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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 31.10.2007
Aktenzeichen: I-18 U 51/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, OBG NW


Vorschriften:

ZPO § 520 Abs. 2
ZPO § 529
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 533
BGB § 839
OBG NW § 39
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 12. Januar 2007 verkündete Urteil der 2b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf (2b O 161/03) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der durch die Nebenintervention veranlassten Kosten trägt die Klägerin. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte beziehungsweise die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils von ihnen zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen Überschwemmungsschäden in Anspruch. Dem Klagebegehren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Auf der den Grundstücken D. 15a und 17 in R. gegenüber liegenden Straßenseite der D. verläuft der Sandbach. Im Bereich der Straßeneinmündung A. S./D. errichtete die Beklagte in den 80iger Jahren eine aus Regenrückhaltebecken und Regenüberlaufbecken bestehende Regenbehandlungsanlage. Diese Anlagen sind etwa 200 Meter von den Grundstücken D. 15a und 17 entfernt.

In dieser Anlage sammelt sich das Mischwasser von drei Hauptsammlern der städtischen Kanalisation der Beklagten. Aus diesem Kanalnetz kann in die Regenbehandlungsanlage bis zu 8.406 l Abwasser pro Sekunde fließen. Das Abwasser wird zunächst dem Regenüberlaufbecken zugeführt. Sobald dieses Becken gefüllt ist, läuft das Abwasser über den Klärüberlauf in das Regenrückhaltebecken. Über einen automatisch gesteuerten Schieber werden aus dieser Anlage bei Bedarf bis zu 1.000 l Abwasser pro Sekunde in den Sandbach eingeleitet. Wenn trotz dieser kontinuierlichen Ableitung das Regenrückhaltebecken vollständig gefüllt ist, wird über einen Katastrophenüberlauf das Abwasser ungeregelt in den Sandbach abgeleitet. Die über den Katastrophenüberlauf eingeleitete Abwassermenge ist auf 1.942 l pro Sekunde begrenzt, weil es bei einer darüber hinausgehenden Abwasserzufuhr aus dem Kanalsystem im Bereich des Klärüberlaufs des Regenüberlaufbeckens zu einem Rückstau kommt. Die Regenbehandlungsanlage ist so konzipiert, dass es im Mittel alle fünf Jahre über den Katastrophenüberlauf des Regenrückhaltebeckens zu einer unkontrollierten Abwasserableitung in den Sandbach kommt.

Im Bereich der Einleitung hat der Sandbach eine Leistungsfähigkeit von 1.823 l pro Sekunde.

Im Jahr 1998 erwarb die Klägerin die Grundstücke D. 15a und 17 in R. Das Grundstück D. 17 war zu diesem Zeitpunkte bereits mit einem Bürogebäude bebaut. In den Jahren 1999/2000 errichtete die Klägerin auf dem Grundstück D. 15a gemäß der am 8. Februar 1999 erteilten Baugenehmigung ein weiteres Bürogebäude. Dieses Bürogebäude weist ein Souterraingeschoss auf, das unterhalb des Niveaus der D. liegt. Nach Fertigstellung schloss die Klägerin mit der Firma M. M.- und M. GmbH einen bis zum 31. Mai 2005 befristeten Mietvertrag über die Räume im Souterrain ab.

In der Nacht vom 2. auf den 3. Juli 2000 ging über dem Stadtgebiet der Beklagten ein heftiger Gewitterregen nieder. Die angefallenen Niederschlagswassermengen waren so groß, dass dem Sandbach über den Katastrophenüberlauf erhebliche Wassermengen zugeführt wurden. Der Sandbach trat über die Ufer, überschwemmte die D. und überflutete auch den Lichtgraben vor den Fenstern des Souterraingeschosses des Hauses D. 15a. Die Fensterscheiben platzten und die Souterrainräume füllten sich bis zu zwei Meter mit Wasser.

Wegen dieses Überschwemmungsschadens sowie eines weiteren Überschwemmungsschadens vom 24. August 2002 hat die Klägerin die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch genommen, wobei sie der Beklagten hinsichtlich der Planung, Errichtung und des Betriebs der Regenbehandlungsanlage diverse Pflichtwidrigkeiten vorgehalten hat.

