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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 12.03.2008
Aktenzeichen: I-18 U 160/07
Rechtsgebiete: HGB, BGB, MÜ, VVG, RBerG, ZPO, ADSp


Vorschriften:

HGB §§ 407 ff.
HGB § 425
HGB § 425 Abs. 1
HGB § 429 Abs. 3 Satz 2
HGB § 435
HGB § 436 Satz 2
HGB §§ 452 ff.
HGB § 452 Satz 1
HGB § 452 a
HGB § 452 a Satz 1
HGB § 452 a Satz 2
HGB § 458
HGB § 459
HGB § 460
BGB § 286 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 309 Nr. 7
MÜ Art. 1
MÜ Art. 18 Abs. 1
MÜ Art. 18 Abs. 4
MÜ Art. 18 Abs. 4 Satz 1
MÜ Art. 18 Abs. 4 Satz 2
MÜ Art. 22 Abs. 3
MÜ Art. 22 Abs. 4
MÜ Art. 25
MÜ Art. 26
MÜ Art. 38
VVG § 67
RBerG § 5 Nr. 1
ZPO § 287
ADSp § 39
ADSp § 40
ADSp § 41
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 29.08.2007 - 232 C 6464/07 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt als führender Transportversicherer der Fa. L. E. die Beklagte wegen eines Transportschadensfalls, der sich Mitte Mai 2006 bei dem Transport von zwei Metallhobbocks von D. nach C. ereignet hat, auf Schadensersatz in Anspruch. Hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil vom 29.08.2007 Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat durch das angefochtene Urteil die Beklagte zur Zahlung von 4.658,76 € nebst Zinsen an die Klägerin verurteilt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei in Höhe des zuerkannten Gesamtschadensbetrages aktivlegitimiert, da die Versicherungsnehmerin der Klägerin durch Übersendung der Schadensunterlagen konkludent ihre Ansprüche an die Klägerin abgetreten habe und außerdem die Klägerin den Schaden ihrer Versicherungsnehmerin in Höhe von 3.158,76 € reguliert habe. Der verloren gegangene Teil der Sendung habe ein Bruttogewicht von 8,4 kg und ein Nettogewicht von 3,0 kg gehabt bei einem Wert von 2.000,- US-$ je kg, was sich auf Grund der Übereinstimmung von Transportauftrag und Handelsrechnung ergebe. Für die Begründetheit der Klage komme es nicht darauf an, an welchem Ort genau die streitgegenständliche Sendung teilweise verloren gegangen sei. Ausgehend von dem unstreitigen Parteivorbringen und dem Sachvortrag der Klägerin liege ein Multimodaltransport vor, auf den gemäß § 452 Satz 1 HGB die Vorschriften des HGB und nicht des Montrealer Abkommens (im Folgenden: MÜ) anwendbar seien, da nicht fest stehe, auf welcher Teilstrecke des Transports der Verlust des Gutes eingetreten sei. Das MÜ finde auch über die Regelung des Art. 18 Abs. 4 MÜ keine Anwendung, da wegen des LKW-Transports der Sendung vom Flughafen D. zum Flughafen K./B. kein Transport zum nächstgelegenen Flughafen erfolgt sei. Damit hafte die Beklagte auf der Grundlage des Vorbringens der Klägerin gemäß § 425 Abs. 1 HGB für den Verlust der Sendung, ohne sich auf eine Haftungsbeschränkung berufen zu können, da wegen fehlender Schnittstellenkontrollen ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten vorliege.

Das Amtsgericht hat weiter ausgeführt, bei Zugrundelegung des Sachvortrags der Beklagten ergebe sich deren Haftung nach Art. 22 Abs. 3 MÜ. Diese Haftung sei unbeschränkt, da die Beklagte auf die Haftungsbeschränkung gemäß Art. 25 MÜ verzichtet habe, indem sie in ihren AGB auf die Geltung der ADSp hingewiesen habe. Damit finde auch Ziff. 27 der ADSp Anwendung, wonach Haftungsbeschränkungen bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Spediteurs bzw. Frachtführers keine Geltung besäßen. Dem gegenüber sei der in Ziff. 18 der AGB der Beklagten geregelte Haftungsausschluss unerheblich, weil er gegen § 309 Nr. 7 BGB verstoße und zudem im Widerspruch zu der gleichzeitigen Bezugnahme auf die ADSp stehe. Der Verzicht auf die Haftungsbeschränkung führe zur Anwendung des § 436 Satz 2 HGB, da nach dem Vortrag der Beklagten eine vorsätzliche Herbeiführung des Schadens durch deren eigene Leute auf dem Flughafen in W. vorliege.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten.

