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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 31.01.2008
Aktenzeichen: I-20 U 127/07
Rechtsgebiete: ZPO, UWG


Vorschriften:

ZPO § 529
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
UWG § 3
UWG § 5
UWG § 8 Abs. 1
UWG § 8 Abs. 3 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 15. Juni 2007 verkündete Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, eine Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 € abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

A)

Hinsichtlich des Sachverhaltes wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Der klagende Verband begehrt mit dem vorliegenden Rechtsstreit von der Beklagten, einer in den Niederlanden ansässigen Herstellerin sogenannter Nahrungsergänzungsmittel, welche von der Beklagten unter anderem in erheblichem Umfang über Werbesendungen des Senders Q. vertrieben werden, die Unterlassung von Werbeaussagen, die in einer Sendung am 30.06.2006 getroffen wurden.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für Produkte der Firma "N. V." wie folgt zu werben: 1. für das Produkt "V. N.": "Jetzt gibt es aber bestimmte Substanzen, und genau die sind drin in "V. N.", die halt eben die Venen und damit die Beine grundsätzlich positiv unterstützen können. Und das ist der Grund, warum dieses Produkt auch so beliebt ist, denn es funktioniert. Wir haben hier wirklich ganz spannende Substanzen, die zum Beispiel auch die Fließgeschwindigkeit des Blutes positiv unterstützen.", 2. für das Produkt "W.-Aktiv": "Ich bin ja gut drei Jahre Kunde schon da, und ich hab ja auch von die Wechseljahre diese Sachen genommen auch. Und ich muss sagen, hab ich Žnen sehr großen Erfolg gehabt, dass ich sie absetzen konnte."-"Ah, W.-Aktiv!" ... "Brauch ich jetzt nicht mehr. Es ist weg. Ich hab die fliegende Hitze ganz weg durch diese Produkte gekriegt. ... Nichts mehr davon.", sofern dies geschieht, wie in der Aussendung vom 30. Juli 2006 (Anlage K2).

Ferner hat es die Beklagte zur Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 162,40 € nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit verurteilt.

Gegen diese Verurteilung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründete Berufung der Beklagten.

Die Beklagte macht - wie bereits in erster Instanz - in erster Linie geltend, der Kläger sei nicht klagebefugt. Es handele sich beim Kläger um eine Weisungen unterliegende "Abteilung" der Kanzlei der klägerischen Prozessbevollmächtigten. Bereits die Gründung des Klägers habe Rechtsanwalt B. gesteuert; der erste Vorsitzende sei dessen persönlicher Freund gewesen und habe "nur sein Geld und seinen guten Ruf als bekannter Kaufmann" eingebracht. Der jetzige erste Vorsitzende sei vollkommen entmachtet, die allein von Rechtsanwalt B. abhängige Geschäftsführerin handele allein nach dessen Weisungen. Der Kläger habe sich zur Protokollierung der Mitschnitte der Werbesendungen einer Mitarbeiterin der Kanzlei seiner Prozessbevollmächtigten bedient, die allein deren Weisungen unterstanden habe. Rechtsanwalt B. gebe den Mitarbeitern des Klägers laufend vor, was diese zu tun hätten. Er bemühe sich auch selber um die Werbung neuer Mitglieder. Der Kläger lasse sich Vollstreckungshandlungen und Aufbrauchfristen abkaufen. Mehreren Wettbewerbern sei eine Mitgliedschaft angedient worden mit der Aussage, diese hätten dann nicht mehr wie bisher mit Abmahnungen zu rechnen. Der Kläger verbreite Angst.

Ferner macht der Beklagte unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Sachvortrages geltend, die Aussagen bezüglich des Produktes V. N. seien nicht produkt- sondern auf die Inhaltsstoffe bezogen gewesen; für diese träfen die Aussagen zu. Dies sei einem durchschnittlich informierten und situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbraucher auch klar gewesen. Hinsichtlich des Produktes "W. Aktiv" sei keine heilende Wirkung behauptet worden. Die Beklagte sei auch für die Aussagen in den Liveanrufen nicht verantwortlich zu machen.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 15.06.2007 die Klage abzuweisen;

hilfsweise,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 15.06.2007 die Sache zur Neuverhandlung an das Landgericht zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger wiederholt ebenfalls sein erstinstanzliches Vorbringen.

B)

Die zulässige Berufung ist unbegründet, denn weder beruht die angefochtene Entscheidung auf Rechtsfehlern, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht der Klage stattgegeben.

