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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 19.06.2007
Aktenzeichen: I-21 U 164/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 631
ZPO § 139
1. Hat der erkennende Richter einen den Parteien erteilten Hinweis nicht ins Protokoll aufgenommen, ist diese Sachlage im Berufungsverfahren so zu behandeln, als sei der Hinweis nicht erteilt worden. Diese Wirkung kann nicht durch einen Aktenvermerk des Richters, der den Parteien nicht zugegangen ist, beseitigt werden.

2. Ohne konkreten Hinweis darauf, dass vom Auftraggeber in die Übernahme der Kosten für den Fall eingewilligt wird, dass sich später die fehlende Verantwortlichkeit des Auftragnehmers für Schäden herausstellen sollte, kann ein entsprechender Vertragsschluss nicht angenommen werden.


Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das am 24.05.2006 verkündete Urteil des Landgerichts Wuppertal (Az.: 17 O 230/04) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.374,36 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.07.2004 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 85 % und die Beklagte zu 15 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Kostentragung von Mängelbeseitigungsarbeiten. Die als Generalunternehmerin tätige Beklagte beauftragte die Klägerin im Jahre 2002 damit, in dem Autohaus eines Kunden ca. 250 m² einer Gesamtestrichfläche von ca. 1.000 m² mit einer holzbeschichteten PO - Paneele "Stratica" zu belegen. Auf der übrigen Teilfläche wurde zuvor ein Fliesenbelag durch eine Fliesenfirma aufgebracht. Nach Abnahme der Arbeiten warf der Stratica-Belag mehrfach an verschiedenen Stellen Blasen auf und es stellten sich Ablösungen ein, weshalb die Beklagte die Klägerin jeweils zur Mangelbeseitigung aufforderte. Die von der Klägerin schließlich im Sommer 2002 bezüglich des Estrichs durchgeführten sogenannten CM-Messungen ergaben einen höheren Feuchtegehalt des Estrichs als bei Durchführung der Arbeiten im April 2002, weshalb die Klägerin zu der Auffassung gelangte, nicht für die Mängel verantwortlich zu sein. Die Klägerin hat in der Zeit vom 06.06.2002 bis 12.03.2004 insgesamt 13 Nachbesserungsarbeiten an dem Bodenbelag durchgeführt; den Wert der Aufwendungen, die sie mit ihrer Klage von der Beklagten ersetzt verlangt, berechnet sie insgesamt mit 9.077,76 €. Nach längerer Beweisaufnahme im Anschluss an das schon im Jahre 2002 von der Klägerin eingeleitete selbständige Beweisverfahren 17 OH 28/02, LG Wuppertal, hat das Landgericht durch Urteil vom 24.05.2006, auf das wegen der weiteren Einzelheiten der tatbestandlichen Feststellungen verwiesen wird, die Klage abgewiesen, weil unabhängig von der Verantwortlichkeit der Klägerin für die gerügten Mängel schon dem Grunde nach kein Anspruch gegeben sei.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der diese insbesondere einen Verfahrensmangel rügt, denn das Landgericht habe nach umfangreicher Beweiserhebung eine überraschende Entscheidung getroffen. Bei rechtzeitigem Hinweis hätte sie die Korrespondenz mit der Beklagten, insbesondere die Schreiben vom 22.01.2003 und 16.05.2003 vorgelegt, aus denen sich ergebe, dass sie darauf hingewiesen habe, nicht für den Mangel verantwortlich zu sein und deshalb die Kosten der Mängelbeseitigung im Einverständnis mit der Beklagten bis zur Klärung der Ursache parke.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Wuppertal vom 24.05.2006, Az.: 17 O 230/04, die Beklagte zu verurteilen, an sie 9.077,76 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins nach dem DÜG seit dem 28.07.2004 zu zahlen,

hilfsweise,

das Verfahren an das Landgericht Wuppertal zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, das Verfahren leide keinesfalls an einem wesentlichen Verfahrensfehler. Der entscheidende Richter des Landgerichts habe seine - geänderte - Rechtsauffassung ausführlich dargelegt. Die Beklagte sei auch für den Mangel des Bodenbelags verantwortlich, da sie vor Ausführung ihrer Arbeiten keine ausreichenden Feuchtemessungen vorgenommen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gegenseitigen Schriftsätze und die zur Akte gereichten Urkunden sowie die Beweisergebnisse der ersten Instanz Bezug genommen. Die Akte 17 OH 28/02 LG Wuppertal lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die Berufung hat teilweise Erfolg

