Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 27.07.2005
Aktenzeichen: I-15 U 22/05
Rechtsgebiete: HGB, ZPO, VVG


Vorschriften:

HGB § 425
HGB § 425 Abs. 1
HGB § 428
HGB § 431
HGB § 431 Abs. 1
HGB § 432
HGB § 435
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
ZPO § 540
VVG § 67
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22. Dezember 2004 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 64.618,52 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Januar 2004 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Klägerin zu 74 % und die Beklagte zu 26 %.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 71 % und die Beklagte 29 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Gegenpartei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die jeweils andere Partei Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin ist Verkehrshaftungsversicherer der D mbH (im weiteren Hauptfrachtführerin genannt). Sie nimmt die von der Hauptfrachtführerin als Unterfrachtführerin eingeschaltete Beklagte aus übergegangenem Recht wegen des Verlusts von Frachtgut, das im Obhutzeitraum der Beklagten durch Diebstahl abhanden gekommen ist, auf Schadensersatz in Anspruch.

Am Mittwoch, den 26. Juli 2000 nahm die Hauptfrachtführerin einen per Binnenschiff nach D angelieferten Container der D b.v., welcher Toner-Kartuschen im Handelswert von 227.119,20 USD enthielt, entgegen und übergab diesen am Freitag, den 28. Juli 2000 der von ihr als Unterfrachtführerin eingeschalteten Beklagten zum Weitertransport zur Niederlassung der Spedition K in D. Da der Container an diesem Tag nicht mehr an die Spediteurin ausgeliefert werden konnte, sattelte der Fahrer Y der Beklagten den Container nebst Auflieger im Freihafen ab, um ihn dort über das folgende Wochenende stehen zu lassen und die Auslieferung am Montag, den 31. Juli 2000 auszuführen. An diesem Tag war dann der Auflieger samt Container verschwunden. Er wurde später leer auf einem Rastplatz an einer Bundesautobahn gefunden.

Die D b.v. hat die Hauptfrachtführerin vor dem Landgericht Duisburg in dem Verfahren 21 O 112/01 auf Schadensersatz in Höhe von 227.119,20 USD in Anspruch genommen und der Beklagten den Streit verkündet. Die Beklagte ist dem Rechtsstreit auf Seiten ihrer Hauptfrachtführerin beigetreten. Im Anschluss an das unter dem Aktenzeichen 18 U 90/02 geführte Berufungsverfahren wurde die Hauptfrachtführerin durch zwischenzeitlich rechtskräftiges Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 15. Oktober 2003 zur Zahlung des vollen Schadensersatzbetrages verurteilt.

Zur Begründung der Schadensersatzpflicht der Hauptfrachtführerin nach §§ 425, 435 HGB hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in seiner vorgenannten Entscheidung ausgeführt, dass die Hauptfrachtführerin aufgrund ihrer vertraglichen Vereinbarung gegenüber der D b.v. durch Organisationsmaßnahmen hätte sicherstellen müssen, dass der Container nur dann an die Beklagte herausgegeben werde, wenn dieser noch am selben Tag auch ausgeliefert werden könne. Hierzu sei eine bindende Anweisung an die Disponenten, die unstreitig die Fahrzeuge der Beklagten eingeteilt hätten, und eine Überwachung dieser Anweisung erforderlich gewesen. Beides habe die Hauptfrachtführerin nicht substantiiert dargelegt. Sie habe nämlich nur pauschal eine solche Anweisung behauptet und die angeblich existierenden schriftlichen Anweisungen an die Disponenten nicht in Kopie zur Akte gereicht. Darüber hinaus fehle jeglicher Vortrag dazu, in welcher Form die behauptete Anweisung überwacht und ihre Einhaltung sichergestellt worden sei. Davon abgesehen hätte dem Disponenten der Hauptfrachtführerin bei der Herausgabe des Containers unabhängig von der Frage, ob dies um 15.00 Uhr oder um 17.00 Uhr erfolgt sei, klar sein müssen, dass der Container nicht mehr abgeliefert werden konnte, wie sich aus der Aussage des Fahrers Y eindeutig ergebe. Dementsprechend habe dieser auch gar keine Anstalten mehr gemacht, den Container noch auszuliefern. Da diese Verfahrensweise nach der glaubhaften Aussage des Fahrers Y üblich gewesen sei, sei der Verstoß gegen die vereinbarte sicherere Verfahrensweise bewusst vorgenommen worden. Zumindest habe der Disponent nicht daran gedacht, dass im Verhältnis zur D b.v eine andere Behandlung geschuldet gewesen sei. Dieser Verstoß gegen vertragliche Pflichten sei auf die mangelhafte Organisation des Betriebsablaufs der Hauptfrachtführerin zurückzuführen. Er habe dazu geführt, dass der Container in einer Art behandelt worden sei, die den Diebstahl leichtfertig ermöglicht habe. Denn das Abstellen des Aufliegers im Freihafen sei leichtfertig, weil weitere Sicherungsmaßnahmen nicht getroffen worden seien und die Beweisaufnahme ergeben habe, dass ein Wegfahren des Aufliegers trotz der Besetzung der Schranke mit Zollbeamten zu bestimmten Zeiten ohne weiteres möglich gewesen sei. Denn nach dem geltenden Freizonenrecht finde weder bei der Ein- noch bei der Ausfahrt eine regelmäßige Kontrolle statt, so dass es möglich sei, dass ein Fahrer mit seinem Lastzug das Freihafengelände verlasse, ohne kontrolliert zu werden. Dies folge insbesondere aus den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen L, M und C. Sei eine unkontrollierte Ausfahrt möglich, so sei das unbewachte Abstellen eines Aufliegers mit Container leichtfertig, wenn sich in dem Container Waren von erheblichem Wert befänden. Dies gelte hier umso mehr, als der Auflieger ohne großen technischen Aufwand hätte gesichert werden können.

Hinsichtlich der Organisation des Betriebsablaufs sei der Vorwurf der Leichtfertigkeit auch in subjektiver Hinsicht zu erheben, da die Hauptfrachtführerin trotz ihrer vertraglichen eindeutigen Verpflichtung keine organisatorischen Maßnahmen ergriffen habe, um dieser Pflicht gerecht zu werden. Diese bewusste Missachtung ihrer vertraglich vereinbarten besonderen Schutzpflichten rechtfertige auch den subjektiven Vorwurf der Leichtfertigkeit. Ob auch der Fahrer der Beklagten in dem Bewusstsein des wahrscheinlichen Schadenseintritts gehandelt habe, könne dahin stehen, weil ein eigenes Organisationsverschulden der Hauptfrachtführerin gegeben sei.

Daraufhin hat die Klägerin als Verkehrshaftungsversicherer der Hauptfrachtführerin eine Entschädigungszahlung in Höhe von 320.281,15 EUR an die D b.v. geleistet und an Gerichts- und eigenen Anwaltskosten 27.082,93 EUR aufgewendet, insgesamt somit 347.364,08 EUR. Von diesem Betrag hat die Beklagte der Klägerin lediglich 95.522,05 EUR erstattet.

Mit ihrer Klage erstrebt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des Differenzbetrages von 251.842,03 EUR zwischen den von ihr erbrachten Versicherungsleistungen in Höhe von 347.364,08 EUR und der von der Beklagten geleisteten Entschädigung in Höhe von 95.522,05 EUR. Hinsichtlich des weitergehenden Anspruchs auf Erstattung auch der durch Beschluss des Landgerichts Duisburg vom 22. Juni 2004 festgesetzten Kosten in Höhe von 13.322,92 EUR hat die Klägerin die Klage in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht zurückgenommen.