Die Beklagte bestreitet weiterhin, dass die Klägerin den Schaden ihrer Versicherungsnehmerin ganz oder teilweise reguliert habe, und ist der Auffassung, das Amtsgericht sei auch zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Versicherungsnehmerin der Klägerin mit der Überlassung der Schadensunterlagen konkludent ihre Ansprüche an die Klägerin abgetreten habe, da dieser Vorgang im Regelfall vielmehr ausschließlich der Prüfung des Anspruchs durch die Versicherung diene und sich ein Kaufmann vor Erhalt der Versicherungsleistung nicht seiner Forderung begeben wolle. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts streite auch kein Anscheinsbeweis für Inhalt und Wert der verloren gegangenen Sendung, da es an einem inneren Zusammenhang zwischen den von der Klägerin vorgelegten Dokumenten (Versandauftrag, Rechnung) und der streitgegenständlichen Sendung fehle; insbesondere handele es sich bei der Rechnung nur um eine "Sample Invoice" (Proberechnung), die zudem bereits ca. zwei Monate vor dem Versandauftrag (Shipping Order) ausgestellt worden sei. Außerdem habe das Amtsgericht völlig unberücksichtigt gelassen, dass es sich bei der streitgegenständlichen Sendung um zwei Packstücke gehandelt habe und die Klägerin jeglichen Nachweis dafür schuldig geblieben sei, welches der beiden unterschiedlich schweren und dementsprechend unterschiedlich teuren "Metal Hobbocks" sich in dem abhanden gekommenen Packstück befunden habe.

Die Beklagte ist weiter der Auffassung, das Amtsgericht sei zu Unrecht von der Anwendbarkeit der frachtrechtlichen Vorschriften der §§ 407 ff. HGB auf den vorliegenden Transport ausgegangen, da es sich um einen nach Art. 38, 18 Abs. 4 MÜ zu beurteilenden internationalen Lufttransport im Geltungsbereich des MÜ handele und ihre, der Beklagten, Haftung daher nach Art. 22 Abs. 3 MÜ beschränkt sei; soweit ein Teil der Beförderungsstrecke auf der Straße durchgeführt worden sei, habe es sich hierbei lediglich um eine Beförderung zum Zweck der Verladung, der Ablieferung oder der Umladung gehandelt, woran auch die Transportstrecke zum Flughafen K./B. als entsprechende Annex-Beförderung nichts ändere. Die - vorliegend ohnehin nicht vereinbarte - Geltung der Ziff. 27 ADSp führe nicht zu höheren Haftungsgrenzen im Bereich qualifizierten Verschuldens. Selbst bei Annahme eines Multimodaltransports im Sinne von § 452 HGB wäre ihre Haftung gemäß § 452 a HGB, Art. 22 Abs. 3 MÜ begrenzt, da die Sendung im Bereich des Flughafens W. und damit im Bereich der internationalen Luftstrecke abhanden gekommen sei. In diesem Zusammenhang habe das Amtsgericht ihren, der Beklagten, Vortrag unrichtig dahin gedeutet, dass eine vorsätzliche Herbeiführung des Schadens durch eigene Leute auf dem Flughafen in W. eingeräumt werde; jedenfalls habe das Amtsgericht die dem Versender obliegende Darlegungs- und Beweislast für qualifiziertes Verschulden verkannt.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 29.08.2007 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Düsseldorf die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und tritt der Berufung im Einzelnen unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegen.

Wegen des weitergehenden Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien zu den Akten gereichten Urkunden Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten, die insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist, hat in der Sache selbst keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht zur Zahlung von 4.658,76 € an die Klägerin verurteilt.

Die Klägerin kann in dieser Höhe aus übergegangenem bzw. abgetretenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin, der Fa. L. E. GmbH, gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch wegen teilweisen Verlustes des Gutes aus dem streitgegenständlichen Transport geltend machen.

