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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 09.09.2004
Aktenzeichen: I-15 U 118/04
Rechtsgebiete: StPO, LPresseG NRW, DSG NRW, ZPO


Vorschriften:

StPO § 170 Abs. 2
LPresseG NRW § 11 Abs. 1
LPresseG NRW § 11 Abs. 2 Satz 1 lit. a
LPresseG NRW § 11 Abs. 4 Satz 3
DSG NRW § 6
DSG NRW § 13 Abs. 2 Satz 1 lit. c
ZPO § 531 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 23. Juni 2004 - 12 O 196/04 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 4. Mai 2004 wird aufgehoben. Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Der Verfügungskläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vollstreckbar.

Gründe:

I. Der Verfügungskläger ist Leitender Polizeidirektor in B, zudem Wohnungsvermieter; die Beklagte verlegt die Tageszeitung "A", im folgenden "A" genannt. Gegen den Verfügungskläger wurde auf der Grundlage einer Anzeige der einen Reinigungs- und Hausmeisterservice betreibenden Frau C ein zwischenzeitlich nach § 170 Abs. 2 StPO eingestelltes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Am 27. März 2004 erschien auf der ersten Seite des Lokalteils B der A ein Artikel, der sich zum Einen damit befasste, dass der Verfügungskläger sich ohne Zustimmung des Nachlassverwalters nach dem Tod der Mieterin unter Inanspruchnahme der Hilfe eines weiteren Polizeibeamten Zugang zu deren Wohnung verschafft habe, wobei er dann verschiedene Gegenstände mitgenommen habe, zum Anderen damit, dass er Mietinteressenten durch Einblick in "speziell geschützte Kriminalakten" übeArüft habe. Überdies gab der Artikel unter der Überschrift "Ich sehe alles mit dienstlichen Augen" als wörtliche Rede des Verfügungskläger gekennzeichnete Passagen wieder, wonach dieser zugegeben habe, sich in Kriminalakten über "seine potentiellen Mieter erkundigt" zu haben. In einem am 29. März 2004 im Lokalteil D der A in der Rubrik "Aus der Nachbarschaft" wurde die Darstellung vom 27. März 2004 mit Ausnahme des Artikelteils "Ich sehe alles mit dienstlichen Augen" im Wesentlichen wiederholt. Dieser Artikelteil wurde am 30. März 2004 im Lokalteil D in der Rubrik "Aus der Nachbarschaft" in wesentlichen Teilen wiederholt. Unter dem 30. März 2004 wandte sich der Verfügungskläger mit dem als Anlage ASt2 zum Schriftsatz der Verfügungsbeklagten vom 10. Mai 2004 vorgelegten Schreiben (Bl. 55 GA) mit einer Gegendarstellung an die Verfügungsbeklagte. Am 5. April 2004 erreichte die Verfügungsbeklagte ein weiteres Gegendarstellungsverlangen. Deren Lokalausgabe B berichtete schließlich am 31. März 2004 unter der Überschrift "Sokol prüft Missbrauch von Daten" darüber, dass die Staatsanwaltschaft B ein Verfahren gegen den Verfügungskläger eingestellt habe, in dessen Rahmen ihm vorgeworfen worden sei, er habe "durch den Einblick in speziell geschützte Kriminalakten fremde Personen ausspioniert", die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit lasse sich jetzt die Akten der Staatsanwaltschaft schicken. Mit Schreiben vom 22. April 2004 forderte der Verfügungskläger die Verfügungsbeklagte zur Veröffentlichung von Gegendarstellungen auf. Die Verfügungsbeklagte lehnte dieses Ansinnen unter dem 26. April 2004 ab. Der Verfügungskläger hat behauptet, die in den Artikeln enthaltenen Behauptungen, er sei in eine Wohnung eingebrochen, habe gestohlen, Daten missbraucht, durch Einblick in speziell geschützte Kriminalakten fremde Personen ausspioniert, Personen bei der Polizei in den Kriminalakten übeArüfen lassen, zugegeben, dass er sich in Kriminalakten über potentielle Mieter erkundigt habe, seien falsch. Er hat die Auffassung vertreten, sein Gegendarstellungsverlangen vom 22. April 2004 sei rechtzeitig gewesen. Es müsse berücksichtigt werden, dass die Artikel in verschiedenen Lokalteilen der A erschienen seien. Mit ihren Artikeln habe ihm die Verfügungsbeklagte das Begehen von Einbruch und Diebstahl unterstellt. Der zur Strafanzeige gestellte Sachverhalt sei streitig. Die Unterstellung der unzulässigen Überprüfung von Mietern sei unsubstantiiert, die Verfügungsbeklagte mache zum "wie, wo und wann" keine Angaben. "Speziell geschützte Kriminalakten" gebe es nicht. Der Verfügungskläger hat mit beim Landgericht Düsseldorf am 30. April 2004 eingegangener Antragsschrift den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt. Durch Ziffer I des Beschlusses des Landgerichts vom 4. Mai 2004 ist der Verfügungsbeklagten im Wege einstweiliger Verfügung aufgegeben worden, I.1. die Gegendarstellung des Verfügungsklägers vom 3. April 2004 zum Artikel der A, Lokalredaktion B "Vorwürfe gegen höchsten Polizisten" vom 27. März 2004 wie nachstehend aufgeführt in der nächsten in Druck befindlichen Ausgabe auf der ersten Seite des Lokalteils B an entsprechender Stelle abzudrucken:

