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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 26.04.2006
Aktenzeichen: I-15 U 16/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91 a
ZPO § 720 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Verfügungsklägers gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgericht Düsseldorf vom 04. Januar 2006 wird zurückgewiesen. Der Verfügungskläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Gründe: I. Der Verfügungskläger ist Mitbegründer und Vorstandsvorsitzender des eingetragenen Vereins Y , der die Bekämpfung von Kinderpornographie und Gewaltdarstellungen im Internet zum Satzungszweck hat. Die Verfügugnsbeklagte ist Inhaberin der Domain www.XXX.de, das sich u.a. mit sexuellem Missbrauch und Kinderpornographie beschäftigt. In dem Forum veröffentlichte am 14. Dezember 2004 der frühere Mitbegründer des Vereins R unter dem Pseudonym "R" einen Beitrag, der sich kritisch mit dem Verfügunskläger auseinandersetzt. Der Verfügungskläger begehrt von der Verfügungsbeklagten im Wege einstweiligen Verfügung Unterlassung bestimmter Äußerungen aus diesem Beitrag. Wegen der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil die durch Beschluss vom 05. Januar 2005 antragsgemäß erlassene einstweilige Verfügung aufgehoben und den Antrag auf deren Erlass zurückgewiesen. Es hat dies damit begründet, dass ein Verfügungsgrund nicht mehr bestehe, nachdem der Verfügungskläger durch das am 14. September 2005 verkündete Urteil in der Hauptsache (Landgericht Düsseldorf 12 O 440/04) einen inhaltlich gleichlautenden Titel auf Unterlassung erwirkt habe. Liege ein endgültiger, wenn auch noch nicht rechtskräftiger Titel vor, bedürfe es einer besonderen Begründung, weswegen gleichwohl noch eine vorläufige, sichernde Entscheidung im Eilverfahren erforderlich sein solle. Solche Gründe habe der hierauf hingewiesene Verfügungskläger nicht genannt. Hiergegen wendet sich der Verfügungskläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung, mit der er seinen Unterlassungsanspruch weiterverfolgt. Er ist der Ansicht, entgegen der Meinung des Landgerichts gehe die herrschende Meinung davon aus, dass ein Verfügungsgrund nicht entfalle, wenn ein vorläufig vollstreckbarer Titel im ordentlichen Verfahren vorliege. Die Auffassung des Landgerichts berücksichtige nicht, dass das Gesetz dann, wenn ein Verfügungsgrund vorliege, eine Sicherung des Verfügungsklägers unter erleichterten Bedingungen gewähren wolle. Selbst wenn man der Auffassung des Landgerichts folgen wolle, habe kein klageabweisendes Urteil ergehen dürfen. Denn die Entscheidung im Hauptsacheverfahren sei dann ein erledigendes Ereignis gewesen, welches zu einer Entscheidung nach § 91 a ZPO habe führen müssen, worauf die Kammer hätte hinweisen müssen. Wenn dieser Hinweis erfolgt wäre, hätte er den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht es liege kein Verfügungsgrund vor. Zudem sei auch der Anspruch in der Hauptsache nicht begründet, weswegen er auf seine Klageerwiderung im Hauptsacheverfahren verweist. II. Die Berufung ist zulässig , aber unbegründet. 1. Das Landgericht hat zu Recht die einstweilige Verfügung aufgehoben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, weil der Verfügungsgrund entfallen ist, nachdem der Verfügungskläger im Hauptsacheverfahren bezüglich der dortigen Äußerung zu b) einen Unterlassungsanspruch tituliert erhalten hat und damit über einen vorläufig vollstreckbaren Titel verfügt. Es ist in Rechtsprechung und Literatur streitig, ob ein Verfügungsgrund entfällt, wenn ein noch nicht rechtskräftiger Titel im Hauptsacheverfahren vorliegt. Teilweise wird dies mit der Begründung abgelehnt, dass die Gegenmeinung nicht ausreichend berücksichtige, dass das Gesetz bei Vorliegen eines Verfügungsgrundes eine Sicherung unter erleichterten Umständen gewähren wolle. Der Verweis auf § 720 a ZPO verfange nicht, weil dieser die sogenannte Sicherungsvollstreckung nur gestatte, wenn der Schuldner zur Leistung von Geld verurteilt worden