In der Berufungsbegründung beschränkt sich die Klägerin darauf, der Beklagten vorzuwerfen, sie habe es im Zuge des Baugenehmigungsverfahrens unterlassen, sie, die Klägerin, darauf hinzuweisen, dass wegen des Katastrophenüberlaufs der Regenbehandlungsanlage eine gesteigerte Gefahr bestehe, dass der Sandbach über die Ufer treten werde.

In diesem Zusammenhang hat die Klägerin behauptet:

Da es über den Katastrophenüberlauf im Mittel alle fünf Jahre zu einer ungeregelten Einleitung von Abwasser in den Sandbach komme, werde dem Sandbach über den Katastrophenüberlauf zwangsläufig auch etwa alle fünf Jahre eine Abwassermenge zugeführt, die dieser nicht aufnehmen könne ohne über die Ufer zu treten.

Ohne die Einleitung des über den Katastrophenüberlauf abgeflossenen Wassers wäre der Sandbach in der Nacht vom 2. auf den 3. Juli 2000 nicht über die Ufer getreten.

Infolge der Überschwemmung vom 2./3. Juli 2000 seien ihr die in der Klageschrift (Bl. 7 ff GA), im Schriftsatz vom 22. Dezember 2003 (Bl. 184 ff GA) sowie im Schriftsatz vom 29. Juni 2004 (Bl. 217 ff GA) dargestellten Schäden entstanden.

Hätte die Beklagte sie, die Klägerin, auf die Überschwemmungsgefahr hingewiesen, hätte sie bauliche Maßnahmen ergriffen, welche die eingetretenen Überschwemmungsschäden vermieden hätten oder sie hätte auf die Errichtung von Souterrainräumen verzichtet.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin 235.733,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. August 2003 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, sie, die Klägerin, hinsichtlich folgender Verbindlichkeiten freizustellen:

a) in Höhe von 10.548,23 DM aus der Schlussrechnung der Firma R. S. GmbH vom 9. April 2002,

b) in Höhe von 361,92 DM aus der Rechnung der Firma K. L. vom 16. Oktober 2000,

c) in Höhe von 5.452,- DM aus der Rechnung der Firma K- und N. AG vom 20. September 2002;

3. die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin, weitere 88.215,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. August 2003 zu zahlen;

4. festzustellen, dass die beklagte Stadt verpflichtet ist, ihr, der Klägerin, den Schaden zu ersetzen, der auf die Überschwemmungen vom 2./3.

Juli 2000 und vom 24. August 2002 zurückgeht und in der Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 31. Mai 2005 dadurch entstehen könnte, dass die Erdgeschoss- und Souterraingeschossräume des Hauses D. 15a in R. nicht, nicht vollständig bzw. nicht zu dem Mietzins vermietet werden können, den die Firma M. zahlen musste.

Die Beklagte und ihre Streithelferin haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet:

Bei dem Gewitterregen vom 2./3. Juli 2000 habe es sich um einen sogenannten "Katastrophenregen" gehandelt; die statistische Wiederkehrhäufigkeit eines derart starken Regens liege zwischen 35 und 100 Jahren. Schon allein die in dieser Nacht niedergegangenen Regenwassermengen hätten ausgereicht, um den Sandbach über die Ufer treten zu lassen und die Souterrainräume des Hauses D. 15a zu überfluten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Eine Verpflichtung der Beklagten, im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens darauf hinzuweisen, dass der Sandbach bei einem Katastrophenregen über die Ufer treten und das Grundstück der Klägerin überschwemmen könne, habe nicht bestanden. Soweit die Klägerin auf die allgemeine Amtspflicht abstelle, wonach ein Beamter auf ihm bekannte Gefahren hinweisen müsse, sobald für ihn erkennbar werde, dass einem Bürger ein konkreter Schaden drohe, sei die Klage auch unter diesem Gesichtspunkt nicht begründet, weil im vorliegenden Fall für die Baubehörde keine konkret erkennbare Überschwemmungsgefahr bestanden habe. Außerdem habe eine dahingehende Hinweispflicht auch deshalb nicht bestanden, weil aufgrund der unmittelbaren Nähe des Sandbachs und der Regenwasserbehandlungsanlage sowohl für die Klägerin als auch für ihren Architekten offensichtlich gewesen sei, dass vom Sandbach eine Überschwemmungsgefahr für die Grundstücke der Klägerin ausgehe.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie lediglich ihren Schaden aus der Überschwemmung vom 2./3. Juli 2000 weiterverfolgt.

