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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 27.11.2007
Aktenzeichen: I-20 U 22/07
Rechtsgebiete: ZPO, UWG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 100 Abs. 1
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
UWG § 3
UWG § 4 Nr. 10
UWG § 8 Abs. 1
BGB § 613
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die gegen den Beklagten zu 2) gerichtete Berufung der Klägerin zu 2) gegen das am 5. Januar 2007 verkündete Urteil des Vorsitzenden der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Klägerin zu 1), die Beklagten zu 2), 3) und 4) sowie die Klägerin zu 2) hinsichtlich der gegen die Beklagten zu 3) und 4) gerichteten Berufung werden des eingelegten Rechtsmittels der Berufung für verlustig erklärt.

Der Kostenausspruch des am 5. Januar 2007 verkündeten Urteils des Vorsitzenden der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf wird abgeändert.

Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen die Gerichtskosten die Klägerinnen zu je 1/3 und die Beklagten zu 2), 3) und 4) als Gesamtschuldner zu 1/3, die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2), 3) und 4) tragen zu jeweils 1/22 die Klägerinnen; im übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten erster Instanz selbst.

Von den Kosten des Berufungsrechtszuges tragen die Gerichtskosten die Klägerin zu 1) zu 6/17, die Klägerin zu 2) zu 8/17 und die Beklagten zu 2), 3) und 4) zu je 1/17, die außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen zu je 1/17 die Beklagten zu 2), 3) und 4) und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2), 3) und 4) die Klägerinnen zu jeweils 7/15; im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten der Berufungsinstanz selbst.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

A)

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird zunächst gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Die Klägerin zu 2) betreibt das Mobilfunknetz XXX. Die Klägerin zu 1) ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der Klägerin zu 2) und bietet Dienstleistungen - Verbindungsaufbau, Gesprächsübertragung und Anrufzustellung - für Endkunden an. Zu diesem Zweck bietet sie Endkunden sog. SIM-Karten an. Die ursprüngliche Beklagte zu 1), über deren Vermögen während des Berufungsverfahrens mit Wirkung vom 01.03.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist und hinsichtlich derer der Rechtsstreit daher mit Beschluss des Senats vom 18.06.2007 abgetrennt worden ist, war Großhändlerin für Telekommunika-tionsdienstleistungen. Die Beklagten zu 2), 3) und 4) waren die Vorstandsmitglieder der Erstbeklagten. Dabei betrieb die Erstbeklagte den Großhandel mit Telekommunikationsdienstleistungen technisch in der Weise, dass sie in Frankfurt am Main einen Vermittlungsrechner betrieb, an den auf Grund von Verträgen ("Carrier-Verträge") eine Vielzahl von Netzbetreibern angeschlossen waren. Auf diesem Wege leitete die Beklagte Verbindungen von einem Netzbetreiber an einen anderen Netzbetreiber weiter, der die Weiterleitung zum Zielanschluss übernahm.

Die Verbindung zwischen den Netzen einzelner Netzbetreiber wird dabei grundsätzlich über eine Zusammenschaltung bewirkt, hinsichtlich derer die Netzbetreiber untereinander Zusammenschaltungsvereinbarungen getroffen haben. Die Zusammenschaltung erfolgt durch Übergabe der Daten an vertraglich festgelegten "Points of Interconnection" (POI). Da nicht sämtliche weltweit tätigen Netzbetreiber jeweils miteinander Zusammenschaltungsvereinbarungen geschlossen haben, kann die Zusammenschaltung auch in der Weise bewirkt werden, dass der Betreiber des Ausgangsnetzes sein Netz mit einem anderen Netzbetreiber zusammenschaltet, der wiederum sein Netz mit dem Teilnehmernetz zusammenschaltet, in dem der Zielanschluss sich befindet (von den Parteien als "unmittelbarer Transitfall" bezeichnet). Ein solcher Transitnetzbetreiber ist zum Beispiel die D.T. AG. Darüber hinaus ist es technisch möglich, dass der Betreiber des Ausgangsnetzes sein Netz mit einem Drittnetz zusammenschaltet, in welchem die Terminierung dann durch Weiterleitung an einen weiteren Netzbetreiber bewirkt wird, der nun seinerseits eine Zusammenschaltung mit dem Zielnetz durchführt (von den Parteien als "mittelbarer Transitfall" bezeichnet). Für die Übernahme und Terminierung des Gespräches fällt eine von dem übergebenden Netzbetreiber zu zahlende Interconnection-Gebühr an. Ferner erheben die Transitnetzbetreiber Gebühren für die Durchleitung von Gesprächen.