Der Klägerin steht gemäß den §§ 631, 632 BGB für die durchgeführten Reparaturen am streitigen Bodenbelag ein Betrag in Höhe von 1.374,36 € zu. Im entsprechenden Umfang ist die landgerichtliche Entscheidung abzuändern und der Klage stattzugeben.

1.

Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die Parteien für die Zeit ab Mai 2003 einen selbständigen, allerdings bedingten Vertrag über die Durchführung von Schadensbeseitigungsarbeiten am Stratica-Bodenbelag zur Vermeidung von Unfallfolgen in dem betreffenden Autohaus geschlossen haben. Die Bedingung war, dass die grundsätzliche Verantwortung für die Ablösungen und Blasenbildungen an der verlegten PO - Paneele geklärt wurde. Bis dahin sollten nunmehr auch auf Wunsch der Beklagten die bei der Klägerin für die Reparaturen anfallenden Kosten "zwischengeparkt" werden, was nur dahin zu verstehen ist und auch von der Beklagten so verstanden wurde, dass die Beklagte erst und nur dann zahlen sollte, wenn sich eine Verursachung der Ablösungen durch die Klägerin nicht feststellen lassen sollte, die Klägerin objektiv also nicht im Wege der Gewährleistungsvorschriften hätte in Anspruch genommen werden können. In Rechtsprechung und Literatur wird in diesen Fällen die Auffassung vertreten, dass grundsätzlich die Möglichkeit besteht, Erstattung der aufgewandten Mängelbeseitigungskosten zu verlangen, wenn sich ein Baumangel zeigt, der der Beseitigung bedarf, die Parteien sich aber über die Verursachung nicht einigen können. Vorausgesetzt wird aber regelmäßig, dass sich die Parteien vorab vertraglich einigen, dass nachträglich ermittelt wird, wer letztendlich die Kosten für diese Werkleistung tragen soll (vgl. OLG Celle, BauR 2003, 265, 276 OLG Karlsruhe, BauR 2003, 1241 f.; OLG Düsseldorf, BauR 2001, 1608 ff.; Ingenstau/Korbion/Keldungs, VOB, 16. A., § 2 Nr. 1 VOB/B, Rdnr. 9; Malotki, BauR 1998, 682, 683 ff.; Clemm, BB 1986, 616, 617 f; Kleine-Möller-Merl, 3. A., Hdb des privaten Baurechts, Rdnr. 1028; Siegburg, Hdb der Gewährleistung beim Bauvertrag, Rdnr. 997; für einen Aufwendungsersatzanspruch, allerdings unter Offenlassung der Anspruchsgrundlagen: Kniffka, in: FS für Heyermann, 1995, S. 201, 205).

Das entscheidende Angebot der Klägerin zur Abwicklung der Reparatur bei gleichzeitiger Festhaltung der Kosten bis zur endgültigen Klärung der Schadensursache hat die Klägerin mit Schreiben vom 09.05.2003 der Beklagten unterbreitet. Sie hat hinreichend deutlich gemacht, dass sie keine kostenlose Beseitigung der Mängel erbringen würde. Mit ihrem Schreiben vom 16.05.2003 hat die Beklagte das Angebot angenommen. Sie hat darin erstmalig nicht darauf bestanden, dass die Arbeiten nur Gewährleistungsarbeiten im Sinne der §§ 633 ff. BGB sein könnten, sondern sich uneingeschränkt mit der Beseitigung der Mängel und dem "Zwischenparken" der Kosten bis zur endgültigen Verursachungsklärung einverstanden erklärt. Die Beklagte hat ausdrücklich um Übersendung der anfallenden Arbeitsberichte nach Fertigstellung der Mängelbeseitigungsarbeiten gebeten, was auch zeigt, dass ab diesem Zeitpunkt nicht nur eine einmalige Absprache für die im Mai 2003 anstehenden Reparaturen erfolgen sollte, sondern sämtliche weiteren Arbeiten bis zur endgültigen Abklärung erfasst werden sollten.

