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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 14.01.2005
Aktenzeichen: I-17 U 31/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 540
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 13.01.2004 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin

1. 12.610,80 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 18.08.2000 zu zahlen Zug um Zug gegen Rückgabe von 360 Stück Fondsanteile "Weltvision",

2. 1.654,16 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.06.2000 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges tragen zu 69 % die Klägerin und zu 31 % die Beklagte.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe: I. Die Klägerin macht Ansprüche ihres Ehemannes aus abgetretenem Recht geltend. Der Ehemann der Klägerin ist seit 30 Jahren Kunde der Beklagten und unterhält seit 1995 ein Wertpapierdepot bei der Beklagten. Im September 1998 führte die Beklagte anlässlich einer Geldanlage von 19.000 DM ein "strukturiertes Beratungsgespräch" mit dem Ehemann der Klägerin durch. Im Beratungsbogen war festgehalten, dass der Ehemann der Klägerin eine konservative Anlagestrategie verfolge. Als Anlagenschwerpunkt nannte er zu gleichen Teilen Aktien, Renten, Investmentfonds und Spareinlagen. Im Juni 2000 kaufte der Ehemann der Klägerin nach Beratung durch die Zeugin I., Angestellte der Beklagten, für rund 140.000 DM Wertpapiere und zwar : 40 Telekom Aktien 5.019,76 DM 102 Fonds Global New Stocks 9.861,02 DM 184 Fonds Global Expert 19.793,00 DM 52 Fonds Neuer Markt 9.928,26 DM 320 Fonds Europe (A) tec 29.650,87 DM 360 Fonds Weltvision 24.664,58 DM 494 Hausinvest 40.169,09 DM Am 19.08.2000 kaufte der Ehemann der Klägerin weiter 140 Stück Fondsanteile Europe (A) tec für 11.938,39 DM. Am 07.07.2002 wiesen die Anlagen einen Verlust von 65.219,37 EUR auf. Die Klägerin wirft der Beklagten fehlerhafte Beratung vor und verlangt Schadensersatz. Wegen des weiteren Sachverhaltes nimmt der Senat gemäß § 540 Nr. ZPO Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil. Die Klägerin hat erstinstanzlich den gesamten von ihr behaupteten Schaden geltend gemacht. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat den Ehemann der Klägerin und die Zeugin Ingendorn vernommen und hat einen Beratungsfehler als nicht erwiesen erachtet. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin . Sie beschränkt sich jetzt auf die Geltendmachung von zwei Schadensfällen. Sie verlangt zum einen Rückerstattung des Kaufpreises für die Anteile Weltvision in Höhe von 24.664,58 DM = 12.610,80 EUR Zug um Zug gegen Rückübertragung der Fondsanteile auf die Beklagte. Zum anderen verlangt sie Ausgleich des Verlustes der durch den Verkauf der Fondsanteile Global Expert im August 2001 in Höhe von 3.235,26 DM = 1.654,16 EUR entstanden ist. Im Übrigen wiederholen die Parteien ihren erstinstanzlichen Vortrag. II. Die Berufung ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch in dem nach Teilrücknahme aufrecht erhaltenen Klageumfang wegen Verletzung der der Beklagten obliegenden Beratungspflicht bei Vornahme der in Rede stehenden Anlagegeschäfte 1. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass zwischen dem Ehemann der Klägerin und der Beklagten ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist. Tritt ein Anlageinteressent an eine Bank heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen (vgl. BGHZ 100, 117, 118 f; BGHZ 123, 126 ff;) Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Beklagte hat ein Beratungsgespräch über die hier in Rede stehenden Anlageentscheidungen nicht bestritten, die Zeugin hat im übrigen auch bestätigt, dass ein mehrstündiges Beratungsgespräch mit dem Ehemann der Klägerin geführt worden ist. 2. Die Beratung hat sich daran auszurichten, ob das beabsichtigte Anlagegeschäft der sicheren Geldanlage dienen soll oder spekulativen Charakter hat. Die empfohlene Anlage muss unter Berücksichtigung dieses Ziels auf die persönlichen Verhältnisse des Kunden zugeschnitten, also "anlegergerecht" sein (BGH, Urteil vom 25. November 1981 - IVa ZR 286/80 - NJW 1982, 1095, 1096; BGHZ 123, 126 ff;). Die Beratung der Bank muss richtig und sorgfältig, dabei für den Kunden