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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 08.02.2007
Aktenzeichen: I-10 U 131/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 305 c
BGB § 305 c Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 18.08.2006 verkündete Urteil der 14d. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - Einzelrichter - wird kostenfällig zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger mietete mit Mietvertrag vom 18./28.08.1987 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten Räumlichkeiten zum Betrieb einer kieferorthopädischen Praxis im M. Rathauscenter. Im Mietvertrag heißt es u.a. unter Ziff. 6:

"Das Mietverhältnis ist auf die Dauer von 10 Jahren fest abgeschlossen. Mietbeginn ist der Tag, den die Vermieterin dem Mieter verbindlich für die Übernahme des Mietobjektes benennt.

Das Mietverhältnis endet mit dem Ablauf desjenigen Kalendervierteljahres, in dem die 10-jährige Mietdauer endet.

Das Mietverhältnis verlängert sich nach Ablauf der fest vereinbarten 10-jährigen Dauer um 5 Jahre, wenn es nicht von einer der Vertragsparteien unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Jahr gekündigt wird. ..

Nach Ablauf der 10- bzw. 5-jährigen Dauer des Mietverhältnisses verlängert sich dieses jeweils um ein Jahr, wenn es nicht von einer der Vertragsparteien unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten gekündigt wird."

In einem am 11./12.12.1997 unterzeichneten Nachtrag Nr. 2 zum Mietvertrag heißt es:

"Unter Bezugnahme auf den o.g. Mietvertrag vereinbaren die Parteien folgendes.

1. Dem Mieter wird ein zusätzliches Optionsrecht auf 5 Jahre eingeräumt.

2. Das Mietverhältnis verlängert sich nach Ablauf der 15 jährigen Dauer um 5 Jahre, wenn es nicht von einer der Vertragsparteien unter Einhaltung einer Frist von 12 Monaten gekündigt wird.

3. Nach Ablauf der 15- bzw. 20-jährigen Dauer des Mietverhältnisses verlängert sich dieses jeweils um ein Jahr, wenn es nicht von einer der Vertragsparteien unter Einhaltung einer Frist von 12 Monaten gekündigt wird. .."

Die Räumlichkeiten wurden am 08.03.1988 an den Kläger übergeben. Mit Schreiben vom 01.03.2005 kündigte der Kläger das Mietverhältnis zum 31.08.2005. Die Parteien streiten nach wie vor über die Wirksamkeit der Kündigung. Während der Kläger der Ansicht ist, die Kündigung habe das Mietverhältnis wirksam zum 31.08.2005 beendet, meint die Klägerin, dieses bestehe aufgrund der zweimaligen Verlängerung um je 5 Jahre bis zum 31.03.2008 fort mit der Konsequenz, dass der Kläger die anfallenden Mieten schulde.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die auf Feststellung der Beendigung des Mietverhältnisses zum 31.08.2005 gerichtete Klage abgewiesen. Der Widerklage auf Zahlung von rückständigen Mietzinsen - EUR 117,54 für den Monat April 2005 sowie jeweils EUR 2.617,54 für die Zeit von Mai 2005 bis einschließlich Juli 2006 - hat es stattgegeben.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Begehren auf Feststellung der Wirksamkeit der Kündigung zum 31.08.2005 weiterverfolgt, ferner die Abweisung der Widerklage erstrebt, soweit der Kläger verurteilt worden ist, den jeweils fälligen Mietzins für die Monate September 2005 bis Juli 2006 zu zahlen. Erstmals in der Berufungsinstanz behauptet der Kläger, dass es sich bei Ziff. 6 des ursprünglichen Mietvertrages vom 18./28.08.1987 um "Allgemeine Geschäftsbedingungen" handele, die wegen Unklarheit unwirksam seien. Aber auch wenn dies nicht der Fall sei, seien die Bestimmungen sowohl im Ursprungsvertrag als auch im Nachtrag Nr. 2 wegen Unverständlichkeit und Widersprüchlichkeit unwirksam und damit unbeachtlich mit der Folge, dass die gesetzlichen Bestimmungen eingriffen und die Kündigung mit Wirkung zum 31.08.2005 wirksam sei.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 109-112 GA) Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.

1. Klage: Feststellung der Beendigung des Vertragsverhältnisses zum 31.08.2005

Ohne Erfolg beanstandet der Kläger, dass das Landgericht das Vertragsverhältnis nicht durch seine Kündigungserklärung zum 31.08.2005 als beendet angesehen hat. Das Landgericht hat der Kündigung zu Recht die Anerkennung versagt. Aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen hat sich das zunächst auf 10 Jahre befristete Mietverhältnis infolge zweimaliger Verlängerung um 5 Jahre bis zum 31.03.2008 verlängert. Für eine vorzeitige ordentliche Kündigung ist kein Raum.

a.

Ziff. 6 des ursprünglichen Mietvertrages vom 18./28.08.1987 kann im Wege der Auslegung im Sinne des übereinstimmenden Willens der Parteien ein nicht zu beanstandender Inhalt beigemessen werden. Die Bestimmung ist weder als Allgemeine Geschäftsbedingung noch als Individualvereinbarung unwirksam.