1.

Die Unterzeile der Überschrift lautet: "Ihm wurde vorgeworfen, eingebrochen, gestohlen und Daten missbraucht zu haben." Diese Darstellung ist falsch. Richtig ist, dass die genannten Vorwürfe des Einbruchs, des Diebstahls und des Datenmissbrauchs nicht erhoben wurden.

2.

Im ersten Absatz wird behauptet: "Die P. und ihr Lebensgefährte K. warfen darin dem leitenden Polizeidirektor und höchstem Polizisten B, X, vor, in eine Wohnung eingebrochen zu sein." Diese Behauptung ist falsch. Richtig ist, dass der Vorwurf des Einbruchs in der Anzeige nicht erhoben wurde.

3.

Des weiteren wird im selben Absatz behauptet: "Außerdem sollte er durch den Einblick in die speziell geschützten Kriminalakten fremde Person ausspioniert haben." Diese Behauptung ist falsch. Richtig ist, dass der geschilderte Vorwurf nicht erhoben wurde.

4.

Im fünften Absatz wird behauptet: " ... habe X die Person bei der Polizei in den Kriminalakten überprüfen lassen." Diese Behauptung ist falsch. Richtig ist, dass diese Behauptung nicht erhoben wird.

5.

Zum darunter stehenden Artikel in der selben Ausgabe mit der Überschrift "Das sagt X" Im dritten Absatz wird folgende Passage veröffentlicht: "Hat X sich in Kriminalakten über potentielle Mieter erkundigt? ja, das gebe ich zu..." Diese Darstellung ist unrichtig. Richtig ist, dass ich in dem Telefoninterview mehrfach ausdrücklich die Einsicht in die Kriminalakten bestritten habe. X 2. die Gegendarstellung vom 3. April 2004 zu dem Artikel in der A D "Aus der Nachbarschaft", "Vorwürfe gegen Krefelds höchsten Polizisten" am 29.03.2004 wie folgt in der nächsten im Druck befindlichen Ausgabe des Lokalteils D an entsprechender Stelle abzudrucken:

1.

Die Dachzeile lautet: "Strafanzeige wegen Einbruchs". Diese Darstellung ist falsch. Richtig ist, dass gegen mich keine Strafanzeige wegen Einbruchs vorgelegen hat.

2.