Da die Beklagte nicht mehr auf der Durchführung von Gewährleistungsansprüchen bestanden hat, d.h., eine eigenständige Beauftragung der Kläger zur Mängelbeseitigung nicht grundsätzlich abgelehnt hat, liegt der Fall vorliegend auch anders als der Sachverhalt, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 05.11.1998 (abgedruckt: NJW 1999, 416 f.) zugrunde liegt. Dort hatte der Auftraggeber es ausdrücklich abgelehnt, einen neuen entgeltlichen Auftrag zu erteilen und auf Durchführung von Gewährleistungsarbeiten bestanden. Gleichwohl hat der Bundesgerichtshof (NJW 1998, 416, 417) wegen der ebenfalls erfolgten Absprache, erst nach der Sanierung durch den Auftragnehmer zu klären, wer den Mangel verursacht und für die Vergütung der Arbeiten aufzukommen hat, einen vertraglichen Kostenerstattungsanspruch des Auftraggebers bejaht. Dieser soll im Übrigen nach der Begründung des Bundesgerichtshofs im Verhältnis zu dem geltend gemachten (vermeintlichen) Werklohnanspruch kein anderer Streitgegenstand sein, sondern nur eine andere rechtliche Begründung desselben Begehrens darstellen.

2.

Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich allerdings nichts für einen vertraglichen Anspruch bezüglich der Mängelbeseitigungskosten im Zeitraum 06.06.2002 bis 13.03.2003. Für die Annahme einer vertraglichen Vereinbarung ist es nicht ausreichend, dass die Klägerin etwa mit Schreiben vom 09.09.2002 ankündigte, die bisher entstandenen Kosten der durchgeführten Arbeiten würden zunächst geparkt. Die Beklagte hat nämlich mit Schreiben vom 12.09.2002 (Bl. 6 BA) unmissverständlich darauf hingewiesen, dass sie der Auffassung sei, dass die Klägerin die bisher erbrachten Arbeiten ihr gegenüber unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung schulden würde. Diese Ansicht hat sie auch in ihren Schreiben vom 16.10.2002 und 18.10.2002 vertreten. Ähnlich hat sich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten im anschließenden Beweissicherungsverfahren geäußert. Vor diesem Hintergrund reicht etwa das Schreiben der Klägerin vom 22.01.2003 zur Bejahung einer vertraglichen Vereinbarung nicht aus, auch wenn eine unmittelbar ablehnende Reaktion der Beklagten, die einem Schreiben oder einem Telefonat zuzuordnen wäre, nicht feststellbar ist. Die Klägerin konnte angesichts der voraus gegangenen Korrespondenz ohne positive Reaktion der Beklagten nicht davon ausgehen, jene halte an ihrer früheren Rechtsauffassung, es handele sich um kostenlos zu erbringende Gewährleistungsarbeiten, nicht mehr fest (für eine konkludente Vereinbarung aufgrund einer solchen Ankündigung wohl OLG Karlsruhe, BauR 2003, 1241, 1242). Ohne konkreten Hinweis darauf, dass vom Auftraggeber in die Übernahme der Kosten für den Fall eingewilligt wird, dass sich später die fehlende Verantwortlichkeit des Auftragnehmers für die Schäden herausstellen sollte, kann ein Vertragsschluss nach Auffassung des Senates nicht bejaht werden (vgl. dazu auch Ingenstau/Korbion/Keldungs, VOB, 16.A. § 2 Nr. 1 VOB/B, Rdnr. 9; Kleine-Möller-Merl, 3. A., Hdb des privaten Baurechts, Rdnr. 1028).