Der Kläger macht in der Berufungsinstanz erstmals geltend, es handele sich bei Ziff. 6 des ursprünglichen Mietvertrages vom 18./28.08.1987 um "Allgemeine Geschäftsbedingungen". Ob dies zutreffend ist, mag dahinstehen. Selbst wenn es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelte, wäre sie nicht - wie der Kläger geltend macht - nach § 305 c BGB unwirksam. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB setzt voraus, dass nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel bleibt und mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar sind (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 305c Rn. 18 mwN). Hier hat der Kläger selbst noch in seiner Klageschrift - Seite 4 - dargelegt, dass die Formulierungen des Mietvertrages aus dem Jahre 1987 leicht holprig aber ggfls. noch nachvollziehbar seinen und damit Anwendung fänden, wonach das Mietverhältnis sich mit Blick auf die Übergabe der Mieträume am 08.03.1988 und den damit verbundenen Beginn der Mietzeit (Ziff. 6 Abs. 1 MV) am 31.03.1998 (Ziff. 6 Abs. 2 MV) um 5 Jahre automatisch verlängert habe. Dies zeigt, dass offensichtlich die Parteien die Bestimmung über die Vertragsverlängerung um 5 Jahre übereinstimmend in einem bestimmten Sinn verstanden haben, nämlich in dem Sinne, dass sich das Mietverhältnis nach 10jähriger Mietzeit um 5 Jahre verlängert, wenn nicht von der Kündigungsmöglichkeit nach Ziff. 6 Abs. 3 des Mietvertrages Gebrauch gemacht wird. Unter derartigen Voraussetzungen ist für die Anwendung der Unklarheitenregel nach § 305 c Abs. 2 BGB kein Raum (vgl. BGH ZIP 2002, 1534). Das übereinstimmende Verständnis der Parteien wird dadurch gestützt, dass es in Ziff. 6 Abs. 4 des Mietvertrages ursprünglich hieß "Nach Ablauf der v.g. 5-jährigen Dauer des Mietvertrages .." Hierdurch wird deutlich, dass die weitere Verlängerung um jeweils ein Jahr erst nach der 5-jährigen Verlängerung eintreten sollte. Offenbar waren die Vertragsschießenden aber der Ansicht, die Formulierung "v.g. 5-jährige Dauer" bedürfe der weiteren Konkretisierung, weil der Vertrag bei Eingreifen der Bestimmung tatsächlich bereits 10 plus 5 Jahre andauern musste. Dass mit der Ergänzung der Formulierung auch eine inhaltliche Änderung der Regelung im vorherigen Absatz bewirkt werden sollte, ist weder ersichtlich noch dargetan.

b.

Auch in Bezug auf den Nachtrag Nr. 2 zum Mietvertrag kann durch Auslegung ein zweifelsfreier Inhalt ermittelt werden, so dass der Einwand der Unwirksamkeit ins Leere geht.

Bei dem Nachtrag Nr. 2 handelt es sich auch nach dem Vortrag des Klägers um eine Individualvereinbarung. Die vom Kläger aufgeworfenen vermeintlichen Widersprüche lassen sich vor dem Hintergrund des ursprünglichen Mietvertrages auflösen. Zunächst ist festzustellen, dass der Nachtrag im Dezember 1997 gefertigt wurde, zu einem Zeitpunkt, als nach dem eigenen Vorbringen des Klägers in der Klageschrift - Seite 4 - bereits aufgrund des ursprünglichen Mietvertrages die (erste) Verlängerung des Mietverhältnisses um 5 Jahre eingetreten war. Vor diesem Hintergrund kann der Nachtrag nur dahin verstanden werden, dass der Vertrag sich nach Ablauf der dann insgesamt 15 Jahre um weitere 5 Jahre verlängern sollte, wenn er nicht unter Einhaltung einer Frist von 12 Monaten gekündigt wird. Dies ist auch ausdrücklich in Ziff. 2 des Nachtrags Nr. 2 so niedergelegt. Diese unmissverständliche Regelung wird nicht dadurch unklar, weil es in Ziff. 3 des Nachtrags heißt "Nach Ablauf der 15- bzw. 20-jährigen Dauer .." Diese Formulierung erklärt sich aus der Anlehnung an Ziff. 6 Abs. 4 des Ursprungsvertrages; die Formulierung wurde hier ersichtlich nur übernommen. Dass eine inhaltliche Änderung der zuvor geregelten Nr. 2 dahingehend beabsichtigt war, dass der Vertrag auch nach Ablauf von 15 Jahren mit einer Frist von 1 Jahr kündbar sein sollte, ist weder ersichtlich noch dargetan.

2. Widerklage

Ohne Erfolg wendet sich der Kläger gegen die Verurteilung zur Zahlung der rückständigen Mietzinsen. Aufgrund des Fortbestehens des Mietvertrages über den 31.08.2005 hinaus ist der Kläger zur Fortentrichtung des Mietzinses für den geltend gemachten Zeitraum verpflichtet. Die Mietzinsansprüche sind in voller Höhe begründetet; der Kläger verfolgt die erstinstanzlich geltend gemachten Mietminderungs- und Schadensersatzrechte nicht mehr weiter (Bl. 138 GA).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben, § 543 Abs. 2 ZPO.

Streitwert für die Berufung:

EUR 60.203,42 (Klage EUR 31.410,48 + Widerklage: 28.792,94).

Ende der Entscheidung

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