In der Berufungsbegründung hat die Klägerin ausgeführt:

Entgegen der Auffassung des Landgerichts habe die Beklagte im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens ihre Hinweispflichten verletzt. Denn die Regenbehandlungsanlage stelle für die Umgebung eine besondere Gefahr dar, auf die die Beklagte hätte hinweisen müssen.

In diesem Zusammenhang behauptet die Klägerin:

Sobald dem Sandbach über den Katastrophenüberlauf der Anlage ungeregelt Abwasser zugeführt werde, müsse er zwangsläufig über die Ufer treten. Da im statistischen Mittel alle fünf Jahre Abwasser ungeregelt in den Sandbach abgeleitet werde, trete der Sandbach somit auch im statistischen Mittel alle fünf Jahre über die Ufer.

Hätte die Beklagte sie, die Klägerin, auf eine etwa alle fünf Jahre drohende Überschwemmung hingewiesen, hätte sie das Bürogebäude auf den D. 15a überflutungssicher errichtet, so dass die durch die Überflutung vom 2./3. Juli 2000 entstandenen Schäden vermieden worden wären.

Diese Hinweispflicht sei auch entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht entfallen, denn weder sie noch der von ihr beauftragte Architekt hätten davon ausgehen müssen, dass die Regenbehandlungsanlage einen Katastrophenüberlauf habe, über den durchschnittlich alle fünf Jahre dem Sandbach planmäßig so viel Wasser zugeführt werde, dass er über die Ufer treten müsse.

Mit Schriftsatz vom 20. September 2007 hat die Klägerin ausgeführt:

Das landgerichtliche Urteil beruhe auf unrichtig festgestellten Tatsachen. Denn das Regenereignis vom 2./.3 Juli 2000 sei kein Katastrophenregen mit einer Wiederkehrhäufigkeit von 35 Jahren gewesen; zumindest habe die Beklagte nicht bewiesen, dass die Niederschläge in der Nacht vom 2. auf den 3. Juli 2000 diese Intensität gehabt hätten; außerdem sei es selbst bei dieser Wiederkehrhäufigkeit rechtlich fehlerhaft, das Regenereignis als höhere Gewalt einzustufen.

Die Beklagte könne sich auch deshalb nicht auf höhere Gewalt berufen, weil sie nicht dargetan habe, dass sie alle technischen und mit wirtschaftlichem Aufwand realisierbaren Maßnahmen ergriffen habe, um das Grundstück der Klägerin vor Überschwemmung zu schützen.

Schließlich belege der Umstand, dass die Beklagte mittlerweile zur Entlastung des Sandbachs die Errichtung eines weiteren Regenrückhaltebeckens in der Nähe der Eissporthalle sowie den Bau eines Entlastungskanals zum Schwarzbach plane, dass es der Beklagten wirtschaftlich zumutbar gewesen wäre, zu verhindern, dass der Sandbach bei starken Regenfällen über die die Ufer trete.

Das Landgericht habe ferner übersehen, dass im Mittel alle fünf Jahre Regenwasser aus dem Überlauf der Regenbehandlungsanlage in den Sandbach abgeleitet werde; deswegen hätte das Landgericht prüfen müssen, ob daher nicht auch statistisch alle fünf Jahre die Souterrainräume überflutet werden.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin 151.245,77 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. August 2003 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, sie, die Klägerin, hinsichtlich folgender Verbindlichkeiten freizustellen:

a) in Höhe von 10.548,23 DM aus der Schlussrechnung der Firma R. S. GmbH vom 9. April 2002,

b) in Höhe von 361,92 DM aus der Rechnung der Firma K. L. vom 16. Oktober 2000,

Die Beklagte und ihre Streithelferin beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie machen sich die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils zu eigen, wonach die Beklagte auf drohende Überschwemmungen bei Katastrophenregen mit einer Wiederkehrhäufigkeit von 100 Jahren nicht habe hinweisen müssen.