Die Klägerin ist als führender Transportversicherer der Fa. L. E. GmbH zur Geltendmachung der streitgegenständlichen Forderungen aktivlegitimiert. Dass die Klägerin führender Transportversicherer der Versenderin und als solcher bevollmächtigt ist, im eigenen Namen den Regress auch für die anderen beteiligten Versicherer zu führen, ist auf Grund der von der Klägerin bereits in erster Instanz vorgelegten Anlagen K 5 bis K 7 nicht mehr im Streit. Der Forderungsübergang folgt in Höhe eines Betrages von 3.158,76 € aus § 67 VVG, wenn die Klägerin entsprechend ihrer Behauptung ihre Versicherungsnehmerin in diesem Umfang entschädigt hat. Das Amtsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die Ansprüche, soweit sie nicht bereits gemäß § 67 VVG auf die Klägerin übergegangen sind, jedenfalls stillschweigend durch die Überlassung der Schadensunterlagen an diese abgetreten wurden. Die Beklagte hat ihr diesbezügliches, in erster Instanz nicht näher erläutertes Bestreiten in der Berufungsinstanz dahin konkretisiert, dass die Überlassung der Schadensunterlagen im Regelfall vielmehr ausschließlich der Prüfung des Anspruchs durch die Versicherung diene und sich ein Kaufmann vor dem - von der Beklagten bestrittenen - Erhalt der Versicherungsleistung nicht seiner Forderung begeben wolle; in diesem Zusammenhang bestreitet die Beklagte in der Berufungsinstanz weiterhin, dass die Klägerin die vertragsgemäß geschuldete Versicherungsleistung an ihre Versicherungsnehmerin bereits ausgezahlt habe. Hierauf kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten für das Vorliegen einer wirksamen stillschweigenden Abtretung jedoch nicht an. Zwar ist der Beklagten einzuräumen, dass in der dem Urteil BGH NJW 1997, 729, 730 zu Grunde liegenden Fallgestaltung der Versicherer bereits geleistet hatte. In den weiteren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 01.12.2005 (TranspR 2006, 166, 167 ) und vom 20.09.2007 (I-ZR 43/05 -), in denen der BGH ebenfalls von einer konkludenten Abtretung der Schadensersatzansprüche an den Versicherer durch Überlassung der Schadensunterlagen ausgegangen ist, stand hingegen noch nicht fest, ob die klagende Versicherung den Schaden ihrer Versicherungsnehmerin bereits reguliert hatte. Auch für diese Fallgestaltung hat der BGH in den genannten Entscheidungen ausdrücklich festgestellt, dass die betreffende Versicherung ohne Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz aus abgetretenem Recht gegen den Schädiger vorgehen könne. Der Regress beim Schädiger gehört zur Aufgabe des Transportversicherers, und zwar auch insoweit, wie (noch oder, wie im vorliegenden Fall wegen eines vereinbarten Selbstbehalts, endgültig) keine Versicherungsleistung erfolgt ist. In den letztgenannten Fällen ist die auf eine Zession des Versicherungsnehmers gestützte Einziehung des entsprechenden Schadensanteils nach Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG erlaubnisfrei gestattet, denn sie steht als sachgerechte Hilfs- und Nebentätigkeit mit dem Transportversicherungsgeschäft in unmittelbarem Zusammenhang (Senat, Urteile vom 09.11.2005 - I-18 U 92/05 - und vom 21.12.2005 - I-18 U 103/05 -). Es ist sinnvoll, dass der durch ein einheitliches Transportschadensereignis entstandene Ersatzanspruch auch einheitlich eingefordert werden kann und nicht je nach der (aus Sicht des Schädigers zufälligen) Gestaltung des Regulierungsverlaufs zu einem Teil vom Versicherer und zu einem anderen Teil vom Versicherungsnehmer selbst geltend gemacht werden muss.

Bei dem zwischen der Versicherungsnehmerin der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Beförderungsvertrag handelt es sich nicht um einen unimodalen Luftbeförderungsvertrag im Sinne von Art. 1 MÜ, sondern um einen Vertrag über eine gemischte Beförderung (multimodaler Transport) im Sinne des Art. 38 MÜ, auf den die Regelungen der § 452 ff. HGB über den multimodalen Transport mit den in Art. 18 Abs. 4 MÜ geregelten Modifikationen zur Anwendung kommen (Koller, Transportrecht, 6. Aufl., Rdnr. 1 zu Art. 38 MÜ i.V.m. Rdnr. 1 zu Art. 31 WA und Rdnr. 19 zu § 452 HGB). Zwar deuten vorliegend die Angabe im Transportauftrag (Anlage K 1) "Mode of transport: Air" sowie der Umstand, dass für den Transport ein Luftfrachtbrief (Airwaybill) ausgestellt wurde, auf den Abschluss eines reinen Luftbeförderungsvertrages hin (vgl. Art. 11 MÜ). Jedoch behält sich die Beklagte in Ziff. 14.1. ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die von den Parteien in anderem Zusammenhang in den Rechtsstreit eingeführt worden sind, vor, andere Beförderungsmittel als Flugzeuge einzusetzen. Dort heißt es u.a.: "FedEx behält sich das Recht vor, die Sendung auf einem ihr geeignet erscheinenden Versandweg zu befördern. ... FedEx kann, ohne darüber in Kenntnis zu setzen, andere Transportmittel durch Flugzeuge ersetzen, von der Strecke abweichen oder die Sendung auf der Straße transportieren lassen. Der Absender erkennt das Recht von FedEx an, jede Sendung (einschließlich des Gebrauchs anderer Transportmittel) umzuleiten, um die Zustellung zu erleichtern." Die Befugnis, Ersatztransporte vorzunehmen, kann sich auch aus AGB ergeben (Koller, Transportrecht, 6. Aufl., Rdnr. 6 zu Art. 18 MÜ; Müller-Rostin, TranspR 1996, 218 f.). Derartige Transporte unterfallen den Art. 18 Abs. 4 Satz 1, Art. 38 MÜ (Koller, Transportrecht, 6. Aufl., Rdnr. 6 zu Art. 18 MÜ m.w.N.). Insoweit stellt sich die Rechtslage genauso dar wie bei stillschweigend oder ausdrücklich erteilter Erlaubnis zum Straßentransport, wo ebenfalls die Regeln der §§ 452 ff. HGB über den multimodalen Transport gelten, sobald der Frachtführer nicht nur über die Art der Transportmittel, sondern auch über die Teilstrecken und verschiedenartigen Transportmittel befunden hat (Koller, Transportrecht, 6. Aufl., Rdnr. 17 zu Art. 18 WA, Rdnr. 7 zu Art. 1 WA sowie Rdnr. 7 zu § 452 HGB). Dies hat insbesondere bei sog. Integratoren, zu denen auch die Beklagte gehört, zu gelten, die bei Sendungen ins Ausland, insbesondere nach Übersee, diese Sendungen in Deutschland über verschiedene Umschlagplätze sammeln und zu einer Hauptumschlagsbasis (HUB) befördern, von welchem sie dann ins Ausland, wie vorliegend z.B. nach Amerika, per Frachtflugzeug zu einem dortigen HUB befördert werden, von wo dann die Verteilung wiederum über Umschlagplätze zu den Empfängern erfolgt (Kirchhof, TranspR 2007, 133, 136). So ist nach der Darstellung der Beklagten auch im vorliegenden Fall verfahren worden, wo die Beklagte die auf ihrem Umschlaglager auf dem Flughafen D. übernommene Sendung zunächst zu ihrem Umschlaglager auf dem Flughafen K./B. transportiert hat. Von dort wurde die Sendung per Luftfracht zu dem Umschlaglager auf dem Flughafen M./T. und von dort nach A./W. transportiert. Von dem Umschlaglager der Beklagten auf dem Flughafen A. sollte die Sendung sodann zu ihrem Bestimmungsort M./W. verbracht werden. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte von ihrer durch Ziff. 14.1 ihrer AGB gewährten Befugnis zum Luftersatzverkehr auch Gebrauch gemacht, und zwar jedenfalls dadurch, dass sie, wie sie in der Klageerwiderung und in der Berufungsbegründung einräumt, die Sendung vom Flughafen D. zum Flughafen K./B. per LKW transportiert hat. Bei dieser Teilstrecke handelte es sich um einen Landtransport außerhalb der Flugbeförderung im Sinne des Art. 18 Abs. 4 Satz 1 MÜ und nicht um einen Transport zur Verladung, Ablieferung oder Umladung im Sinne des Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ mit der Folge, dass insgesamt eine gemischte Beförderung im Sinne des Art. 38 MÜ vorliegt. Die Haftung der Beklagten für den Verlust des Frachtstücks mit dem Metal Hobbock richtet sich mithin entweder nach § 452 HGB i.V.m. §§ 425, 435 HGB oder nach § 452 a HGB i.V.m. Art. 18 Abs. 1, 22 Abs. 3 MÜ.