Die Unterzeile der Überschrift lautet: "Ihm wurde vorgeworfen, eingebrochen, gestohlen und Daten missbraucht zu haben." Diese Darstellung ist falsch. Richtig ist, dass die genannten Vorwürfe, des Einbruchs, des Diebstahls und des Datenmissbrauchs in der Anzeige nicht erhoben wurden.

3.

Im ersten Absatz wird behauptet: "Die P. und ihr Lebensgefährte K warfen darin dem leitenden Polizeidirektor und höchstem Polizisten Bs, X, vor, in eine Wohnung eingebrochen zu sein." Diese Behauptung ist falsch. Richtig ist, dass der Vorwurf des Einbruchs in der Anzeige nicht erhoben wurde.

4.

Des weiteren wird in demselben Absatz behauptet: "Außerdem sollte er durch den Einblick in die speziell geschützten Kriminalakten fremde Person ausspioniert haben". Diese Behauptung ist falsch. Richtig ist, dass der geschilderte Vorwurf nicht erhoben wurde.

5.

Im fünften Absatz wird behauptet: "... habe A die Person bei der Polizei in den Kriminalakten überprüfen lassen." Diese Behauptung ist falsch. Richtig ist, dass diese Behauptung nicht erhoben wird. X

3.

die Gegendarstellung vom 03.04.2004 zum Artikel in der Lokalausgabe D der A mit der Überschrift "Ich sehe alles mit dienstlichen Augen" vom 30.03.2004 wie folgt in der nächsten im Druck befindlichen Ausgabe an entsprechender Stelle abzudrucken: Im dritten Absatz wird folgende Passage veröffentlicht: "Hat X sich in Kriminalakten über potentielle Mieter erkundigt? "ja, das gebe ich zu..." Richtig ist, dass ich in dem Telefoninterview mehrfach ausdrücklich die Einsicht in Kriminalakten bestritten habe. X

1.

