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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 11.06.2008
Aktenzeichen: I-18 U 296/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 287
ZPO § 531
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das am 2. November 2004 verkündete Schlussurteil der 2b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf (2b O 12/02) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 677.900,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. Februar 2002 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des beklagten Landes wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits - mit Ausnahme der Kosten des Berufungsverfahrens 18 U 17/03 - tragen das beklagte Land zu 92,7 % und der Kläger zu 7,3 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils von ihm zu vollstreckenden Betrages leistet.

Das beklagte Land darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils von ihm zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Wegen des Sach- und Streitstandes wird zunächst auf den Tatbestand des rechtskräftigen Berufungsurteils des Senats vom 16. Juli 2003 (18 U 17/03) verwiesen, mit dem der Senat die Berufung des beklagten Landes gegen das Grund- und Teilurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 10. Dezember 2002 zurückgewiesen hat.

Die Parteien streiten nunmehr nur noch um die Höhe des Schadens, der dem Kläger dadurch entstanden ist, dass die Bezirksregierung Köln den Kläger erst im April 1999 statt bereits im März 1994 zum öffentlich bestellten Vermessungsingenieur zugelassen hat.

Der Kläger hat behauptet:

Innerhalb des Zeitraums von März 1994 bis April 1999 hätte er mindestens einen Gewinn in Höhe der Klageforderung erzielt, wenn er bereits im März 1994 zum öffentlich bestellten Vermessungsingenieur zugelassen worden wäre. Dies entspräche nämlich mindestens dem Gewinn, den er nach seiner Zulassung im Zeitraum von Mai 1999 bis Mai 2004 aus öffentlich beurkundeten Vermessungen erwirtschaftet habe.

In diesem Zusammenhang hat der Kläger unter Bezugnahme auf die von ihm erstellte Auswertung seiner Gebührenbescheide behauptet, er habe aus öffentlich beurkundeten Vermessungen in den Monaten Mai bis Dezember 1999 Einnahmen in Höhe von 115.616,06 €, im Jahr 2000 237.752,76 €, im Jahr 2001 217.367,04 €, im Jahr 2002 305.602,41 € und in den Monaten Januar bis Mai 2004 282.055,24 € erzielt. Diesen Einnahmen stünden anteilig auf die öffentlich beurkundeten Vermessungen Kosten gegenüber in Höhe von 76.802,76 € für den Zeitraum Mai bis Dezember 1999, in Höhe von 98.036,32 € für das Jahr 2000, in Höhe von 80.464,12 € für das Jahr 2001, in Höhe von 129.255,91 € für das Jahr 2002, in Höhe von 137.438,58 € für das Jahr 2003 sowie 66.035,36 € für den Zeitraum von Januar bis Mai 2004.

Der Kläger hat beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 731.382,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Februar 2002 zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land hat sich zu dem vom Kläger vorgelegten Zahlenwerk über seinen Gewinn aus öffentlich beurkundeten Vermessungen der Jahre 1999 bis 2004 mit Nichtwissen erklärt. Anhand der vorgelegten Rechnungen lasse sich nicht nachprüfen, ob sie tatsächlich den Urkundsvermessungen zuzuordnen seien, die nur ein öffentlich bestellter Vermessungsingenieur vornehmen dürfe. Die vom Kläger in Ansatz gebrachten Kosten seien nicht plausibel. Bei der Aufstellung der Gebührensätze sei lediglich ein Gewinn von 20 % einkalkuliert worden. Die vom Kläger behauptete Gebührengewinnspanne sei daher vollkommen unrealistisch.

Darüber hinaus sei es auch verfehlt, den entgangenen Gewinn aus Urkundsvermessungen für den Zeitraum von März 1994 bis April 1999 mit dem Gewinn des Klägers aus Urkundsvermessungen aus den Jahren 1999 bis 2004 gleichzusetzen. Dies verbiete sich bereits deshalb, weil die Marktlage für Vermessungsleistungen innerhalb der beiden Zeiträume völlig unterschiedlich gewesen sein könne.