Die Klage ist zulässig.

Der Kläger ist nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt. Die von der Beklagten, ihrer Schwesterfirma N. V. GmbH und ihrem Geschäftsführer in einer Vielzahl von Verfahren stets wiederholten Argumente hat der Senat bereits im Urteil vom 27. März 2007 (I-20 U 118/06) umfassend geprüft und beschieden.

Der Senat hat seinerzeit ausgeführt:

"Zu Recht hat das Landgericht die Klagebefugnis des Klägers gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG bejaht. Für diese Klagebefugnis gilt zugunsten des Klägers eine Vermutung, die der Beklagte als angegriffener Verletzer widerlegen muss (BGH WRP 1997, 439 - Geburtstagswerbung II; OLG Hamm, Urteil vom 24. Oktober 2006 - 4 U 8/06 im von den Parteien eingehend erörterten Parallelverfahren). Bei einem ordnungsgemäß gegründeten und aktiv tätigen Verband spricht eine tatsächliche Vermutung für die tatsächliche Zweckverfolgung, die der Gegner zu widerlegen hat (BGH GRUR 2000, 1093 - Fachverband, m. w. Nachw.; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl. 2007, § 8 Rn. 3.49). Eine derartige Vermutung kommt bei einem ordnungsgemäß errichteten und aktiv tätigen Verband vor allem dann in Betracht, wenn er jahrelang unbeanstandet als klagebefugt angesehen worden ist (BGH GRUR 1994, 831 - Verbandsausstattung II). Das trifft auf den Kläger zu, der seit Jahrzehnten auf Gebiet des Wettbewerbsrechts satzungsgemäß tätig ist, wie dem Senat aus seiner eigenen Erfahrung bekannt ist. Auch der Bundesgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung die Klagebefugnis des Klägers ausdrücklich bejaht und angenommen, dass er nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sei, seine satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen. (z. B. WRP 2004, 1024 - Sportlernahrung II; ZLR 2002, 660 = MD [vom Kläger herausgegeben] 2002, 817 - Sportlernahrung I).

Die dadurch begründete Vermutung zugunsten der Klagebefugnis des Klägers ist im vorliegenden Verfahren nicht widerlegt. Der Senat schließt sich der Entscheidung des OLG Hamm in dem insoweit gleich gelagerten Rechtsstreit an, den die Parteien hinsichtlich der Klagebefugnis mit weitgehend identischem Sachvortrag geführt haben und auf den sich gerade der Beklagte umfangreich bezogen hat (Urteil vom 24. Oktober 2006 - 4 U 8/06). Das dort ergangene Urteil ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gewesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die dortigen Ausführungen Bezug. Das OLG Hamm hat nach Beweisaufnahme und insbesondere Vernehmung der Zeugin L., der Geschäftsführerin des Klägers, die der Beklagte auch im vorliegenden Verfahren als Zeugin benannt hat, entschieden. Das Ergebnis der Beweisaufnahme ergibt sich aus dem Berichterstattervermerk vom 25. Oktober 2006, der ebenfalls Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gewesen ist. Dem ist der Beklagte im vorliegenden Verfahren ebenso wenig im einzelnen entgegengetreten wie den im anschließenden Urteil hieraus gezogenen Folgerungen. Lediglich ergänzend und mit Blick auf die im hiesigen Berufungsverfahren erhobenen Angriffe gegen das landgerichtliche Urteil sind die folgenden Bemerkungen veranlasst.

Nach der Aussage der Zeugin L. kann keine Rede davon sein, dass die Prozessbevollmächtigten des Klägers bei ihm im Rahmen der Abmahntätigkeit eine beherrschende Stellung einnähmen. Die Zeugin hat vielmehr die eigenverantwortliche Prüfung von Beschwerden durch den Kläger im einzelnen anschaulich dargelegt. Danach prüft die Geschäftsführerin die beim Kläger eingehenden Beschwerden zunächst selbst. Nur in 20 % der Fälle, die rechtlich schwierige Konstellationen betreffen, werden die Rechtsanwälte des Klägers eingeschaltet. Letztlich, so die Geschäftsführerin weiter, entscheide sie selbst, ob abgemahnt werde oder nicht. Eine derartige Handhabung lässt keine Anhaltspunkte für eine unselbständige Stellung des Klägers und eine den Kläger tatsächlich beherrschende Position der Rechtsanwälte erkennen. Letztere sind keineswegs unterschiedslos und generell in jedem Fall in die Abmahntätigkeit des Klägers fest eingebunden.