Die Parteien streiten darum, ob das Verhalten der Beklagten den Tatbestand des § 435 HGB erfüllt und inwieweit sich die Klägerin ein Organisationsverschulden der Hauptfrachtführerin als Mitverschulden schadensmindernd zurechnen lassen muss.

Die Klägerin ist der Rechtsansicht, das sich die Beklagte nicht darauf verlassen durfte, dass der Container im Freihafen sicher abgestellt werden könne, da ihr die Praxis der Ausfahrtkontrolle bekannt gewesen sei und sie damit habe rechnen können, dass ein Unbefugter den gesamten Auflieger mit einer Sattelzugmaschine aus dem Hafengelände entferne, ohne von den Zollbeamten daran gehindert zu werden.

Demgegenüber ist die Beklagte der Ansicht, dass sie sich lediglich im Rahmen der Höchsthaftung gemäß § 431 Abs. 1 HGB zu verantworten habe. Ihr Fahrer Y habe gerade nicht in dem Bewusstsein gehandelt, dass der Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Vielmehr habe er den Container bewusst auf dem Parkplatz abgestellt, da dieser beleuchtet und durch eine Videokamera überwacht worden sei. Weder vor noch nach dem streitigen Ereignis sei von dem fraglichen Parkplatz ein Container entwendet worden. Ferner sei die Ware auch nicht besonders diebstahlsgefährdet gewesen, da es sich um Spezialtonerkassetten gehandelt habe, die zur Herstellung von Etikettierungen durch die Verpackungsindustrie benötigt würden. Eine Verwendung in Privathaushalten erfolge nicht.

Der Hauptfrachtführerin, die sich gegenüber der D b.v. vertraglich verpflichtet habe, dass ein unmittelbarer Transport zur Spediteurin ohne Zwischenlagerung erfolge, sei ein eigenes grobes Organisationsverschulden vorzuwerfen, das sich die Klägerin zurechnen lassen müsse.

Das Landgericht hat in seiner Entscheidung vom 22. Dezember 2004, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 ZPO Bezug genommen wird, der auf Zahlung von 251.842.03 EUR nebst Zinsen gerichteten Schadensersatzklage in Höhe eines Betrages von 224.759,10 EUR stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe in dieser Höhe den Verlust des von ihr übernommenen Transportgutes gemäß §§ 425 Abs. 1, 428 HGB, § 67 VVG zu verantworten, ohne dass sie sich auf die gesetzliche Haftungsbegrenzung nach § 431 HGB berufen könne. Die Haftungsbeschränkung nach § 431 HGB gelte gemäß § 435 HGB dann nicht, wenn der eingetretene Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen sei, die der Frachtführer oder eine in § 428 HGB genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen habe. Hiervon sei im Streitfall auszugehen.

Aufgrund der vom 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf im Vorprozess Az.: 18 U 90/02 getroffenen Feststellungen, an die die Beklagte als Streitverkündete des Vorprozesses gebunden sei, sei davon auszugehen, dass das Abstellen des Aufliegers nebst Containers im Freihafen durch den Fahrer Y der Beklagten leichtfertig gewesen sei, da aufgrund eingeschränkter Kontrollen ein Wegfahren des Aufliegers durch Dritte möglich gewesen sei und sich in dem Container Waren von erheblichem Wert befunden hätten. Weiter habe der Fahrer der Beklagten auch in dem Bewusstsein des wahrscheinlichen Schadenseintritts gehandelt. Hinsichtlich der Schadenswahrscheinlichkeit sei es nämlich nicht erforderlich, dass die Möglichkeit des Schadenseintritts über 50% liege. Für die Schadenswahrscheinlichkeit im Sinne des § 435 HGB sei es vielmehr ausreichend, dass das Risiko des Schadenseintritts naheliegend sei. Hiervon sei auszugehen, da der Container in der Zeit von Freitagnachmittag bis Montagmorgen ungesichert und mit diebstahlsgefährdetem Gut auf dem fraglichen Parkplatz abgestellt worden sei. Zur Feststellung des subjektiven Merkmals des Bewusstseins der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts reiche es aus, dass das leichtfertige Verhalten nach seinem Inhalt und den gesamten Umständen, unter denen es aufgetreten sei, diesen Schluss rechtfertige. Das unbewachte Abstellen eines Aufliegers nebst Container mit diebstahlsgefährdetem Gut stelle die Verletzung einer grundlegenden, auf der Hand liegenden Sorgfaltspflichtverletzung dar und berge eine so große Schadenswahrscheinlichkeit, dass der Schluss auf das Bewusstsein des wahrscheinlichen Schadenseintritts gerechtfertigt sei. Der Rückschluss werde auch nicht durch die Behauptung der Beklagten, der Fahrer Y habe den Container bewusst auf dem fraglichen Parkplatz und in dem Bewusstsein abgestellt, einen besonders sicheren Ort ausgesucht zu haben, entkräftet. Es stehe nämlich fest, dass der Fahrer den Container abgestellt habe, ohne weitere Sicherungsmaßnahmen zu treffen, obwohl ein Wegfahren des Aufliegers nebst Container trotz Besetzung der Schranke mit Zollbeamten zu bestimmten Zeiten durchaus möglich gewesen und dem Zollbeamten ersichtlich zudem keine Bewachung bzw. Kontrolle oblegen habe, um den unbefugten Abtransport von abgestellten Aufliegern zu unterbinden.

Der Schadenersatzanspruch der Klägerin sei auch nicht aufgrund eines etwaigen Mitverschuldens ihrer Versicherungsnehmerin zu mindern. Der Umstand, dass die Hauptfrachtführerin gegenüber der D b.v. gegen ihre vertragliche Verpflichtung verstoßen habe, den Container nur dann an die Beklagte zur Beförderung an die Empfangsspedition herauszugeben, wenn sichergestellt sei, dass er am selben Tag an diese ausgeliefert werden könne, berühre nur das Vertragsverhältnis dieser Parteien und habe auf das Vertragsverhältnis zwischen der Hauptfrachtführerin und der Beklagten keinen Einfluss. Umstände, die einen Mithaftungseinwand der Hauptfrachtführerin begründen könnten, habe die Beklagte nicht dargetan. Insbesondere genüge die bloße Kenntnis und Billigung der Organisation des Frachtführers allein nicht, um einen Mithaftungseinwand zu begründen.

Eine Erstattung der eigenen Anwaltskosten für die Verteidigung gegen die Klage der D b.v. auf Schadenersatz gegen die Hauptfrachtführerin sowie der durch den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Duisburg vom 2. Dezember 2003 festgesetzten Kosten der D b.v. könne die Klägerin nicht verlangen. Bei einem Totalverlust seien zwar nach § 432 HGB die Fracht, Abgaben sowie sonstige Kosten voll zu erstatten. Zu den sonstigen Kosten zählten jedoch nicht eigene Kosten sowie festgesetzte Kosten aus dem Schadenersatzprozess zwischen der Eigentümerin der Fracht und der Hauptfrachtführerin/Versicherungsnehmerin.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Beklagten, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

Die Beklagte ist der Rechtsauffassung, dass das angefochtene Urteil den Haftungsmaßstab des § 435 HGB verkenne und nicht die Gesamtumstände würdige, welche für das Abstellen des Containers auf dem von den Fahrer Y gewählten Platz maßgeblich gewesen seien.