Schließlich müsse der Kläger darlegen, wie sich seine tatsächliche Einkommenssituation innerhalb des Zeitraums von März 1994 bis April 1999 dargestellt habe. Auf dieser Basis müsse ermittelt werden, welche Einkommenszuwächse der Kläger hätte erzielen können, wenn er in diesem Zeitraum auch öffentlich bestellt gewesen wäre.

Das Landgericht hat das beklagte Land antragsgemäß verurteilt. Unter Anwendung der Bestimmung des § 287 ZPO habe der Kläger seinen entgangenen Gewinn schlüssig und plausibel dargelegt sowie durch die vorgelegten Belege untermauert. Das beklagte Land habe diesen Sachvortrag des Klägers nicht substantiiert angegriffen, da es sich mit den einzelnen Kostenrechnungen nicht auseinander gesetzt habe.

Hiergegen richtet sich die Berufung des beklagten Landes, mit der es seinen erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

Das beklagte Land meint, entgegen der Auffassung des Landgerichts könne die Gewinnerzielung des Klägers aus dem Zeitraum von 1999 bis 2004 nicht auf den hier in Rede stehenden Zeitraum von 1994 bis 1999 übertragen werden. Vielmehr habe der Kläger einen entgangenen Gewinn nicht schlüssig dargetan, da er keine Anhaltspunkte dafür geliefert habe, ob und in welchem Umfang bei ihm öffentlich beglaubigte Vermessungen im maßgeblichen Zeitraum von 1994 bis 1999 tatsächlich nachgefragt worden wären.

Auch habe das Landgericht seinen Beweisantritt zu der Behauptung übergangen, dass in den Gebührensätzen lediglich ein durchschnittlicher Gewinn von 20 % einkalkuliert sei, mithin die vom Kläger behauptete Gewinnspanne für seine freiberufliche Tätigkeit vollkommen unrealistisch sei.

Schließlich sei es entgegen der Auffassung des Landgerichts auch zulässig, sich zu der Behauptung des Klägers, die vorgelegten Rechnungen seien den sogenannten Urkundsvermessungen zuzuordnen, mit Nichtwissen zu erklären, denn die für die Beurteilung der richtigen Zuordnung maßgeblichen Tatsachen seien nicht Gegenstand seiner Wahrnehmung gewesen.

Des Weiteren erhebt das beklagte Land nunmehr gegen eine Vielzahl einzelner vom Kläger vorgelegter Rechnungen Einwände. Wegen dieser Einwände wird auf die Ausführungen in der Berufungsbegründungsschrift (Bl. 442 bis 492 GA) verwiesen.

Im Übrigen wiederholt das beklagte Land sein erstinstanzliches Vorbringen.

Das beklagte Land beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Schlussurteils

die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und macht sich die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Schlussurteils zu eigen.

Er meint, das beklagte Land habe keine Umstände vorgetragen, die Zweifel an den landgerichtlichen Feststellungen rechtfertigen könnten.

Weil er keine Urkundsvermessungen habe vornehmen können, seien derartige Leistungen im Zeitraum von 1994 bis 1999 zwar bei ihm auch nicht nachgefragt worden. Dies könne aber kein erheblicher Einwand gegen die von ihm vorgenommene abstrakte Schadensberechnung sein.

Soweit das beklagte Land erstmals im Berufungsrechtszug dezidierte Einwände gegen einzelne Kostenbescheide erhebe, sei es mit diesem Vorbringen gemäß § 531 ZPO präkludiert.

Schließlich tritt der Kläger diesen Einwänden entgegen. Wegen seines diesbezüglichen Vorbringens wird auf die Ausführungen in der Berufungserwiderung (Bl. 572 bis 656 GA) verwiesen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung von schriftlichen Sachverständigengutachten. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Gutachten des Wirtschaftsprüfers Dipl. Kfm. D. vom 4. Mai 2007 nebst der berichtigenden Ergänzung zu diesem Gutachten vom 20. Juli 2007 sowie auf das Gutachten des Vermessungsingenieurs Dipl. Ing. M. vom 30. April 2007 Bezug genommen. Im Verhandlungstermin vom 5. Mai 2008 haben beide Gutachter ihre Gutachten mündlich erläutert (Sitzungsniederschrift Bl. 969 - 975 GA).