Der Verlust des Gutes aus dem streitgegenständlichen Transport ist während der nach § 425 Abs. 1 bzw. Art. 18 Abs. 1 MÜ maßgeblichen Obhutszeit der Beklagten eingetreten. Unstreitig hat die Beklagte am 16.05.2006 die streitgegenständliche, aus zwei Frachtstücken bestehende Sendung zum Transport in die USA übernommen. Das verloren gegangene Frachtstück hatte auch den von der Klägerin behaupteten Inhalt und Wert (1 Metal Hobbock, Nettogewicht 3 kg, Wert 6.000,- US-$, was zum damaligen Umrechnungskurs 4.658,76 € entsprach).

Auf Grund der Rechnung vom 15.05.2006 (Anlage K 4) ist von einem Anscheinsbeweis für den von der Klägerin behaupteten Inhalt der gesamten, aus zwei Frachtstücken bestehenden Sendung auszugehen. Bei kaufmännischen Absendern ist prima facie anzunehmen, dass die im Lieferschein und in der dazu korrespondierenden Rechnung aufgeführten Waren in dem Behältnis enthalten waren, weil im gewerblichen Bereich nach der allgemeinen Lebenserfahrung eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass an den gewerblichen Kunden exakt die bestellten und sodann berechneten Waren versandt wurden; es obliegt dann dem Schädiger, den zu Gunsten des Versenders streitenden Anscheinsbeweis durch substantiierten Vortrag zu erschüttern (BGH TranspR 2003, 156, 159). Diese Voraussetzungen für das Eingreifen des Anscheinsbeweises sind vorliegend allerdings nicht erfüllt, weil der Lieferschein nicht vorliegt.

