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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 08.12.2005
Aktenzeichen: I-12 U 98/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 151
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 14.04.2005 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Duisburg wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das angefochtene Urteil teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Zur Darstellung des Sach- und Streitstandes in erster Instanz sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage in Höhe eines Betrages von 453,40 € stattgegeben und die Klage im übrigen abgewiesen. Es hat gemeint, aufgrund der vorgetragenen und unstreitigen Mängel sei eine Minderung des Reisepreises in Höhe von insgesamt 35 % gerechtfertigt. Darüber hinausgehende Mängel der Reiseleistung der Beklagten seien nicht anzuerkennen. Zum Teil habe der Kläger solche nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, zum Teil handele es sich bei den vorgetragenen Unzulänglichkeiten um hinzunehmende Unannehmlichkeiten, die den Charakter eines Mangels nicht hätten.

Gegen dieses Urteil wendet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers.

Er beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 1.359,60 € nebst Zinsen sowie eine angemessene Entschädigung, mindestens 3.400,00 € nebst Zinsen zu zahlen und die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Der Kläger wendet sich gegen die prozentuale Bemessung der seitens der Beklagten unstreitig gestellten Mängel.

Das Landgericht hätte schon den Mangel, der in seinem fünfmaligen Umzug nebst Familie bestanden habe und den Mangel, der darin bestanden habe, dass ihm statt eines geräumigen Familienzimmers ein Doppelzimmer zur Verfügung gestellt worden sei, nicht einheitlich bewerten dürfen. Während der 2 Tage, während der er habe umziehen müssen, schulde er überhaupt keinen Reisepreis. Dies entspreche 278,86 €.

Alleine die Nichtnutzbarkeit eines Swimmingpools rechtfertige eine Minderung in Höhe von 20 % des Reisepreises.

Fehlerhaft sei es auch, soweit das Landgericht den Umstand, dass ab 18 Uhr die warme Dusche nicht mehr richtig funktionierte, als lediglich geringfügigen Fehler bewertet habe. Das Landgericht habe seinen Vortrag in der Klageschrift hierzu nicht hinreichend berücksichtigt.

Fehlerhafterweise habe das Landgericht auch eine Minderung des Reisepreises hinsichtlich der Geruchsbeeinträchtigungen abgelehnt. Zweifelhaft bleibe, welchen weiteren Vortrag das Landgericht hierzu erwartet habe. Er habe Umstände vorgetragen, die für das Landgericht nachvollziehbar eine Geruchsbeeinträchtigung nahe gelegt hätten.

Die Reisepreisminderung berechne sich wie folgt:

1. Doppelzimmer 25 %

2. Umzug 15 %

3. Swimmingpool 20 %

4. Strand 20 %

5. Dusche 10 %

6. Geruch 20 %

Gesamtminderung 90 %.

Die Anschlussberufung sei unbegründet. Wesentliche Voraussetzung eines Erlassvertrages sei nach Ansicht des Bundesgerichtshofs das Vorliegen eines entsprechenden potentiellen Erklärungsbewusstseins beim Angebotsempfänger. In dem Angebotsschreiben der Beklagten sei jedoch keine Rede davon, dass der Scheck nur dann eingereicht werden dürfe, wenn sich der Gläubiger mit dem Vergleichsangebot einverstanden erkläre. Der BGH betone den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes: Weil der Anbietende darauf vertrauen dürfe, dass ein redlicher Angebotsempfänger nur dann die vereinbarte Handlung ausführe, wenn er gleichzeitig auch die entsprechenden Vertragsvoraussetzungen akzeptiere, werde nach § 151 BGB auch ohne ausdrückliche Annahmeerklärung ein Vertrag begründet. Dieser Schutzzweck entfalle konsequenterweise, wenn der Anbietende nicht "redlich" sei. Die Beklagte habe allein aufgrund der Differenz zwischen der von ihm geltend gemachten Gesamtforderung, seinem Vergleichsangebot über 3.000,00 € sowie ihrem eigenen Vergleichsangebot über lächerliche 220,00 € erkennen müssen, dass er hiermit nie und nimmer einverstanden sei. Bei Annahme des Angebots wäre ihm im Hinblick auf die entstandenen Rechtsanwaltskosten nichts verblieben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und auf die Anschlussberufung die Klage insgesamt abzuweisen.

Sie meint, der Kläger habe durch Einlösung des Verrechnungsschecks am 31.10.2003 ihr Vergleichsangebot gemäß Schreiben vom 20.10.2003 angenommen. Die gegenteilige Meinung des Landgerichts Duisburg sei rechtlich fehlerhaft.

Im vorliegenden Fall habe sie auf den Zugang der Annahmeerklärung seitens des Klägers verzichtet, denn ein solcher Verzicht sei insbesondere in der dem Angebot auf Abschluss eines Vergleichs erfolgten Beifügung eines Schecks über den Vergleichsbetrag zu sehen. Die Verknüpfung der Scheckzahlung mit der gütlichen Einigung habe sie durch die Formulierung im letzten Absatz ihres Schreibens noch betont.