die Gegendarstellung vom 03.04.2004 zum Artikel in der A Lokalausgabe B mit der Überschrift "Sokol prüft Missbrauch von Daten" in der nächsten im Druck befindlichen Ausgabe an entsprechender Stelle abzudrucken: In dem Artikel wird behauptet: "Ihm war unter anderem vorgeworfen worden, durch den Einblick in die speziell geschützten Kriminalakten fremde Personen ausspioniert zu haben". Diese Darstellung ist falsch. Richtig ist, dass dieser Vorwurf in der gegen mich gerichteten Strafanzeige nicht erhoben worden ist. X Die Verfügungsbeklagte hat mit ihrem Widerspruch geltend gemacht, die Gegendarstellungstexte vermittelten den unzutreffenden Eindruck, substantielle strafrechtliche Vorwürfe habe es nicht gegeben. Tatsächlich basierten die Artikel jedoch auf Interviews mit dem Verfügungskläger. Aus der Gegendarstellung vom 30. März 2004 ergebe sich, dass der in der Strafanzeige erhobene Vorwurf, dass sich der Verfügungskläger Zugang zu der Wohnung verschafft und Sachen entfernt habe, im Kern zutreffe. Für einen Gegendarstellungsanspruch fehle wegen der Mitteilung der Einstellung in den Artikeln das Rechtsschutzbedürfnis. Dass der Verfügungskläger polizeiliche Informationssysteme in Anspruch genommen habe, ergebe sich aus der Gegendarstellung vom 30. März 2004. Die verlangte Gegendarstellung sei viel zu umfangreich. Mit Urteil vom 23. Juni 2004 hat das Landgericht die einstweilige Verfügung vom 4. Mai 2004 nur hinsichtlich der Ziffern I.3 und I.4 bestätigt. Im Übrigen hat es die einstweilige Verfügung aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückgewiesen. Die teilweise Bestätigung - gegen diese richtet sich die Berufung - hat das Landgericht zunächst zu Ziffer I.3 wie folgt begründet: Es sei nicht ersichtlich, dass der Verfügungskläger tatsächlich in einem Telefoninterview zugegeben habe, potentielle Mieter überprüft zu haben. Bei der Stellung des Gegendarstellungsverlangens habe der Verfügungskläger nicht schuldhaft gezögert. Es handele sich bei den Veröffentlichungen der Verfügungsbeklagten, da zu vier unterschiedlichen Zeitpunkten in verschiedenen Lokalteilen veröffentlicht, um vier unterschiedliche Streitgegenstände, die jeweils selbständig zu beurteilen seien. Hinsichtlich der Bestätigung von Ziffer I.4 der einstweiligen Verfügung hat das Landgericht argumentiert, der Artikel vom 31. März 2004 vermittle den ungerechtfertigten Eindruck, der Verfügungskläger habe behördeninterne, zusätzliche und über das Maß der normalen Sicherheitsschranken hinausgehende Kontrollmechanismen umgangen, um gezielt Informationen über fremde Personen zu gewinnen. Tatsächlich sei der Anzeige jedoch nur eine behördeninterne Überprüfung zu entnehmen. Mit der Berufung macht die Verfügungsbeklagte geltend: Das Landgericht habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass die Gegendarstellungen den unzutreffenden Eindruck erweckten, der Verfügungskläger habe Mietinteressenten überhaupt nicht überprüft, die diesbezüglich in den Artikeln aufgestellten Behauptungen seien völlig aus der Luft gegriffen. Entscheidend sei nicht, ob der Verfügungskläger stoffliche Akten eingesehen oder lediglich im elektronischen Informationssystem Auskünfte eingeholt habe, sondern die Verletzung der Privatsphäre Dritter durch polizeiliche Überprüfung für private Zwecke. Die Verfügungsbeklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 23. Juni 2004 - 12 O 196/04 - dahingehend abzuändern, dass nunmehr die einstweilige Verfügung des Landgerichts vom 4. Mai 2004 - 12 O 196/04 - insgesamt aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag insgesamt zurückgewiesen wird. Der Verfügungsbeklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er macht unter Verteidigung des angefochtenen Teils des Urteils des Landgerichts geltend: Der in den Artikeln vorgenommenen Pauschalisierung, er habe alle potentiellen Mieter überprüft, müsse entgegengewirkt werden. Nur in einem Fall sei eine siebzehnjährige Mietinteressentin wegen des Verdachts "von Abgängigkeit