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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 09.10.2007
Aktenzeichen: I-10 W 114/07
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 124 Nr. 4
ZPO § 127 Nr. 1
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1
ZPO § 148
ZPO § 249 Abs. 1
ZPO § 570
GKG § 10 Abs. 1
GKG § 49
GKG § 58 Abs. 2
GKG § 58 Abs. 2 Satz 1
GKG § 58 Abs. 2 Satz 2
GKG § 66 Abs. 1
GKG § 71 Abs. 1
GKG § 72 Nr. 1
GKG § 72 Nr. 1 1. Halbs.
GKG § 72 Nr. 1 2. Halbs.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf das Rechtsmittel der Zweitschuldnerin vom 27.03.2007 (Bl. 764 GA) wird der landgerichtliche Beschluss vom 09.03.2007 (Bl. 760 GA) aufgehoben.

Auf die Erinnerung der Zweitschuldnerin vom 28.09.2006 (Bl. 726 GA) wird die aufgrund des Kostenansatzes des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 24.03.1998 (Bl. III GA) ergangene Zweitschuldnerrechnung vom 28.07.2006 (Kassenzeichen 109160 260 9, Bl. III b GA) aufgehoben.

Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Dem Erstschuldner wurde aufgrund des Beschlusses des Oberlandesgerichts vom 20.08.1997 Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren gewährt (Bl. 497f GA). Die Bewilligung wurde mit landgerichtlichem Beschluss vom 22.03.2000 gemäß § 127 Nr. 1 ZPO aufgehoben (Bl. 673ff GA). Das hiergegen vom Erstschuldner eingeleitete Beschwerdeverfahren wurde mit landgerichtlichem Beschluss vom 18.08.2000 nach § 148 ZPO ausgesetzt (Bl. 690ff GA) und erst aufgrund richterlicher Verfügung vom 26.01.2005 wieder aufgenommen (Bl. 718 GA). Mit Beschluss vom 27.04.2005 hat das Oberlandesgericht den die Bewilligung aufhebenden Beschluss des Landgerichts vom 22.03.2000 aufgehoben (Bl. 725ff GA) mit der Folge, dass der Erstschuldner auf Zahlung der ihm gewährten Raten in Anspruch genommen wurde (Bl. 57f, 64f PKH-Heft). Wegen Nichtzahlung der Raten wurde die Bewilligung durch landgerichtlichen Beschluss vom 24.01.2006 gemäß § 127 Nr. 4 ZPO aufgehoben (Bl. 66f PKH-Heft). Nach erfolgloser Kosteninanspruchnahme des Erstschuldners wurde die Zweitschuldnerin mit der hier angefochtenen Kostenrechnung vom 28.07.2006 in Anspruch genommen (Bl. III b GA).

Hiergegen wendet sich die Zweitschuldnerin mit dem Einwand der Verjährung und Verwirkung.

II.

Die Erinnerung der Zweitschuldnerin gegen den im Tenor bezeichneten Kostenansatz ist gemäß § 66 Abs. 1 GKG zulässig. Über diese hat das Oberlandesgericht zu entscheiden, weil die fraglichen Kosten bei diesem angesetzt worden sind. Das Landgericht war für diese Entscheidung nicht zuständig, vgl. § 72 Nr. 1, 2. Halbs., 66 Abs. 1 GKG (n.F.), weshalb der angefochtene Beschluss aufzuheben war.

Die Erinnerung der Zweitschuldnerin erweist sich als begründet. Für die Erhebung der Gerichtskosten ist das GKG in der vor dem 01.07.2004 geltenden Fassung anzuwenden, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt anhängig geworden ist, §§ 71 Abs. 1, 72 Nr. 1, 1. Halbs. GKG (n.F.). §§ des GKG ohne Zusatz sind im Folgenden daher solche der alten Fassung.

Die Gerichtskosten für das Berufungsverfahren können vorliegend nicht mehr von der Zweitschuldnerin als Berufungsklägerin und damit Antragsschuldnerin gemäß §§ 58 Abs. 2, 49 GKG angefordert werden. Zwar sind die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zweitschuldnerinanspruchnahme nach § 58 Abs. 2 GKG erfüllt. Die Sperre nach § 58 Abs. 2 Satz 2 GKG ist entfallen. Die dem Erstschuldner für das Berufungsverfahren durch Beschluss des Oberlandesgerichts vom 20.08.1997 bewilligte Prozesskostenhilfe ist letztlich durch Beschluss des Landgerichts vom 24.01.2006 gemäß § 124 Nr. 4 ZPO aufgehoben worden. Auch erscheint die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Erstschuldners aussichtslos im Sinne des § 58 Abs. 2 Satz 1 GKG, da nicht ersichtlich ist, dass sich die finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Erstschuldners verändert haben. Der Erstschuldner hat weder die ihm bewilligten Raten gezahlt, noch die mit Kostenrechnung vom 07.03.2006 (Bl. IIIa GA) angeforderten Gesamtkosten.