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des beklagten Landes hat nur zu einem ganz geringen Teil Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet, weil dem Kläger aus der hier in Rede stehenden Amtspflichtverletzung ein Schaden in Höhe von 677.900,- € entstanden ist.

A.

Weil der Kläger im hier in Rede stehenden Zeitraum von 1994 bis 1999 tatsächlich keine Vermessungen durchführen konnte, die kraft Gesetzes öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren vorbehalten waren, kann der ihm entstandene Schaden letztlich nur durch eine sachgerechte Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO ermittelt werden. In diesem Zusammenhang liefern seine tatsächlich erzielten Einnahmen und seine tatsächlichen Betriebsausgaben in den Jahren 1999 bis 2004 einen brauchbaren Ausgangspunkt für eine sachgerechte Schadensschätzung. Auf dieser Basis lässt sich eine hinreichend verlässliche Schadensschätzung vornehmen, wenn man bei dieser Schätzung auch die unterschiedliche Baukonjunktur innerhalb der beiden Vergleichszeiträume berücksichtigt. Weil innerhalb der beiden Vergleichszeiträume die Gebührenordnung für öffentlich bestellte Vermessungsingenieure zwei Mal geändert wurde, muss auch dieser Umstand bei der Schadensschätzung berücksichtigt werden.

Unter Beachtung dieser Vorgaben hat der Sachverständige Dipl. Kfm. D. im Benehmen mit dem Sachverständigen Dipl. Ing. M. die Betriebsergebnisse des Klägers aus den Jahren 1996 bis April 2004 ausgewertet und gegenüber gestellt. Hierdurch hat er für den Zeitraum von 1996 bis April 1999 unter Anwendung der Rechtsgrundsätze der Differenzhypothese einen Schaden in Höhe von 921.577,- DM ermittelt.

Für den Zeitraum von April 1994 bis Dezember 1995 konnte er den Schaden nicht in gleicher Weise ermitteln, weil der Kläger ihm für diesen Zeitraum keine Gewinnermittlungen (Einnahme-Überschussrechnungen) zur Verfügung stellen konnte. Deswegen hat der Sachverständige den entgangenen Gewinn auf der Basis der vom Kläger für die Jahre 1999 bis Januar 2001 erstellten Kostenbescheide nach der Kostenordnung für öffentlich bestellte Vermessungsingenieure ermittelt, indem er im Ausgangspunkt für den Zeitraum von April 1994 bis Dezember 1995 einen entgangenen Umsatz in Höhe der Summe dieser Kostenbescheide unterstellt hat. Diesen unterstellten Umsatz hat er dann unter Berücksichtung der konjunkturellen Lage und der Kostenordnung, die für diesen Zeitraum galt, den tatsächlichen Gegebenheiten des Zeitraums vom April 1994 bis Dezember 1995 angepasst. Hieraus hat er dann einen Schaden des Klägers für diesen Zeitraum in Höhe von 404.280,- DM ermittelt.

Der Senat übernimmt diese sachverständig vorgenommene Schadensschätzung, weil sie hinreichend verlässlich ist, um den dem Kläger entstandenen Schaden sachgerecht zu schätzen.

B.

Die gegen diesen methodischen Ansatz vom beklagten Land erhobenen Einwände rechtfertigen keine andere Würdigung des erhobenen Sachverständigenbeweises.

I.

Die Auffassung des beklagten Landes, nur entgangene Einnahmen aus rechtlich tatsächlich erforderlichen Urkundsvermessungen könnten schadensrelevant sein, verkennt, dass der Kläger mit seiner Zulassung zum öffentlich bestellten Vermessungsingenieur nicht nur Mehreinnahmen auf dem Gebiet der Urkundsvermessungen erzielen konnte, sondern sich ihm darüber hinaus auch Chancen auf Mehreinnahmen aus allgemeinen Vermessungsleistungen eröffnet hätten. Denn es ist nachvollziehbar und plausibel, dass derjenige, der wegen einer bestimmten Vermessung (z.B. der Gebäudeeinmessung) einen öffentlich bestellten Vermessungsingenieur beauftragen muss, dann auch für die sonstigen, im Zusammenhang mit seinem Bauvorhaben erforderlichen Vermessungen schon einen öffentlich bestellten Vermessungsingenieur beauftragen wird. Deswegen ist auf die Veränderung der Gesamteinnahmesituation und der Gesamtausgabensituation des Betriebes abzustellen, die eingetreten wäre, wenn der Kläger im April 1994 als öffentlich bestellter Vermessungsingenieur zugelassen worden wäre.