sei (OLG Hamm, NJW-RR 1990, 1536; im Ergebnis auch Zöller-Vollkommer, ZPO, 25. Auflage 2005, § 917 Rz. 24). Dem wird entgegengehalten, dass es einer besonderen Begründung bedürfe, wenn bereits ein endgültiger, wenngleich noch nicht rechtskräftiger Titel vorliege, weswegen es gleichwohl einer vorläufigen sichernden Entscheidung im Eilverfahren bedürfe. Der Gesichtspunkt der Prozessökonomie gebiete dies, da das für die Parteien kostspielige Nebeneinander von Verfügungs- und Hauptsacheverfahren soweit möglich zurückgedrängt werden solle (KG Berlin, Beschl. v. 04.09.1999, 5 W 3450/99, www.jurisweb.de Rz. 3 = KGR Berlin 1999, 308; OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.02.1996, 6 U 88/95, www.jurisweb.de Rz. 7= NJW-RR 1996, 960). Eine solche besondere Begründung wird dann angenommen, wenn dem Antragsteller die Leistung der in der Hauptsache angeordneten Sicherheit nicht möglich oder zumutbar ist, wozu es aber eines entsprechenden Vortrags bedürfe (OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.02.1996, 6 U 88/95, www.jurisweb.de Rz. 16 = NJW-RR 1996, 960). Der Senat folgt der zweiten Auffassung. Das einstweilige Verfügungsverfahren soll dem Verfügungskläger eine einstweilige Sicherung seines Anspruches ermöglichen. Die Eilbedürftigkeit liegt gerade darin, dass im Hauptsacheverfahren diese Sicherung in der Regel nicht schnell genug erwirkt werden kann. Wenn, wie hier, das Hauptsacheverfahren aus welchen Gründen auch immer schneller abgeschlossen werden kann, besteht grundsätzlich keine Notwendigkeit mehr für eine vorläufige Sicherung des geltend gemachten Anspruchs. Soweit die Entscheidung in der Hauptsache rechtskräftig ist, liegt dies auf der Hand. Soweit lediglich ein vorläufig vollstreckbarer Titel erlassen worden ist, könnte man dem entgegenhalten, dass die Vollstreckung im Hauptsachverfahren schwieriger ist, weil sie, wie hier, von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht worden ist, während die Vollstreckung der einstweiligen Verfügung einer solchen nicht bedarf. Auch dies ist nach Auffassung des Senats kein durchschlagendes Argument. Denn der Hauptgrund für die Möglichkeit des Erlasses einer einstweiligen Verfügung liegt in der vorläufigen Sicherung eines Anspruchs. Wenn diese nicht gefährdet ist, weil der Verfügungskläger in der Lage ist die Sicherheit zu leisten, ist aus prozessökonomischen Gründen nicht einzusehen, warum das einstweilige Verfügungsverfahren neben dem Hauptsacheverfahren weiter betrieben werden müsste. Da der Verfügungsklägervertreter vom Landgericht in der mündlichen Verhandlung auf die oben genannte Entscheidung des Kammergerichts hingewiesen worden ist, der das Landgericht zu folgen beabsichtigte, und gleichwohl auch im Berufungsverfahren keine Gründe dafür darlegt, warum dem Verfügungskläger die im Hauptsachverfahren bestimmte Sicherheitsleistung nicht möglich sein soll und deswegen die Sicherung des Anspruchs gefährdet sei, fehlt es an einem besonderen Bedürfnis, die einstweilige Verfügung neben dem Titel in der Hauptsache aufrecht zu erhalten und ist damit der Verfügungsgrund entfallen. Dem Verfügungskläger ist zuzugeben, dass dieser Wegfall des Verfügungsgrundes ein erledigendes Ereignis darstellt. Da er trotz des Hinweises des Senats im Termin zur mündlichen Verhandlung darauf, dass der Senat diese Rechtsauffassung teilt, das einstweilige Verfügungsverfahren gleichwohl nicht für erledigt erklärt, sondern den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung aufrechterhalten hat, erübrigen sich Ausführungen dazu, ob der Anspruch auf Erlass der einstweiligen Verfügung ursprünglich gegeben war und nur durch Wegfall des Verfügungsgrundes unbegründet geworden ist, weil eine Entscheidung hierzu nur bei übereinstimmender Erledigungserklärung im Wege des Beschlusses nach § 91 a ZPO oder bei einseitiger Erledigungserklärung im Wege der Feststellungsklage veranlasst gewesen wäre. 2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

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