Entgegen der Behauptung der Klägerin führe nicht jede Abwassereinleitung über den Katastrophenüberlauf der Regenbehandlungsanlage dazu, dass der Sandbach über die Ufer trete.

Schließlich habe die Klägerin eine anderweitige Ersatzmöglichkeit, weil sie ihren Architekten auf Schadensersatz in Anspruch nehmen könne.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt in der Sache ohne Erfolg.

A.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, soweit sie die Schadensersatzansprüche aus dem Überschwemmungsereignis vom 2./3. Juli 2000 daraus herleitet, dass die Beklagte im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens ihre Hinweispflicht verletzt habe. Demgegenüber die ist Berufung unzulässig, soweit sie diese Schadensersatzansprüche im Schriftsatz vom 20. September 2007 auf andere Amtspflichtverletzungen einschließlich etwaiger Entschädigungsansprüche aus enteignungsgleichem oder enteignendem Eingriff stützen will. In diesem Zusammenhang ist folgendes auszuführen:

Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2006, Az.: III ZR 144/05) stellt jede Amtspflichtverletzung, aus der ein Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch hergeleitet wird, einen gesonderten Streitgegenstand (Klagegrund) dar. Indem die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung gegen das landgerichtliche Urteil nur insoweit qualifizierte Berufungsgründe im Sinne des § 520 Abs. 2 ZPO angeführt hat, soweit das Landgericht eine Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen Verletzung der Aufklärungspflicht verneint hat, hat die Klägerin hierdurch ihre Berufung daher auf diese Amtspflichtverletzungen beschränkt.

Damit ist indes das landgerichtliche Urteil nicht rechtskräftig geworden, soweit das Landgericht die auf die weiteren Klagegründe gestützte Klage abgewiesen hat, denn dem steht entgegen, dass die Klägerin gegen dieses Urteil insgesamt Berufung eingelegt hat.

Erst mit Schriftsatz vom 20. September 2007 hat die Klägerin dann ihren Klageanspruch auch wieder auf die übrigen Klagegründe gestützt, die bereits Streitgegenstand in erster Instanz gewesen sind. Weil diese Klagegründe hierdurch erneut zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht werden sollten, handelt es sich insoweit um eine Klageänderung im Berufungsrechtszug (vgl. BGH NJW 1992, 2226 sowie BGH WM 1988, 1465), deren Zulässigkeit sich nach §§ 533, 529 ZPO richtet. Diese Berufungserweiterung ist gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO unzulässig, weil diese erneut in den Prozess eingeführten Klagegründe auf andere Tatsachen gestützt sind als die Klagegründe des Berufungsverfahrens, die auf die Verletzung der Auskunftspflichten im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens gestützt sind; diese anderen Tatsachen hat der Senat mithin seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung nicht ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen (§ 533 Nr. 2 ZPO).

B.

Damit ist im Berufungsverfahren nur noch zu prüfen, ob der Klägerin der geltend gemachte Schadensersatzanspruch zusteht, weil die Beklagte es im Baugenehmigungsverfahren unterlassen hat, die Klägerin auf die Gefahr einer Überschwemmung hinzuweisen, die eintritt, wenn dem Sandbach über den ungeregelten Katastrophenüberlauf der Regenbehandlungsanlage so viel Abwasser zugeführt wird, dass er über die Ufer tritt.

Eine auf eine Verletzung etwaiger Hinweispflichten gestützter Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch der Klägerin scheitert im vorliegenden Fall jedoch daran, dass die Klägerin den Ursachenzusammenhang zwischen dem unterlassenen Hinweis und dem eingetretenen Schaden nicht nachzuweisen vermag.