II.

Ob die Behauptung des beklagten Landes zutrifft, in den Gebührensätzen der Kostenordnung sei lediglich ein durchschnittlicher Gewinn von 20 % einkalkuliert worden, kann dahinstehen, weil dies unerheblich ist. Eine sachgerechte Schadensschätzung muss sich - wie geschehen - so weit wie möglich an der tatsächlichen Betriebsstruktur des Klägers orientieren, wozu insbesondere auch die tatsächlich gegebene Betriebskostenstruktur den Schadensberechnungen zugrunde zu legen ist. Darüber hinaus ist dieser durchschnittliche Gewinn auch deshalb wenig aussagekräftig für den konkreten Betrieb des Klägers, weil das beklagte Land nicht mitteilt, welche durchschnittlichen Betriebseinnahmen dieser Durchschnittsberechnung zugrunde gelegt wurden. Denn auch ein Vermessungsbüro hat sowohl Fixkosten wie auch (umsatzabhängige) variable Kosten, so dass sich ein bestimmter Durchschnittsgewinn jeweils nur bezogen auf einen bestimmten durchschnittlichen Umsatz ermitteln lässt.

III.

Im Ausgangspunkt mag es zwar zutreffen, dass der Sachverständige zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, wenn die vom beklagten Land erstmals im Berufungsrechtszug erhobenen Einwände gegen die einzelnen Kostenrechnungen des Klägers berechtigt wären, da dann gegebenenfalls von anderen Umsätzen ausgegangen werden müsste.

Mit diesen Einwänden kann das beklagte Land im Berufungsverfahren jedoch gemäß § 531 ZPO nicht mehr gehört werden, weil es diese Einwände auch schon erstinstanzlich hätte erheben können, wenn es sich bereits zu diesem Zeitpunkt mit den vom Kläger vorgelegten Rechnungen auseinander gesetzt hätte.

C.

Schließlich rechtfertigen auch die vom beklagten Land gegen die gutachterlichen Feststellungen erhobenen Einwände keine andere Abweichung von der Schadensschätzung. Dies ist das Ergebnis der Anhörung der Sachverständigen im Verhandlungstermin. Im Einzelnen ist hierzu folgendes auszuführen:

I.

Das beklagte Land stellt auf der Grundlage der Zahlenangaben des Klägers, anhand derer er seinen entgangenen Gewinn berechnet hat, eigene Berechnungen an, um die Schadensermittlung des Sachverständigen in Zweifel zu ziehen. Hierbei verkennt es zum einen, dass der Kläger bei seiner eigenen Schadensberechnung methodisch falsch vorgegangen ist, weil er nicht die Grundsätze der Differenzhypothese berücksichtigt hat und deshalb auch keine Deckungsbeitragsrechnungen angestellt hat.

Der vom Kläger innerhalb der Vergleichszeiträume jeweils versteuerte Gewinn ist deswegen auch keine taugliche Grundlage, um den Schaden zu ermitteln. Dies folgt schon daraus, dass der Kläger - wie im Grundsatz alle Selbständigen - den zu versteuernden Gewinn eines Jahres dadurch minimieren kann, dass er in diesem Jahr eine Investition tätigt. Folglich rechtfertigen die vom Kläger angegebenen Gewinnrückgänge nicht den Rückschluss, dass er in den Jahren der Gewinnrückgänge auch nur einen geringen Schaden durch die nicht erfolgte Zulassung erlitten haben kann.

Um die tatsächliche Entwicklung des Vermessungsbüros sachgerecht beurteilen zu können, muss demnach auf den erzielten Umsatz und die tatsächlichen Betriebsausgaben abgestellt werden. Betrachtet man dieses Zahlenwerk, ergibt sich - wie der Sachverständige D. ausgeführt hat - in den Jahren 1997 bis 1999 kein signifikanter Umsatzeinbruch, der nicht plausibel erklärbar ist.