Um die Kosten einer regulären Terminierung von Gesprächen zu ersparen, werden mittels sog. GSM-Gateways die Festnetzgespräche in Mobilfunkgespräche umgewandelt und auf diesem Weg u.a. in das Mobilfunknetz der Klägerinnen eingespeist. Hierfür ist die Verwendung einer - für diesen Zweck nicht bestimmten - SIM-Karte der Klägerin zu 1) erforderlich. Bei diesem Vorgehen erscheinen die zu terminierenden Gespräche für die Klägerinnen als netzintern geführt; netzinterne Gespräche bietet die Klägerin zu 1) ihren Kunden z.B. auch zu einem Festpreis ("Flatrate") an. Das geschilderte Vorgehen stellt sich auch als nicht widmungsgemäße Nutzung der Mobilfunkfrequenzen dar. Die Klägerin zu 1) untersagt es daher in ihren AGB.

Die Klägerinnen haben behauptet, die Beklagten hätten bewusst Verbindungen in das XXX-Netz über derartige GSM-Gateways hergestellt. So seien zunächst Gespräche festgestellt worden, die über SIM-Karten einer Firma B.T.E. Handels GmbH vermittelt worden seinen. Diese hätten die Beklagten sich verschafft und an eine Firma S. C. GmbH weitergegeben, die an die Vermittlungseinrichtung der früheren Erstbeklagten angeschlossen gewesen sei.

Nach einem von den Klägerinnen eingeleiteten einstweiligen Verfügungsverfahren haben die Beklagten eine Abschlusserklärung abgegeben, nach der sie verpflichtet sind, es zu unterlassen, SIM-Karten zum Zwecke der Ein- oder Weiterleitung von Verbindungen eines Dritten aus einem fremden Kommunikationsnetz in das XXX-Mobilfunknetz zu nutzen. Die Beklagten haben damals aber darauf verwiesen, die Verwendung von SIM-Karten durch die Firma B.T. sei auf deren Veranlassung erfolgt, weshalb sie sich nur als Mitstörer ansähen.

Wegen dieses Geschehens nahmen die Klägerinnen sodann die Beklagten im vorliegenden Verfahren zunächst im Wege der Stufenklage auf Auskunftserteilung und Schadensersatz in Anspruch; insoweit haben die Parteien erstinstanzlich einen Teilvergleich geschlossen und den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Klägerinnen haben den Beklagten dann aber vorgeworfen, von ihnen weitergeleitete Gespräche seien überhaupt mittels GSM-Gateways in ihr, der Klägerinnen, Netz zur Terminierung eingeleitet worden. Sie haben diesbezüglich geltend gemacht, die von den Beklagten vorgenommenen Netz-zusammenschaltungen seien von vornherein nur wirtschaftlich sinnvoll, wenn GSM-Gateways verwendet würden. Es sei zudem nicht akzeptabel, dass durch die mittelbaren Transitfälle eine Art anonymer Transitverkehr entstehe. Die Vermittlung an Drittnetzbetreiber, die nicht über eine Zusammenschaltungsvereinbarung mit der Klägerin zu 2) verfügten, stelle sich als unlautere Wettbewerbshandlung nach §§ 3, 4 Nr. 10 UWG dar.