Jedoch setzt der Anscheinsbeweis nicht in jedem Fall voraus, dass sowohl der Lieferschein als auch eine korrespondierende Rechnung vorgelegt werden; vielmehr kann sich der Tatrichter die Überzeugung (§ 287 ZPO) von der Richtigkeit der Behauptung, es seien die in einer Rechnung oder in einem Lieferschein enthaltenen Waren zur Beförderung übergeben worden, anhand der gesamten Umstände des Einzelfalls auch dann bilden, wenn nur eines der beiden Dokumente vorgelegt wird und der Beklagte dagegen keine substantiierten Einwände vorbringt (BGH NJW-RR 2007, 1282, 1284 f.). Ein solcher Fall ist vorliegend gegeben. Die von der Klägerin vorgelegte Handelsrechnung der Versenderin datiert vom 15.05.2006, also einen Tag vor dem 16.05.2006, an dem die Frachtstücke unstreitig der Beklagten zur Beförderung übergeben worden sind, so dass eine zeitliche Kongruenz zwischen Rechnungs- und Beförderungsdatum besteht (auf diesen Gesichtspunkt stellt auch BGH NJW-RR 2007, 1282, 1285 ab). Zudem werden die Angaben in der Handelsrechnung zu den dort in Rechnung gestellten zwei Metal Hobbocks weiter verifiziert durch die inhaltsgleichen Angaben in dem Versandauftrag (Shipping order, Anlage K 1), in der zudem die in der Handelsrechnung enthaltene "Delivery number" (87003013/000010) und "Order number" (7700001168/000010) aufgeführt sind. Diese Umstände in ihrer Gesamtheit legen trotz des nicht vorliegenden Lieferscheins die Vermutung nahe, dass die in der Handelsrechnung aufgeführten Waren auch tatsächlich am 16.05.2006 zum Versand gebracht worden sind. Die Beklagte hat keine dagegen sprechenden substantiierten Einwendungen vorgebracht. Dass es sich um eine Pro-forma-Rechnung (Sample Invoice) handelt, bei der von dem Rechnungsbetrag ein Abzug von 100 % der Rechnungssumme vorgenommen wurde, nimmt der Rechnung keineswegs ihre Aussagekraft in Bezug auf die in ihr enthaltenen Angaben. Der vorgenommene Abzug und der Umstand, dass es sich jeweils um einen Metal Hobbock handelte, deuten darauf hin, dass es sich nur um eine Sendung zu Prüfzwecken gehandelt haben wird. In einem solchen Fall ist eine derartige Fakturierung durchaus üblich. Dass der Transportauftrag (Shipping order) die Datumsagabe "10.07.2006 14:08:19" trägt, deutet darauf hin, dass es sich hierbei um den Zeitpunkt handelt, an dem der Auftrag nachträglich nochmals ausgedruckt wurde. Dafür spricht wesentlich auch, dass in dem Transportauftrag selbst als "Loading date" der 16.05.2006 angegeben ist, an dem die Sendung auch tatsächlich der Beklagten zur Beförderung übergeben wurde.

Auch befand sich in dem abhanden gekommenen Frachtstück der von der Klägerin als verloren gegangen behauptete Teil der Sendung, was die Beklagte mit der Begründung bestreitet, da vorliegend nur eins von zwei Frachtstücken in Verlust geraten sei, stehe der Inhalt gerade des verloren gegangenen Frachtstücks keineswegs fest, zumal die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen nichts darüber aussagten, welche Ware sich gerade in dem verloren gegangenen Frachtstück befunden habe. Letzteres ist für sich gesehen richtig, da der Anscheinsbeweis sich nur auf die Versendung der gesamten Warensendung bezieht und allein die Rechnung deshalb keinen Beweis dafür zu erbringen vermag, welche Waren sich in einem abhanden gekommenen Frachtstück befunden haben, wenn die Warensendung - wie vorliegend - aus mehreren Frachtstücken besteht.

Die Klägerin behauptet insoweit, von den in der Rechnung vom 15.05.2006 (Anlage K 4) aufgeführten Waren (2 Stück Metal Hobbock) habe sich derjenige mit dem Nettogewicht von 3 kg im Wert von 6.000,- US-$ (= 4.658,76 € am Versandtag) in dem verloren gegangenen Paket befunden, was der Höhe der Klageforderung entspricht.

Auch bei einem Teilverlust erstreckt sich der Anscheinsbeweis darauf, dass die Bestellung des Kunden die Versandabteilung des Versenders durchlaufen hat und sich dem gemäß die in der Rechnung aufgeführten Waren tatsächlich vollständig in den übergebenen Paketen befunden haben. Da kein Kaufmann zusätzlich zu den Paketen, die die Warensendung enthalten, auch noch ein leeres Paket in den Versand zu seinem Kunden gibt, begründen Rechnung und/oder Lieferschein auch bei einem Teilverlust dem Grunde nach einen Anschein dafür, dass überhaupt ein Schaden entstanden ist, der sich in einem Teilbetrag der Rechnung niederschlagen muss. Bei einer solchen Sachlage reicht es gemäß § 287 ZPO aus, wenn der Versender nachweist, dass der von ihm behauptete Teilschaden mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eingetreten ist (Senat, Urteil vom 16.06.2004 - 18 U 237/03 -). Dies ist vorliegend der Fall. Zwar ergibt sich aus den vorliegenden Versanddokumenten nicht, welches der beiden Frachtstücke abhanden gekommen ist. Eine schriftliche Mitteilung der Sendungsempfängerin, welcher Teil der Sendung nicht angekommen ist, hat die Klägerin ebenfalls nicht vorgelegt. Jedoch ist das von der Klägerin vorgelegte vorprozessuale Schreiben der Beklagten vom 10.07.2006 (Anlage K 2), in dem diese den Verlust des von der Klägerin als verloren behaupteten Hauptpackstücks der streitgegenständlichen Sendung (Metal Hobbock mit 3 kg Nettogewicht) bestätigt, zumindest als der Beweiserleichterung dienende Tatsachenerklärung der Beklagten im Sinne eines Zeugnisses des Anerkennenden gegen sich selbst anzusehen. Ein solches Anerkenntnis stellt zumindest ein Indiz bei der Beweiswürdigung dar oder führt sogar zur Umkehr der Beweislast (Palandt/Sprau, BGB, 67. Aufl., § 781 Rdnr. 6). Da die Beklagte nichts dafür vorgetragen hat, dass und warum ihr seinerzeitiges Tatsachenanerkenntnis unzutreffend sein soll, ist dieses als zum Beweis der Behauptung der Klägerin zum Inhalt des verloren gegangenen Frachtstücks ausreichend anzusehen.