Der vom Fahrer gewählte Abstellplatz sei umzäunt gewesen. Es habe dort lediglich eine Ein- und Ausfahrt gegeben, die mit einer Schranke versehen sei. Das Zollamt sei zum damaligen Zeitpunkt durchgehend mit mindestens zwei Beamten besetzt gewesen, die sich nicht nur um die "fiskalischen" Belange, sondern sich auch - notfalls gemeinsam mit der Polizei - um die Sicherheit auf dem Gelände gekümmert hätten. Zu diesem Zweck sei von den Beamten auf dem Gelände des Freihafens Streife gegangen oder gefahren worden. Selbstverständlich gehöre es nicht zu den dienstlichen Obliegenheiten der Zollbeamten, den hier streitigen Auflieger zu bewachen. Der Fahrer Y sei jedoch davon ausgegangen und habe auch davon ausgehen können, dass zumindest eine wirksame Kontrolle ein- und ausfahrender LKW durchgeführt würde, denn wie sollten die fiskalischen Belange sonst wohl gewahrt werden. Zu diesem Zweck seien Laufzettel ausgegeben worden. Habe ein Fahrer einen derartigen Laufzettel nicht vorweisen können, sei eine Rückfrage bei der von ihm aufgesuchten Firma gehalten worden. Ausnahmen habe es offenbar lediglich für die dem Zoll bekannten Fahrern gegeben. Auf die korrekte Erfüllung der den Beamten insoweit obliegenden Dienstpflichten, die in den Augen des Fahrers Y zumindest mittelbar eine ausreichende Sicherheit auch für den abgestellten Auflieger zu gewährleisten schienen, habe der Zeuge vertraut. Es sei auch reichlich unverständlich, warum, wenn das Zollamt durchgehend mit zwei Beamten besetzt sei, diese sich tatsächlich zu zweit auf Streife begeben müssten und noch unverständlicher sei es, dass, wenn dies schon geschehe, zumindest in dieser Zeit nicht die Schranke geschlossen werde. Dass dies nicht so gehandhabt worden sei, sei dem Fahrer nicht bekannt gewesen und damit habe er, weil dadurch auch die fiskalischen Interessen gefährdet worden seien, auch nicht zu rechnen brauchen. Dass die Überwachung effektiv sein müsse, habe der Zeuge nicht nur daraus geschlossen, dass in der Nähe des Zollamtes nahezu ein Jahr lang ein LKW mit beschlagnahmten Zigaretten abgestellt worden sei, sondern auch daraus, dass, obwohl auch andere Firmen dort Fahrzeuge vorübergehend abgestellt hätten und es nach ihrer Kenntnis bis dahin niemals zu einem Diebstahl gekommen sei. Der Leiter des Zollamtes, der Zeuge M, habe bestätigt, dass dies tatsächlich nicht nur vorher, sondern auch nach dem hier streitigen Vorfall nicht geschehen sei, so dass der hier streitige Vorfall ein einmaliges Ereignis in der Geschichte des Freihafens darstelle.

Darüber hinaus habe der Fahrer außerdem den Auflieger im Bereich zweier Videokameras abgestellt. Dass davon eine defekt gewesen sei, sei dem Fahrer natürlich nicht bekannt gewesen. Ebenso wenig habe er eine Vorstellung davon gehabt, dass die von der anderen Videokamara aufgenommenen Bilder deshalb nicht auswertbar gewesen seien, weil eine ausreichende Qualität durch flatternde Fahnen verhindert worden sei. Darauf komme es jedoch auch nicht an. Maßgeblich für die Präventionswirkung, die von solchen Kameras ausgehe, sei nämlich die in einem potenziellen Täter durch ihre schlichte Anwesenheit hervorgerufene Auffassung, dass Aufnahmen gemacht würden und nicht, dass dies tatsächlich geschehe.

Schließlich habe es sich bei den in dem Container befindlichen Toner-Kartuschen auch nicht um gängige, leicht absetzbare Ware, sondern um Spezial-Kartuschen für den Etikettendruck gehandelt, die in handelsüblichen Druckern nicht zu verwenden gewesen seien. Der Fahrer Y habe den Auflieger schließlich weder auf einem Autobahnrastplatz in I abgestellt, noch, während der Dunkelheit an einer Tankstelle P (vgl. Urteil des LG Frankfurt vom 11.09.01, TransportR 02, 165, 166), noch handele es sich vorliegend um einen lediglich mit einer Plane gesicherten LKW mit hoch diebstahlgefährdeter Ware, der unbeaufsichtigt zwei Nächte lang in einem Wohngebiet nahe der Hauptstraße und dem Ortskern von S abgestellt wurde (Urteil des LG Hamburg vom 05.12.00, TransportR 01, 79). Wenn schon das OLG Stuttgart das Abstellen eines mit diebstahlgefährdetem Gut beladenen und selbst nicht gegen Diebstahl gesicherten Aufliegers auf einem umzäunten Gelände, das zweimal in der Nacht von einem Wachdienst kontrolliert worden sei, mit verschließbarem Tor, dessen Schloss allerdings an dem fraglichen Abend nicht funktionierte und daher unverschlossen blieb, nicht als leichtfertig ansehe (Urteil vom 15.08.01, TransportR 02, 37) und das OLG Köln einen Anspruch aus Art. 29 CMR verneine, wenn ein ebenfalls ungesicherter Auflieger unmittelbar an der Autobahn hinter der deutsch-niederländischen Grenze auf einem Parkplatz neben einer Tankstelle mit Raststätte abgestellt werde (Urteil vom 04.07.95, TransportR 96, 284, 286), so würde es einen bemerkenswerten Widerspruch darstellen, der Beklagten im vorliegenden Fall die Berufung auf § 435 HGB zu versagen.

Auch jeder, und zwar gerade jeder durchschnittliche Teilnehmer des betreffenden Berufskreises hätte im Ergebnis nicht anders gehandelt als ihr Fahrer Y. Gemessen daran sei der Vorwurf der Leichtfertigkeit, wobei nach Auffassung des Bundesgerichtshofs auf die subjektive Sicht des Handelnden, hier also des Fahrers Y, abzustellen sei, die allerdings durch die Heranziehung von Erfahrungssätzen und typischen Geschehensabläufen ein gewisses Maß an Objektivierung erfahre, nicht gerechtfertigt, noch viel weniger sei nach den Umständen, auf ein Bewusstsein des Fahrers Y von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu schließen.

Unzutreffend sei darüber hinaus die Auffassung des Landgerichts zur Frage des Mitverschuldens. Zu berücksichtigen sei dabei nicht nur die Frage, ob der Hauptfrachtführerin bekannt gewesen sei, dass die Beklagte Fahrzeuge in dem vorliegenden, vergleichbaren Fällen im Freihafengelände abzustellen pflegte, sondern dass sie, wie der 18. Senat im Vorprozess zutreffend festgestellt habe, dadurch, dass sie den Container am Freitag erst so spät der Beklagten, und zwar in eindeutiger Kenntnis, dass er an diesem Tage nicht mehr würde ausgeliefert werden können und daher über das Wochenende abgestellt werden müsse, übergab, die erste und wesentliche Ursache für den später eingetretenen Schaden gesetzt habe.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter teilweiser Abänderung der angefochtenen Entscheidung insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin ist demgegenüber der Rechtsauffassung, dass die mit der Berufungsbegründung erhobenen Einwendungen gegen das angefochtene Urteil, die sich nahezu ausnahmslos mit der subjektiven Sicht des Fahrers Y befassten, nicht entscheidungserheblich seien. Vielmehr sei die "Leichtfertigkeit" des Verhaltens der Beklagten bereits im Vorprozess rechtskräftig festgestellt worden, während ihr unstreitiges objektives Verhalten nach der von allen Beteiligten herangezogenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den subjektiven Tatbestand des § 435 HGB erfülle.