Auch Folgerungen aus der Art der Anfertigung der Mitschriften zu den Fernsehwerbesendungen, wie sie die Berufung zieht, sind nicht gerechtfertigt. Es ist unerheblich, wer der Schreibkraft im einzelnen die Weisungen erteilte, ob und wie die Videobänder abzuschreiben waren (OLG Hamm a.a.O.). Auch eine gewisse Beteiligung der Rechtsanwälte hierbei ändert nichts daran, dass nach der Aussage der Zeugin L. letztlich sie die maßgeblichen Entscheidungen über das weitere Vorgehen traf. Im Übrigen war beim Anfertigen der Abschriften zwar eine Mitarbeiterin der Prozessbevollmächtigten des Klägers beteiligt. Das betraf aber, wie die Geschäftsführerin des Klägers eingehend und vom Beklagten unwidersprochen geschildert hat, lediglich einen Sonderfall und stellt nicht die generelle Vorgehensweise dar. Der Kläger war im Fall der Werbeverkaufssendungen nämlich von einem Beschwerdeführer mit Videokassetten und anschließenden Anfragen nach einer Prüfung geradezu überhäuft worden. Erst nachdem sich der Beschwerdeführer unmittelbar an die Rechtsanwälte gewandt hatte, boten diese wegen der Kapazitätsengpässe beim Kläger eine Mithilfe ihrer Mitarbeiterin an, die dann die Abschriften erstellte und nach Stundenzetteln vom Kläger bezahlt wurde. Weder spricht diese Handhabung für eine Beherrschung des Klägers durch die Rechtsanwälte noch hat sie überhaupt über den Einzelfall hinaus eine erkennbare Bedeutung erlangt.

Der Umstand, dass der Kläger sich bei der Einforderung verwirkter Vertragsstrafen regelmäßig seiner Rechtsanwälte bedient, führt für sich genommen und angesichts der jedenfalls im Übrigen eigenständigen Tätigkeit des Klägers gleichfalls nicht zu der Beurteilung, er werde von den Rechtsanwälten beherrscht. Eine Art "Monopolstellung" der Rechtsanwälte des Klägers bei der Einziehung der Vertragsstrafen hat die Geschäftsführerin des Klägers bei ihrer Vernehmung nicht bestätigt. Vielmehr hat sie auch insoweit bekundet, dass die Entscheidungsbefugnis letztendlich allein bei ihr als Geschäftsführerin und damit beim Kläger liege (OLG Hamm a.a.O.). Dasselbe gilt für die Geltendmachung von Auskunftsansprüchen oder die Erstellung der Zeitschrift "M." (MD), zu der der Beklagte ohne erkennbaren Anhaltspunkt und ohne Nennung näherer Einzelheiten eine "Hilfe und Regie" der Rechtsanwälte des Klägers behauptet. Nach den Ausführungen der Zeugin L. sind auch keine Zweifel daran ersichtlich, dass der Kläger in der Lage ist, ebenso wie die Abmahnungen und sonstige nach außen gerichtete Tätigkeiten (Beantwortung von Anfragen) auch intern gegenüber den eigenen Mitgliedern Beratungstätigkeiten durchzuführen.

Die Mutmaßungen des Beklagten zur Vereinbarung von Erfolgshonoraren beruhen auf Angriffen gegen die Höhe der Ausgaben, wie sie in der Gewinn- und Verlustrechnung 2005 angegeben sind. Sie sollen, so der Beklagte, nicht die vollen vom Kläger zu tragenden Anwaltskosten wiedergeben. Dieser Vortrag der Berufung beruht auf unzutreffenden Voraussetzungen, weil die vom jeweiligen Gegner zu tragenden Prozesskosten in der Gewinn- und Verlustrechnung nicht erscheinen, wie sich aus der Anhörung von Rechtsanwalt J. und der Vernehmung der Zeugin L. beim Oberlandesgericht Hamm ergibt.