Für eine verbindliche mündliche Einigung vor dem 16.05.2003 mit dem Bauleiter C..... hat die Klägerin ebenfalls nichts Ausreichendes in der Berufungsinstanz vorgetragen. Der Zeuge C..... hat als Bauleiter der Beklagten überwiegend die Korrespondenz mit der Klägerin geführt und insbesondere mit den Schreiben vom 12.09.2002 und 16.10.2002 darauf bestanden, dass es sich bei den geforderten Arbeiten um Gewährleistungsansprüche handeln würde, die Klägerin also die Mängelbeseitigung auf ihre Kosten schulden würde. Erstmals mit Schreiben vom 16.05.2003 hat er sich positiv anderweitig geäußert. Es hätte daher der genauen Angabe von Ort und Zeit bedurft, wann mit dem Zeugen C..... entgegen den Hinweisen in der Korrespondenz dennoch eine vertragliche Absprache über die Durchführung der Arbeiten getroffen wurde.

3.

Die Klägerin ist in der Berufungsinstanz mit ihrem neuen Vortrag zu einer vertraglichen Absprache, die sich infolge des Schreibens vom 16.05.2003 ergeben hat, nicht gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen.

Die Klägerin rügt zu Recht, dass es vor Erlass der Entscheidung vom 24.05.2006, nachdem ca. 1 1/2 Jahre zusätzlich zu dem Beweisergebnis des selbständigen Beweisverfahrens Beweise erhoben worden sind, seitens des Gerichts eines klaren Hinweises gemäß § 139 ZPO bedurft hätte, dass die Klage unschlüssig sei, insbesondere auch, dass es an nachvollziehbaren Angaben zur Bejahung einer vertraglichen Haftung fehlt. Zwar behauptet die Beklagte, das erkennende Gericht erster Instanz habe die Klägerin im Termin vom 03.05.2006 umfassend auf die geänderte Rechtsauffassung nach Dezernatswechsel hingewiesen. Unstreitig enthält aber das maßgebliche Protokoll vom 03.05.2006 keinen entsprechenden Hinweis zu dieser entscheidungserheblichen Änderung der Rechtsauffassung. Der handschriftliche Vermerk des Richters (Bl. 257 A GA) vom 16.05.2006 enthält zwar den Hinweis, dass das Problem der Anspruchsgrundlage mit den Parteien im Termin vom 03.05.2006 erörtert und versehentlich nicht im Protokoll niedergelegt worden sei. Da dieser Vermerk den Parteien aber nicht zugegangen ist - entsprechendes wurde jedenfalls nicht verfügt und auch nicht als ausgeführt bestätigt -, kann darin jedenfalls keine Protokollergänzung oder eine wirksame Dokumentation des Hinweises in den Akten i.S. von § 139 Abs.4 ZPO gesehen werden. Aber selbst wenn die Rechtsgrundlagen mit den Parteien erörtert wurden, wie der Vermerk vom 16.05.2006 andeutet, kann nicht festgestellt werden, dass dieser Hinweis ausgereicht hätte, um der Klägerin zu verdeutlichen, dass ihre Klage überhaupt keine Aussicht auf Erfolg hat, denn das Gericht hat die bereits am 08.02.2006 angeordnete Beweisaufnahme zur Höhe des Anspruches dennoch ausgeführt, was aber nur gerechtfertigt war, wenn auch die Schlüssigkeit, nach welcher Anspruchsgrundlage auch immer, zu diesem Zeitpunkt bejaht wurde.

4.

Die im Mai 2003 vereinbarte Bedingung ist inzwischen eingetreten, weshalb die Beklagte für die seit Mai 2003 angefallenen und in den Prozess eingeführten Aufwendungen der Klägerin aufgrund der vertraglichen Vereinbarung einzustehen hat.