Festzuhalten bleibe, dass der Fahrer Y einen mit wertvollen Gütern beladenen Auflieger über das Wochenende unbewacht und ungesichert auf einem Gelände abgestellt habe, von dem Fahrzeuge unbeobachtet weggefahren werden konnten. Irgendwelche konkreten Maßnahmen zur Sicherung des abgestellten Aufliegers seien unstreitig nicht getroffen worden. Ein solches Verhalten erfülle, wie das Landgericht in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt habe, die vom Bundesgerichtshof in der hier zitierten Entscheidung aufgestellten Voraussetzungen eines qualifizierten Verschuldens im Sinne des § 435 HGB. Im Übrigen wisse jeder Spediteur, jeder Frachtführer und jeder Berufskraftfahrer, dass bereits seit mehr als fünf Jahren in Deutschland insbesondere in Industriegebieten, wo nachts und am Wochenende wenig Verkehr herrsche und zudem mit einer Anhäufung von beladenen Containern und Aufliegern zu rechnen sei, mindestens ebenso viele beladene Fahrzeuge gestohlen würden wie in irgendeinem Ausland.

Zur Frage eines von der Beklagten erneut geltend gemachten Mitverschuldens der Hauptfrachtführerin könne sie sich nur den zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils anschließen. Insbesondere sei die Feststellung des Landgerichts hervorzuheben, dass ein Verschulden der Hauptfrachtführerin im Vertragsverhältnis zu ihrer Auftraggeberin im hier allein interessierenden Vertragsverhältnis zwischen Haupt- und Unterfrachtführer von keinerlei Bedeutung sei. Das einzige, was die Beklagte allenfalls einwenden könnte, sei der Umstand, dass die Hauptfrachtführerin ihr die Sendung an einem Freitagnachmittag noch übergeben habe. Das aber vermöge ein Mitverschulden schon deshalb nicht zu begründen, weil es der Beklagten freigestanden hätte, die Übernahme der Sendung abzulehnen, wenn sie sie nicht mehr am selben Tage hätte zustellen können.

Durch Hinweisbeschluss des Senats vom 25. Mai 2005 wurden die Parteien darauf hingewiesen, dass eine Haftung der Beklagten für den streitgegenständlichen Schaden auch dann in Betracht komme, wenn dem Fahrer Y der Beklagten nicht der Vorwurf leichtfertigen Verhaltens gemacht werden könne, weil sich in die § 435 HGB geforderte Leichtfertigkeit des Frachtführers und seiner Leute im vorliegenden Fall auch aus einer mangelnden Organisation des Betriebsablaufs der Beklagten ergeben könne.

Daraufhin hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 30. Mai 2005 (Bl. 151 ff GA) unter Beweisantritt des Fahrers Y vorgetragen, sie habe am 28. Juli 2000, einem Freitag von der Chefdisponentin der Hauptfrachtführerin, Frau F, nachmittags den Auftrag erhalten, den hier streitigen Container zu laden und der Empfängerin zuzustellen. Dabei habe der Zeuge ausdrücklich daraufhin hingewiesen, dass wegen der bereits fortgeschrittenen Zeit eine Auslieferung an diesem Tage wohl nicht mehr möglich sei. Die Disponentin habe dem Zeugen jedoch erklärt, sie habe deswegen schon telefoniert. Die Empfängerin habe zugesagt, den Container noch entgegenzunehmen. Nach Aufladen des Containers habe der Zeuge Y jedoch einen Anruf erhalten, in welchem ihm die Disponentin mitgeteilt habe, eine Ablieferung sei nun doch nicht mehr an diesem Tage möglich. Er solle den Container mitnehmen und am Montag zustellen.

Der Hauptfrachtführerin sei bekannt gewesen, dass sie über keinen sicheren Abstellplatz verfügt habe. Die von dem Zeugen Y in seiner Vernehmung vom 21. Dezember 2001 (Blatt 4 oben des Protokolls) erwähnten "anderen beladenen Container", die von ihr im Auftrage der Hauptfrachtführerin transportiert und mit deren Wissen über Nacht abgestellt worden seinen, seien regelmäßig auf ausdrückliche Anweisung der Hauptfrachtführerin hin, wie dies der Zeuge ausgesagt habe, vor dem ehemaligen Lagergebäude abgestellt worden. Auch dieser Platz liege nur etwa 25 m von dem Platz entfernt, an dem der Zeuge Y den hier streitigen Container abgestellt habe. Er unterscheide sich von dem Platz vor dem ehemaligen Lagergebäude lediglich dadurch, dass dort zusätzlich noch Video-Kameras der Fa. D-Spedition installiert gewesen seien. Der Zeuge Y habe deshalb davon ausgehen können und müssen, dass die Hauptfrachtführerin mit diesem Abstellplatz, den sie in den anderen Fällen selbst vorgeschrieben habe, einverstanden gewesen sei.

Dass Container in den anderen Fällen auf ausdrückliche Weisung der Hauptfrachtführerin dort abgestellt worden seien, sei der Beklagten bekannt gewesen und deshalb von ihr auch respektiert, denn die Weisungen Hauptfrachtführerin seien für sie "Gesetz" gewesen. Es hätte daher überhaupt keiner besonderen Betriebsanweisung für den Fall bedurft, dass ein aufgeladener Container über Nacht abgestellt werden musste. Für die Beklagte sei selbstverständlich gewesen, dass er an dem Platz abgestellt wurde, den die Hauptfrachtführerin den anderen Fällen ausdrücklich vorgeschrieben habe. Das sei eine "Betriebsanweisung" kraft Gewohnheitsrechts gewesen.

Aber auch aus einem anderen Grunde könne es nicht darauf ankommen, dass eine allgemeine, insbesondere eine schriftliche Betriebsanleitung, wie mit einem derartigen Container zu verfahren sei, nicht existiert habe.

Der Inhaber der Beklagten, Herr Adam Y, sei am Vormittag des 28.Juli 2000 aus geschäftlichen Gründen in die T geflogen. Bei dem Zeugen Y handele es sich nicht etwa um einen normalen, bei der Beklagten angestellten Fahrer, sondern, wie dieser ausgesagt habe (a.a.O., Blatt 2 des Protokolls), um den Bruder des Inhabers, der ihn während dessen Abwesenheit auch vertreten habe. Die Entscheidung, das Fahrzeug an dem besagten Platz im Freihafengelände abzustellen, sei daher eine solche der "Geschäftsleitung" unmittelbar gewesen, die keiner Umsetzung in einer Betriebsanleitung für Fahrer bedurft hätte.

