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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 04.01.2005
Aktenzeichen: I-18 U 196/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 286
Erschütterung des durch Lieferschein und korrespondierender Rechnung begründeten Anscheinsbeweises, wenn der Frachtführer die übernommene Sendung äußerlich vollständig beim bestimmungsgemäßen Empfänger abliefert, aber der Kartoninhalt fehlt und eine Manipulation an den Kartons und damit ein Warenverlust noch beim Absender nicht ausgeschlossen ist.
hat der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 4. Januar 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht M., den Richter am Oberlandesgericht B. und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. A.

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 25. Juni 2004 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand: Die Klägerin nimmt mit der Behauptung, Assekuradeur der Transportversicherer der Fa. T. GmbH (im folgenden: Fa. T.) zu sein, die Beklagte aus übergegangenem und abgetretenem Recht wegen Verlust von 1.000 Festplatten auf Zahlung von zweitinstanzlich noch 13.494,55 EUR in Anspruch. Die Fa. T. hatte 1.000 Festplatten an die L. S.A. in P. veräußert. Die Fa. T. lagert u.a. Festplatten im Lager der E. GmbH in H. Am 22.05.2002 erteilte die Fa. T. der Beklagten, mit der sie in ständiger Geschäftsbeziehung steht, einen so genannten Speditionsauftrag zu festen Kosten über 1 Palette mit 1.000 Festplatten, zu befördern von der E. GmbH in H. zu der L. S.A. in P. Gemäß dem Speditionsauftrag bestand die zu befördernde Sendung aus "1 Pal = 20 KT." mit 1.000 HDD ... (Festplatten) im Gewicht von 132 kg. Der Fahrer der von der Beklagten beauftragten Unterfrachtführerin Dornsbach quittierte am gleichen Tag, die Ware in H. "ordnungsgemäß übernommen" zu haben. Noch am gleichen Tag wurde im Lager der Beklagten in W. die Palette umgeschlagen. Am 23.05.2002 wurde die Warensendung bei der Fa. F. in B. umgeschlagen und von dort mit einem LKW der Fa. F. ausgerollt. Am 24.05.2002 wurde die Warensendung von einem Mitarbeiter der L. S.A. angenommen. Auf der nicht unterschriebenen Ablieferungsquittung brachte ein Mitarbeiter der L. mehrere Stempel auf, einer davon lautet (in deutscher Übersetzung) "Unter Vorbehalt der Kontrolle". Auf der Empfangsquittung befindet sich des Weiteren ein handschriftlicher Vermerk, der unstreitig von einem Mitarbeiter der Empfängerin stammt, wonach eine umschrumpfte Palette abgeliefert wurde, nach einer Kontrolle jedoch zwei Kartons leer vorgefunden und 100 Festplatten als fehlend festgestellt wurden. Die Klägerin hat behauptet: In jedem der 20 auf der - unstreitig mit Folie umwickelten - Palette befindlichen Kartons hätten sich 50 Festplatten befunden. 2 Kartons seien der Empfängerin leer abgeliefert worden, so dass im Obhutsgewahrsam der Beklagten bzw. ihrer Gehilfen insgesamt 100 Festplatten in Verlust geraten seien. Die Beklagte hat die Aktivlegitimation der Klägerin sowie einen Warenverlust in ihrem Obhutsgewahrsam bzw. in dem ihrer Unterfrachtführer bestritten. Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung zweier Versandmitarbeiter der E. GmbH. Es hat sodann das klageabweisende Versäumnisurteil aufrecht erhalten und ausgeführt, es sei nicht mit hinreichender Sicherheit davon auszugehen, dass die Festplatten nicht bereits im Herrschaftsbereich der E. GmbH entnommen worden sind. Es hätte ein dortiger Mitarbeiter das Hochregal erklimmen können, welches an der Rückseite des mit T.-Waren gefüllten Hochregallagers grenzt, die Festplattenkartons öffnen, den Inhalt entnehmen und die Kartons wieder verschließen können. Denkbar sei auch, dass sich eine Person mit einem Gabelstapler von einer zweiten Person in das Hochregal hinauf fahren ließ, um entsprechend vorzugehen. Ein solches Vorgehen erscheine angesichts des hohen Wertes der fehlenden Ware auch nicht gänzlich unwahrscheinlich. Auch bei einem Diebstahl auf dem Transportweg nach F. hätte es eines gesteigerten Aufwandes und einer entsprechend hohen kriminellen Energie bedurft, weil ein Täter die Plastikfolienumspannung der Palette zunächst hätte beseitigen, zwei Festplattenkartons hätte öffnen, die Festplatten hätte entnehmen, die Kartons wieder schließen und die Folienumspannung wieder hätte herstellen müssen. Demgegenüber erscheine eine Entwendung