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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 28.04.2004
Aktenzeichen: I-20 U 139/02
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 252
ZPO § 287
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 16. Juli 2002 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Zum Sachverhalt wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen. Das Landgericht hat die auf Zahlung von 272.412,04 Euro gerichtete Schadensersatzklage abgewiesen, weil entweder der Zeuge K. die Mandanten des Klägers nicht in unlauterer Weise zum Wechsel zu der Beklagten veranlasst habe, oder ein etwaiges unlauteres Verhalten des Zeugen der Beklagten jedenfalls nicht zuzurechnen sei. Der Berufungsvortrag des Klägers rechtfertigt im Ergebnis keine andere Beurteilung, so dass die Berufung auf den entsprechenden Antrag der Beklagten zurückzuweisen war. Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung ausführlich auf alle die Gesichtspunkte hingewiesen, unter denen eine Schlüssigkeit des Klagevortrags zweifelhaft erscheint. Im wesentlichen ging es dabei um drei Punkte, nämlich die Verantwortlichkeit der Beklagten für die angeblichen Abwerbungshandlungen des Zeugen K., sodann die Frage, ob K. alle zur Beklagten gewechselten Mandanten in unlauterer Weise beeinflusst habe und schließlich um eine schlüssige Darlegung der Schadenshöhe. Der Kläger hat daraufhin nur zu dem an zweiter Stelle genannten Gesichtspunkt ergänzend Stellung genommen. Deshalb bedarf es keiner Prüfung, ob der neue Vortrag in der mündlichen Verhandlung insoweit schlüssig ist, und ob er nach den neuen Berufungsvorschriften überhaupt in prozessual zulässiger Weise eingeführt werden konnte. Jedenfalls bleibt es bei dem unzureichenden Vortrag des Klägers zur Verantwortlichkeit der Beklagten für Handlungen des Zeugen K. und zur Schadenshöhe. Unter beiden Gesichtspunkten ist die Klage weiterhin nach dem eigenen Vorbringen des Klägers unbegründet. 1.) Der vorliegende Prozess ist vom Kläger im wesentlichen mit dem selben Vortrag geführt worden, wie der Arbeitsgerichtsprozess gegen den Zeugen K., obwohl vorliegend in erster Linie begründet werden müsste, weshalb die Beklagte für die behaupteten Handlungen des Zeugen K. haften soll. Schon das angefochtene Urteil hat einen Beweisantritt dafür vermisst, dass der Zeuge K. in Absprache mit der Beklagten die Mandanten des Klägers in unlauterer Weise abgeworben hätte insbesondere, dass er auf Veranlassung der Beklagten nachteilige Behauptungen über die Büroorganisation und Arbeitsweise des Klägers verbreitet habe. Daran hat sich auch im Vortrag der Berufung nichts geändert, so dass der Senat nochmals darauf hingewiesen hat, es müsse vorgetragen werden, dass die Beklagte in das schädigende Verhalten eingebunden gewesen sei. Wie schon im erstinstanzlichen Vortrag des Klägers immer wieder von einem bewussten und gewollten Zusammenwirken der Beklagten mit dem Zeugen K. die Rede war, so spricht auch der Berufungsvortrag immer wieder pauschal davon, die Handlungen des Zeugen seien "mit Wissen und Wollen" der Beklagten geschehen, ohne dass dies irgendwie näher substantiiert würde. Es handelt sich ersichtlich nicht um Tatsachenvortrag, sondern um eine (unzutreffende) rechtliche Würdigung. Auch an einem Beweisantritt für eine Einbindung der Beklagten in unlauterer Abwerbungshandlungen des Zeugen K. fehlt es weiterhin. Zwar trägt die Berufung vor, der Partner J. habe bei einem Gespräch mit einer Bewerberin zum Ausdruck gebracht, er wisse, dass Herr K. zum Januar 2000 eine Menge Mandanten mit zu ihm bringen werde und dass daher mit viel Arbeit zu rechnen sei. Das lässt indes nicht erkennen, dass J. von einer etwaigen Abwerbung mit unlauterer Mitteln wusste oder diese sogar veranlasst hatte. Dieser Vortrag lässt offen, ob die Mandanten aufgrund unlauterer Abwerbung durch K. kommen würden oder ob sie K. einfach deswegen zur Beklagten folgen würden, weil dieser ihnen als der verlässliche Sachbearbeiter des Klägers bekannt war. Zu diesem Hauptstreitpunkt der Parteien äußert sich der Berufungsvortrag an dieser Stelle nicht, so dass der zu diesem Vorbringen angetretene Beweis nicht zu erheben ist. 2.) Eine Beweiserhebung zum Grunde des Anspruchs kommt allgemein auch deshalb nicht in Frage, weil der Vortrag des Klägers zur Schadenshöhe ebenfalls unschlüssig ist. Auch darauf hat der Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen. Die Berufung hat sich darauf beschränkt, wegen der Schadenshöhe auf das erstinstanzliche Vorbringen des Klägers Bezug zu nehmen. Es ist schon zweifelhaft, ob eine derartige pauschale Bezugnahme auf das Vorbringen der ersten Instanz zu einer wesentlichen Teilfrage nach neuem Berufungsrecht überhaupt zulässig ist. Die Berufung eröffnet keine zweite Tatsacheninstanz mit voller Prüfung des Urteils mehr, sondern ist auf eine Kontrolle und Behebung der gerügten Mängel beschränkt (vgl. Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 24. Aufl., § 520, Rdn. 31). Jedenfalls aber bezieht sich die Berufung auf einen Vortrag in erster Instanz, der offensichtlich unschlüssig ist. Der Kläger hat vor dem Landgericht die Klage zur Höhe mit Umsatzverlusten begründet (vgl. etwa Seite 20 ff der Klageschrift). Mit den 42 zur Beklagten gewechselten Mandanten (vgl. Anlage K 21) habe er einen Jahresumsatz von 426.233,32 DM gemacht. Die Klageforderung wird berechnet mit 125 % der Umsatzerlöse, das sind 532.791,65 DM bzw. 272.412,04 EUR (vgl. auch die Anlagen K 26, wo noch mit den 140 % des Umsatzes gerechnet wird, die vor den Arbeitsgerichten verlangt wurden, vgl. deren Urteile Bl. 25 und 43 GA). Der Kläger will den Schaden auf der Basis einer Teilveräußerung der Praxis berechnen, weil ihm die Beklagte diese Mandanten mit Hilfe des Zeugen K. "gestohlen" habe und verweist dazu auf eine Entscheidung des BGH zur "Bewertung des Anteils an einer Steuerberaterpraxis beim Zugewinnausgleich" (Anlage K 22). Eine derartige Schadensberechnung ist offensichtlich unzulässig. Die Beklagte hat sich demgemäss schon eingangs der Klageerwiderung vom 21. Mai 2002 veranlasst gesehen, auf "Gemeinplätze" des Schadensersatzrechts zu verweisen. Zur Ermittlung des entgangenen Gewinns aus selbständiger Arbeit sei nach der Rechtsprechung abzustellen auf die anhand des Betriebsergebnisses konkret festzustellende Gewinnminderung. Der Kläger beschränkte sich demgegenüber auf die Darstellung von Umsatzzahlen, die von der Beklagten auch bezweifelt würden. Diese Kritik ist völlig berechtigt. Der Erwerbsschaden bei freien Berufen besteht in dem Verlust bisher entgangener Einnahmen und dem Unterbleiben gesteigerter Gewinne (vgl. § 252 BGB und Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 252, Rdn. 16). Da es auf eine konkret festzustellende Gewinnminderung ankommt, sind Angaben des Umsatzes rechtlich unerheblich, weil der mit Verlust arbeitende Freiberufler keinen Erwerbsschaden hat. Entscheidend ist der Nettogewinn, der sich nach Abzug sämtlicher Ausgaben (Löhne, Steuer) ergibt. Schon an solchen Angaben fehlt es hier. Für eine Schadensschätzung nach den §§ 252 BGB, 287 ZPO mangelt es jedoch darüber hinaus an einem konkreten Vortrag des Klägers, wie die Entwicklung des Betriebes infolge der angeblichen Abwerbung tatsächlich gelaufen ist und wie sie ohne diese verlaufen wäre. Das muss in der Regel anhand von Bilanzen dargestellt werden, die sachverständig ausgewertet werden können (vgl. Palandt/ Heinrichs, aaO). Bei solcher Lage, bei der es an zureichenden Anhaltspunkten für eine rechtlich zulässige Schadensschätzung völlig fehlt, hilft dem Kläger auch die Beweiserleichterung des § 287 ZPO nicht. Diese Vorschrift ändert nichts daran, dass der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe seines Schadens trägt; er muss dem Gericht zumindest hinreichende Anknüpfungspunkte für die Schätzung darlegen. Der Tatrichter überschreitet die seinem Ermessen gesetzten Grenzen, wenn er zu einer Schätzung greift, ohne für sie eine tragfähige Grundlage zu haben (BGH NJW 95, 1023, 1024). Der Kläger muss auch bei Anwendung des § 252 BGB die Tatsachen im einzelnen darlegen und beweisen, die seine Gewinnerwartung wahrscheinlich machen sollen (BGH NJW 88, 3016, 3017). Das hat der Kläger mit der bloßen Darstellung der Umsatzverluste nicht getan, weil sie für den entgangenen Gewinn nichts ergeben. Die von ihm gewählte "abstrakte" Schadensberechnung ist nicht zulässig (vgl. BGH aaO). Mangels konkreter Anhaltspunkte zum Gewinnentgang wäre eine Schätzung willkürlich; § 287 ZPO rechtfertigt es nicht, auf die nach Sachlage unerlässlichen Erkenntnisse zu verzichten (BGH NJW-RR 95, 1320 - Steuereinrichtung II). Da der Kläger die erforderlichen Schätzungsgrundlagen auch nach dem Hinweis des Senats nicht geliefert hat, muss es sich nach den Grundsätzen der Beweislast zu seinem Nachteil auswirken, dass die Schätzung nicht erfolgen kann. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den § 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass, weil keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen zu entscheiden waren.

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