Abweichend hiervon hat die Beklagte in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 13. Juni 2005 (Bl. 170 ff GA) unter Beweisantritt des Zeugen Y vorgetragen, dass die Fahrt zum Transport des streitgegenständlichen Containers vom Container-Terminal zum Lager der Firma N am 28. Juli 2000 wie stets, fernmündlich von der Hauptfrachtführerin disponiert worden sei. Tatsachlich hätten diejenigen ihrer Fahrzeuge, welche für die Hauptfrachtführerin eingesetzt worden seien, voll und ganz zu deren Disposition gestanden. Die Fahrer hätten zumeist bereits am Vortage die Aufträge erhalten, die sie für die Hauptfrachtführerin am nächsten Tage zu erledigen hatten und sie habe regelmäßig erst am Wochenende aus den Aufzeichnungen der Fahrer erfahren, welche Fahrten überhaupt von diesen für die Hauptfrachtführerin durchgeführt worden seien. Der Ablauf der Auftragsdurchführung für die Hauptfrachtführerin sei üblicherweise der gewesen, dass der Fahrer in dem am Eingang des Container-Terminals befindlichen Büro von dem zuständigen Disponenten der Hauptfrachtführerin einen schriftlichen Auftrag erhalten habe, aus dem sich die Nummer des von ihm zu transportierenden Containers, der sich daraus ergebende gegenwärtige Standort im Container-Terminal und Firma, bei welcher er abzuliefern ist, zu entnehmen gewesen sei. Über den Inhalt des Containers sei dem Fahrer nichts bekannt. Mit diesem schriftlichen Auftrag sei der Fahrer sodann zu einem der der Container-Kräne gefahren und habe dem Kranführer den Auftrag vorgelegt, der daraufhin den Container heraussucht und auf den Auflieger geladen habe. Mit dem aufgeladenen Container sei der Fahrer dann zum Ausgang des Container-Terminals, gefahren, habe sein Fahrzeug mit dem Container vor dem dort befindlichen Büro der Hauptfrachtführerin abgestellt und sich mit dem schriftlichen Auftrag in das Büro hineinbegeben. Der dafür zuständige Mitarbeiter der Hauptfrachtführerin habe dann kontrolliert, ob die auf dem Container befindliche Nummer mit derjenigen auf dem schriftlichen Auftrag übereinstimme und, wenn dies der Fall gewesen sei, dem Fahrer einen Plastikchip gegeben, mit dem dieser die an der Ausfahrt befindliche Schranke habe öffnen und das Container-Terminal verlassen können. Es sei daher völlig ausgeschlossen, dass ein Fahrer der Beklagten im Terminal einen Container etwa aus eigenem Entschluss auflade und das Gelände verlasse. Als der Zeuge Y am Nachmittag des 28. Juli 2000, etwa gegen 16.00 Uhr erschienen sei, um, wie er ausgesagt habe, dem eigentlich als Fahrer tätigen Mitarbeiter der Beklagten einen pünktlichen Feierabend zu ermöglichen, sei der Auftrag bereits erteilt und der Container bereits geladen gewesen. Über die Auftragserteilung selbst wisse der Zeuge daher nur das, was ihm von dem Fahrer berichtet worden ist, nämlich, dass dieser und nicht der Zeuge Y darauf hingewiesen habe, dass der Container wegen der vorgerückten Stunde wohl kaum noch bei der Firma N abgeliefert werden könne, woraufhin ihm gegenüber jedoch erklärt worden sei, es sei deswegen telefoniert worden und man warte dort noch auf ihn. Der Zeuge Y habe den Auflieger mit dem Container übernommen und damit das Gelände der Hauptfrachtführerin verlassen, um diesen zum Bestimmungsort, dem Logistikcenter der Fa. N in D zu bringen. Irgendwo auf diesem kurzen Weg von 2,7 km zwischen dem Container-Terminal und dem Bestimmungsort habe der Zeuge Y von der Hauptfrachtführerin per Funk die Mitteilung erhalten, die Fa.N nehme den Container doch nicht mehr ab, er könne ihn also erst am Montag anliefern. Welcher der Mitarbeiter der Hauptfrachtführerin diese Mitteilung gemacht habe, sei dem Zeugen Y nicht mehr erinnerlich. Seinerzeit seien in der Disposition der Hauptfrachtführerin neben der bereits benannten "Chefdisponentin" drei weitere Personen tätig gewesen, die dem Zeugen Y nur mit Vornamen bekannt seien, nämlich "Dieter", "Bernd" und eine junge Dame namens "Christine". Welche dieser Personen ihn unterrichtet habe, wisse der Zeuge Y nicht mehr.

Da der Zeuge Y, wie er ausgesagt habe, bereits mehrfach Container freitags nachmittags ebenfalls im Freihafen, nämlich vor dem ehemaligen Lagerhaus abgestellt habe, und zwar auf ausdrückliche Weisung der Hauptfrachtführerin, damit sie dort früh am Montagmorgen ausgeladen werden konnten, habe dieser keinerlei Bedenken gehabt, auch den streitgegenständlichen Container dort abzustellen, allerdings nicht vor dem Gebäude, sondern auf dem Parkplatz vor der Lagerhaus der Fa. M.

Demgegenüber behauptet die Klägerin in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 28. Juni 2005 (Bl. 178 ff GA), das neue Vorbringen der Beklagten in deren Schriftsätzen vom 30. Mai und 13. Juni 2005 sowohl verspätet als auch in vollem Umfang unrichtig sei.

Im Juli 2000 sei die Auftragserteilung an die Beklagte im Gegensatz zu dem von dieser im Schriftsatz vom 13. Juni 2005 beschriebenen gegenwärtigen Betriebsablauf in der Weise erfolgt, dass den Fahrern der Beklagten von der Hauptfrachtführerin am Vorabend eine Liste der Transporte nebst den von Hauptfrachtführerin in fünffacher Ausfertigung erstellten Frachtbriefen für die Transporte des darauffolgenden Tages übergeben worden seien. Die Fahrer seien also nicht wegen jedes einzelnen abzuholenden Containers im Büro der Hauptfrachtführerin erschienen, da sie ja bereits am Vorabend eine Liste der auszuführenden Beförderungen und die dazugehörigen Frachtbriefe erhalten hätten. Die Fahrer seien vielmehr mit dem Sattelzug auf dem Betriebsgelände der Hauptfrachtführerin erschienen, hätten dem Staplerfahrer, der die Container aufzuladen hatte, mündlich eine Containernummer genannt, worauf der so bezeichnete Container verladen worden sei. Die Fahrzeuge hätten dann ohne jeden Stopp und ohne jede Kontrolle das Betriebsgelände der Hauptfrachtführerin verlassen.

Deswegen treffe es nicht zu, dass im Zusammenhang mit der Übergabe des hier streitigen Containers an den Fahrer der Beklagten irgendwelche Telefongespräche mit der Disponentin, Frau F geführt worden seien. Insbesondere sei die Behauptung falsch, man habe dem Fahrer oder dem Zeugen Y zunächst mitgeteilt, der Container könne noch am selben Nachmittag abgeliefert werden, um diese Aussage dann später telefonisch zu widerrufen. Richtig sei vielmehr, dass die Beklagte selbst genau gewusst habe, dass der hier streitige Container zur Ablieferung bei N am Montagmorgen bestimmt sei.

So habe der Inhaber der Beklagten in seiner zeugenschaftlichen Vernehmung vom 15. August 2000 vor der Polizei ausgesagt, dass die Beklagte am Freitag, den 28. Juli 2000 von der Fa. D per Fax den Auftrag erhalten habe, für Montag, den 31. Juli 2000 insgesamt vier volle Container bei der Hauptfrachtführerin abzuholen und davon zwei bei der Fa. D im Rheinhafen und die beiden anderen bei der Fa. M in R abzusetzen. Wegen der fortgeschrittenen Zeit - es sei bereits 17.00 Uhr gewesen, habe er sich entschieden, die Container zusammen mit seinem Bruder, den Zeugen Y, abzuholen. Er sei direkt mit einem Sattenzug zur Hauptfrachtführerin gefahren und habe dort auf den Zeugen Y gewartet. Sein Bruder habe von dem Fahrer B den Sattelzug, auf dem der streitgegenständliche Container bereits aufgesattelt gewesen sei, übernommen, habe diesen dann im Freihafen bei der Fa. M abgestellt und sei sodann mit einem leeren Container der Fa. D zum Tausch bei der Hauptfrachtführerin erschienen. Er habe dann gemeinsam mit seinem Bruder die erwähnten vier vollen Container bei der Hauptfrachtführerin übernommen.