Der Inanspruchnahme der Zweitschuldnerin steht jedoch die seit dem Berufungsurteil vom 03.03.1998 (Bl. 572ff GA) verstrichene Zeit entgegen; die Zweitschuldnerin beruft sich insoweit zu Recht auf Verjährung. Die Verjährungsfrist für die hier fragliche Kostenschuld beträgt vier Jahre, beginnend mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem das Verfahren durch rechtskräftige Entscheidung über die Kosten beendet ist, § 10 Abs. 1 GKG. Bei mehreren Kostenschuldnern läuft die Verjährungsfrist für jeden Kostenschuldner gesondert und unabhängig vom Lauf der Frist gegenüber anderen Kostenschuldnern. Die Verjährung ist beim Zweitschuldner gehemmt bis zum Eintritt der in § 58 Abs. 2 GKG genannten Voraussetzungen (vgl. Markl/Meyer, 5. Aufl., § 10 Rn. 16; Meyer, 8. Aufl., § 5 Rn. 16).

Hier war die Verjährung für die Zweitschuldnerin gehemmt bis zur (ersten) Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung durch den landgerichtlichen Beschluss vom 22.03.2000. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Erstschuldners vom 25.04.2000 (Bl. 678 GA) hatte keine aufschiebende Wirkung, §§ 127 Abs. 2 Satz 2, Halbs. 1, 570 ZPO. Mit der Aufhebung der Bewilligung lagen die Voraussetzungen für eine Zweitschuldnerinanspruchnahme nach § 58 Abs. 2 GKG vor. Anhaltspunkte für veränderte finanzielle oder wirtschaftliche Verhältnisse des Erstschuldners lagen auch zu diesem Zeitpunkt nicht vor; die Aufhebung der Bewilligung erfolgte, weil der Erstschuldner in seinem Prozesskostenhilfeantrag bewusst unrichtige Angaben über das Streitverhältnis gemacht hat (Bl. 674 GA).

Die mit Beschluss vom 18.08.2000 erfolgte Aussetzung des Prozesskostenhilfeentziehungsverfahrens gemäß § 148 ZPO hat den Ablauf der Verjährungsfrist bis zur Wiederaufnahme gemäß richterlicher Verfügung vom 26.01.2005 gehemmt; nach § 249 Abs. 1 ZPO wird grundsätzlich auch die Verjährungsfrist gehemmt (Zöller-Greger, ZPO, 26. Aufl., § 249 Rn. 2). Diese Hemmungswirkung tritt jedoch nur hinsichtlich der für die Kostenschuld des Erstschuldners laufenden Verjährungsfrist ein. Hemmung und Neubeginn der Verjährung sind für den Erst- und Zweitschuldner getrennt zu beurteilen; sie sind Gesamtschuldner. Ihre Gesamtschuldnerschaft ist nach den allgemeinen Regeln (§§ 421ff BGB) zu beurteilen (Markl/Meyer, § 58 Rn. 3). Danach wirkt insbesondere die Hemmung nur für und gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintritt. Dies ist hier nur der am Prozesskostenhilfeentziehungsverfahren nach § 124 Nr. 1 ZPO beteiligte Erstschuldner, nicht dagegen die Zweitschuldnerin. Auf die ihr gegenüber laufende Verjährungsfrist hatte die Aussetzung keine Wirkung.

Demnach begann der Lauf der Verjährungsfrist gegenüber der Zweitschuldnerin bereits nach der (ersten) Aufhebung des Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschlusses vom 22.03.2000. Eine weitere Hemmung ist nicht eingetreten. Die Inanspruchnahme der Zweitschuldnerin erfolgte erstmals mit Übersendung der Kostenrechnung vom 28.07.2006 und damit nach Ablauf der Verjährungsfrist.

II.

Der Kostenausspruch folgt aus § 66 Abs. 8 GKG.

Ende der Entscheidung

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