Klärungsbedürftig ist allerdings die den Berechnungen des beklagten Landes zugrunde liegende Frage, ob der tatsächliche Rückgang des Umsatzes/Gewinns des Klägers von 1996 bis 1999 und insbesondere von 1997 auf 1998 (Gewinnzahlen Tabelle Seite 16 des Gutachtens, Umsatzzahlen Tabelle Seite 28 des Gutachtens) allein mit der Entwicklung der Baukonjunktur plausibel erklärt ist.

Die Umsatzzahlen belegen, dass der bereinigte Umsatz (Tabelle 28) von 1996 bis 1997 angestiegen ist (ebenso wie die Einnahmen, siehe Tabelle Seite 16.) Dass gleichwohl die Betriebseinnahmen 1997 geringer waren, ist auf die geringere Umsatzsteuererstattung zurückzuführen, wie die Tabelle Seite 18 zeigt. Dass der Gewinn im Jahr 1997 deutlich geringer ausgefallen ist, beruht auf dem erheblichen Anstieg der Betriebsausgaben in diesem Jahr, insbesondere bei den Personalkosten.

Anders verhält es sich von 1997 auf 1998; denn von 1997 auf 1998 sind die Betriebseinnahmen von rd. 487.000,- M auf rd. 415.000,- DM gesunken und der Umsatz ist von rd. 459.000,- DM auf rd. 362.000,- DM gefallen.

Wie der Sachverständige D. ausgeführt hat, sind aber auch diese Rückgänge kein Indiz dafür, dass der Betrieb des Klägers sich jedenfalls im Jahr 1998 nicht marktkonform, sondern signifikant schlechter entwickelt hat. In diesem Zusammenhang ist zum einen zu berücksichtigen, dass die Baukonjunktur rückläufig gewesen ist. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass die ermittelten Betriebseinnahmen und die Umsätze den vom Kläger vorgelegten Einnahmeüberschussrechnungen entnommen worden sind. Dies hat zur Folge, dass in den 1997 gebuchten Betriebseinnahmen auch Vergütungen für Leistungen enthalten sind, die der Kläger bereits im Jahr 1996 erbracht hat, die der Auftraggeber jedoch erst 1997 bezahlt hat. Entsprechendes gilt auch für die Jahre 1998 und 1999. Wegen dieser Verzerrungen ist es denkbar, dass die bilanzierten Umsätze für die Jahre 1996 bis 1998 in etwa auf gleichem Niveau liegen könnten, so dass der Sachverständige aufgrund des sich aus den Überschussrechnungen ergebenden Zahlenmaterials nicht einmal bestätigen konnte, dass der Kläger in diesen Jahren die baukonjunkturell zu erwartenden Umsatzeinbußen tatsächlich erlitten hat.

III.

Dass die Gewinn- und Umsatzsteigerung im Jahr 2004 dadurch realisiert wurde, dass der Kläger ab 2002 seinen Sohn in seinem Büro beschäftigt hat, mag sein. Dies rechtfertigt indes nicht die vom beklagten Land gezogene Schlussfolgerung, der Kläger hätte auf eine im gleichen Umfang ansteigende Nachfrage in den Jahren 1994 bis 1999 nicht dadurch reagiert, dass er eine andere Fachkraft eingestellt hätte. Vielmehr ist in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen D. davon auszugehen, dass auch Vermessungsingenieure bei dauerhaft gestiegener Nachfrage üblicherweise weiteres Personal einstellen, um nach Möglichkeit alle angedienten Aufträge auch annehmen zu können.

Nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge ist auch davon auszugehen, dass der Kläger eine geeignete Fachkraft am Arbeitsmarkt gefunden hätte. Hierzu hat der Sachverständige M. ausgeführt, dass es Anfang der 90iger Jahre zwar Engpässe auf dem Arbeitsmarkt gegeben hat, sich die Lage jedoch mit der ab Mitte 1994 kontinuierlich nachlassenden Baukonjunktur zusehends entspannte.

IV.