Auf die Frage, warum der Fahrer B bereits am Freitag einen Container übernommen habe, der erst am Montag bei N ausgeliefert werden sollte, habe der Inhaber der Beklagten erklärt, dass dies nach seiner Meinung zeitliche Gründe gehabt habe. Aus der Disposition der Hauptfrachtführerin gehe hervor, wie viele Container ein Fahrer an einem Tag von der Hauptfrachtführerin zur Fa. N zu bringen habe. Der Fahrer Be habe sicherlich beabsichtigt, den ersten Container für Montag bereits am Freitag aufzunehmen, um am Montag Zeit sparen zu können. Denn er hätte am Montag sicherlich ca. 30 Minuten warten müssen, bis er bei der Hauptfrachtführerin den ersten Container hätte aufnehmen können. Derjenige Fahrer der Beklagten, der ausschließlich für die Fa. N fahre, habe nämlich immer dann Feierabend, wenn er alle Container gefahren habe. Es müsse sich dann auch nicht mehr bei der Beklagten melden, weil die gesamte Disposition über die Hauptfrachtführerin laufe. So könne es sein, dass der Fahrer B den Container am Freitag aufgenommen habe, um für Montag Zeit herauszuholen. Er habe dies natürlich alles bereits mit B besprochen. Dieser habe das zwar nicht direkt zugegeben, aber es sei so, wie er es beschrieben habe.

Unrichtig sei schließlich die Behauptung der Beklagten, sie habe in anderem Zusammenhang im Auftrag der Hauptfrachtführerin Container auf dem Zollfreigelände abgestellt. Es möge sein, dass die Beklagte dies getan habe, vermutlich - wie sich aus der vorzitierten Aussage des Inhabers der Beklagten gegenüber der Kriminalpolizei ergebe - im Auftrage der Fa. D. Die Hauptfrachtführerin habe jedenfalls der Beklagten niemals den Auftrag erteilt, Container auf dem Freihafengelände abzustellen. Ihr sei ebenso wenig bekannt, dass die Beklagte dies schon in zahllosen anderen Fällen getan habe.

Die Beiakten des Vorprozesses 21 O 112/01 LG Duisburg lagen vor und waren zur Information des Senats Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist im tenorierten Umfang begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch aus übergeleitetem Recht gemäß §§ 425 Abs. 1, 428 HGB, § 67 VVG in Höhe von 64.618,52 EUR zu. Die Beklagte hat den Verlust des von ihr übernommenen Transportguts gegenüber der Klägerin zu verantworten, ohne dass sie sich auf die gesetzliche Haftungsbeschränkung der §§ 431, 435 HGB berufen kann.

Nach § 435 HGB gelten die im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine der in § 428 HGB genannten Personen vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen hat, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.

Der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat in seiner rechtskräftigen Entscheidung vom 15. Oktober 2003 mit Bindungswirkung für die Beklagte (§ 68 ZPO) festgestellt, dass das Abstellen des Aufliegers im Freihafen objektiv leichtfertig war, weil sich in dem Container Waren von erheblichem Wert befanden, Sicherungsmaßnahmen gegen ein Entwenden des Aufliegers samt Container nicht getroffen worden sind, obgleich der Auflieger ohne großen technischen Aufwand hätte gesichert werden können und die Beweisaufnahme ergeben hat, dass ein Wegfahren des Aufliegers trotz der Besetzung der Schranke mit Zollbeamten zu bestimmten Zeiten ohne Weiteres möglich war.

Auf dieser tatsächlichen Grundlage ist der Senat der Überzeugung, dass der Beklagten in Bezug auf den streitgegenständlichen Verlust ein qualifiziertes Verschulden i.S. von § 435 HGB anzulasten ist.

Das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit erfordert einen besonders schweren Pflichtenverstoß, bei dem sich der Frachtführer oder seine "Leute" in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen der Vertragspartner hinwegsetzen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2004, Az: I ZR 263/01; Urteil vom 25. März 2004, Az: I ZR 205/01, NJW 2004, 2445-2447). Das subjektive Erfordernis des Bewusstseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist eine sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängende Erkenntnis, es werde wahrscheinlich ein Schaden entstehen. Dabei reicht die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Leichtfertigkeit für sich allein allerdings nicht aus, um auf das Bewusstsein von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts schließen zu können. Eine solche Erkenntnis als innere Tatsache ist vielmehr erst dann anzunehmen, wenn das leichtfertige Verhalten nach seinem Inhalt und nach den Umständen, unter denen es aufgetreten ist, diese Folgerung rechtfertigt. Es bleibt der tatrichterlichen Würdigung vorbehalten, ob das Handeln nach dem äußeren Ablauf des zu beurteilenden Geschehens vom Bewusstsein getragen wurde, dass der Eintritt eines Schadens mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Dabei sind in erster Linie Erfahrungssätze heranzuziehen. Zudem kann der Schluss auf das Bewusstsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts auch im Rahmen typischer Geschehensabläufe nahe liegen (vgl. BGH. a.a.O.).

Zwar mag es sein, dass der Fahrer Y der Beklagten, so wie dies auch vom 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 15. Oktober 2003 im Vorprozess gesehen wurde, nicht in dem Bewusstsein des wahrscheinlichen Schadenseintritts gehandelt hat, als er den Container nebst Auflieger im Freihafengelände abstellte, weil er für sich persönlich zu der Überzeugung gelangt war, für das Wochenende einen sicherern Abstellplatz für den Container als das eigene Firmengelände der Beklagte gefunden zu haben.

Die in § 435 HGB geforderte Leichtfertigkeit des Frachtführers oder seiner "Leute" kann sich aber auch - hierauf hat der Senat in seinem Hinweisbeschluss vom 25. Mai 2005 ausdrücklich hingewiesen - aus einer mangelhaften Organisation des Betriebsablaufs ergeben, die keinen hinreichenden Schutz der zu befördernden Frachtgüter gewährleistet und sich in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen der Vertragspartner hinwegsetzt (vgl. BGH, Urteil vom 21. September 2000, Az: I ZR 135/98, TranspR 2001, 29-34 m.w.N. zu Art. 25 WA 1955).

Im vorliegenden Fall besteht nämlich die Besonderheit, dass die Beklagte, wie dies ihr Fahrer Y bei seiner Zeugenvernehmung vom 21. Dezember 2001 in dem Vorprozess ausgesagt hatte, häufiger Aufträge auszuführen hatte, bei denen Container - wie im vorliegenden Fall - am Montagmorgen bei einem bestimmten Abnehmer abzuliefern waren. Um diese Aufträge ausführen zu können, mussten die Container am Ende der vorausgegangenen Woche oder am Wochenende aufgenommen und über das Wochenende abgestellt werden. (Bl. 152 BA). Zwar verfügte die Beklagte am Ort ihres Büros in Duisburg über einen umzäunten Abstellplatz. Dieser Platz war jedoch mit keinerlei sonstigen Sicherheitsvorkehrungen gegen Diebstahl ausgestattet - er war nach der Aussage des Fahrers Y leicht zu erreichen und wieder zu verlassen, Bl. 152 BA) - so dass dem Fahrer Y ein Abstellen des Containers auf dem betriebseigenen Abstellplatz der Beklagten als viel zu gefährlich erschien und er sich statt dessen veranlasst sah, sich seinerseits nach einem "sicheren" Wochenend-Abstellplatz für den Container umzusehen. Dabei blieb das Auffinden dieses Platzes der persönlichen Entscheidung des Fahrers überlassen. Denn eine Betriebsanweisung, wie die Fahrer der Beklagten verfahren sollten, wenn ein Container am selben Tag nicht mehr ausgeliefert werden konnte, existierte nach der Aussage des Fahrers Y nicht (Bl. 152 GA). Üblicherweise wurden in diesen Fällen die Container von den Fahrern vor dem ehemaligen Lagergebäude am Nordhafen abgestellt (BL. 1512/152 BA). Demgegenüber erschien dem Fahrer Y ein Abstellen des voll beladenen Containers auf dem Parkplatz der Fa. M noch sicherer, weil dieser in der Nähe des Zollgebäudes lag und nach dem äußeren Anschein zusätzlich durch eine funktionierende Videoüberwachung gesichert war (BL. 153 BA). Ergänzend hierzu hat die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Streithelferin in dem geführten Vorprozess mit Schriftsatz ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 11. November 2002 vorgetragen, dass ihrem Unternehmen das Abstellen von Containern auf dem Freihafengelände in Fällen der vorliegenden Art sozusagen gewohnheitsrechtlich üblich gewesen sei. Was angesichts dessen von ihr zu ihrer Betriebsorganisation mehr vorgetragen werden solle als die Tatsache, "dass die ihr zur Verfügung stehende Abstellmöglichkeit entschieden diebstahlsgefährdeter schien", müsse die Klägerin des Vorprozesses, die Fa. D b.v., wohl näher darlegen. (Bl. 301 BA).