Da die Beklagte das betreffende Gut mithin vollzählig übernommen, es aber nicht vollständig abgeliefert hat, ist damit zugleich bewiesen, dass der Verlust des Frachtstücks in dem maßgeblichen Haftungszeitraum eingetreten ist.

Mit dem Inhalt des verloren gegangenen Paketes steht auf Grund der von der Klägerin vorgelegten Handelsrechnung vom 15.05.2006 (Anlage K 4) zugleich sein von der Klägerin behaupteter Wert (6.000,- US-$, was am Versandtag 4.658,76 € entsprach) fest. Bei Anwendbarkeit der §§ 452, 407 ff. HGB gilt die betreffende Vermutung des § 429 Abs. 3 Satz 2 HGB; bei Anwendbarkeit des MÜ über § 452 a HGB liefert die Verkaufsrechnung ein Indiz für den Marktwert der Warensendung zum Zeitpunkt ihrer Übernahme durch den Frachtführer, das es rechtfertigt, den Schaden gemäß § 287 ZPO auf den in der Rechnung ausgewiesenen Preis zu schätzen, zumal die Beklagte in der Berufungsbegründung den Warenwert lediglich deshalb anzweifelt, weil sie den Paketinhalt nicht für bewiesen hält.

Für den durch den Verlust des Frachtstücks mit dem 3 kg schweren Metal Hobbock entstandenen Schaden haftet die Beklagte unbeschränkt und nicht nur im Rahmen des Haftungshöchstbetrages des Art. 22 Abs. 3 MÜ. Gemäß § 452 a HGB ist das MÜ ohnehin nur anwendbar, wenn fest steht, dass der Verlust des Transportgutes auf einer bestimmten Teilstrecke eingetreten ist, d.h. hier während der Luftbeförderung einschließlich der Transporte zum Zweck der Verladung, der Ablieferung oder der Umladung im Sinne des Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ. Die Beklagte behauptet dies, indem sie vorträgt, der Verlust des Transportguts sei am 23.05.2006 zwischen 06.08 Uhr und 06.15 Uhr in ihrem Umschlaglager auf dem Flughafen Appleton/W. eingetreten. Die Klägerin bestreitet dies sowie den gesamten von der Beklagten behaupteten Transportverlauf mit Nichtwissen, und zwar zulässigerweise, da die Beklagte hierfür bislang keinerlei Belege wie etwa Scanprotokolle vorgelegt hat. Daher obliegt der Beklagten gemäß § 452 a Satz 2 HGB der Beweis für ihre Behauptung, der Verlust sei innerhalb des - gemäß Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ erweiterten - Zeitraums der Luftbeförderung eingetreten. Einen solchen Beweis hat die Beklagte nicht angetreten.

Eines entsprechenden Hinweises auf den fehlenden Beweisantritt und der Einräumung der Gelegenheit, einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen, bedurfte es jedoch nicht, weil die zu beweisende Behauptung der Beklagten, der Verlust des Transportguts sei am 23.05.2006 zwischen 06.08 Uhr und 06.15 Uhr in ihrem Umschlaglager auf dem Flughafen A./W. eingetreten, für die Entscheidung des Rechtsstreits letztlich nicht erheblich ist; die Beklagte haftet nämlich in jedem Fall unbeschränkt in Höhe des mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzbetrages.