Im Ausgangspunkt zutreffend ist die Feststellung des beklagten Landes, dass die Schadensschätzung des Sachverständigen für den Zeitraum von April 1994 bis Dezember 1995 im Ausgangspunkt weitaus weniger verlässlich ist als die Schadensschätzung für den Zeitraum von 1996 bis April 1999, weil der Kläger für den erstgenannten Zeitraum keine Einnahmeüberschussrechnungen beigebracht hat, so dass der Sachverständige die tatsächlichen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben für diesen Zeitraum nicht ermitteln konnte.

Dieser Umstand rechtfertigt es jedoch im Ergebnis nicht, die vom Sachverständigen ermittelte Schadenshöhe als ungeeignet für eine sachgerechte Schadensschätzung anzusehen. Denn es bestehen Anhaltspunkte, die es hinreichend wahrscheinlich erscheinen lassen, dass auch diese Schadensschätzung eine verlässliche tatsächliche Grundlage hat. In diesem Zusammenhang ist im Ausgangspunkt festzustellen, dass sich der Schaden für den Zeitraum von April 1994 bis Dezember 1995 in demselben Rahmen bewegt wie der auf verlässlicherer Grundlage ermittelte Schaden für den Zeitraum von Januar 1996 bis April 2004, wenn man sowohl die konjunkturell bedingten Zuschläge als auch die gebührenrechtlich begründeten Abschläge mit in die Überlegungen einbezieht. Deswegen könnte die Schadensschätzung - wie der Sachverständige D. im Termin plausibel und nachvollziehbar erläutert hat - nur dann signifikant zu hoch ausgefallen sein, wenn der Kläger von April 1994 bis Dezember 1995 einen signifikant geringeren Umsatz gehabt hätte als in den Jahren 1996/1997.

Es bestehen jedoch keine Anhaltspunkte, die dafür sprechen, dass dies tatsächlich der Fall gewesen sein könnte. Schon die Entwicklung der Baukonjunktur spricht indiziell dafür, dass der Kläger in 1994/1995 mehr Aufträge hatte als in den Folgejahren. Außerdem hat der Kläger durch Vorlage seines Steuerbescheides des Jahres 1995 nachgewiesen, dass seine deklarierten Einkünfte 1995 deutlich höher als seine Einkünfte 1996 gewesen sind, was ebenfalls indiziell dafür spricht, dass er im Jahr 1995 keinen signifikanten Umsatzeinbruch zu verzeichnen hatte.

D.

Schließlich rechtfertigt auch der vom Senat angesprochene Umstand, dass der Kläger im Januar 2001 einen ungewöhnlichen Auftrag zur Vermessung einer Straße erhalten hatte, der ihm ein Honorar in Höhe von mehr als 48.000,- € einbrachte, keine Korrektur der sachverständigen Schadensschätzung.

Die Anhörung der Sachverständigen hat ergeben, dass dieser Auftrag auch entsprechend zeitarbeitsaufwendig gewesen ist, so dass der Kläger - hätte er innerhalb der selben Zeit andere Vermessungsleistungen erbracht - keine signifikant geringeren Einnahmen erzielt hätte. Somit hat der Kläger durch diesen großen Auftrag keine ungewöhnlich hohe Einnahme erzielt, die aus dem Umsatz herausgerechnet werden müsste, weil sie nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge im Schadenszeitraum entspricht.

E.

Auch die vom Kläger erhobene Einwände vermögen nicht infrage zu stellen, dass die sachverständige Schadensschätzung sachgerecht ist.

I.

Der Einwand, der vom Sachverständigen M. in seinem Gutachten ermittelten Abschlag von 11 % für die Umrechnung von Gebührenbescheiden auf der Grundlage der Gebührenordnung 1996, um die Gebühren zu bestimmen, die für diese Leistungen auf der Grundlage der Gebührenordnung 1993 entstanden wären, sei zu hoch angesetzt, weil der Sachverständige nicht berücksichtigt habe, dass sich bestimmte Leistungen, insbesondere die Gebäudeeinmessung, durch die Gebührenordnung 1996 verbilligt hätten, verfängt nicht. Hierzu hat der Sachverständige M. im Verhandlungstermin ausgeführt, dass es sich bei den 11 % um einen Durchschnittswert handelt, so dass es naturgemäß bei konkreten Einzelvermessungen zu Abweichungen nach oben wie auch nach unten kommen kann. Bei der Ermittlung des Durchschnittswertes hat er jedoch sichergestellt, dass dieser Durchschnittswert repräsentativ ist, weil er ihn auf der Grundlage von Vermessungsaufgaben gebildet hat, die für das Vermessungsbüro des Klägers typisch sind.