verständlich und vollständig sein, die Bank muss zeitnah über alle Umstände unterrichten, die für das Anlagegeschäft von Bedeutung sind. Diese Voraussetzungen hat die Beratung der Zeugin I. nicht erfüllt. Allerdings lässt sich nicht feststellen, dass die Zeugin nicht anlegergerecht beraten hat. Zu den Umständen in der Person des Kunden, die bei einer anlegergerechten Beratung zu beachten sind, gehört insbesondere dessen Risikobereitschaft und welches Anlageziel der Kunde verfolgt. Das Anlegerprofil des Ehemanns der Klägerin, wie es aus dem Beratungsbogen vom 02.09.1998 hervorgeht, ist nicht eindeutig feststellbar. Dabei kann der Streit der Parteien, ob der Ehemann der Klägerin überhaupt die erste Seite dieses Beratungsbogens autorisiert hat, dahinstehen. Denn aus der zweiten Seite, die der Ehemann der Klägerin unstreitig unterzeichnet hat, ist kein klares Profil erkennbar. Zum einen bezeichnet sich der Ehemann der Klägerin als konservativ orientiert, zum anderen strebt er eine Anlagestruktur an, die Aktien, Investmentanteile, Rentenpapiere und Sparanlagen gleichwertig berücksichtigt. Darin sind also zur Hälfte Wertpapiere enthalten, die überwiegend als risikoreich zu bezeichnen sind Hinzu kommt, dass der Beratungsbogen zwei Jahre vor den hier in Rede stehenden Anlageentscheidungen ausgefüllt wurde und die Zeugin ausgesagt hat, dass der Ehemann der Klägerin bewusst in spekulativen Wertpapieren anlegen wollte. Der Ehemann der Klägerin hat dies als Zeuge jedoch bestritten. Ob hier der Zeugin I. oder dem Zeugen Z. zu folgen ist, muss jedoch nicht entschieden werden. Denn auch wenn der Ehemann der Klägerin in spekulativen Wertpapieren anlegen wollte, musste die Zeugin richtig, vollständig und für den Ehemann der Klägerin verständlich beraten. Dies hat sie nicht getan. Die Zeugin hat bestätigt, dass die von der Klägerin eingereichten handschriftlichen Aufzeichnungen (Bl. 21) aus der Beratung vom Juni 2000 von ihr stammen. Dort wird der Fonds "global expert" als "sicher" und der Fonds "Weltvision" als "konservativ" bezeichnet. Diese Bezeichnungen sind irreführend. Ausweislich des auf diesen Fonds bezogenen Prospektes der Fa. A., sind in dem Fonds internationale Aktien und festverzinsliche Wertpapiere enthalten (Bl. 115). Das Verhältnis ist etwa 60:40. Der Aktienanteil überwiegt also. Ein solcher Fonds kann nicht als sichere Anlage bezeichnet werden. Eine sichere Anlage ist nach allgemeinem Verständnis eine Anlage, bei der Verluste unwahrscheinlich sind. Das kann man von einem Fonds, der überwiegend Aktienwerte hat, nicht sagen. Aktien können immer auch Verluste bringen. Es gibt keine Aktienanlage, bei der Verluste unwahrscheinlich sind. Die Bezeichnung "konservativ" für den Fonds Weltvision ist ebenfalls unzutreffend. Der Fonds investiert ausschließlich in global agierende Unternehmen. Das Chance/Risiko Verhältnis wird im Prospekt der A. als "hoch" angegeben (Bl. 134). Damit ist gemeint, dass sowohl die Chancen als auch die Risiken hoch sind. Das entspricht nicht dem allgemeinen Verständnis von einer konservativen Anlage. Darunter wird eine Anlage mit einem eher geringen Risiko verstanden. Zwar hat die Zeugin (Bl. 147) versucht, die Bezeichnungen dadurch zu relativieren, dass sie erklärt hat, die Bewertungen bezögen sich immer auf den einzelnen Aktienfonds, was wohl bedeuten soll, dass es sich innerhalb eines eher risikoreichen Anlagesegmentes um "sichere" oder "konservative" Anlagen gehandelt habe. Es verstößt aber gegen das Erfordernis einer verständlichen Beratung, wenn Bankmitarbeiter für Anlageprodukte, die ein hohes Risiko haben, Begriffe benutzen, die Sicherheit und Risikoarmut vermitteln. 3. Es wird vermutet, dass der Anleger bei richtiger Beratung die Anlageentscheidung nicht getroffen hätte. Der geltend gemachte Schaden, der nicht bestritten ist, ist deshalb zu ersetzen. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92, 97 ZPO. Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr.10, 713 ZPO. Für die Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO besteht kein gerechtfertigter Anlass. Der Streitwert der Berufung und die Beschwer der Beklagten beträgt 14.264,96 EUR. P. S. Dr. A.-S.

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