bzw. Jugendgefährdung" überprüft worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften verwiesen. II. Die Geltendmachung des Gegendarstellungsanspruchs aus § 11 Abs. 1 LPresseG NRW im Wege des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist statthaft, da § 11 Abs. 4 Satz 3 LPresseG NRW die entsprechende Anwendung der Vorschriften über den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit der Maßgabe bestimmt, dass es der Glaubhaftmachung der Gefährdung des Anspruchs nicht bedarf und ein Hauptsacheverfahren ausgeschlossen ist. Allerdings steht der Anordnung der Veröffentlichung der aus dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ersichtlichen Gegendarstellungen zu Ziffern I.3 und I.4 das Fehlen eines darauf gerichteten Anspruchs des Verfügungsklägers aus § 11 Abs. 1 LPresseG NRW entgegen. Die Pflicht der Verfügungsbeklagten zur Veröffentlichung der vom Verfügungskläger begehrten Gegenvorstellungen ist nach § 11 Abs. 2 Satz 1 lit. a LPresseG NRW ausgeschlossen, da dem Verfügungskläger an der Veröffentlichung ein berechtigtes Interesse fehlt, denn die vom ihm verfassten Gegendarstellungen haben offensichtlich irreführende Inhalte. Mit dem Gegendarstellungsanspruch soll erreicht werden, dass der durch eine Presseveröffentlichung Betroffene - die Betroffenheit des Verfügungsklägers ist zweifellos gegeben - in eigener Sache vor dem gleichen Forum der Öffentlichkeit zu Wort kommt, an das sich die Presse wendet. Der Anspruch dient einem elementaren Schutzinteresse der durch die Zeitungsveröffentlichung Betroffenen gegenüber den großen Einflussmöglichkeiten der modernen Presse auf die öffentliche Meinungsbildung. Zugleich soll dieses presserechtliche Rechtsinstitut auch dem öffentlichen Interesse an sachlicher richtiger Informationserteilung zugute kommen, das ernstlich gefährdet wäre, wenn demjenigen, über dessen Verhältnisse berichtet wird, die Gelegenheit zur Stellungnahme abgeschnitten würde. Die rechtliche Ausgestaltung des Gegendarstellungsanspruchs ist bewusst einfach und förmlich gehalten. Bei der gerichtlichen Prüfung wird im Wesentlichen kontrolliert, ob der Verfügungskläger durch eine Tatsachenbehauptung im Sinne des § 11 Abs. 1 LPresseG NW betroffen ist und ob sich die eingereichte Gegendarstellung auf Tatsachenangaben zu dem in der Veröffentlichung mitgeteilten Sachverhalt beschränkt. Allerdings sind unwahre Gegendarstellungen unzulässig. Da aber die Unwahrheit der Erstmitteilung oder die Wahrheit der Entgegnung im Hinblick auf die vorgegebene Anwendung der Vorschriften über den Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen des Fehlens der Beweiserhebungsmöglichkeiten eines Hauptsacheprozesses nicht abschließend geprüft werden können, sind Gegendarstellungen unter dem Gesichtspunkt der Unwahrheit nur unzulässig, wenn sie den "Stempel der Lüge" tragen, sonst offensichtliche oder gerichtsbekannte Unwahrheiten enthalten oder eindeutig irreführend sind, wobei zur Feststellung der Irreführung nur unstreitige oder offenkundige Tatsachen verwendet werden dürfen (OLG München, NJW-RR 1999, 386, 387). Die Gefahr der Irreführung besteht, wenn eine Behauptung, die lediglich der Ergänzung oder Einschränkung bedarf, vollständig negiert wird (Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., 2003, Kap. 11, Rn. 130; vgl. auch Sedelmeier in Löffler, Presserecht, 4.Aufl., 1997, § 11 LPG, Rn. 64), andererseits die Irreführung nicht nur so unerheblich ist, dass sie durch geringfügige Änderungen in der Gegendarstellung ausgeräumt werden kann. So liegt es hier: Mit den Gegendarstellungen werden Behauptungen aufgestellt, die zwar ihrerseits nicht unwahr sein mögen, dem Leser aber schlussfolgern lassen, der Verfügungskläger habe im Zusammenhang mit der privaten Datenermittlung aus innerdienstlichen Vorgängen zu Mietinteressenten weder in einem Interview der Verfügungsbeklagten irgendetwas zugegeben noch sei eine solche Datenermittlung Gegenstand der gegen ihn gerichteten Strafanzeige gewesen. Es mag