Nach der übereinstimmenden Formulierung der Parteien sollten die Kosten bis zur "endgültigen Entscheidung" zwischengeparkt werden. Darunter ist nicht das Vorliegen einer rechtskräftigen Feststellungsklage zur Frage der Verursachung der Mängel zu verstehen, die ohne Zweifel nicht vorliegt, sondern das Vorliegen eines "endgültigen" Beweisergebnisses. Dies ergibt sich daraus, dass die Erklärungen im Zusammenhang mit dem selbständigen Beweisverfahren 17 OH 27/02 LG Wuppertal erfolgt sind. Dieses hatte die Klägerin gerade in der Hoffnung eingeleitet, die dortige Beweiserhebung würde auch die Beklagte überzeugen, dass die Schäden nicht durch sie, die Klägerin, verursacht worden seien. In ihrem Annahmeschreiben vom 16.05.2003, das nach der Vorlage des ersten Gutachtens des Sachverständigen E..... im selbständigen Beweisverfahren gefertigt wurde, hat die Beklagte zunächst zum Ausdruck gebracht, dass jenes Verfahren für sie noch nicht abgeschlossen sei. Mit der dann in Bezug genommenen "endgültigen Entscheidung" kann daher nur gemeint gewesen sein, dass eine Beweiserhebung erfolgt ist, die sicher Rückschlüsse auf die Schadensverursachung zulässt.

Nach dem Beweisergebnis im vorliegenden Verfahren im Anschluss an die Feststellungen im selbständigen Beweisverfahren ist die Klägerin nicht für die Ablösungserscheinungen und die Blasenbildung des verlegten Straticamaterials verantwortlich. Die Ablösungen etc. sind vielmehr auf die nachträglich entstandene zu hohe Feuchtigkeit des Estrichs zurückzuführen, was die Klägerin aber vor Ausführung ihrer Arbeiten nicht erkennen konnte.

Grundsätzlich kommt allerdings in Betracht, dass die Klägerin - ähnlich wie bei Ausführung eines Parkettfußbodens - für Mängel infolge zu hoher Restfeuchte des Estrichuntergrunds haftet, wenn sie dessen Geeignetheit zur Aufbringung des vorgesehenen Belags vorher nicht ausreichend geprüft hat (vgl. dazu: Senat, BauR 1998, 126, 127). Aufgrund der Beweisaufnahme insbesondere der Aussagen der Zeugen C..... und E..... steht aber, worauf bereits das Landgericht in seinem Hinweis- und Beweisbeschluss vom 08.02.006 hingewiesen hat, fest, dass die Klägerin ihrer Prüfungspflicht bezüglich des Untergrundes, die sich zumindest aus § 242 BGB ergibt, ausreichend nachgekommen ist. Der Mitarbeiter E..... der Klägerin hat über einen längeren Zeitraum im April 2002 Feuchtigkeitsmessungen vorgenommen und zunächst eine Belegung mit Stratica wegen zu hoher Restfeuchte des calciumsulfatgebundenen Estrichs mehrfach abgelehnt, weshalb anders als die benachbarte Fläche, die mit Fliesen unter Verwendung von sog. Entkopplungsmatten trotz hoher Restfeuchte belegt wurde, eine Bearbeitung des Estrichs zunächst nicht erfolgt ist. Der Zeuge hat die Freigabe erst erklärt, nachdem er an zwei Stellen sogenannte CM-Messungen vorgenommen hat, die Werte von unter 0,3 CM% ergaben. Zuvor hat er den Untergrund mit Hilfe eines Grann-Messgerätes untersucht, um die für eine geeignete Messung "feuchtesten Stellen" herauszufinden. Da nach den Angaben des Sachverständigen E..... nicht die Belegung eines Heizestrichs, sondern des Schutzestrichs anstand, der als Estrich auf Trennlage anzusehen ist, reichten die vorgenommenen zwei Messungen für die Prüfung aus.

Die Klägerin hatte dabei nicht die Pflicht, die Messungen bis in den Heizestrich selbst vorzunehmen, welcher durch U..... GmbH ausgeführt und für die Verlegung des Schutzestrichs freigegeben wurde. Die Klägerin hatte keinen Anhaltspunkt dafür, dass schon dieser Heizestrich vor Aufbringung des Schutzestrichs eine zu hohe Restfeuchtigkeit aufwies und deshalb zu früh belegt worden sein könnte. Zwar hat die Klägerin für die U..... GmbH eine CM-Messung am Heizestrich durchgeführt. Dies war jedoch eine rein technische Leistung, die sich in der Durchführung der Messung erschöpfte. Damit wurde die Klägerin aber nicht für die Freigabe des Heizestrichs verantwortlich. Der Umstand, dass hier seitens der Klägerin nur eine, nämlich die beauftragte Messung am Heizestrich durchgeführt wurde, führt nicht dazu, dass die Klägerin ihre Hinweispflicht gegenüber der Beklagten verletzt hätte. Die Aufgabe, für ausreichend Messungen zu sorgen und diese auszuwerten, oblag nach wie vor der U..... GmbH, auch wenn sie mit der technischen Durchführung Dritte beauftragt hat. Dass die Klägerin erkennen konnte, dass auf der Gesamtfläche überhaupt nur diese eine Messung durchgeführt werden sollte, kann auch nicht festgestellt werden.