Besteht die Amtspflichtverletzung in einem Unterlassen, dann kann ein Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden nur bejaht werden, wenn der Schadenseintritt bei pflichtgemäßem Handeln mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden wäre; eine bloße Wahrscheinlichkeit genügt nicht (st. Rspr. des BGH, vgl. BGH VersR 19994, 935 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall lässt sich nicht feststellen, wie die Klägerin auf einen entsprechenden Hinweis reagiert hätte. An sich hätte die Klägerin allein schon aufgrund der räumlichen Nähe ihres Grundstücks zum Sandbach hinreichend Anlass gehabt, ihr Bauvorhaben vor Schäden zu schützen, die entstehen, wenn der Sandbach über die Ufer tritt, denn es ist eine Binsenweisheit, dass jedes fließende Gewässer zwangsläufig über die Ufer treten muss, wenn es in kurzer Zeit hinreichend große Wassermengen aufnehmen muss. Die Klägerin behauptet jedoch nicht einmal, sich darüber informiert zu haben, wie häufig der Sandbach in der Vergangenheit die D. überflutet hat. Dies spricht indiziell dafür, dass sie auch bei einem erfolgten Hinweis auf diese Überschwemmungsgefahr keine Schutzvorkehrungen getroffen hätte.

Denkbar ist auch, dass dieser Hinweis sie veranlasst hätte, auf die Herstellung von Souterrainräumen zu verzichten, wie sie im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 13. Dezember 2006 (Bl. 406 GA) behauptet hat. Unterstellt man diese Reaktion der Klägerin, ist der ihr hieraus entstandene Schaden nicht substantiiert dargelegt. Die Klägerin müsste dann darlegen, dass sie wirtschaftlich besser dastünde, wenn sie auf die Errichtung der Souterrainwohnungen verzichtet hätte. Dies wiederum wäre nur dann der Fall, wenn die Mehrkosten für die Errichtung der Souterrainräume und der eingetretene Sachschaden am Gebäude höher sind als die mit den Souterrainräumen erzielten Mieteinnahmen. Eine dahingehende Schadensspezifikation hat die Klägerin nicht vorgetragen.

Möglich ist schließlich, dass die Klägerin den Hinweis zum Anlass genommen hätte, durch bauliche Maßnahmen das Kellergeschoss des Bürohauses vor Überschwemmung zu schützen. Die Klägerin hat indes nicht einmal vorgetragen, welche konkreten baulichen Maßnahmen sie durchgeführt hätte, so dass sich anhand ihres Vorbringens nicht prüfen lässt, ob diese Schutzmaßnahmen in der Nacht vom 2. auf den 3. Juli 2000 tatsächlich eine Überflutung der Souterrainwohnung verhindert hätten.

Mithin ist ihre pauschale Behauptung, sie hätte sich durch bauliche Maßnahmen gegen Überschwemmungen geschützt, so dass die Souterrainräume ihres Hauses in der Nacht vom 2. auf den 3. Juli 2000 nicht überflutet worden wären, unsubstantiiert.

C.

Lediglich ergänzend ist in diesem Zusammenhang auszuführen, dass ein dahingehender Schadensersatzanspruch aber auch daran scheitert, dass eine Verpflichtung der Beklagten gegenüber der Klägerin, auf einen drohenden Überschwemmungsschaden hinzuweisen, nicht bestand.

I.

In ihrem Bebauungsplan musste die Beklagte auf die vom Katastrophenüberlauf der Regenbehandlungsanlage ausgehende Überschwemmungsgefahr nicht hinweisen.

Nach gefestigter Rechtsprechung des BGH hat eine Gemeinde bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die Amtspflicht, Gefahren für die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung zu vermeiden. Da die Überflutung von Kellergeschossen von Gebäuden die Gefahr des Ertrinkens für sich dort aufhaltende Menschen birgt, könnte man zwar der Auffassung sein, dass eine Hinweispflicht bestehen könnte. Jedoch fallen nach ständiger Rechtsprechung des BGH nur solche Gefahren in den Schutzbereich dieser Amtspflicht, die der Bauherr nicht selbst vorhersehen und beherrschen kann.