richtig sein, dass die in der Lokalausgabe D der A am 30. März 2004 veröffentlichte Passage "Hat X sich in Kriminalakten über potentielle Mieter erkundigt? "ja, das gebe ich zu..."" so den tatsächlichen Hergang des Interviews nicht wiedergibt, was angesichts der widerstreitenden eidesstattlichen Versicherungen des Verfügungsklägers und des Redakteurs allerdings letztlich nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann. Darauf kommt es jedoch nicht an, denn tatsächlich hat - davon ist als unstreitig auszugehen - ein Telefoninterview stattgefunden und hat sich der Verfügungskläger, wie sich aus der von ihm selbst verfassten Gegendarstellung vom 30. März 2004 ergibt, durchaus, wenn auch nur "in seltenen Einzelfällen" des polizeilichen Informationssystems bedient, wenn er bei Personen den Verdacht auf Straftaten hatte. Würde der Verfügungskläger mit der Gegendarstellung des Inhalts, richtig sei vielmehr, dass er in dem Telefoninterview mehrfach die Einsicht in Kriminalakten ausdrücklich bestritten habe, zugelassen, so gelangte der unvoreingenommene Durchschnittsleser zwingend zu der Ansicht, der Verfügungskläger habe die Beschaffung von Informationen aus dienstlichen Quellen über Dritte zu seinen privaten Zwecken in dem Interview schlechthin bestritten; dass er die Verwendung auf dem Dienstweg besorgter Daten zu eigenen Geschäftszwecken zugegeben habe, sei völlig aus der Luft gegriffen. Ähnlich verhält es sich bei der vom Verfügungskläger zu der Veröffentlichung vom 31. März 2004 gewünschten Gegendarstellung. Er wendet sich gegen die Artikelbehauptung, ihm sei vorgeworfen worden, durch den Einblick in die speziell geschützten Kriminalakten fremde Personen ausspioniert zu haben, mit der Entgegnung, richtig sei, dass dieser Vorwurf in der gegen ihn gerichteten Strafanzeige nicht erhoben worden sei. Tatsächlich verhielt sich die Anzeige dazu, dass er "die Personen auf der Dienststelle überprüfen" ließ und zwar ohne deren Wissen. Die Unrichtigkeit des Artikels liegt allenfalls darin, dass aus der Überprüfung auf der Dienststelle ein Einblick in speziell geschützte Kriminalakten wurde, obwohl es richtig hätte heißen müssen, in das elektronische polizeiliche Informationssystem. Die Veröffentlichung der Gegendarstellung führte zur völligen Negation der Tatsache, dass sich die Anzeige - und zwar ohne sich in derartigen Details zu verlieren - gerade auf die ausgesprochen fragwürdige Art der heimlichen, nämlich ohne Wissen und daher ohne die nach § 13 Abs. 2 Satz 1 lit. c DSG NRW gebotene Einwilligung in die Beschaffung von Daten über Mietinteressenten bezog. Auch hier muss der Leser den Eindruck gewinnen, dass der angegriffene Bericht in der Realität keine Grundlage habe, als sei er gänzlich aus der Luft gegriffen. Durch die Betonung des vergleichsweise nebensächlichen Mediums unter Weglassung eines ganz wesentlichen Details, worüber sich die Anzeige tatsächlich verhielt, wird die Öffentlichkeit über die Sachlage getäuscht. Es entstünde durch die Gegendarstellung der Eindruck, dass der Verfügungskläger im Zusammenhang mit der privaten Informationsbeschaffung über Mietinteressenten überhaupt nicht gegen das in § 6 DSG NRW normierte Datengeheimnis, wonach im öffentlichen Dienst Beschäftigten mit dienstlichem Zugang zu personenbezogenen Daten deren Verarbeitung zu anderen als dem zur jeweiligen rechtmäßigen Aufgabenerfüllung gehörenden Zweck untersagt ist, verstoßen habe. Das Interesse der Öffentlichkeit an einer Information über die offenkundige Verletzung des Datengeheimnisses durch einen hohen polizeilichen Amtsträger kann indessen nicht geringer gewichtet werden als das des Verfügungsklägers an der Richtigstellung vergleichsweise geringer Details. Das erstmals im Berufungsrechtzug erfolgte Vorbringen des Verfügungsklägers, er habe sich nur im Fall einer siebzehnjährigen Mietinteressentin des polizeilichen Informationssystems bedient, weil diese im Verdacht der "Abgängigkeit bzw. Jugendgefährdung" gestanden