Kann die Beklagte den Beweis für ihre Behauptung bezüglich des Schadensortes nicht erbringen und ist danach eine Eingrenzung des Schadensortes nicht möglich, gelten, wie bereits erwähnt, die §§ 452, 425, 435 HGB. Danach haftet die Beklagte unbeschränkt, wenn der Schaden auf qualifiziertem Verschulden im Sinne des § 435 HGB beruht. Kann die Beklagte die von ihr behaupteten Schnittstellenkontrollen nicht belegen und damit den ihr im Rahmen des § 452 a Satz 2 HGB obliegenden Beweis für den behaupteten Schadensort nicht erbringen, bedeutet dies zwar nicht umgekehrt zugleich, dass ihr diesbezügliches Vorbringen im Rahmen des § 435 HGB, bei dem die Beweislast für qualifiziertes Verschulden dem Versender obliegt, widerlegt ist, sondern liegt vielmehr nur ein non liquet vor. Aber auch in diesem Fall ist von qualifiziertem Verschulden der Beklagten im Sinne des § 435 HGB auszugehen: Entweder führt die Beklagte entgegen ihrer Behauptung nicht an sämtlichen Umschlagstellen hinreichende Eingangs- und Ausgangskontrollen durch, was für sich allein ein qualifiziertes Verschulden begründet. Wenn dagegen das Vorbringen der Beklagten in der Klageerwiderung zu ihrer Transportorganisation einschließlich lückenloser Schnittstellenkontrollen zutrifft, ist die Beklagte ihrer umfassenden Einlassungsobliegenheit gleichwohl nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Dazu hätte sie vielmehr zusätzlich vortragen müssen, welche Ermittlungsmaßnahmen sie hinsichtlich der streitgegenständlichen Sendung eingeleitet hat und was die Nachforschungen, insbesondere die Befragung der jeweiligen Mitarbeiter, die mit dem Paket in Berührung gekommen sein mussten, ergeben haben (vgl. BGH NJW-RR 2004, 394, 395 f.; Koller, Transportrecht, 6. Aufl., Rdnr. 21 a zu § 435 HGB). Dazu fehlt jedweder Sachvortrag der Beklagten, obwohl, die von ihr behaupteten lückenlosen Schnittstellenkontrollen zu Grunde gelegt, hinreichende Anhaltspunkte für ein qualifiziertes Verschulden der Gestalt bestehen, dass ein Mitarbeiter der Beklagten das Frachtstück vorsätzlich aus dem Umschlaglager in A./W. entwendet oder zumindest an der Entwendung mitgewirkt hat. Da nach dem Vorbringen der Beklagten in der Klageerwiderung nur ihre Mitarbeiter Zutritt zu den Umschlaglagern haben, der Zutritt ständig kontrolliert wird und die Umschlaglager ständig mit Hilfe von Alarmanlagen, Videoüberwachung und durch einen Sicherheitsdienst überwacht werden, erscheint es ausgeschlossen, dass in dem von der Beklagten angegebenen nur kurzen Zeitraum am 23.05.2006 zwischen 06.08. Uhr und 06.15 Uhr ein nicht zu den Leuten der Beklagten gehörender Dritter unbemerkt das in Rede stehende Frachtstück entwenden konnte. Alternative Schadensursachen, bei deren Vorliegen ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten oder ihrer Leute entfiele, etwa ein Augenblicksversagen eines Mitarbeiters, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Daher ist wegen der nicht erfüllten Einlassungsobliegenheit ein Rückschluss auf qualifiziertes Verschulden der Beklagten gerechtfertigt.

Kann die Beklagte dagegen den von ihr behaupteten Schadensort beweisen, finden, wie bereits erwähnt, die Vorschriften des § 452 a Satz 1 HGB i.V.m. Art. 18 Abs. 1, Abs. 4 Satz 2, Art. 22 Abs. 3 MÜ Anwendung. Danach ergäbe sich zwar grundsätzlich nach Art. 22 Abs. 3 und 4 MÜ ein Haftungshöchstbetrag von 17 SZR je kg des Gesamtgewichts des betroffenen Frachtstücks, was der von der Beklagten in deren vorprozessualem Schreiben vom 19.10.2006 (Anlage K 3) vorgelegten Berechnung mit einem dort ermittelten Ersatzbetrag von 184,80 € entspricht. Diese Haftungsbegrenzung gilt jedoch nicht, da die Parteien des Beförderungsvertrages vorliegend auf Haftungshöchstbeträge verzichtet haben (Art. 25 MÜ).