Im vorliegenden Fall musste allein schon aufgrund der Tatsache, dass das Baugrundstück - nur durch eine Straße getrennt - gegenüber dem Sandbach gelegen ist, sowohl der Klägerin als auch ihrem Architekten klar sein, dass das Souterrain des geplanten Bürogebäudes überflutet wird, falls der Sandbach über die Ufer tritt. Ebenso musste beiden klar sein, dass die Regenbehandlungsanlage Abwasser in den Sandbach ableitet. Bei dieser Sachlage wäre es daher Aufgabe des Architekten gewesen, hinsichtlich des vom Sandbach und der Regenbehandlungsanlage ausgehenden Überschwemmungsrisikos abzuklären, ob - und gegebenenfalls welche - Schutzmaßnahmen vor Überschwemmungen getroffen werden müssen. Insoweit gab der Baugrund - für den Architekten erkennbar - hinreichend Anlass, einen Sonderfachmann zur Abklärung dieses Risikos und der notwendigen Präventionsmaßnahmen hinzuzuziehen. Mithin fällt das hier in Rede stehende Überschwemmungsrisiko nicht in den Schutzbereich der eingangs dargestellten Amtspflicht im Rahmen der Aufstellung von Bebauungsplänen.

Darüber hinaus geht die Überschwemmungsgefahr auch nicht von der Beschaffenheit des Grund und Bodens der Klägerin aus, sondern vielmehr von der Beschaffenheit und Nutzung des benachbarten Grundstücks. Bei derartigen Fallkonstellationen beseht nach ständiger Rechtsprechung des BGH nur dann eine Hinweispflicht, wenn die konkrete Gefahrenlage nicht mit planerischen Mitteln gelöst werden kann. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, weil der Konflikt zwischen Gebäudenutzung und der von einem benachbarten Gewässer ausgehenden Überschwemmungsgefahr mit planerischen Mitteln bewältigt werden kann (vgl. BGHZ 140, 380).

Schließlich scheitert ein hierauf gestützter Anspruch aus § 839 BGB auch daran, dass die Klägerin gegenüber ihrem Architekten ein anderweitiger Ersatzanspruch zusteht, weil ihr Architekt ihr wegen aller aus dem Planungsfehler entstehenden Schäden schadensersatzpflichtig ist.

II.

Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens war die Beklagte ebenfalls nicht verpflichtet, die Klägerin auf die vom Sandbach und der Regenbehandlungsanlage ausgehende Überschwemmungsgefahr hinzuweisen, selbst wenn die Baugenehmigung für das Souterraingeschoss rechtswidrig sein sollte, so dass die Frage, ob die Baugenehmigung tatsächlich rechtswidrig ist, dahinstehen kann.. Bei der Amtshaftung für rechtswidrig erteilte Baugenehmigungen handelt es sich rechtsdogmatisch um eine Vertrauenshaftung. Durch Erteilung der Baugenehmigung setzt die Gemeinde einen Vertrauenstatbestand dahin, dass der der Baugenehmigung entsprechenden Durchführung des Bauvorhabens öffentlich-rechtliche Hindernisse nicht entgegen stehen, so dass der Bauherr entsprechend disponieren kann (BGHZ 105; 52; BGH NVwZ-RR 1997, 675). Aus dem Vertrauenstatbestand, der die haftungsbegründende Drittbezogenheit der Amtspflicht prägt, ergibt sich andererseits zugleich auch der Maßstab für die Begrenzung der Haftung im Rahmen der Amtshaftung. Der Schutzzweck der Amtspflicht reicht nur soweit, wie der Betroffene tatsächlich vertraut hat (BGHZ 134, 268).

Hinsichtlich der hier in Rede stehenden vom Sandbach ausgehenden Überschwemmungsgefahr vermag die der Klägerin erteilte Baugenehmigung schon objektiv keinen Vertrauenstatbestand dahin zu begründen, dass Schutzmaßnahmen des Kellergeschosses gegen von außen eindringendes Wasser nicht erforderlich sind, weil die Beklagte im Zuge des Baugenehmigungsverfahrens diese Frage nicht zu prüfen hatte.

Im Rahmen der Erteilung der Baugenehmigung hatte die Beklagte jedoch zu prüfen, ob durch die Errichtung des Souterraingeschosses die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet wird. Diese Prüfungspflicht obliegt dem Bauamt jedoch in erster Linie zum Schutz der Allgemeinheit. Drittschützende Wirkung zugunsten des Bauherren kommt dieser Prüfverpflichtung nur insoweit zu, wie es um die Gefahr geht, einen vorschriftswidrigen Bau zu errichten, der keinen Bestand haben kann und unter Umständen wieder abgerissen werden muss (BGHZ 109, 380). Somit gilt insoweit hinsichtlich des Drittschutzes nichts anderes als für den Schutzbereich der Amtspflichten bei der Bauleitplanung (BGHZ 106, 323; BGHZ 123, 19; BGHZ 142, 259).