In der Sache haben die Klägerinnen daher zuletzt beantragt,

1. die Beklagten unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen, es zu unterlassen, Telefonate zum Zwecke der Anrufzustellung in das XXX-Netz an Dritte weiterzuleiten, ohne sich von diesen den Nachweis erbringen zu lassen, dass die Anrufzustellung in das XXX-Mobilfunknetz auf Grundlage einer mit der Klägerin zu 2. geschlossenen Zusammenschaltungsvereinbarung erfolgt;

2. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin zu 2. Auskunft zu erteilen über diejenigen Personen und Unternehmen, die den Beklagten gegenüber die Terminierung in das XXX-Mobilfunknetz zugesagt haben, ohne den nach dem vorangehenden Klageantrag erforderlichen Nachweis erbracht zu haben.

Die Beklagten haben insoweit beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben die Ansicht vertreten, für die etwaige Nutzung von GSM-Gateways durch Dritte nicht verantwortlich zu sein.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, soweit die Parteien den Rechtsstreit nicht übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, zwar stelle sich der bewusste Einsatz von GSM-Gateways und die damit verbundene Ausnutzung von Tarifdifferenzen als unlautere Wettbewerbshandlung im Sinne der §§ 3, 4 Nr. 10 UWG dar. Die Klägerinnen könnten dementsprechend von jedem Unternehmen und jeder Person, die eine solche Behinderung im Wettbewerb vornehme, Unterlassung verlangen. Es bestehe aber keine wettbewerbliche Pflicht, Dritte dahingehend zu überprüfen, ob diese die Anrufweiterleitung in das XXX-Netz nur auf Grundlage einer mit der Klägerin zu 2. geschlossenen Weiterleitungsvereinbarung durchführten. Es bestehe keine rechtliche Pflicht, vorbeugend das rechtswidrige Tun eines Dritten zu verhindern. Eine eventuelle Erstbegehungsgefahr könne nicht soweit ausgelegt werden, dass ohne konkrete Anhaltspunkte eine Prüfung bei Dritten vorgenommen werden müsste.

Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung der nur im Kostenpunkt beschwerten Beklagten haben diese zwischenzeitlich zurückgenommen. Die Klägerin zu 1) hat ihre Berufung insgesamt und die Klägerin zu 2) insoweit sie gegen die Beklagten zu 3) und 4) gerichtet war in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückgenommen.

Die Klägerinnen haben gegen das ihnen am 12.01.2007 zugestellte Urteil mit am 12.02.2007 bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Die Klägerin zu 2) hat ihre Berufung innerhalb der bis zum 12.04.2007 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit am 11.04.2007 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Klägerin zu 2) beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 5. Januar 2007 den Beklagten zu 2.) unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen, es zu unterlassen, Telefonate zum Zwecke der Anrufzustellung in das XXX-Netz an Dritte weiterzuleiten, ohne sich von diesen den Nachweis erbringen zu lassen, dass die Anrufzustellung in das XXX-Mobilfunknetz auf Grundlage einer mit der Klägerin zu 2. geschlossenen Zusammenschaltungsvereinbarung erfolgt.

Die Klägerin zu 2) trägt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vor, es gehe nicht um eine Erstbegehungsgefahr, weil sich schon aus dem unstreitigen Sachverhalt ergebe, dass die Beklagten von der Terminierung über GSM-Gateways jedenfalls im Falle B.T. gewusst hätten. Das von den Klägerinnen vorgetragene Verhalten begründe die Gefahr, dass die Beklagten sich auch zukünftig an derartigen Terminierungen mittels GSM-Gateways beteiligten und sich dann hinter unbekannten Dritten in einer anonymen Terminierungskette versteckten. Der Weiterverkauf sei im Übrigen auch nach § 613 BGB verboten. Anonyme Verbindungsketten seien zudem unter Datenschutzgesichtpunkten unzulässig. Da die Klägerinnen für Terminierungen einheitlich 9,94 ct. netto je Minute berechneten, bestehe für einen sog. "mittelbaren Transitfall" kein Bedürfnis. Das Landgericht habe zudem die Störerhaftung des Beklagten verkannt. Es liege zumindest ein bewusstes "Sich-Verschließen" des Beklagten vor. Die die Beklagten treffenden Pflichten seien letztlich vergleichbar mit denjenigen Pflichten, welche die Betreiber von Online-Plattformen im Internet träfen.