Die bloße Verbuchungsweise verglichener Vertragsstrafen ist ersichtlich ohne Belang. Als Indiz für ein übermäßiges Gewinnstreben sind verglichene Vertragsstrafen jedenfalls ungeeignet (OLG Hamm a.a.O.). Nicht unbedenklich sind allerdings auch nach Ansicht des erkennenden Senats Vergleiche in Ordnungsmittelverfahren des Inhalts, dass der Kläger als Gläubiger einen bestimmten Geldbetrag vom Schuldner erhält, wenn er seinen Ordnungsgeldantrag zurücknimmt. Auf diese Weise könnte der Kläger sich die Durchsetzung von Verbotstiteln zweckwidrig als Einnahmequelle erschließen, wie das OLG Hamm (a.a.O.) unter Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weiter ausgeführt hat. Bei der Bewertung dieser Vergleiche schließt sich der Senat aber der Entscheidung des OLG Hamm an. Sie sind im derzeit erkennbaren Umfang für sich allein jedenfalls im Augenblick und angesichts der erklärten Absicht der Geschäftsführerin des Klägers, diese Praxis zu ändern, nicht als ausschlaggebendes Indiz gegen die Klagebefugnis des Klägers geeignet."

An diesen Ausführungen ist nach nochmaliger Prüfung der im vorliegenden Rechtsstreit erneut wiederholten Behauptungen der Beklagten festzuhalten. Ergänzend ist Folgendes auszuführen:

Soweit die Beklagte behauptet, der Vorstand des Klägers sei vollkommen entmachtet, die Mitarbeiter unterlägen allein den Weisungen der Prozess-bevollmächtigten und deren Mitarbeiter nähmen auch die Urlaubsvertretung der Geschäftsführerin des Klägers wahr, erfolgt dieser Vortrag ersichtlich ins Blaue hinein und steht zudem in Widerspruch zu der ebenfalls aufgeführten Behauptung, der Kläger verhindere Nachforschungen über seine innere Struktur. Die Beklagte kann danach gar nicht wissen, inwiefern der Vorstand des Klägers "entmachtet" ist, und ob der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Mitarbeitern Weisungen erteilt. Auch fehlen jegliche Anhaltpunkte für die Richtigkeit der Behauptung, ein Rechtsanwalt aus der Kanzlei der klägerischen Prozessbevollmächtigten nehme die Urlaubsvertretung der Geschäftsführerin wahr. Insoweit bedürfte es schon Angaben, in welchem Zusammenhang ein solcher Eindruck entstanden sein soll, um alleine nur die Relevanz der Behauptung einschätzen zu können.

Nicht zu beanstanden ist auch, wenn Rechtsanwalt B. - welcher ja unstreitig Mitglied des Klägers ist - für eine Mitgliedschaft beim Kläger wirbt.

Soweit die Beklagte behauptet, der Kläger habe mehreren - namentlich bezeichneten - Unternehmen in Aussicht gestellt, im Falle einer Mitgliedschaft könnten diese Abmahnungen in der bisherigen Form vermeiden, käme ein solches Angebot als Indiz für die Verfolgung satzungswidriger Ziele in Betracht, wenn dieses dahingehend zu verstehen wäre, dass der Kläger anbiete, eigene Mitglieder auch im Falle von Wettbewerbsverstößen nicht abzumahnen.

Ein solches Verständnis ist aber keineswegs zwingend. Der Kläger kann mit der mitgeteilten Aussage nämlich auch zum Ausdruck bringen, dass er seine Mitglieder - wie dies seine Aufgabe ist - in wettbewerblichen Angelegenheiten berät. Es wäre auch nicht satzungswidrig und zweckfremd, wenn der Kläger seine Mitglieder im Falle wettbewerbswidriger Handlungen statt durch eine kostenpflichtige Abmahnung zunächst formlos hinweist, sie also nicht "wie bisher" abmahnt. Das tatsächliche Vorbringen der Beklagten reicht daher schon inhaltlich nicht aus, um die Relevanz der Behauptung zu beurteilen. Ohne Angabe des Kontextes der behaupteten Äußerung, namentlich eines Zusammenhanges, der die vorgenannte Interpretation ausschließt, kann aus der allein unter Beweis gestellten Aussage, Mitglieder würden nicht in der bisherigen Form abgemahnt, nicht auf die Verfolgung satzungsfremder Zwecke geschlossen werden. Die Beklagte hat jedoch trotz eingehender Erörterung in der mündlichen Verhandlung ihr diesbezügliches Vorbringen nicht konkretisiert.

Auch im Übrigen ist der Tatsachenvortrag nicht ausreichend und zudem widersprüchlich. Da der Kläger eine juristische Person ist, wäre es von Relevanz, wer konkret auf diese Weise um Mitglieder geworben haben soll. Die Behauptung ist zudem widersprüchlich. So kann man dem von der Beklagten selbst in Bezug genommenen Berichterstattervermerk des OLG Hamm (Anlage B1) die im Folgenden nicht substantiiert widerlegte Angabe der Zeugin L. entnehmen, dass der den Kläger mit den Videobändern versorgende Wettbewerber der Beklagten aus dem Kläger ausgetreten sei, nachdem er von diesem in anderem Zusammenhang in Anspruch genommen worden sei. Das bedeutet aber zugleich, dass der Kläger ein eigenes Mitglied abgemahnt haben muss, denn ohne Mitgliedschaft kann es auch keinen Austritt geben.