II.

Der Kläger meint, in die Berechnungen hätten nicht nur im Vergleichszeitraum tatsächlich erzielten Einnahmen eingestellt werden müssen, sondern auch die Leistungen, die er innerhalb des Vergleichszeitraums erbracht hat, die aber erst zu einem späteren Zeitpunkt abgerechnet und damit auch erst außerhalb des Vergleichszeitraums zu Betriebseinnahmen geführt haben.

Hierzu ist zunächst anzumerken, dass der Sachverständige - ebenso wie das Gericht - nicht in der Lage ist, die Gebühren für die im Vergleichszeitraum erbrachten Leistungen exakt zu bestimmen, weil dies nur dann möglich wäre, wenn der Kläger für die hier in Rede stehenden Jahre eine Bilanz erstellt hätte.

Darüber hinaus wird hierdurch die Grundlage für die Schadensschätzung nicht nachhaltig beeinträchtigt, weil jedenfalls dieser Nachlauf der Einnahmen hinter der Leistungserbringung zum größten Teil berücksichtigt ist, weil jedenfalls die erst mit zeitlicher Verzögerung abgerechneten Leistungen aus den Jahren 1999 bis 2003 in die Betriebseinnahmen von 2000 bis April 2004 eingeflossen sind. Für die in den ersten Monaten des Jahres 2004 erbrachten Leistungen mag es zwar sein, dass die hierauf entfallenden Einnahmen nicht mehr berücksichtigt worden sind, weil die Vergütung erst nach April 2004 gezahlt worden ist. Für die Ende 1993/Anfang 1994 erbrachten Leistungen trifft es ebenfalls zu, dass sie als tatsächlich erzielter Umsatz in die Schadensberechnung eingeflossen sind, wenn diese Leistungen erst im April 1994 bezahlt worden sind. Die sich hieraus ergebenden kleinen Ungenauigkeiten der Schadensschätzung müssen im Rahmen des § 287 ZPO jedoch hingenommen werden.

F.

Aus diesen Ausführungen folgt, dass die Klage unbegründet ist, soweit der Kläger einen darüber hinausgehenden Schaden reklamiert.

Soweit der Kläger versucht, den zum Klageantrag fehlenden Betrag durch andere Schadenspositionen aufzufüllen, vermag dies die teilweise Klageabweisung nicht zu verhindern.

Es mag zwar sein, dass dem Kläger Steuerachteile entstehen können, wenn er den Schadensersatzbetrag auf einen Schlag versteuern muss verglichen mit der Versteuerung, die erfolgt wäre, wenn er in den Jahren 1994 bis 1999 jeweils einen Teil dieses Gewinns hätte versteuern müssen. Mit diesem möglichen zukünftig eintretenden Steuerschaden kann die Klageforderung indes schon deshalb nicht aufgefüllt werden, weil dieser etwaige Steuerschaden gegenwärtig noch nicht zu berechnen ist.

Schließlich mag es auch sein, dass dem Kläger ein Anlagegewinn aus dem entgangenen Gewinn entgangen ist. Hierauf kann er die Klageforderung jedoch deshalb nicht stützen, weil dies zum einen eine - nicht eingelegte - Anschlussberufung erfordern würde und zudem gegenüber dieser bislang noch nicht rechtshängigen Schadensposition die vom beklagten Land erhobene Einrede der Verjährung durchgreift.

G.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 und 711 ZPO.

Im Rahmen der Kostenentscheidung waren die Kosten des ersten Berufungsverfahrens nicht mehr zu berücksichtigen, weil die in diesem Rechtszug angefallenen Kosten dem beklagten Land bereits im Senatsurteil vom 16. Juli 2003 auferlegt worden sind.

Ein Anlass, zugunsten einer Partei die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 543 Abs. 2 ZPO.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 731.382,55 €.

Ende der Entscheidung

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