Der Beklagte zu 2) beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Sachvortrages. Die Klägerin wende sich nicht gegen den - unstreitig unzulässigen - Einsatz von GSM-Gateways, sondern wolle dem Beklagten eine Überprüfungspflicht auferlegen, ohne dass konkrete Anhaltspunkte für den Einsatz von GSM-Gateways bestünden. Die Prüfungspflicht sei auch unverhältnismäßig. Selbstverständlich seien alle Partner der Zusammenschaltungsvereinbarungen, die die Beklagten geschlossen hätten, verpflichtet, ihrerseits die telekommunikationsrechtlichen Vorschriften einzuhalten und damit nur im Wege der Netzzusammenschaltung Gespräche zu terminieren.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Parteien unstreitig gestellt, dass die Betreiber von Transitnetzen unterschiedlich hohe Verbindungsentgelte verlangen und dass eine unmittelbare Netzzusammenschaltung mit dem Netz der Klägerin zu 2) einen hohen technischen und finanziellen Aufwand erfordert, so dass die Nutzung eines Transitnetzes durchaus wirtschaftlich sinnvoll sein kann.

B)

Nachdem der Rechtsstreit in Bezug auf die Erstbeklagte abgetrennt wurde, die Klägerin zu 1) ihre Berufung insgesamt und die Klägerin zu 2) die gegen die Beklagten zu 3) und 4) gerichtete Berufung zurückgenommen haben, ist in der Sache nur noch über die Ansprüche der Klägerin zu 2) gegen den Beklagten zu 2) zu entscheiden. Die insoweit zulässige Berufung der Klägerin zu 2) bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg, denn das Landgericht hat die Klage gegen den Beklagten zu 2) zu recht abgewiesen.

I.

Die Klägerin zu 2) hat gegen den Beklagten zu 2) keinen Anspruch darauf, dass dieser es unterlässt, Gespräche zur Terminierung in das XXX-Netz an Dritte weiterzuleiten, die ihrerseits nicht nachweisen, dass die Terminierung unmittelbar oder mittelbar auf Grund einer Zusammenschaltungsvereinbarung mit der Klägerin zu 2) erfolgt. Ein solcher Anspruch kann sich nur aus § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 10 UWG ergeben.

Nach § 4 Nr. 10 UWG handelt unlauter, wer Mitbewerber gezielt behindert. Eine gezielte Behinderung in diesem Sinne liegt vor, wenn die wettbewerbliche Handlung weniger auf die Förderung der eigenen wettbewerblichen Entfaltung gerichtet ist als auf die Störung der fremden wettbewerblichen Entfaltung (Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 4 UWG Rn. 10.7). Dabei liegt eine kundenbezogene unlautere Behinderung in der Regel dann vor, wenn die von oder für einen Mitbewerber geschaffenen Einrichtungen ausgenutzt werden, um Kunden abzufangen (Köhler a.a.O. Rn. 10.27).

Aus diesem Grunde ist zwischen den Parteien zu Recht unstreitig, dass die Vermittlung von Telefonaten von einem Drittnetz in das Mobilfunknetz vermittels der für Endkunden bestimmten SIM-Karten der Klägerin zu 1) in sog. GSM-Gateways eine gezielte Behinderung des Wettbewerbs der Klägerinnen darstellt. Dieses Verhalten ist im Übrigen nicht nur unter dem Gesichtpunkt unlauter, dass die Einrichtungen der Klägerinnen (Basissationen, SIM-Karten) zur Umgehung der eigentlich zu entrichtenden Interconnection-Gebühr eingesetzt werden, sondern auch, weil dies nur möglich ist, indem Endkunden der Klägerin zu 1) gezielt zum Vertragsbruch veranlasst werden.