der Ware im Lager der E. GmbH, z. B. zu einer betriebsarmen Zeit, nicht völlig ausgeschlossen. Die Anforderungen an die Klägerin würden hiermit auch nicht unzumutbar überspannt. Im Gegensatz zu der Beklagten, die eine Entwendung während des Transportes durch mehrere von ihr beauftragte Unternehmen kaum ausschließen könne, hätte für die Mitarbeiter der E. GmbH jederzeit die Möglichkeit bestanden, die Vollständigkeit der Waren ohne erheblichen Aufwand bei Ausgabe zu prüfen und zu belegen, indem die Ware vor der Ausgabe erneut gewogen worden wäre, wie es im Übrigen nach der glaubhaften Aussage des Zeugen P. auch den internen Sicherungsvorgaben der Fa. E. entspreche. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie meint, für den Inhalt der zum Versand dem Unterfrachtführer der Beklagten übergebenen Pakete mit Festplatten spreche nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Anscheinsbeweis. Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils das Versäumnisurteil vom 12. Januar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 13.494,55 EUR nebst 5% Zinsen ab dem 21.9.2002 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Wegen des Sachverhaltes im übrigen und der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf das angefochtene Urteil verwiesen sowie auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg. Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch, der bei dem hier in Rede stehenden, mit Lastkraftwagen zu fixen Kosten durchgeführten grenzüberschreitenden Transport allein auf Art. 17, 29 CMR gestützt werden kann, nicht zu. Der Klägerin ist der ihr obliegende Beweis nicht gelungen, dass es im Obhutsgewahrsam der Beklagten bzw. eines ihrer Unterfrachtführer zu einem Warenverlust gekommen ist. Zwar steht außer Zweifel, dass sich auf der dem Unterfrachtführer der Beklagten übergebenen Palette 20 Kartons befanden. Der Senat ist auch davon überzeugt, dass sich in jedem der bei der E. GmbH in H. zunächst eingelagerten Festplatten-Kartons, wie vorgesehen, 50 Festplatten befanden. Die Kartons werden beim Eingang gewogen und regelmäßig daraufhin in Augenschein genommen, ob sie noch verklebt sind, also nicht geöffnet wurden. Nahezu zwingend wäre hierbei aufgefallen, wenn sich in einem Karton nicht die vorgesehenen 50 Festplatten befunden hätten. Auch hat die Klägerin Beweis dafür angetreten, dass am 24.05.2002 unmittelbar bei Ablieferung der Palette von einem Mitarbeiter der L. zwei Kartons als leer und 100 Festplatten als fehlend festgestellt wurden, ein Frachtverlust bei der Empfängerin also ausscheidet. Gleichwohl hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin ist der ihr obliegende Beweis nicht gelungen, dass bei Übergabe der mit 20 Kartons bestückten Palette an die Unterfrachtführerin der Beklagten alle Kartons Festplatten enthielten und nicht etwa 2 Kartons bereits leer übergeben wurden. Bevor die Palette, auf der 20 Kartons gestapelt waren, mit Folie umwickelt wurde, wurden die Kartons nicht geöffnet. Kein Mitarbeiter der E. GmbH hat den Inhalt der Kartons in Augenschein genommen, nachdem sie dem Hochregal, in welchem sie lagerten, entnommen wurden. Entgegen den bei der E. GmbH bestehenden internen Richtlinien wurde die zum Versand anstehende Ware vor Abgang nicht erneut verwogen, weswegen nicht etwa von dem Gewicht der Kartons auf ihren Inhalt geschlossen werden kann. Ohne ein solches Verwiegen musste es keinem Mitarbeiter der E. GmbH zwingend auffallen, wenn zwei Kartons keinen Inhalt mehr hatten. Obgleich dem Hochregallager keine mit 20 Kartons fertig bestückte Palette entnommen wurde, sondern aus Kartons, welche sich auf 2 Paletten befanden, eine Palette zusammengestellt wurde, wurden nicht sämtliche 20 Kartons von einem Mitarbeiter der E. GmbH bewegt. Vielmehr blieb auf der Palette, die später der Unterfrachtführerin der Beklagten übergeben wurde, ein Teil der dort bereits gestapelten Kartons in ihrer Position; eine Anzahl von Kartons konnte gescannt werden, ohne dass hierzu ihre Position auf der Palette verändert werden musste. Das Landgericht hat es nach Vernehmung zweier Versandmitarbeiter der E. GmbH und der von der Klägerin aufgezeigten Organisationen des Lagers der E. GmbH für möglich gehalten, dass 100 Festplatten bereits im Herrschaftsbereich der E. GmbH in Verlust gerieten. Die Berufung zeigt keine konkreten Anhaltspunkte