Von Bedeutung ist schließlich, dass gegen eine satzungszweckwidrige Verfolgung fremder Interessen zum einen spricht, dass der Kläger - worauf bereits das Landgericht hingewiesen hat - vergleichsweise zurückhaltende Streitwertschätzungen abgibt; vor allem aber, dass sich der Kläger keineswegs nur an "kleine Fische" heranwagt, sondern durchaus auch Großunternehmen mit fraglichem Verfahrensausgang in Anspruch nimmt, was dem Senat ebenfalls aus verschiedenen Verfahren bekannt ist und wie es auch in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde.

Die Verfolgung der behaupteten Wettbewerbsverstöße ist auch nicht rechtsmissbräuchlich. Dass der Kläger eine Vielzahl von Verfahren gegen die Beklagte, ihren Geschäftsführer bzw. Schwesterfirmen führt, besagt für sich genommen nichts und kann durchaus auch darauf zurückzuführen sein, dass die Beklagte eben ausgesprochen umfangreich wirbt.

Die Klage ist auch begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte nach § 8 Abs. 1, §§ 3, 5 UWG den geltend gemachten Unterlassungsanspruch.

Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen werden.

Die Berufung gibt insoweit zu folgenden Ausführungen Anlass:

a) V. N.

Die wiedergegebene Aussage ist vom Landgericht zutreffend als produktbezogen und nicht als auf die Inhaltsstoffe bezogen gewertet worden. Dies ergibt sich schon aus dem sprachlichen Zusammenhang: Zunächst wird auf die Substanzen abgestellt, dann jedoch dazu übergeleitet, dass das Produkt darum (also weil die positiv wirkenden Substanzen enthalten sind) so beliebt sei, "denn es funktioniert". Dies bezieht die Wirkung dann eindeutig auf "es" und damit nicht auf die einzelnen Inhaltsstoffe, sondern konkret auf das beworbene Produkt.

Hinzu kommt, dass der durchschnittliche Fernsehzuschauer die Werbung auch gar nicht anders verstehen kann, als dass die Wirkung des Produktes gemeint ist, denn es fragt sich, welchen Sinn die Mitteilung der Stoffeigenschaften sonst haben soll. Insoweit verweist der Senat auf das von der Beklagten eingeführte Beispiel von Vitamin-C-Präparaten. Wenn diese mit der Wirkung von Vitamin C beworben werden, der Vitamin-C-Gehalt aber so gering ist, dass keine wirksame Dosis vorliegt, das Präparat also nicht die Wirkungen von Vitamin C hat, dürfte die Werbung mit Eigenschaften von Vitamin C ebenfalls irreführend sein., Denn dass ein Inhaltsstoff in völlig anderer Dosierung möglicherweise positive Eigenschaften hat, wäre erkennbar irrelevant, weshalb aus der Erwähnung nur der Schluss gezogen werden kann, das Präparat weise diese Wirkungen auf.

Dass das beworbene Präparat die beworbenen Wirkungen hätte, behauptet die Beklagte nicht einmal.

Die Werbung ist damit irreführend.

2. "W. Aktiv"

Soweit sich die Beklagte darauf beruft, die Äußerungen seien ihr nicht zurechenbar, hat der Senat in der bereits zitierten Entscheidung vom 27. März 2007 (I-20 U 118/06) zur gleichen Problematik ausgeführt:

"Der Senat schließt sich den Ausführungen des OLG Hamm im Urteil vom 10. Februar 2005 (4 U 167/04, Anlage K 3 = Bl. 20 ff. GA, veröffentlicht etwa in OLGR Hamm 2006, 52) zur Frage der Verwendung von Drittäußerungen in Konstellationen wie der vorliegenden an. Der Begriff der Verwendung gesundheitsbezogener Äußerungen Dritter im Bereich der Werbung für Lebensmittel setzt danach nicht voraus, dass sich der Werbende deren Aussageinhalt zu eigen macht. Es reicht vielmehr aus, dass solche zur Werbung geeigneten Äußerungen Dritter im Rahmen einer Werbung unmittelbar wiedergegeben oder zitiert werden oder dass bloß auf sie hingewiesen wird, wenn die Äußerungen in einer Weise mit der Werbung verbunden sind oder werden, dass aus der Sicht des Verbrauchers ernsthaft der Eindruck entstehen kann, das gerade beworbene Mittel könne die vom Dritten angesprochene Krankheit verhüten. Auch dann besteht nämlich die Gefahr, dass der Selbstmedikation Vorschub geleistet wird, was die Vorschrift verhindern will (OLG Hamm a.a.O.). Ein derartiger Eindruck ist mit der Äußerung der zugeschalteten Anruferin, die Augenkapseln hätten das Sehvermögen ihres Mannes verbessert, zweifellos entstanden.