Aus dieser auf Seiten der Beklagten somit gänzlich fehlenden Betriebsorganisation für die sichere Aufbewahrung von mit wertvollen Gut voll beladenen Containern über das Wochenende kann nach Überzeugung des Senats auch auf deren Bewusstsein geschlossen werden, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Wer, wie die Beklagte elementare Sorgfaltsvorkehrungen unterlässt, handelt in dem Bewusstsein, dass es aufgrund des Mangels dieser Vorkehrungen zu einem Schadenseintritt kommen kann. Wer also Container zur Aufbewahrung über das Wochenende entgegennimmt, ohne das eigene, vorhandene Betriebsgelände ausreichend gegen Diebstahl abzusichern, keinerlei Anweisungen für die sichere Aufbewahrung von wertvollen, voll beladenen Containern über das Wochenende herausgibt, obwohl er weiß oder hätte wissen müssen, dass es sich hierbei um elementare Vorkehrungen gegen den Verlust von Ware handelt, es duldet, dass die angestellten Fahrer das Jedermann frei zugängliche Freihafengelände zum Betriebsparkplatz umfunktionieren, weil dieses sicherer als der eigene Betriebshof erscheint und sich darauf verlässt, dass die Zollkontrolle am Eingang zum Freihafengelände schon einen ausreichenden Diebstahlsschutz gewährleiste, ohne sich auch nur ansatzweise über die tatsächliche Ausübung dieser Kontrollen insbesondere am Wochenende zu informieren, hat das Bewusstsein, es werde mit Wahrscheinlichkeit ein Schaden an dem anvertrauten Gut entstehen.

Der vorliegende Fall ist deswegen auch nicht mit den von der Beklagten angesprochenen Fällen vergleichbar, in denen die Fahrer während eines längeren Transportes etwa unterwegs im Ausland eine sichere Abstellmöglichkeit für ihren voll belandenen LKW finden mussten. Denn der Transport war im Bereich des Geschäftssitzes der Beklagten in D durchzuführen und die Inanspruchnahme des Freihafengeländes zum Abstellen der Container über das Wochenende erfolgte nur deshalb, weil die Beklagte ihr eigenes Betriebsgelände nicht ausreichend gegen Diebstahl abgesichert hatte und dem Fahrer Y unter diesen Umständen die Abstellung des Containers auf dem Freihafengelände entschieden sicherer erschien. In der von der Beklagten angesprochenen Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart (Urteil vom 15.08.01, TransportR 02, 37) wurde deswegen eine verschärfte Haftung des Frachtführers verneint, weil dieser auf seinem Betriebsgelände ausreichende Sicherungsmaßnahmen gegen Diebstahl getroffen hatte und nur für den Ausnahmefall, dass das Rolltor nicht schließen sollte, eine konkrete Betriebsanweisung unterlassen hatte. Hier hatte aber die Beklagte weder ihr eigenes Betriebsgelände ausreichend gegen Diebstahl abgesichert noch gab es aber überhaupt eine Betriebsanweisung, wie in den Fällen zu verfahren ist, dass der Container über Nacht abzustellen ist.

Soweit demgegenüber die Beklagte in ihren Schriftsätzen vom 30. Mai und 13. Juni 2005 behauptet hat, die im Auftrag der Hauptfrachtführerin transportierten Container seien - wenn diese nicht am selben Tag hätten ausgeliefert werden können - regelmäßig auf ausdrückliche Weisung der Hauptfrachtführerin über Nacht vor dem ehemaligen Lagergebäude abgestellt worden; auch wenn die Beklagte im konkreten Fall keine ausdrückliche Weisung zur Abstellung des Container im Freihafengelände über das Wochenende erteilt habe, sei für sie selbstverständlich gewesen, dass der Container an dem Platz abzustellen gewesen sei, der von der Hauptfrachtführerin in anderen Fällen vorgeschrieben worden sei, ist dieses Vorbringen unsubstantiiert. Denn zum einen bezeichnet die Beklagte nicht konkret die Fälle, in denen ihr die Hauptfrachtführerin eine ausdrückliche Anweisung zur Abstellung der Container im Duisburger Freihafen erteilt haben soll, so dass schon aus diesem Grunde nicht nachvollzogen werden kann, ob die Beklagte aufgrund der behaupteten Übung in anderen Fällen auch im konkreten Fall der Meinung sein durfte, die Hauptfrachtführerin billige die Abstellung des streitgegenständlichen Containers im Freihafen über das Wochenende.

Zum anderen ist das Vorbringen der Beklagten aber auch widersprüchlich. Der Fahrer Y, auf dessen Zeugnis sich die Beklagte zur Richtigkeit ihres Sachvortrags beruft, hat bei seiner Vernehmung vom 21. Dezember 2001 vor dem Landgericht Duisburg im Vorprozess auf Nachfrage ausgesagt, dass die Beklagte hinsichtlich des streitgegenständlichen Containers von der Hauptfrachtführerin nicht den Auftrag erhalten habe, diesen vor der eigentlichen Auslieferung zwischendurch abzustellen (Bl. 153 BA), eine Betriebsanleitung, wie zu verfahren sei, wenn ein Container nicht mehr am selben Tag ausgeliefert werden könne, nicht existiere (Bl. 152 BA) und die Beklagte andere beladener Container, die sie im Auftrag der Hauptfrachtführerin transportiert habe, die aber nicht zu dem hier in Rede stehenden Gesamttransport von Tonerkartuschen gehört hätten, regelmäßig vor dem ehemaligen Lagergebäude im Freihafen abgestellt hätte. Mit keinem Wort hat der Zeuge auf eine nunmehr von der Beklagten behauptete Anweisung der Hauptfrachtführerin zur Abstellung der Container hingewiesen, was nahe gelegen hätte, wenn eine solche Anweisung - wie von der Beklagten jetzt behauptet - existiert hätte. Auch die Beklagte hat im Vorprozess, als unter dem Gesichtspunkt des der Hauptfrachtführerin zuzurechnenden Verschuldens der Beklagten die Frage ihres eigenen Organisationsverschuldens unter den Prozessbeteiligten erörtert wurde, nicht etwa darauf hingewiesen, dass das Abstellen der Container im Freihafen auf eine allgemeine Anweisung der Hauptfrachtführerin hin erfolgt sei, sondern dass bei ihr das Abstellen der Container auf dem Freihafengelände sozusagen gewohnheitsrechtlich üblich gewesen sei und sie angesichts dessen auch nicht wisse, was sie zu ihrer "Betriebsorganisation" mehr vortragen solle als die Tatsache, dass die ihr zur Verfügung stehenden Abstellmöglichkeiten entschieden diebstahlsgefährdeter gewesen seien. Gründe, warum im Vorprozess die Abstellung des Containers im Freihafen mit einer gewohnheitsrechtlichen Übung und im Streitfall mit einer Weisung der Hauptfrachtführerin erläutert wird, werden nicht angegeben. Ohne eine nachvollziehbare Erläuterung, wie es zu dem von der im vorliegen Rechtstreit behaupteten Weisung abweichenden Sachvortrag der Beklagten im Vorprozess gekommen ist, ist allerdings das Vorbringen Beklagten auch wegen seiner Widersprüchlichkeit unschlüssig.