Die Einlösung des Schecks sei ein Verhalten des Klägers, aus dem sich sein Annahmewille unzweideutig ergebe.

Das bei ihr am 07.11.2003 eingegangene Telefax stehe nicht im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Betätigung des Annahmewillens.

Von einem krassen Missverhältnis zwischen der vom Kläger verlangten Summe und dem angebotenen Betrag könne keine Rede sein, da sie mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 09.09.2003 zur Zahlung eines Entschädigungsbetrages in Höhe von 2.000,00 € aufgefordert worden war.

Unabhängig davon sei für die vom Kläger behaupteten Mängel allenfalls eine Minderungsquote in Höhe von insgesamt 30 % gerechtfertigt gewesen.

II.

Berufung und Anschlussberufung sind zulässig.

Die Berufung hat indes im Gegensatz zur Anschlussberufung keinen Erfolg.

Dem Kläger steht schon deswegen kein weiterer Entschädigungsbetrag zu, weil er sich mit der Beklagten abschließend über die Abgeltung der geltend gemachten Mängel durch Zahlung eines Betrages von 220,00 € geeinigt hat.

Der Vertrag ist nach den Regeln des § 151 BGB zustande gekommen.

Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 1990, 1655, 1656) kommt es für das Zustandekommen eines Vertrages nach § 151 BGB darauf an, ob das Verhalten des Angebotsempfängers unter Berücksichtigung aller äußeren Indizien vom Standpunkt eines unbeteiligten objektiven Dritten aus auf einen wirklichen Annahmewillen schließen lässt. Ein solcher Schluss ist regelmäßig gerechtfertigt, wenn der Anbietende dem Angebotsempfänger eine mit der Erfüllung des angestrebten Vertrags zusammenhängende, den Anbietenden beeinträchtigende Handlung - wie die Einlösung eines übergebenen Schecks - nur für den Fall der Annahme des Angebots, also des Vertragsschlusses gestattet und der andere Teil diese Handlung vornimmt, ohne das Angebot durch eine nach außen erkennbare Willensäußerung abzulehnen.

Im Streitfall war die Einlösung des Schecks nur für den Fall der Annahme des Angebots der Beklagten mit Schreiben vom 20.10.2003 gestattet. Die Beklagte hatte durch ihr Anschreiben vom 20.10.2003 die Scheckzahlung erkennbar mit der Annahme des Vergleichsangebots verknüpft. Sie wollte erkennbar keine Abschlagszahlung oder eine Zahlung auf eine von ihr geschuldete Entschädigungsleistung erbringen. Das Angebot hat sie ausdrücklich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht gemacht.

Das Angebot der Beklagten war auch keineswegs unredlich. Im Gegensatz zu dem Fall, der der Entscheidung des BGH vom 10.05.2001 (NJW 2001, 2324) zugrunde liegt, war die klägerische Forderung keineswegs unstreitig. Es kommt auf dem Gebiet des Reisemängelrechts nicht selten vor, dass gestellte Forderungen letztlich nur zu einem verhältnismäßig geringen Prozentsatz erstritten werden können. Das Angebot der Beklagten erfolgte in einem verhältnismäßig frühen Stadium der Auseinandersetzung.

Auf eine Annahmeerklärung ihr gegenüber hat die Beklagte verzichtet. Die Beifügung des Schecks bringt gerade zum Ausdruck, dass die Angelegenheit durch dessen Einlösung erledigt sein soll, ohne dass der Anspruchsteller weiteres veranlassen muss.

Der Kläger hat nicht im engen zeitlichen Zusammenhang mit der relevanten Handlung - Scheckeinreichung - das Angebot durch eine nach außen erkennbare Willensäußerung abgelehnt. Insoweit kommt allenfalls das Faxschreiben vom 06.11.2003 in Betracht. Dieses wahrt aber nicht den erforderlichen engen Zusammenhang mit der Handlung. Die Lastschrift erfolgte bereits am 03.11.2003, so dass sogar davon auszugehen war, dass der Beklagten die Betätigung des Annahmewillens schon bekannt geworden sein konnte. Der zeitliche Zusammenhang ist jedenfalls nicht dergestalt, dass sich aus dem nachträglichen Faxschreiben das Fehlen des Annahmewillens bei Vornahme der Handlung ergibt.

Für die Frage der Redlichkeit des Angebotsbetrages kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, in welchem Umfang die Forderung des Klägers tatsächlich letztendlich berechtigt war. Das Angebot der Beklagten umfasste immerhin rund 1/3 des dem Kläger vom Landgericht schließlich zuerkannten Betrages. Auch nach Auffassung des Senats wäre ein nennenswert höherer Betrag wegen der Reisemängel nicht gerechtfertigt.

Da durch den abgeschlossenen Vergleich sämtliche Ansprüche des Klägers vorprozessual erledigt waren, ist auf die Anschlussberufung das landgerichtliche Urteil dahin abzuändern, dass die Klage insgesamt abgewiesen wird. Auf diese Möglichkeit ist im Senatstermin hingewiesen worden.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst.

Wert der Berufung: 4.759,60 €

Wert der Anschlussberufung: 453,40 €

Ende der Entscheidung

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