Aus der einmalig durchgeführten Messung musste die Klägerin schließlich nicht auf eine zu hohe Restfeuchte des Heizestrichs schließen, denn die von der Klägerin durchgeführte Messung hat nach den Bekundungen des damaligen Bauleiters der Beklagten C..... ergeben, dass der Feuchtegehalt des Heizestrichs unter der Grenze von 0,3 CM % lag.

Als nachvollziehbare Ursache für den im Juni 2002 festgestellten deutlichen Anstieg der Feuchtigkeit in der von der Klägerin belegten Estrichteilfläche verbleibt daher nur die vom Sachverständigen E..... nach Öffnung des Bodens ausführlich im Rahmen der schriftlichen bzw. mündlichen Stellungnahmen beschriebene Ursache. Entscheidend ist danach, dass die beiden Schutzestrichflächen entsprechend der vorgesehenen Belegung mit unterschiedlichen Materialien nur mittels einer Schiene getrennt werden. Diese ist zwar durch den gesamten, über 6 cm dicken Schutzestrich hindurch geführt, liegt dann aber nur auf der über dem Heißestrich verlegten PE-Folie auf, die nicht dampfdicht ist. Bedingt durch diese Konstruktion konnte sich die Feuchtigkeit aus dem Schutzestrich unter dem Fliesenbelag, der im Zeitpunkt der Belegung eine erhebliche Restfeuchte aufwies, weshalb zusätzlich Entkopplungsmatten verwendet wurden, die die Feuchtigkeit zum Fliesenbelag hin abdichteten, ausbreiten und den ehemals für eine Belegung als trocken anzusehenden Estrich nachträglich wieder durchfeuchten.

Dafür, dass die Klägerin erkennen konnte, dass die angebrachte Schienenführung konstruktiv nicht ausreichen würde, um die beiden Teilflächen sicher abzutrennen, ist im Übrigen nichts ersichtlich.

Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den von der Beklagten beigebrachten gutachterlichen Stellungnahmen des Herrn Dipl.-Ing. P..... . Zum einen hat dieser seine Messungen vor Ort erst ca. ein halbes Jahr nach den Messungen des gerichtlichen Sachverständigen vorgenommen und zum anderen legt er seiner Beurteilung eine Verantwortlichkeit der Klägerin für den Heizestrich zugrunde, die nicht gegeben ist.

5.

Der Klägerin steht hinsichtlich der Reparaturkosten im Zeitraum 06.06.2002 bis 13.03.2004 gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung gemäß § 280 Abs. 1 BGB zu. Zwar ist an eine Sorgfaltspflichtverletzung zu denken, wenn der Auftraggeber den Unternehmer erkennbar unberechtigt zur Mangelbeseitigung auffordert. Der Auftraggeber haftet in diesem Fall aber nur, wenn ihn daran ein Verschulden trifft (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB; vgl. auch noch Kleine-Möller-Merl, a.a.O., Rdnr. 1028; Malotki, BauR 1998, 682, 688). Dies setzt zumindest voraus, dass der Auftraggeber ernsthaft Zweifel daran hat, dass die Mangelursache vom Auftragnehmer gesetzt wurde. Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Nach der Symptomtheorie, die in ständiger Rechtsprechung vom Bundesgerichtshof vertreten wird (vgl. z.B. BGH BauR 2003, 693, 694), ist der Auftraggeber auch nach Abnahme des Werkes nicht verpflichtet, bei Rüge eines Mangels die Gründe seiner Entstehung, also die Mangelursache, im Einzelnen anzugeben oder gar durch Sachverständigengutachten vorab prüfen zu lassen. Der Beklagten ist daher kein Schuldvorwurf zu machen, weil sie die Mängel, die am Werk der Klägerin aufgetreten sind, dieser gegenüber gerügt und Mangelbeseitigung verlangt hat. Frühestens mit der Vorlage des Gutachtens im selbständigen Beweisverfahren bestand für die Beklagte Anlass, ihre bisherige Ansicht zu überprüfen, dass der Mangel in die Zuständigkeit der Klägerin fallen würde. Ab diesem Zeitpunkt hat die Beklagte aber mit der Klägerin eine vertragliche Absprache über die Durchführung der notwendigen Arbeiten und die Übernahme der entstehenden Kosten getroffen, so dass ab diesem Zeitpunkt es ausgeschlossen ist, dass eine Sorgfaltspflicht in der Aufforderung zur Mängelbeseitigung liegen könnte.