habe, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dieser Vortrag ist als neues Angriffsmittel bereits nach § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. In erster Instanz war die Inanspruchnahme des Systems durch den Verfügungskläger in mehr als nur einem Fall unstreitig. Der Verfügungskläger sprach in seinem Gegendarstellungsverlangen vom 30. März 2004 zwar von seltenen, aber immerhin einer Mehrzahl von Fällen, in denen er sich zu privaten Zwecken des polizeilichen Informationssystems bedient habe. Allerdings änderte selbst das Vorliegen eines einzigen Einzelfalls nichts an der Richtigkeit des Kerngehalts der Erstmitteilungen, der Missachtung des § 6 DSG NRW durch den Verfügungskläger. Gewiss war die Darstellung in den hier betroffenen Zeitungsartikeln insoweit falsch, als dort von "polizeilichen Kriminalakten" statt vom (EDV-gestützten) polizeilichen Informationssystem die Rede ist. Diese Ungenauigkeit verliert indessen nahezu jegliche Bedeutung, misst man sie an dem eigentlichen Anliegen des Berichts, der Leserschaft kundzutun, dass ein Polizeibeamter in leitender Funktion sein Amt dazu missbraucht, sich zu privaten Zwecken unter Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Dritter Informationen aus dienstlichen Quellen zu beschaffen. Der Vorwurf einer derartigen Verletzung des Datengeheimnisses als solcher stellt den für den Bedeutungsgehalt des Zeitungsberichts relevanten Sachverhalt dar. Welche Datenträger im Einzelnen der Verfügungskläger für seine unerlaubten Privatrecherchen benutzt haben mochte, dürfte für die breite Öffentlichkeit demgegenüber kaum eine Rolle gespielt haben und ist auch bei objektiver Betrachtung tatsächlich zu vernachlässigen. Die Formulierung der Gegendarstellung erweckt in den hier nur noch relevanten Teilen den Eindruck, als sei dem Verfügungskläger eine Verletzung des Datengeheimnisses überhaupt nicht vorgeworfen worden (Ziffer 4) und als habe er solches auch nicht zugegeben (Ziffer 3). Eben das allerdings trifft nicht zu. Sollte der Verfügungskläger mit der Formulierung seiner Gegendarstellung diesen - mithin falschen - Eindruck etwa intendiert haben, wäre sein Gegendarstellungsverlangen sogar als rechtsmissbräuchlich zu bezeichnen. Sollte es an einer solchen Absicht fehlen, steht seinem Abdruckverlangen jedenfalls die objektiv in die Irre führende Formulierung der Gegendarstellung entgegen. Die Verfügungsbeklagte ist auch nicht etwa unter Zurückweisung der Berufung auf die Möglichkeit eines sogenannten aufklärenden Redaktionsschwanzes zu verweisen, also darauf, dass sie ihrerseits wiederum auf die Gegendarstellungen des Verfügungsklägers entgegnen könnte. Diese Möglichkeit wird für die im Spannungsfeld von Wahrheit und "Geschwätzigkeit" stehende Gegendarstellung unter dem Gesichtspunkt erörtert, dass die tatsachengetreue Entgegnung zu breit wird: Dem Betroffenen müsse dann die Möglichkeit verkürzender Darstellung gegeben werden, wenn eine Erörterung des wirklichen Sachverhalts längere Ausführungen erfordere, die aus diesem Grunde beanstandet werden könnten. Zur Rechtfertigung wird ausgeführt, dass dem Gegendarstellungsverpflichteten die Möglichkeit des aufklärenden Redaktionsschwanzes bleibe (Wenzel/Burkhardt Kap. 11, Rn. 132). Hier ist der Sachverhalt jedoch ein deutlich anderer: Die Anpassung der Gegendarstellungen an die tatsächliche Sachlage hätte deren Umfang allenfalls unerheblich vergrößert. Die Gefahr der Abweisung eines von auf die Veröffentlichung solchermaßen gefasster Gegendarstellungen gerichteten Antrags wegen Überlänge hätte gewiss nicht bestanden. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Ziffer 6, 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Mit Blick auf § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist das Urteil nicht nur für vorläufig vollstreckbar zu erklären (Herget in Zöller, Zivilprozessordnung, 24. Auflage, 2004, § 708 ZPO Rn. 8). Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

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