Vorlage ihrer Klageerwiderung eine fehlende Überlassung nicht reklamiert hat - auch vor dem mit der Berufungserwiderung dargelegten Zweck der gesamten Vertragskonstruktion jedenfalls nach Treu und Glauben so behandeln lassen muss, als sei ihr die Mietsache im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (17.10.2003) übergeben worden. Das schließt einen Rückgriff auf die Unmöglichkeitsregeln aufgrund der nachträglichen Flächenreduzierung aus.

4.

Von der Berufung insoweit nicht gerügt, enthält die zuerkannte Klageforderung anteilige Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von insgesamt 17.570 €, die die Klägerin wegen Eintritts der Abrechnungsreife der Abrechnungsperioden 2003 und 2004 nicht mehr verlangen kann. Dieser Betrag errechnet sich wie folgt:

(a) Miete August bis November (4 x 13.946,23 €)

In der vereinbarten Miete sind gemäß § 3.1 MV anteilige Bruttonebenkostenvorauszahlungen in Höhe von 1.862,50 € (= 642,24 qm x 2,50 €/qm x 16%) enthalten. Für vier Monate ergibt dies einen von der zuerkannten Miete abzuziehenden Betrag von 7.450,00 €.

(b) Miete Dezember 2003 bis Oktober 2004 (11 x 8.668,91 €)

Da die gemäß § 3.1 MV zugrunde zu legende Fläche von 642,24 qm um 325 qm reduziert worden ist, verbleibt für die Nebenkostenvorauszahlungen eine anrechenbare Fläche von 317,24 qm. Multipliziert mit 2,50 €/qm errechnet sich hieraus eine Nettovorauszahlung von 793,10 € + 16% MWSt. = insgesamt 920,00 €. Dies entspricht für elf Monate einer weiteren Kürzung der Miete um 10.120,00 €.

5.

Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht der Klägerin auch einen Anspruch auf Zahlung der vertraglich vereinbarten Kaution in Höhe von 10.000 € zuerkannt. Dieser Anspruch ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Untermietverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 23.2.2005 beendet worden sein soll. Hat der Mieter seine vertragliche Verpflichtung zur Leistung der Kaution ganz oder anteilig nicht erfüllt, so kann diese Sicherung auch noch nach Beendigung des Mietverhältnisses erforderlich sein. Der Vermieter soll sich gerade wegen der nach Beendigung des Vertrages noch bestehenden Ansprüche aus der Kaution auf einfache Weise, nämlich durch Aufrechnung gegen den Rückzahlungsanspruch des Mieters, befriedigen können. Der Erfüllungsanspruch des Vermieters wirkt über die Zeit des Vertragsendes hinaus, weil der mit der Sicherheitsleistung bezweckte Schutz vor einer Insolvenz des Mieters bis zur endgültigen Abwicklung auch nach Vertragsbeendigung gewährleistet sein muss. Solange und soweit dem Vermieter aus dem Vertrag noch Forderungen zustehen, kann er deshalb eine fällige Kaution auch noch nach Beendigung des Vertrages verlangen. Es besteht kein Rechtsgrund dafür, ihn nur deswegen, weil der Vertrag beendet ist, auf den in seinen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen häufig umstrittenen Anspruch selbst zu verweisen, während der Anspruch auf Leistung der Sicherheit in Form einer Kaution nach dem Inhalt des Vertrages keiner weiteren Begründung bedarf. Der Vermieter darf durch den Verzug des Mieters mit der Kautionszahlung nicht schlechter gestellt werden, als er gestanden hätte, wenn der Mieter seine Verpflichtung erfüllt hätte. Der Vermieter hat deshalb nach Beendigung des Vertrages- insbesondere auch bei einer Vertragsbeendigung durch fristlose Kündigung oder Abschluss eines Mietaufhebungsvertrages - grundsätzlich die Wahl, ob er die Kaution einklagt oder ob er die Zahlungsansprüche selbst klageweise geltend macht. Beide Forderungen gleichzeitig einklagen kann er nicht, weil er bei Erfüllung der Zahlungsansprüche die Kaution sofort wieder zurückgeben müsste (§ 242 BGB). Der Kautionsklage ist - ohne dass es bei Bestreiten des Mieters einer Beweisaufnahme bedarf - bereits dann stattzugeben, wenn der Vermieter zur Begründung seiner Forderung schlüssig vorträgt, es bestünden noch Zahlungsansprüche gegen den Pächter, zu deren Sicherung er die Kaution benötige. Dabei sind an die Darlegungslast des Vermieters keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Er ist nicht verpflichtet, die streitigen Ansprüche in allen Einzelheiten darzustellen. Die von ihm zur Begründung der Klage vorzutragenden Tatsachen müssen lediglich so konkret sein, dass sie aufgrund einer juristischen Subsumtion geeignet sind, den geltend gemachten Anspruch als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen (vgl. BGH NJW 1991, 2707; Senat, DWW 2000, 307 = GE 2000, 342 = NZM 2001, 380 = ZMR 2000, 211). Hieran gemessen kommt ein fortbestehender, die Kaution übersteigender Erfüllungsanspruch jedenfalls für die bisher nicht streitgegenständlichen Mieten November 2004 bis Februar 2005 in Betracht, so dass der Senat offen lassen kann, ob das Mietverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 23.2.2005 überhaupt beendet worden ist.

6.

Insgesamt kann die Klägerin von der Beklagten danach die Zahlung der Kaution in Höhe von 10.000 € und rückständige Miete für die Monate August 2003 bis Oktober 2004 in Höhe von insgesamt 133.571,79 € (= 151.141,79 - 17.570,00 €) verlangen.