im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf, die Zweifel an diesen gerichtlichen Feststellungen gebieten; solche sind auch sonst wie nicht ersichtlich. Mit dem Landgericht hält es auch der Senat für eine keineswegs nur theoretische Möglichkeit, dass bereits bei der E. GmbH in H. aus 2 Kartons insgesamt 100 Festplatten entnommen wurden, bevor die Palette am 22.05.2002 der von der Beklagten beauftragten Unterfrachtführerin übergeben wurde. In zeitlicher Hinsicht ist ein Diebstahl von 100 Festplatten bei der E. GmbH ohne weiteres möglich. Die zur Akte gereichten Unterlagen sprechen dafür - Abweichendes hat die Klägerin nicht vorgetragen -, dass die Kartons mit den 100 in Verlust geratenen Festplatten einen gewissen Zeitraum bei der E. GmbH zwischengelagert wurden. Die Seriennummern der Festplatten wurden am 11. bzw. 12. Mai 2002 erfasst (Anlagen K 3 und 4); die Unterfrachtführerin der Beklagten übernahm die Palette erst am 22. Mai 2002. Die Organisation des Lagers der E. GmbH vermag einen dortigen Diebstahl von T.-Festplatten weder gänzlich auszuschließen noch lässt sie ihn als eine nur sehr fernliegende, lediglich theoretische Möglichkeit erscheinen. Der für Waren der Fa. T. bestimmte Teil der Lagerhalle der E. GmbH wird zwar von einer dort installierten Kamera automatisch videoüberwacht. Die von dieser Kamera gefertigten Bilder wurden gemäß den Bekundungen des Zeugen P. aber nicht ausgewertet. Trotz der Videoüberwachung ist somit nicht ausgeschlossen, dass von dem T.-Gang aus Festplatten entwendet wurden. Ob die Videoüberwachung geeignet ist, potenzielle Täter von einem Diebstahl abzuhalten, hängt unter anderem davon ab, ob sie damit rechnen müssen, dass die Videobänder ausgewertet werden. Hierfür hat die Klägerin nichts vorgetragen. Selbst wenn man aber auf Grund der Videoüberwachung und der wenigen für den T.-Bereich tätigen, langjährigen Mitarbeiter einen von dort aus ausgeführten Diebstahl für völlig fern liegend halten wollte, so kommt doch, wie das Landgericht in dem angefochtenen Urteil völlig zutreffend ausgeführt hat, ein Diebstahl von der Rückseite des mit T.-Waren bestückten Hochregals in Betracht. Die T.-Festplatten wurden in einem Hochregallager verwahrt, und zwar die hier fraglichen in der fünften und sechsten Etage. Der an die Rückseite des mit T.-Waren bestückten Hochregals grenzende Gang ist nicht videoüberwacht. Die aneinander grenzenden Regale sind nicht durch eine Rückwand voneinander getrennt, sondern zueinander offen. Auch der Senat hält es für ohne Weiteres durchführbar, dass zwei Täter, die Zugang zum Lager besitzen, einen Diebstahl gemeinsam dergestalt ausführen, dass einer der beiden den anderen mit einem in diesem Gang befindlichen Gabelstapler zu der Etage hochhebt, in welcher sich die Festplatten befinden, die hochgehobene Person dort die Festplattenkartons öffnet, den Inhalt entnimmt, die Kartons wieder verschließt und sich mittels des Gabelstaplers wieder hinunterheben lässt. Dem Vorbringen der Klägerin und den Ausführungen der vernommenen Zeugen lässt nicht entnehmen, dass auch in betriebsarmen Zeiten, beispielsweise während einer Pause, eine hohe Gefahr besteht, hierbei entdeckt zu werden. Zudem lässt sich eine solche Gefahr erheblich minimieren, indem eine weitere dritte Person "Schmiere" steht. Gemäß den Bekundungen des Zeugen P. sind bei der E. GmbH mindestens 50 Personen in der Lage, im Lager einen Gabelstapler zu bedienen. Angesichts des Wertes der 100 Festplatten von annähernd 13.500 EUR ist es keinesfalls völlig fern liegend, dass eine Person etwaige Risiken, die mit einem Hochheben mittels eines Gabelstaplers in eine Höhe von etwa elf Metern verbunden sein können, auf sich nimmt. Die Klägerin hat zu solchen Risiken im übrigen nichts näher ausgeführt, so dass nicht festgestellt werden kann, dass sie so hoch sind, dass sie potentielle Täger von dieser Vorgehensweise regelmäßig abschrecken dürfte. Sachvortrag, auf Grund dessen die zuvor geschilderte Vorgehensweise als "praktisch schlicht ausgeschlossen" angesehen werden muss, wie die Klägerin in zweiter Instanz meint, hat die Klägerin nicht gehalten. Es besteht daher keine Veranlassung, den bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen P. erneut zu vernehmen oder die Lagerhalle in Augenschein zu nehmen, wie es die Klägerin erstmalig in zweiter Instanz beantragt. Im Ansatz zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass bei in verschlossenen Behältnissen (Kartons) zum Versand gebrachten Gütern bei kaufmännischen Absendern prima facie anzunehmen ist, dass die im Lieferschein und in der dazu korrespondierenden Rechnung aufgeführten Waren in dem verschlossenen Behältnis enthalten waren (BGH TranspR 2003, 156). Die Klägerin hat eine Handelsrechnung und einen hiermit korrespondierenden Lieferschein (delivery note) zur Akte gereicht. Der hierdurch begründete Anscheinsbeweis ist vorliegend allerdings erschüttert. Gerät ein Karton vollständig im Obhutsgewahrsam eines Frachtführers in Verlust und besteht kein Anhalt dafür, dass der Absender nicht die bestellten Waren zum Versand gebracht hat, obliegt es dem Frachtführer, den zugunsten des Versenders streitenden Anscheinsbeweis durch substantiierten Vortrag auszuräumen. Vorliegend besteht, worauf die Beklagte zu Recht hinweist, jedoch die Besonderheit, dass nicht etwa ein Karton vollständig im Obhutsgewahrsam eines Frachtführers in Verlust geraten ist, sondern er die übernommene Sendung äußerlich vollständig beim bestimmungsgemäßen Empfänger abgeliefert hat. Es steht mithin fest, dass irgendwann an den Kartons manipuliert wurde. Eine solche Manipulation an den Kartons und damit ein Verlust der Waren, die sich ehemals in den beiden Kartons befanden, kommt zunächst einmal sowohl noch beim Absender wie auch im Obhutsgewahrsam der Frachtführer in Betracht. Jedenfalls in einem Fall wie dem hier gegebenen, in dem, wie ausgeführt, nach den Umständen eine Manipulation bei dem Versender keine nur theoretische, praktisch zu vernachlässigende Möglichkeit darstellt, ist der Anscheinsbeweis, dass die im Lieferschein und in der dazu korresponierenden Rechnung aufgeführten Waren in dem verschlossenen Behältnis enthalten waren, durch den unstreitigen Geschehensablauf, nämlich durch die Auslieferung von geöffneten Kartons, die sich auf einer mit Folie umwickelten Palette befinden, erschüttert. Der Senat sieht es nicht als gerechtfertigt an, von dem Frachtführer zu verlangen, konkrete Anhaltspunkte dafür vorzutragen, dass bei dem Absender manipuliert wurde. Ein solches Vorbringen dürfte dem Frachtführer im Regelfall nicht möglich sein. Andererseits hat es der Versender in der Hand durch einfache Maßnahmen zum einen zu überprüfen und zu dokumentieren, dass die Ware vollständig dem Frachtführer übergeben wird und zum anderen Diebstählen im Frachtführergewahrsam vorzubeugen. Insbesondere einem Großversender wie im vorliegenden Fall ggfls. ohne weiteres möglich und zumutbar, zum einen die zum Versand anstehende Palette zu verwiegen, wie es auch bei der E. GmbH vorgesehen war, was im Regelfall einen hinreichend deutlichen Schluss auf die Anzahl und den Inhalt von Kartons zulässt. Zum anderen wäre ein Diebstahl im Obhutsgewahrsam des Frachtführers dadurch verhindert oder bedeutend erschwert worden, wenn der Versender entsprechend der in Ziff. 6.2.2 ADSp zum Ausdruck gekommenen Wertung - die Palette mit Folie festumschweißt, und nicht, wie geschehen, lediglich mit einer in jedem Büroshop erhältlichen Folie umwickelt hätte, was nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin per Hand ohne Zuhilfenahme einer Maschine möglich ist und nach Aussage des Zeugen D. nicht verhindert, dass man die Folie hochheben und etwas von der Palettenladung herausnehmen könnte. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert für die Berufung wird festgesetzt auf 13.494,55 EUR. Der Senat lässt die Revision gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Frage, ob der Anscheinsbeweis für den Inhalt eines verschlossenen Kartons erst dann erschüttert ist, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Manipulation des Kartons noch beim Versender bestehen, oder - so die Auffassung des Senats - bereits dann, wenn die Sendung äußerlich vollständig beim bestimmungsgemäßen Empfänger abgeliefert wurde und nach den Umständen eine Manipulation bei dem Versender keine nur theoretische, praktisch zu vernachlässigende Möglichkeit darstellt, ist höchstrichterlich bislang nicht geklärt. Diese - hier entscheidungserhebliche - Rechtsfrage kann in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen auftreten; dem Senat liegen gerade derzeit mehrere Fälle vor, in denen sich diese Frage stellt.

Ende der Entscheidung

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