6.

Die weiteren Kosten, die die Klägerin wegen der Mangelbeseitigungsarbeiten seit Juni 2002 bis März 2003 geltend macht, sind ihr ferner nicht unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß den §§ 670, 673, 677 BGB zu erstatten. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin insoweit eine berechtigte Fremdgeschäftsführung vorgenommen hat, d.h. eine solche, die dem Willen der Beklagten entsprach. Die Beklagte hatte vielmehr seit Auftreten der Mängel mehrfach ausdrücklich erklärt, dass sie von der Klägerin Gewährleistungsarbeiten, d.h. eine kostenlose Nachbesserung ihres Werkes verlange. Aufgrund des damit eindeutig geäußerten Willens der Beklagten kann nicht unterstellt werden, dass die Durchführung der Mangelbeseitigungsmaßnahme außerhalb der Gewährleistungsvorschriften dennoch dem Willen der Beklagten entsprechen würde. Nach der Vorstellung der Beklagten sollte die Tragung der Aufwendungen vielmehr ausdrücklich in den Risikobereich der Klägerin fallen (vgl. dazu auch BGH NJW 1993, 200, 201).

7.

Die Klägerin könnte daher allenfalls die Herausgabe einer eventuell noch bei der Beklagten vorhandenen Bereicherung gemäß den §§ 812 Abs. 1, 684 BGB verlangen, weil kein Rechtsgrund für die durchgeführten Arbeiten gegeben ist. Die Beklagte ist aber im Sinne von § 818 Abs. 3 BGB nicht mehr bereichert.

Gemäß § 818 Abs. 2 BGB schuldete die Beklagte, da die Leistung der Klägerin, die im Autohaus der Auftraggeberin der Beklagten erbracht wurde und deshalb so nicht mehr herausgabefähig ist, grundsätzlich Wertersatz. Dieser bemisst sich nach den ersparten Aufwendungen, d.h. nach der angemessenen Vergütung bei Durchführung der Arbeiten durch eine von der Beklagten beauftragte Drittfirma (vgl. dazu auch Palandt/Sprau, § 818 BGB, Rdnr. 22; siehe auch OLG Düsseldorf BauR 2001, 1608, 1610).