Dem Beklagten steht in Höhe der anteiligen Mehrwertsteuer hinsichtlich der Mieten Dezember 2003 bis Oktober 2004 gemäß § 273 BGB ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Erteilung einer Rechnung i.S. des § 14 UStG zu. Nach § 14 Abs. 1 UStG ist ein Unternehmer, der steuerpflichtige Leistungen oder sonstige Leistungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ausführt, berechtigt und, soweit er die Umsätze an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausführt, auf Verlangen des anderen verpflichtet, Rechnungen auszustellen, in denen die Steuer gesondert ausgewiesen ist. Das Interesse des Leistungsempfängers an einer solchen Rechnung ergibt sich aus § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG, wonach Voraussetzung für den Vorsteuerabzug eine entsprechende Rechnung i. S. von § 14 UStG ist. Hat der Vermieter - wie hier die Klägerin - zur Mehrwertsteuer optiert, hat der Mieter gemäß § 14 Abs. 1 UStG Anspruch auf Erteilung einer Rechnung mit offenem Mehrwertsteuerausweis. Solange der Vermieter diesen Anspruch nicht erfüllt, besteht ein Leistungsverweigerungsrecht des Mieters. Dieses steht hier auch der Beklagten zu. Unstreitig hat die Klägerin der Beklagten für die auf 8.668,91 € reduzierte Miete keine den Anforderungen des § 14 UStG entsprechende Rechnung erteilt. Eine Mahnung des Gläubigers - wie hier die Mahnung der Klägerin vom 29.9.2004 - erfüllt nicht die an eine Rechnung zu stellenden Kriterien (so ausdrücklich Nr. 183 Abs. 1 Satz 4 UStR zu § 14 UStG).

Soweit in der Rechtsprechung ohne weitere Erörterung davon ausgegangen wird, das Zurückbehaltungsrecht erstrecke sich auf den gesamten Mietzins- bzw. Zahlungsanspruch (OLG München, ZMR 1996, 487 (Mietvertrag); OLG Karlsruhe, OLGR 2004, 513; OLG Koblenz, GuT 2002, 52), vermag der Senat dieser Auffassung jedenfalls nach den besonderen Umständen des Streitfalls nicht zu folgen. In entsprechender Anwendung des § 320 Abs. 2 BGB ist die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts hier auf die auf die jeweilige Grundmiete entfallende Mehrwertsteuer beschränkt. Es ist mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht zu vereinbaren, dass die Beklagte, die seit Mietbeginn keinerlei Zahlungen geleistet hat und sich - soweit streitgegenständlich - mit den Mieten für die Monate August 2003 bis Oktober 2004 in Rückstand befindet, berechtigt ist, wegen des geringfügigen Mehrwertsteueranteils die gesamte Miete für 15 Monate zurückzuhalten. Ihren Interessen ist auch dann in ausreichender Weise gedient, wenn das Zurückbehaltungsrecht lediglich den Mehrwertsteueranteil erfasst.

Rechnerisch sind in der ab 1.12.2003 zu zahlenden Nettomiete von 7.473,11 € (GA 25) Nebenkostenvorauszahlungen von netto 793,10 € enthalten, so dass nach deren Abzug gemäß den Ausführungen vorstehend unter Ziffer 4 ein Restbetrag von 6.680,01 € verbleibt. Hierauf entfällt ein Mehrwertsteueranteil von 1.068,80 €. In dieser Höhe führt das Zurückbehaltungsrecht jeweils für die Mieten Dezember 2003 bis Oktober 2004 zu einer Verurteilung Zug-um-Zug- bis zur Vorlage einer den Anforderungen des § 14 UStG entsprechenden Rechnung für die vorgenannten Monate. Da der streitgegenständliche Untermietvertrag vor dem 1.1.2004 abgeschlossen worden ist, gelten hierfür nicht die durch das Steueränderungsgesetz 2003 ab 1.1.2004 verschärften Pflichtangaben, sondern es sind die im BMF-Schreiben vom 29.1.2004 (BStBl 2004 I, S. 258 ff) genannten Übergangsregelungen zu beachten (Schneider, DWW 2005, 53, 56 f.).

Hinsichtlich der Mieten für August bis November 2003 beruft sich die Beklagte ohne Erfolg auf ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB bis zur Erteilung einer Rechnung gemäß § 14 UStG. Einer gesonderten Rechnungsstellung bedarf es insoweit nicht, weil bereits der Untermietvertrag, in dem Nettomiete und Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen sind, als Dauerrechnung zur Vorlage bei den Finanzbehörden ausreichend ist (OLG Düsseldorf, GE 2005, 989 = OLGR 2006, 5).

7.

Die Widerklage ist nicht zulässig. Nach § 533 ZPO ist die Widerklage u.a. nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält. Keine dieser Voraussetzungen liegt vor. Die Beklagte hat weder in die Widerklage eingewilligt noch ist die Widerklage sachdienlich. Letzteres ist schon deshalb zu verneinen, weil der der Widerklage zugrunde liegende Sachvortrag streitig ist, so dass hierüber nunmehr eine das Verfahren verzögernde umfangreiche Beweisaufnahme stattfinden müsste (über die eine Minderung ausschließende Behauptung der Klägerin, es sei eine Einigung über die Flächen- und Mietreduzierung getroffen worden und bei deren Nichterweislichkeit über die von der Beklagten behaupteten Auswirkungen der Flächenreduzierung für ihren Geschäftsbetrieb), während der Rechtsstreit ohne die Zulassung der Widerklage entscheidungsreif ist.

8.

Der Zinsanspruch folgt aus § 3.7 MV i.V.m. § 3.5 MV.

9.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Streitwert: 161.141,79 €.

Da die Mietzinsklage und die Widerklage denselben Gegenstand betreffen, bleibt es gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 bei dem höheren Wert der Mietzinsklage.

Ende der Entscheidung

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