Die Klägerin zu 2) verlangt von dem Beklagten jedoch nicht, dass dieser eine Mitwirkung an Terminierungen mittels derartiger GSM-Gateways unterlässt. Insoweit würde es einer entsprechenden Klage wegen der vom Beklagten abgegebenen Abschlusserklärung auch am Rechtsschutzbedürfnis fehlen. Sie verlangt vielmehr, dass dieser bei Terminierungen in ihr Netz von seinem Vertragspartner nachweisen lässt, dass dieser die Terminierungsleistung letztendlich aufgrund einer Netzzusammenschaltungsvereinbarung erbringt.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass zumindest auch derjenige selber unlauter handelt, der einen Wettbewerbsverstoß durch sein eigenes Verhalten gefördert oder gar erst ermöglicht hat, indem er zumindest bedingt vorsätzlich zu einer Lage beigetragen hat, die nach der Lebenserfahrung zu einem bestimmten wettbewerbswidrigen Verhalten führt (BGH, Urt. v. 30.01.2003, I ZR 142/00 - Kleidersack, Juris Rn. 32 = GRUR 2003, 624; BGH Urt. v. 08.11.1972, I ZR 25/71 - Tabac, GRUR 1973, 370, 371). Ein Anspruch auf das von der Klägerin begehrte Verhalten wäre danach aber nur dann gegeben, wenn die Vermittlung der Terminierung mittels der von den Parteien so genannten "mittelbaren Transitlösung" nur bei Verwendung von GSM-Gateways wirtschaftlich vernünftig wäre, denn dann würde bereits das Angebot einer solchen Leistungen indizieren, dass die Terminierung auf unlauterem Wege erfolgt und der Beklagte müsste sich entgegen halten lassen, an dieser unlauteren Wettbewerbshandlung mitgewirkt zu haben.

So ist es hier aber gerade nicht. Wie die Parteien in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt haben, ist die unmittelbare Netzzusammenschaltung technisch und finanziell sehr aufwändig, weil die Klägerin zu 2) zur Zeit eine Realisierung der Netzzusammenschaltung an mindestens acht bundesweit verteilten POI's verlangt. Das ist eine Startinvestition, die sich für andere Angebote nur bei einem entsprechend hohen Terminierungsaufkommen in das Netz der Klägerin lohnt. Ferner ist zwar die von der Klägerin zu 2) verlangte Gebühr stets gleich, die Transitgebühren sind jedoch variabel, so dass es durchaus wirtschaftlich sinnvoll sein kann, auch die Transitleistung beispielsweise über einen Netzbetreiber zu erlangen, der seinerseits bei einem Transitnetzbetreiber besonders günstige Konditionen - etwa wegen eines hohen Gesprächsaufkommens - erhält. Es gibt daher eine Vielzahl von Konstellationen, in denen auch ohne den Einsatz von GSM-Gateways die "mittelbare Transitlösung" wirtschaftlich vernünftig ist, so dass aus dem Angebot mittelbaren Transits nicht auf den unlauteren Einsatz derartiger Geräte geschlossen werden kann.

Die sog. "mittelbare Transitlösung" stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als unlauter dar.

Bei ordnungsgemäßer Durchführung führt die "mittelbare Transitlösung" weder zu einer anonymen Terminierungskette, noch erschwert sie der Klägerin zu 2) die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen. Anders als beim Einsatz von GSM-Gateways, bei denen das Gespräch ja scheinbar seinen Ursprung im Netz der Klägerin zu 2) hat, werden bei der "mittelbaren Transitlösung" alle erforderlichen Daten weitergeleitet, da ja lediglich mehrere Netzzusammenschaltungen hintereinander geschaltet werden. Der Fall der "mittelbaren Transitlösung" unterscheidet sich insoweit technisch nicht von dem unstreitig zulässigen Fall der "unmittelbaren Transitlösung".