Die Vorinstanz ist hierzu der Auffassung des Amtsgerichts Hamburg (Urteil vom 04.04.2007 - 31A C 310/06 -, TranspR 2007, 328ff.) gefolgt, dass in der Regelung in den AGB der Beklagten, wonach diese in Deutschland und Österreich ihre Dienstleistungen nur auf der Basis der ADSp in ihrer jeweiligen Fassung unter Ausschluss der §§ 39 bis 41 ADSp anbietet, ein vereinbarter Verzicht auf Haftungshöchstbeträge im Sinne des Art. 25 MÜ liegt mit der Folge, dass die Beklagte auch bei Anwendbarkeit des MÜ unbeschränkt für den eingetretenen Schaden haftet. Mit der Vereinbarung der Geltung der ADSp findet auch die Regelung der Ziff. 27 ADSp Anwendung. Nach Ziff. 27.2 ADSp sollen die in der ADSp geltenden Haftungsbefreiungen und -begrenzungen (vgl. insb. Ziff. 23 und 24 ADSp) nicht gelten, wenn der Schaden vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, verursacht worden ist. Durch Ziff. 23.1.2 ADSp wird der ersatzfähige Schaden, der an dem Gut während des Transports mit einem Beförderungsmittel eingetreten ist, auf den für diese Beförderungsmittel gesetzlich festgesetzten Haftungshöchstbetrag begrenzt, im Falle der Luftbeförderung also gerade den in Art. 22 Abs. 3 MÜ festgelegten Betrag von 17 SZR je kg (ebenso auch Ziff. 18.1 der AGB der Beklagten). Durch die Verweisung in Ziff. 23.1.2 ADSp ist die in Art. 22 Abs. 3 MÜ geregelte Haftungsbegrenzung zugleich eine "vorstehende Haftungsbegrenzung" im Sinne von Ziff. 27 ADSp geworden, die unter den Voraussetzungen von Ziff. 27.2 ADSp nicht gilt. Bei dieser Sichtweise stellt sich Ziff. 27.2 ADSp als ein Verzicht auf Haftungshöchstbeträge im Sinne der Öffnungsklausel des Art. 25 MÜ dar, die auch durch AGB in den Frachtvertrag eingeführt werden kann (vgl. Koller, Transportrecht, 6. Aufl., Rdnr. 1 zu Art. 25 MÜ).

Der Senat hält die vorstehend wiedergegebene Auffassung für zutreffend. Die hiergegen vorgebrachten Argumente sind nicht durchgreifend. Ziff. 2.5 ADSp, wonach die ADSp bei abweichenden zwingenden gesetzlichen Bestimmungen nicht gelten, findet hier keine Anwendung, weil Art. 25 MÜ die Möglichkeit eines Verzichts auf Haftungshöchstbeträge ausdrücklich vorsieht und die Regelung des Ziff. 27 ADSp deshalb nicht gegen das MÜ verstößt. Auch die von der Beklagten angeführte Literaturstelle in Koller, Transportrecht, 6. Aufl., Rdnr. 1 zu Ziff. 27 ADSp, ist nicht anders zu verstehen, da Art. 22 Abs. 3 MÜ wegen der Regelung des Art. 25 MÜ eben keine zwingend geltende Vorschrift ist. Für nicht überzeugend hält der Senat auch das Argument von Boettge (Haftungserweiterung nach Art. 25 MÜ durch Ziff. 27 ADSp? - Zugleich Anmerkung zu AG Hamburg 31A C 310/06, TranspR 207, 306 ff.), Ziff. 23, 27 ADSp seien als eine einheitliche Klausel zu werten, so dass der Verstoß von Ziff. 23.1.1 gegen Art. 26 MÜ zugleich auch zur Nichtigkeit von Ziff. 27 ADSp führe. Ebenso wenig greift das weitere Argument durch, Anknüpfungspunkt des Art. 25 MÜ sei der originäre Beförderungsvertrag zwischen Absender und Luftfrachtführer und nicht ein Speditionsvertrag; außerdem erwarte der Auftraggeber bei der Anwendung der ADSp keineswegs eine unbeschränkte Haftung des Spediteurs bei Luftfrachtspeditionen, sondern eine Begrenzung und Einschränkung der Haftung des Spediteurs, so dass für eine erweiternde Auslegung des Begriffs "Beförderungsvertrag" kein Bedarf bestehe (Boettge, TranspR 2007, 306, 309),. Gemäß Ziff. 2.1 ADSp gelten die ADSp für Verkehrsverträge über alle Arten von Tätigkeiten, darunter auch Speditions- und Frachtverträge. Auch im vorliegenden Fall wurde die Geltung der ADSp ausdrücklich für die Rechtsbeziehung zwischen Versender und Beklagter, und zwar auf Grund der Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten in den Vertrag, vereinbart. Soweit - wie im vorliegenden Fall - der Vertrag nach den Regeln des Internationalen Privatrechts deutschem Recht unterliegt, ist auch ein Speditionsvertrag in den Fällen der §§ 458 bis 460 HGB den Regeln des MÜ unterworfen, wie dies auch bei dem WA der Fall war (Giemulla/Schmidt, MÜ, Loseblattsammlung, Rdnr. 40 zu Art. 1 MÜ; Koller, Transportrecht, 6. Aufl., Rdnr. 2 zu Art. 1 MÜ i.V.m. Rdnr. 4 zu Art. 1 WA m.w.N.); dies bedeutet, dass auf ihn auch Art. 25 MÜ anzuwenden ist.

Dies zu Grunde gelegt hat die Beklagte gemäß Art. 25 MÜ unter den Voraussetzungen der Ziff. 27.2. ADSp auf die sich aus Art. 22 Abs. 3 MÜ ergebenden Haftungshöchstbeträge verzichtet. Die Voraussetzungen der Ziff. 27.2 ADSp liegen hier vor. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechenden Ausführungen zum qualifizierten Verschulden im Sinne des § 435 HGB verwiesen werden.

Der der Klägerin vom Amtsgericht zuerkannte Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO sind nicht erfüllt.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 4.658,76 €

Ende der Entscheidung

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