Da das Baugenehmigungsverfahren nicht den Schutzzweck hat, dem Bauherrn die Verantwortung für die einwandfreie Durchführung und Durchführbarkeit seines Bauvorhabens abzunehmen, soll auch die Baugenehmigung nicht vor solchen Risiken schützen, die für den Bauherrn vorhersehbar und beherrschbar sind daher zu den Risiken gehören, die jeder Eigentümer grundsätzlich selbst zu tragen hat (BGH VersR 1992, 1358).

Im Übrigen gilt auch hier, dass einem Anspruch aus § 839 BGB der anderweitige Ersatzanspruch gegenüber dem Architekten entgegensteht.

Auch aus § 39 OBG NW lässt sich im vorliegenden Fall keine weitergehende Haftung der Beklagten herleiten (BGHZ 109, 380; BGHZ 123, 191; BGHZ 142, 259). Denn auch nach dieser Bestimmung besteht nur dann ein Entschädigungsanspruch, wenn eine Norm des Baurechts verletzt worden ist, die nicht nur öffentliche Interessen, sondern zumindest auch Individualinteressen des Bauherrn schützt. Denn der Normzweck des § 39 OBG NW besteht nicht darin, den Ordnungsbehörden eine Gefährdungshaftung für jedwede Rechtsverletzung aufzuerlegen.

III.

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH obliegt jedem Beamten die allgemeine Amtspflicht, einen Bürger nicht sehenden Auges in ein Unglück gehen zu lassen, wenn er ihn mit einem kurzen Hinweis oder einer bloßen Belehrung vor Schaden bewahren kann (vgl. BGH NJW 1985, 1335; NVwZ 1996, 512; BGHZ 142, 259). Diese Amtspflicht wurzelt in der allgemeinen Pflicht der Verwaltung, dem Wohle des Bürgers zu dienen.

Dass die Beklagte aus diesem Gesichtspunkt verpflichtet gewesen wäre, sie auf die Überschwemmungsgefahr aufmerksam zu machen, hat die Klägerin nicht schlüssig dargetan.

Ob und wann der Sandbach im Bereich der D. über die Ufer tritt, hängt davon ab, im welchen Umfang der Ausbauzustand des Sandbachs in diesem Abschnitt des Gewässers vor Hochwasser schützt. Für den Hochwasserschutz durch Gewässerausbau und Gewässerunterhaltung ist jedoch nicht die Beklagte zuständig. Die Behörde, die für den Hochwasserschutz zu sorgen hat, muss hierbei auch berücksichtigen, dass dem Sandbach über die Regenbehandlungsanlage insbesondere zu Zeiten starken Niederschlags Abwasser zugeführt wird. Diese Überlegungen zeigen, dass die Bediensteten des Bauordnungsamts der Beklagten wohl kaum beurteilen konnten, ob der Ausbau- und Unterhaltungszustand des Sandbachs entlang der D. bei Hochwasser einen hinreichenden Schutz vor Überschwemmungen bietet.

Die Behauptung der Klägerin, der Sandbach trete nur, aber immer über die Ufer, wenn ihm Wasser über den Katastrophenüberlauf zugeführt wird, beruht auf einem falschen Verständnis der Zusammenhänge.

Der Sandbach tritt im Bereich der D. über die Ufer, wenn es zu einem Rückstau kommt, der sich bis zur D. aufbaut. Ein Rückstau bildet sich, wenn dem Bach größere Wassermengen zugeführt werden als er maximal weitertransportieren kann. Hierbei macht es keinen Unterschied, aus welchen Quellen sich diese kritische Wassermenge zusammensetzt. Führt beispielsweise der Sandbach auch ohne eine Abwassereinleitung aus der Regenbehandlungsanlage Hochwasser, kann es daher schon dann zu einem Rückstau und damit zu einer Überschwemmung kommen, wenn ihm aus der Anlage nur die kontrollierte Abwassermenge von 1.000 l pro Sekunde zugeführt wird.