Auch verstößt die "mittelbare Transitlösung" entgegen der Ansicht der Klägerin zu 2) nicht gegen § 613 BGB. § 613 BGB enthält nämlich kein gesetzliches Verbot, sondern eine Auslegungsregel (Palandt-Weidenkaff, BGB, 65. Aufl., § 613 Rn. 1). Beim Telekommunikationsvertrag, bei dem ein Teilnehmer aus dem Anschlussnetz eines Betreibers ggf. unter bewusster Wahl eines Verbindungsnetzbetreibers eine Kommunikationsverbindung in das Netz eines anderen Anschlussnetzbetreibers wählt, ergibt sich aber bereits aus den Umständen, dass die Dienstleistung nicht nur vom Vertragspartner des Anrufers erbracht wird. Vielmehr muss die Terminierungsleistung in einem solchen Falle unter Mitwirkung der beiden Teilnehmernetzbetreiber hergestellt werden. Der Verbindungsnetzbetreiber kann in einem derartigen Fall auch ohne weiteres davon ausgehen, dass es dem Dienstberechtigten gleichgültig ist, welche Netzbetreiber an der Verbindungsherstellung beteiligt sind, so dass im Falle von Telekommunikationsdienstleistungen in der Regel davon ausgegangen werden kann, dass die Parteien des jeweiligen Dienstvertrages § 613 BGB zumindest stillschweigend abbedungen haben. Andernfalls wäre im Übrigen auch der - unstreitig zulässige und technisch zwingend notwendige - "unmittelbare Transit" zum Beispiel über das Netz der D.T. AG unzulässig, denn auch in diesem Fall wird ein erheblicher Teil der Terminierungsleistung von einem Dritten, der D.T. AG nämlich und einem Vierten, der Klägerin zu 2) nämlich, erbracht.

Letztlich aus dem gleichen Grund haftet der Beklagte zu 2) auch nicht als Störer auf Unterlassung dahin, Gespräche zur Terminierung in das XXX-Netz an Dritte weiterzuleiten, die ihrerseits nicht nachweisen, dass die Terminierung unmittelbar oder mittelbar auf Grund einer Zusammenschaltungsvereinbarung mit der Klägerin zu 2) erfolgt.

Als Störer haftet derjenige auf Unterlassung, der - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt. Weil die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des BGH die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGH, Urt. v. 19.04.2007, I ZR 35/04 - Internetversteigerung II, Juris Rn. 40 = GRUR 2007, 708; BGH, Urt. v. 15.05.2003, I ZR 292/00 - Ausschreibung von Vermessungsleistungen, Juris Rn. 22 = GRUR 2003, 969). Ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen eine Prüfung zuzumuten ist, richtet sich wiederum nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Funktion und Aufgabenstellung des als Störer in Anspruch Genommenen sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (BGH, Urt. v. 15.05.2003, I ZR 292/00 - Ausschreibung von Vermessungsleistungen, Juris Rn. 33 = GRUR 2003, 969).

Die in Rede stehende Vermittlungsleistung des Beklagten zu 2) reicht nach diesen Grundsätzen nicht aus, um seine Haftung als Störer zu begründen. Grundsätzlich ist es Sache desjenigen, der dem Beklagten zu 2) eine Gesprächsterminierung in das XXX-Netz anbietet, dafür Sorge zu tragen, dass diese in rechtlich einwandfreier Weise, d.h. über eine Kette von Netzzu-sammenschaltungsvereinbarungen, erfolgt. Diese Dienstleistung erbringt der anbietende Netzbetreiber daher grundsätzlich selbständig und in eigener Verantwortung. Eine Prüfungspflicht kann daher den Beklagten zu 2) nur treffen, wenn dieser Anhaltspunkte dafür hat, dass sich sein Vertragspartner seinerseits unlauter verhält. Da aber die Terminierung über die "mittelbare Transitlösung" als solche aus den vorstehend erörterten Gründen nicht unlauter ist und auch nicht den Schluss auf ein unlauteres Verhalten zulässt, kann von dem Beklagten zu 2) auch nicht verlangt werden, dass er ohne konkrete Verdachtsmomente das Verhalten seiner Vertragspartner auf die Lauterkeit hin prüft. Das verlangt die Klägerin aber letztendlich.

