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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 10.11.2005
Aktenzeichen: I-21 U 1783/03
Rechtsgebiete: BGB, VOB/B


Vorschriften:

BGB § 288 Abs. 1 s
BGB § 648 a
BGB § 812 Abs. 1 Satz 2
VOB/B § 1 Nr. 3
VOB/B § 2 Nr. 5
VOB/B § 2 Nr. 5 Satz 2
VOB/B § 5 Nr. 4
VOB/B § 14 Nr. 4
VOB/B § 16 Nr. 3 Abs. 2
VOB/B § 16 Nr. 3 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Das Versäumnisurteil des Senats vom 27.04.2004 bleibt aufrechterhalten.

Die weiteren Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 240.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Im Rahmen des Bauvorhabens "Neubau K....." in W..... beauftragte die Klägerin den Beklagten mit der Herstellung des Gewerkes "Einbaumöbel/ Wandverkleidung". Die Bruttoauftragssumme betrug 1.023.097,61 DM. In der Folgezeit bat der Beklagte um weitere Detailangaben, die im Leistungsverzeichnis nicht enthalten waren. Außerdem verlangte er eine Vorauszahlung in Höhe von 255.896,- DM. Die Klägerin erklärte sich zu dieser Vorauszahlung bereit, verlangte jedoch eine Vorauszahlungsbürgschaft. Diese Bürgschaft wurde vom Beklagten nicht gestellt. Stattdessen erstellte er am 18.12.2000 eine erste Abschlagsrechnung über 158.030,67 DM. Diesen Betrag überwies die Klägerin an den Beklagten. Danach führte der Beklagte keine Arbeiten mehr aus, weil er der Auffassung war, dass ein wirksamer Vertrag nicht zustande gekommen war. Nach Auseinandersetzungen über angebliche Behinderungen und Nachträge forderte die Klägerin den Beklagten auf, seine Erfüllungsbereitschaft bis zum 18.04.2001 zu erklären und die Arbeiten wieder aufzunehmen, was jedoch nicht geschah. Statt dessen verlangte der Beklagte eine Sicherheitsleistung nach § 648 a BGB und eine Bürgschaftsurkunde der Stadtsparkasse W..... über 905.370,53 DM. Geforderte Nachträge des Beklagten wurden dem Grunde nach beauftragt. Der Beklagte begann jedoch nicht mit den beauftragten Arbeiten. Mit Schreiben vom 02.07.2001 setzte die Klägerin dem Beklagten eine Frist zur Aufnahme der Arbeiten bis zum 06.07.2001 und kündigte für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs die Entziehung des Auftrags an. Am 05.07.2001 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er die Produktion in seinem eigenen Betrieb wieder aufnehme. Daraufhin kündigte die Klägerin am 06.07.2001 den Werkvertrag. Der Beklagte bestätigte die Kündigung und übermittelte der Klägerin die Schlussrechnung über einen Betrag von 536.476,25 DM und eine Position "Schadensersatz/Gewinnausfall" über 300.000,- DM. Eine Unterscheidung zwischen erbrachten und nicht erbrachten Leistungen nahm er nicht vor. Ein von der Klägerin beauftragter Architekt errechnete eine berechtigte Forderung des Beklagten von 30.237,55 DM. Mit der Klage begehrt die Klägerin die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde der Stadtsparkasse W..... (§ 648 a-Bürgschaft) und Zahlung eines Betrages von 65.339,58 Euro. Das ist die Differenz zwischen der geleisteten Abschlagszahlung und der von ihr ermittelten Restforderung des Beklagten. Nach Erlass eines Versäumnisurteils am 20.05.2003 hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach Kündigung des Werkvertrages sei der Rechtsgrund für die Bürgschaftsgestellung weggefallen. Die Kündigung sei wirksam gewesen, da der Beklagte seine Arbeiten eingestellt habe und dadurch mit der Vollendung der Bauausführung in Verzug geraten sei. Deshalb könne die Klägerin die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde verlangen. In Höhe eines Betrages von 65.339,58 Euro sei der Beklagte überzahlt, da ihm nur eine Forderung von 15.460,21 Euro zugestanden habe. Der Erklärung der Klägerin, dass keine weiteren Zahlungen mehr erfolgen würden und von einem Betrag von 15.460,21 Euro auszugehen sei, sei der Beklagte nicht entgegengetreten. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Er hat die Auffassung vertreten, wegen zahlreicher Änderungen des vereinbarten Leistungsinhalts und damit verbundener Preissteigerungen habe er auf einem neuen Vertragsinhalt bestehen dürfen. Diesen habe die Klägerin jedoch verweigert. Der Beklagte hat beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils das Versäumnisurteil des Landgerichts Wuppertal vom 20.05.2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie ist der Auffassung, dass der Beklagte bis heute nicht den Umfang der von ihm ausgeführten Leistungen dargelegt habe. Soweit er nunmehr zu dem produktionstechnischen Ablauf vortrage, sei dieser Vortrag neu und deshalb nicht mehr zuzulassen. Mit Versäumnisurteil vom 27.04.2004 hat der Senat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Gegen dieses Versäumnisurteil hat der Beklagte rechtzeitig Einspruch eingelegt. Er beantragt, unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Senats vom 27.04.2004 und Aufhebung des Versäumnisurteils des Landgerichts Wuppertal vom 20.05.2003 die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, das Versäumnisurteil des Senats vom 27.04.2004 aufrechtzuerhalten. I. Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Landgericht hat der Klage zu Recht in vollem Umfang stattgegeben. Die Klägerin hat einen vertraglichen Rückgewähranspruch in Höhe von 65.339,58 Euro, denn der Beklagte ist in Höhe dieses Anspruches überzahlt. 1. Auf die Abschlagsrechnung des Beklagten hat die Klägerin eine Zahlung in Höhe von 158.030,61 DM = 80.799,80 Euro erbracht. Zum Behalt dieses Betrages wäre der Beklagte nur dann berechtigt, wenn diese Zahlung dem Wert einer Werkleistung in gleicher Höhe entspricht. Das ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr steht dem Beklagten nur ein Betrag in Höhe von 30.237,55 DM = 15.460,21 Euro zu. Unstreitig ist das Vertragsverhältnis der Parteien gekündigt worden. Dieses Vertragsverhältnis ist von der Klägerin zu Recht gemäß § 5 Nr. 4 VOB/B aus wichtigem Grund gekündigt worden, denn der Beklagte befand sich mit der Vollendung der Ausführung in Verzug. Der Senat schließt sich in vollem Umfang den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts zur Berechtigung der Kündigung an. Zur Vermeidung von Wiederholungen sei ergänzend noch einmal klargestellt: Der Auftraggeber ist gemäß § 1 Nr. 3 VOB/B berechtigt, Bauentwurfsänderungen vorzunehmen. Als Folge dieses Rechts hat der Auftragnehmer einen Vergütungsanspruch aus § 2 Nr. 5 VOB/B. Grundlage dieses Vergütungsanspruches ist die ursprüngliche Preisvereinbarung mit dem Auftragnehmer, auf die dann die vorauskalkulierten Mehr- und Minderkosten in angemessener Weise hinzuzurechnen sind (vgl. Ingenstau/Korbion/Keldungs, VOB, 15. Aufl., § 2 Nr. 5 Rn. 31). Ein Anspruch auf Änderung des Vertrages besteht nicht. Es stellt keine Behinderung der Ausführung der Werkleistung dar, wenn die geforderten Nachtragsvereinbarungen noch nicht getroffen waren. Gemäß § 2 Nr. 5 Satz 2 VOB/B soll die neue Preisvereinbarung möglichst vor Beginn der Ausführung getroffen werden. Dies ist lediglich eine dringende Empfehlung, keine zwingende Voraussetzung (vgl. Ingenstau/Korbion/Keldungs, § 2 Nr. 5, Rn. 35). Der Beklagte war daher nicht zur Arbeitseinstellung berechtigt, weil noch keine neue Preisvereinbarung vorlag. Ebenso war er, wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, nicht berechtigt, auf der Grundlage einer neuen Berechnung des Werklohns eine höhere Sicherheitsleistung nach § 648 a BGB zu verlangen, da es eine neue Preisvereinbarung, die Grundlage einer weiteren Sicherheitsleistung hätte sein können, noch nicht gab. Der Beklagte war daher nicht berechtigt, wegen einer angeblich zu niedrigen Sicherheitsleistung, die Arbeiten einzustellen. Da der Beklagte auch nach entsprechender Fristsetzung die Arbeiten am Bauvorhaben nicht aufnahm und auf seiner abwegigen Rechtsauffassung beharrte, ist das Vertragsverhältnis zu Recht von der Klägerin aus wichtigem Grund gekündigt worden. 2. Nach Kündigung des Werkvertrages aus wichtigem Grund hat der Auftragnehmer Anspruch auf Bezahlung der ordnungsgemäß erbrachten Leistungen (vgl. Ingenstau/Korbion/Vygen, § 8 Nr. 3 Rn. 35). Eine solche Abrechnung hat der Beklagte nicht vorgenommen. Deshalb war die Klägerin gemäß § 14 Nr. 4 VOB/B berechtigt, eine eigene prüfbare Rechnung zu erstellen. Diese Rechnung ergab einen Betrag von 30.237,55 DM = 15.460,21 Euro. Da die Klägerin gleichzeitig darauf hingewiesen hat, dass sie im Hinblick auf die geleisteten Zahlungen weitere Zahlungen endgültig ablehne und der Beklagte gegenüber dieser Erklärung einen Vorbehalt nicht erklärt hat, ist er mit weiteren Forderungen gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 2 und 3 VOB/B ausgeschlossen. Da der Beklagte mithin endgültig Anspruch nur auf eine Werklohnforderung in Höhe von 15.460,21 Euro hat, als Abschlag aber bereits 80.799,80 Euro erhalten hat, hat er den Differenzbetrag von 65.339,59 Euro an die Klägerin zurückzuzahlen. 3. Wie bereits dargestellt hat der fristlos gekündigte Werkunternehmer nur Anspruch auf Bezahlung der ordnungsgemäß erbrachten Leistungen. Demzufolge hat er gemäß § 648 a BGB auch nur einen Anspruch auf eine Sicherheitsleistung in Höhe dieser Werklohnforderung und dies auch nur bis zu dem Zeitpunkt, an dem die berechtigte Forderung erfüllt wird. Da die Klägerin Erfüllung des Vertrages nicht mehr verlangt, ist der Beklagte, da die ihm zustehende Werklohnforderung vollständig gezahlt worden ist, nicht mehr berechtigt, die Bürgschaftsurkunde zurückzuhalten (vgl. BGH BauR 2004, 834). Demzufolge hat die Klägerin gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaft. II. Der Zinsausspruch folgt aus § 288 Abs. 1 BGB, da sich der Beklagte spätestens seit dem 17.08.2002 mit seiner Rückerstattungspflicht in Verzug befindet. III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. IV. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.

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