Ebenso wenig trifft es zu, dass dem Sandbach über den Katastrophenüberlauf immer eine Wassermenge zugeführt wird, die zu einem Rückstau und damit zu einer Überschwemmung der D. führt. Werden beispielsweise nach Füllung der Becken über die Kanalisation der Anlage 1.010 l pro Sekunde zugeführt, werden 1.000 l über den geöffneten Schieber in den Sandbach geleitet, so dass dem Sandbach über den Katastrophenüberlauf lediglich weitere 10 l pro Sekunde zugeführt werden. Da der Sandbach im Bereich der Einleitung eine Leistungsfähigkeit von 1.823 l pro Sekunde hat, muss diese Wassermenge von 1.010 l pro Sekunde keinesfalls zwangsläufig bewirken, dass der Sandbach über die Ufer tritt.

Diese Überlegungen verdeutlichen, dass die Ausgangshypothese der Klägerin nicht zutrifft, wonach aus der Wiederkehrhäufigkeit einer Abwasserzufuhr über den Kata- strophenüberlauf abgeleitet werden kann, wie häufig der Sandbach im Bereich der D. über die Ufer tritt. Folglich mussten die Beamten des Bauamts selbst dann nicht davon ausgehen, der Klägerin werde häufig ein Überschwemmungsschaden drohen, wenn man mit der Klägerin davon ausgeht, dass die Beamten wussten, wie häufig Abwasser über den Katastrophenüberlauf in den Sandbach eingeleitet wird.

IV.

Schließlich hat das Landgericht zu Recht eine Hinweispflicht unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflicht für die Regenbehandlungsanlage verneint.

Zwar ist der Betreiber einer Regenbehandlungsanlage für diese Anlage verkehrssicherungspflichtig. Im Rahmen dieser Verkehrssicherungspflicht ist die Gemeinde unter anderem auch gehalten, Wohngrundstücke im Rahmen des Zumutbaren vor den Gefahren zu schützen, die durch Überschwemmungen auftreten.

Aus der Verkehrssicherung entsteht jedoch, wie das OLG Karlsruhe (OLGR Karlsruhe 2001, 22) zutreffend ausgeführt hat, nur dann eine Hinweispflicht, wenn die Überschwemmungsgefahr und eine dadurch bedingte Schadensmöglichkeit für die Bediensteten erkennbar und bei sachkundiger Beurteilung auch nicht etwa als entfernt liegend einzuschätzen gewesen ist. Dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall gegeben waren, hat die Klägerin nicht schlüssig dargetan.

Dass der Sandbach wie jedes fließende Gewässer über die Ufer treten kann, ist eine Binsenweisheit, so dass es insoweit an einer Belehrungsbedürftigkeit der Klägerin gefehlt hat. Demgemäss kann sich die Hinweispflicht nur darauf beziehen, dass dem Sandbach über die Regenbehandlungsanlage Abwasser zugeführt wird, was potentiell die Gefahr steigert, dass der Sandbach im Bereich der D. über die Ufer treten kann. Ob sich aus dieser von der Anlage ausgehenden abstrakten Gefahrerhöhung für den Eintritt einer Überschwemmung auch eine konkret nicht fern liegende Überschwemmungsgefahr ergibt, hängt davon ab, wie effektiv der Gewässerausbauzustand und der Gewässerunterhaltungszustand auch unter Einbeziehung der über die Anlage eingeleiteten Abwässer davor schützt, dass der Sandbach über die Ufer tritt. Dies konnten die Bediensten der Beklagten jedoch nicht beurteilen, weil die Beklagte für die Unterhaltung und den Ausbau des Sandbachs nicht zuständig ist, so dass für die Bediensteten der Beklagten im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens nicht erkennbar war, ob dem Grundstück der Klägerin aus dem Betrieb der Regenbehandlungsanlage eine gesteigerte Überschwemmungsgefahr drohte, die über die ohne weiteres erkennbare Überschwemmungsgefahr hinausgeht, die mit der Nähe des Grundstücks zum Bach ohnehin zwangsläufig gegeben war.

D.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 101, 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Ein Anlass, zugunsten der Klägerin die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 543 Abs. 2 ZPO.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 156.824,04 €.

Ende der Entscheidung

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