Dem lässt sich auch nicht- wie die Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 19. November 2007 ausführt - entgegen halten, dass es in der Vergangenheit mehrfach zu Terminierungen in ihr Netz mittels GSM-Gateways gekommen ist, wobei die ursprüngliche Erstbeklagte an der Vermittlung der Terminierungsleistung beteiligt war. Der Beklagte hat ohne Frage die wissentliche Mitwirkung an derartigen unlauteren Handlungen zu unterlassen. Das Begehren der Klägerin geht hierüber jedoch weit hinaus: Es wird von dem Beklagten verlangt, dass dieser ohne jeden konkreten Verdacht die Überwachung des lauteren Verhaltens anderer Marktteilnehmer übernimmt. Eine derartige Verpflichtung kann auch dann, wenn einzelne Vertragspartner in der Vergangenheit ein unlauteres Verhalten gezeigt haben, nur bestehen, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte die Annahme, es werde in unlauterer Weise unter Verwendung von GSM-Gateways terminiert, nahe liegt.

Der Fall lässt sich insoweit mit dem Verkauf gestohlener Ware vergleichen. Auch beim Ankauf gebrauchter Gegenstände muss sich der Käufer vom Verkäufer ohne konkrete Anhaltspunkte dafür, dass es sich um Diebesgut handelt, nicht nachweisen lassen, dass dieser die Ware durch eine ununterbrochene Kette von Erwerbsvorgängen erworben hat. Erst dann, wenn er aufgrund der Umstände, zum Beispiel eines verdächtig niedrigen Preises, Grund zu ernsthaften Zweifeln hat, trifft ihn eine Nachforschungspflicht und andernfalls der Vorwurf der Hehlerei. Das gilt auch dann, wenn der Händler in der Vergangenheit schon einmal Diebesgut erworben hat. Es wird dann nicht ernsthaft gefordert werden können, dass auf Grund dieses Vorfalles ein derartiger Händler sich von jedem künftigen Verkäufer die Herkunft der Ware lückenlos nachweisen lässt. Übertragen auf den hier zu entscheidenden Fall bedeutet dies, dass der Beklagte zu 2) wohl Veranlassung zur Nachforschung haben könnte, wenn ihm jemand Terminierungsleistungen in das XXX-Netz unterhalb der von der Klägerin zu 2) erhobenen Interconnection-Gebühr anbietet. Dass dies der Fall gewesen wäre, ist aber nicht vorgetragen. Ohne einen solchen konkreten Anlass ist ihm eine Überprüfung jedoch nicht zuzumuten. Es wäre eine schwere dem Beklagten zu 2) nicht zumutbare Belastung, ihm allein im Wettbewerb die Beschaffung von Nachweisen aufzuerlegen und ihm damit in eine Außenseiterstellung zu bringen, nur weil er in der Vergangenheit auf Partner getroffen ist, die Gespräche in einer Weise weitergeleitet haben, dass es zum Einsatz von GSM-Gateways gekommen ist.

Es trifft schließlich auch nicht zu, dass die ursprüngliche Erstbeklagte eine "anonyme Terminierungskette" ermöglicht hätte. Eine anonyme Terminierungskette entsteht zwar beim Einsatz von GSM-Gateway deshalb, weil zum Beispiel die CLI-Daten nicht übermittelt werden. Die Vermittlungsleistung der ursprünglichen Erstbeklagten schafft eine solche anonyme Terminierungskette jedoch nicht, denn die Gespräche und ihrer Weiterleistung lassen sich letztlich lückenlos rückverfolgen, da die jeweiligen Netzbetreiber jeweils den Netzbetreiber kennen, von dem sie die Daten übernommen haben und denjenigen, an den die Daten weiter übermittelt worden sind. So hat in dem von der Klägerin vorgetragenen Fall "G,N. A.S., P." die frühere Erstbeklagte ohne weiteres mitteilen können, dass dieses Gespräch an die besagte Firma weitergeleitet wurde. Von einer anonymen Terminierungskette kann daher schon in tatsächlicher Hinsicht keine Rede sein.