Die Beklagte hätte aber vorliegend keinen Dritten mit der Mangelbeseitigung kostenpflichtig beauftragen müssen, sondern lediglich denjenigen Handwerker, der zur Mangelbeseitigung tatsächlich verpflichtet gewesen wäre, d.h. vorliegend den Estrichleger. Nach Durchführung der Mangelbeseitigungsarbeiten an dem Holzbelag ist es der Beklagten aber nicht mehr möglich, auf jene zurückzugreifen und von dieser die Mängelbeseitigung zu fordern. Denn im Verhältnis zur Firma U..... ist die stetige Durchführung von Reparaturmaßnahmen als unberechtigte Ersatzvornahme zu werten, weil die Voraussetzungen des § 637 Abs. 1 BGB - insbesondere Fristsetzung - nicht als erfüllt anzusehen sind, so dass die Beklagte von dieser weder nach den Gewährleistungsvorschriften (vgl. dazu BGH BauR 2005, 1021) noch unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag oder der ungerechtfertigten Bereicherung Ersatz erlangen könnte (vgl. dazu PWW-Leupertz, § 637 BGB, Rdnr. 3). Dafür, dass der Beklagten dennoch, etwa wegen gleichzeitiger Fristsetzung gegenüber der U..... GmbH ein Rückgriff für den hier streitigen Zeitraum möglich wäre, ist nichts ersichtlich und wurde von der Klägerin auch nicht vorgetragen. Dementsprechend ist die Beklagte durch die Maßnahme der Klägerin nicht mehr bereichert, weil sie damit sogleich ihren Ausgleichsanspruch gegen Dritte verloren hat (vgl. dazu noch: OLG Hamm NJW-RR 1998, 163, 164; Kleine-Möller-Merl, a.a.O., Rdnr. 1029, Malotki, BauR 1998, 682, 690; siehe auch Kniffka, a.a.O. S. 205, der dem Auftragnehmer zwar grundsätzlich einen Aufwendungsersatzanspruch zubilligt, dabei aber ausdrücklich offen lässt, aufgrund welcher Anspruchsgrundlage dies möglich sein soll. Soweit in der Entscheidung OLG Düsseldorf BauR 2001, 1608 ein Bereicherungsanspruch bejaht wird, bestand dort keine Gewährleistungspflicht durch einen Dritten; ähnlich wohl in der Entscheidung BGH NJW 1984, 2457, 2460.).

Gegen die Annahme des Wegfalls der Bereicherung aus diesem Grund lässt sich auch nicht argumentieren, dass es in die Risikosphäre der Beklagten fallen müsse, welchen Unternehmer sie zur Mängelbeseitigung auffordere. Von einer solchen eindeutigen Risikozuweisung kann nicht ausgegangen werden, wenn - wie vorliegend - der Mangel zunächst an dem Gewerk eines Unternehmers auftritt und sich dessen Verursachung nicht ohne Weiteres klären lässt. Andernfalls wäre der Auftraggeber verpflichtet, die Ursache vor der Mängelrüge entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dennoch abzuklären. Der Auftragnehmer ist damit nicht schutzlos gestellt. Soweit er mit dem Auftragnehmer keine vertragliche Absprache treffen kann, weil dieser eine solche verweigert, obliegt es dem Auftragnehmer seinerseits abzuwägen, ob der aufgetretene Mangel in seine Verursachungssphäre fällt. Wenn er meint, dieses ohne Risiko verneinen zu können, steht ihm der Weg offen, die geforderte Mängelbeseitigung abzulehnen und dem Auftraggeber die Mängelaufklärung anheim zu stellen.

8.

Aufgrund der festgestellten vertraglichen Vereinbarung stehen der Klägerin insgesamt 1.374,43 € zu. Die Beweisaufnahme vor dem Landgericht hat ergeben, dass die in den Arbeitsnachweisen 6719, 7232 und 8659 aufgelisteten Arbeiten und Materialien tatsächlich angefallen sind. Die Arbeitsnachweise sind der Beklagten auch zugeleitet worden, jedenfalls hat sie den fehlenden Zugang nicht gerügt. Daher ergibt sich unter Heranziehung der in der Aufstellung zur Klageschrift (Bl. 11) genannten Entgelte für die im Arbeitsnachweis 6719 aufgeführten Arbeiten und Materialien ein anzusetzender Betrag in Höhe von 402,58 € netto, für den Arbeitsnachweis 7232 ein Betrag von 300,18 € netto und für den Arbeitsnachweis 8659 ein Betrag von 482,03 € netto (insgesamt 1.184,79 € netto). Zuzüglich der geschuldeten gesetzlichen Umsatzsteuer ergibt dies den tenorierten Betrag von 1.374,36 €.

Der Betrag ist, wie beantragt, gemäß den §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB in Höhe von fünf Prozentpunkten seit Klagezustellung, das ist der 28.07.2004, zu verzinsen.

III.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß den §§ 92, 97 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO. Gründe, die Revision gemäß § 543 ZPO zuzulassen, liegen nicht vor.

Streitwert: 9.077,76 €

Ende der Entscheidung

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