Aber selbst wenn zugunsten der Beklagten noch von einer schlüssig behaupteten Weisung der Hauptfrachtführerin zur Abstellung des Containers im Freihafen ausgegangen werden könnte, wäre dieses Vorbringen gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO im Berufungsrechtsstreit nicht zuzulassen, weil das Unterbleiben des Sachvortrags im ersten Rechtzug auf einer Nachlässigkeit der Beklagten beruht.

Aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Hanseatischen Oberlandesgerichts Bremen vom 10. Oktober 2002 stand fest, dass der Versicherer der Beklagten dieser keinen Versicherungsschutz wegen des Verlustes des streitgegenständlichen Containers leisten wird. Der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hatte die Hauptfrachtführerin zur Schadensersatzleitung gegenüber der Geschädigten verurteilt und in seiner rechtskräftigen Entscheidung vom 15. Oktober 2003 mit Bindungswirkung für die Beklagte (§ 68 ZPO) festgestellt, dass das Abstellen des Aufliegers im Freihafen objektiv leichtfertig war, weil sich in dem Container Waren von erheblichem Wert befanden, Sicherungsmaßnahmen gegen ein Entwenden des Aufliegers samt Container nicht getroffen worden sind, obgleich der Auflieger ohne großen technischen Aufwand hätte gesichert werden können und die Beweisaufnahme ergeben hat, dass ein Wegfahren des Aufliegers trotz der Besetzung der Schranke mit Zollbeamten zu bestimmten Zeiten ohne Weiteres möglich war. Wenn sodann die Beklagte im Rückgriffsprozess des Versicherers der Hauptfrachtführerin zur Verteidigung gegen den Leichtfertigkeitsvorwurf der Klägerin in erster Instanz ausschließlich vorträgt, dass ihr Fahrer Y nicht in dem Bewusstsein des wahrscheinlichen Schadenseintritts gehandelt habe, weil dieser subjektiv der Auffassung gewesen sei, einen besonders sicheren Abstellplatz für den Container über das Wochenende gefunden zu haben und es dabei unterlässt vorzutragen, dass die Abstellung von im Auftrag der Hauptfrachtführerin transportierten Containern im Freihafen auf deren Weisung hin erfolgte, ist dies nachlässig. Der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hatte in seiner Entscheidung im Vorprozess ausdrücklich die Frage offen gelassen, ob der Fahrer der Beklagten in dem Bewusstsein des wahrscheinlichen Schadenseintritts gehandelt habe. Von daher drängte es sich für die Beklagte auf, im Rückgriffprozess des Versicherers der Hauptfrachtführerin in erster Instanz nicht den naheliegenden Einwand zu verschweigen, dass die Abstellung der Container in andern Fällen auf ausdrückliche Weisung der Hauptfrachtführerin hin im Freihafengelände erfolgt war, und deshalb der Fahrer Y davon ausging, dass die Hauptfrachtführerin auch im konkreten Fall mit der Abstellung im Freihafen einverstanden sei.

Mit Recht wendet sich die Berufung jedoch gegen die Annahme des Landgerichts, das Organisationsverschulden der Hauptfrachtführerin bei dem Diebstahl des Containers begründe keinen Mitverschuldenseinwand.

Aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen gegenüber der D b.v. hätte die Hauptfrachtführerin durch Organisationsmaßnahmen sicherstellen müssen, dass der Container nur dann an die Unterfrachtführerin herausgegeben wird, wenn dieser noch am selben Tag ausgeliefert werden kann. Hierzu wäre eine bindende Anweisung an die Disponenten, die unstreitig die Fahrzeuge der Beklagten für die Transporte zur Fa. N eingeteilt haben und eine Überwachung dieser Anweisung erforderlich gewesen. Ob die Hauptfrachtführerin die ihr im Rahmen ihrer Betriebsorganisation obliegenden Pflichten dadurch verletzt hat, dass sie dem Fahrer der Beklagten bereits am Vortag eine Liste der auszuführenden Beförderungen und der dazugehörenden Frachtbriefe übergeben und danach nicht mehr kontrolliert hatte, wann der Container der Geschädigten für den Transport zur Fa. N von der Beklagten abgeholt wurde (Vortrag der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 28. Juni 2005, Bl. 181 GA) oder ob es die Hauptfrachtführerin unterlassen hatte, den Fahrer der Beklagten aufzufordern, den bereits aufgeladenen Container wieder zu ihr zurückzubringen, nachdem sich herausgestellt hatte, dass der Container am Freitag Nachmittag nicht mehr bei der Fa. N ausgeliefert werden konnte (korrigierter Sachvortrag der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 13. Juni 2005, Bl. 174 GA, kann im Ergebnis dahingestellt bleiben. Entscheidend ist, dass die Hauptfrachtführerin in einen nach § 254 Abs. 1 BGB beachtlichen Selbstwiderspruch geriete, wenn sie, obgleich sie und nicht die Beklagte für die sichere Aufbewahrung des Containers der Geschädigten grundsätzlich, zuständig war, wenn dieser nicht noch am selben Tag ausgeliefert werden konnte, die Herausgabe des Containers an die Beklagte trotzdem zuließ und dabei bewusst in Kauf nahm, dass der Container nunmehr an ihrer Stelle von der Beklagten über das Wochenende sicher abgestellt werden musste. Mit dem Verzicht auf die sichere Aufbewahrung des Containers auf dem eigenen Betriebsgelände über das Wochenende setzt die Hauptfrachtführerin das Frachtgut bewusst einem erhöhten Verlustrisiko aus mit der Folge, dass ihr der eingetretene Schaden bei wertender Betrachtung gemäß § 254 BGB anteilig zuzurechnen ist. Der Senat geht insoweit von einem hälftigen Mitverschulden aus. Denn sowohl die Hauptfrachtführerin als auch die Beklagte hatten gleichermaßen für die sichere Aufbewahrung des Containers der Geschädigten Sorge zu tragen, und zwar die Hauptfrachtführerin in der Weise, dass sie den Container erst gar nicht mehr an die Beklagte herausgeben durfte, wenn dieser nicht mehr am Freitagnachmittag an die Fa. N zugestellt werden konnte, die Beklagte in der Weise, dass sie den abgenommenen Container diebstahlssicher abzustellen hatte, wenn sie diesen nicht unmittelbar ausliefern konnte.

Was die Höhe des zu erstattenden Schadens anbelangt, so gilt folgendes:

Aufgrund des rechtskräftigen Urteils des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf in dem Vorprozess hatte die Hauptfrachtführerin der Geschädigten für den Verlust des Frachtgutes Schadensersatz in Höhe von 320.281,15 EUR zu leisten. Die Hälfte hiervon, mithin 160,140,57 EUR hat die Beklagte dem Versicherer der Hauptfrachtführerin zu erstatten. Hiervon ist die von der Beklagten an die Klägerin bereits geleistete Zahlung in Höhe von 95.522,05 EUR in Abzug zu bringen, so dass von der Beklagten noch 64.618,52 EUR zu zahlen sind.

Der geltend gemachte Zinsanspruch ist gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 BGB begründet.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es besteht kein begründeter Anlass, die Revision zuzulassen (§ 543 ZPO).

Streitwert für das Berufungsverfahren: 224.759,10 EUR

Ende der Entscheidung

Zurück