II.

Einer Korrektur bedarf jedoch die Kostenentscheidung des landgerichtlichen Urteils. Der Senat hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Kostenentscheidung richtig ist und muss daher trotz des erfolglosen Rechtsmittels der Klägerinnen und der Zurücknahme der Berufung der Beklagten die Kostenentscheidung korrigieren (vgl. BGH, GRUR 1992, 625, 627 - "Therapeutische Äquivalenz"; Zöller-Herget, ZPO, 25. Aufl., § 97 Rn. 6 m.w.N.). Insoweit hat das erstinstanzliche Gericht unstreitig übersehen, dass die Parteien hinsichtlich der ursprünglichen Klage im Vergleich vom 25.10.2006 (GA 318 f.) Kostenaufhebung vereinbart haben. Dies macht es erforderlich, zwischen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten zu differenzieren.

Auszugehen ist von einem Streitwert von 100.000,00 € für die für erledigt erklärten Ansprüche, hinsichtlich derer die Beklagten gesamtschuldnerisch in Anspruch genommen worden sind und 50.000,00 € für den verbliebenen Unterlassungsanspruch, hinsichtlich dessen keine Gesamtschuld besteht. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Klägerinnen nach § 100 Abs. 1 ZPO nicht gesamtschuldnerisch, sondern anteilig haften. Für die Gerichtskosten bedeutet dies, dass diese nach §§ 91a, 92 Abs. 1, 100 Abs. 1, Abs. 4 ZPO den Klägerinnen zu je 1/3 und den Beklagten als Gesamtschuldnern ebenfalls zu 1/3 aufzuerlegen sind. Bei den außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen, die nur hinsichtlich des für erledigt erklärten Teiles teilweise obsiegt haben, bedeutet dies, dass ihnen ein Kostenerstattungsanspruch nicht zusteht. Bei den außergerichtlichen Kosten der Beklagten ist danach zu berücksichtigen, dass diesen auf Grund des Vergleiches hinsichtlich des für erledigt erklärten Teiles kein Kostenerstattungsanspruch zusteht. Soweit sie obsiegt haben, ist weiter zu berücksichtigen, dass die Angriffe der Klägerinnen gegen die vier Beklagten jeweils für sich genommen einen Wert haben, der zusammen 50.000,00 € ausmacht, wobei der Wert des Unterlassungsanspruches jedenfalls im erstinstanzlichen Verfahren gegen die Beklagte zu 1) erheblich höher zu bewerten ist, als der Angriff gegen ihre Vorstandsmitglieder. Der Senat legt der Kostenentscheidung einen Wert der Unterlassungsklage gegen die Beklagte zu 1) von 20.000,00 € und gegen die Beklagten zu 2), 3) und 4) von jeweils 10.000,00 € zugrunde, so dass die Klägerinnen jeweils 1/22 der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2), 3) und 4) zu tragen haben.

III.

Die Kostenentscheidung für die Berufungsinstanz beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO. Dabei war für die Berufung der Beklagten ein Streitwert in Höhe der von diesen nach dem erstinstanzlichen Urteil zu tragenden Kostenlast anzusetzen. Zwar sind nach § 4 ZPO die Kosten bei der Streitwertberechnung nicht zu berücksichtigen, wenn es sich um eine Nebenforderung handelt. Wird jedoch nur noch über die Kosten gestritten, bestimmen diese den Streitwert. Da die Beklagten durch das erstinstanzliche Urteil allein hinsichtlich des Kostenpunktes beschwert waren, waren hinsichtlich ihres Rechtsmittels nur noch die Kosten Streitgegenstand, so dass diese insoweit nicht als Nebenforderung anzusehen wären. Hieran ändert sich durch die zeitlich nachfolgend eingelegte Berufung der Klägerinnen nichts.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Es besteht kein begründeter Anlass, die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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