Diese Äußerungen der Zuschauerin sind dem Beklagten selbst dann zuzurechnen, wenn man die vom Beklagten behaupteten Vorsorgemaßnahmen des Fernsehsenders (insbesondere Hinweise gegenüber der Zuschauerin vor der Zuschaltung in die Sendung) unterstellt. Der Beklagte hätte sich dann bei einer unterstellt unerwarteten Äußerung unverzüglich und ausdrücklich von der Aussage distanzieren müssen (OLG Hamm a.a.O.). Andernfalls entsteht beim Zuschauer ohne weiteres der Eindruck, die Aussage sei Teil der Werbung für das Produkt der Beklagten. Eine entsprechende Distanzierung des Beklagten ist auch nicht ansatzweise zu erkennen. Er hat im Gegenteil auf die Schilderung der Zuschauerin lediglich mit einem Zustimmung signalisierenden, mehrfach wiederholten "ja" und am Schluss mit einem "schön" reagiert. Dass dadurch für den Zuschauer die Äußerung als Teil der Werbung erscheint, liegt auf der Hand. Auch die einige Zeit zuvor abgegebene allgemeine Erklärung des Moderators, dass eine Werbung für Nahrungsergänzungsmittel mit deren gesundheitsfördernder Wirkung in Deutschland nicht zulässig sei, ist entgegen der Auffassung der Berufung ersichtlich nicht geeignet, die gleichwohl distanzierungslos gesendete Zuschaueräußerung nicht als Teil der Werbung erscheinen zu lassen. Wenn der Beklagte für sich keine Möglichkeit der Distanzierung in einer live ausgestrahlten Fernsehsendung sieht, dann könnte eine derartige Werbung mit nicht genau kalkulierbaren Zuschaueräußerungen in einer Aufzeichnung oder einer leicht zeitversetzten Ausstrahlung erfolgen."

Auch hieran ist festzuhalten. Hinzu kommt folgendes:

Die vermeintliche Distanzierung des Geschäftsführers der Beklagten nach der angegriffenen Äußerung macht deutlich, dass diese eigentlich eine Bestätigung darstellt und nicht ernst gemeint ist. Der Geschäftsführer der Beklagten sagte nämlich ausdrücklich: "Aber so richtig, genau, nach deutschem Recht dürfen Nahrungsergänzungsmittel nämlich gar nichts bewirken. Und infolgedessen halten wir aus juristischen Gründen fest, kann nicht alles weg sein". Derart sprachlich formuliert wird die "Distanzierung" zum rein formaljuristischer Akt. Richtig wäre die Aussage gewesen, dass Nahrungsergänzungsmittel eben keine heilende Wirkung aufweisen, weil es ansonsten keine Nahrungsergänzungsmittel, sondern Arzneimittel wären.

Wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse dafür, dass die Einnahme von "W. Aktiv" geeignet ist, die typischen Beschwerden der Wechseljahre zu beseitigen, sind nicht vorgetragen, wobei die Wirksamkeit von Isoflavonen als solches dahinstehen kann, weil jedenfalls die für eine Wirkung erforderliche Dosis nicht erreicht wird.

Es kommt schließlich auch nicht darauf an, ob es sich bei den typischen Beschwerden der Wechseljahre um eine Krankheit handelt oder nicht, denn auch wenn dies nicht der Fall ist, fehlen Belege für die behaupteten Wirkungen des Mittels "W. Aktiv".

Substantiierte Einwendungen gegen den Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten hat die Beklagte nicht erhoben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Es besteht kein begründeter Anlass, die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO.

Streitwert: 20.000,00 €

Der Streitwert war zugleich in Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung wie geschehen festzusetzen (§ 63 Abs. 3 GKG), da die Abmahnkosten als Nebenforderung den Streitwert nicht erhöhen.

Ende der Entscheidung

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