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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 16.07.2004
Aktenzeichen: I-23 U 14/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, AGBGB


Vorschriften:

ZPO § 529
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt.
AGBGB § 5
AGBGB § 9 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten und seiner Streithelferin wird das am 28. November 2003 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die erstinstanzlichen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten der Klägerin und des Beklagten werden gegeneinander aufgehoben. Die erstinstanzlich durch die Nebenintervention verursachten Kosten fallen der Klägerin und der Streithelferin der Beklagten je zur Hälfte zur Last.

Die Kosten des Berufungsverfahrens und die in 2. Instanz durch die Nebenintervention verursachten Kosten fallen der Klägerin zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe: Die Berufung ist zulässig und begründet. Die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO), die nach § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine andere Beurteilung. I. Die Klägerin kann von dem Beklagten nicht aus § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB die Einwilligung zur Auszahlung der von der XX GmbH & Co. KG (XX) bei dem Amtsgericht Bonn - Az.: 14 HL 134/02 - hinterlegten 7.045,47 EUR verlagen, denn sie ist nicht Gläubigerin der entsprechenden Kaufpreisforderungen gegen die XX. Zwar standen ihr die Ansprüche gegen die XX zunächst aufgrund der zwischen ihr und der Gemeinschuldnerin vereinbarten Vorausabtretung künftiger Forderungen im Rahmen eines verlängerten Eigentumsvorbehalts zu. Jedoch sind diese Ansprüche dann von der Gemeinschuldnerin wirksam an die Streithelferin abgetreten worden. 1. Nach den bindenden, von den Parteien nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil war die Gemeinschuldnerin als Großhändlerin tätig; die XX erwarb von ihr Waren, die die Gemeinschuldnerin ihrerseits von der Klägerin bezog. Grundlage des Vertragsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Gemeinschuldnerin war der XX- Liefer- und Konditionsvertrag vom 01.01.1999 (Bl. 7 ff. GA). Danach erfolgten die Lieferungen nach den Bedingungen der Klägerin (Lieferbedingungen). Diese sehen unter Nr. 6 c) vor, dass der Käufer die Forderungen aus dem Weiterverkauf der Vorbehaltsware an die Klägerin abtritt. Damit standen zunächst die Kaufpreisforderungen gegen die XX aus den Warenlieferungen gemäß den Rechnungen der Gemeinschuldnerin vom 25.07.2002 (Bl. 264 GA) und 31.07.2001 (Bl. 266 GA), deretwegen die XX den Betrag hinterlegt hat, der Klägerin zu. 2. Diese Forderungen gegen die XX sind jedoch von der gemäß Nr. 6 d) der Lieferbedingungen zur Einziehung ermächtigten Gemeinschuldnerin im Rahmen eines echten Factoring wirksam an die Streithelferin veräußert worden. a) Die Lieferbedingungen enthalten kein Verbot eines solchen Forderungsverkaufs durch die Gemeinschuldnerin. aa) Die Regelung in der Nr. 6 g) dieser Bedingungen, wonach "Verpfändung oder Sicherungsübereignung der Vorbehaltsware bzw. der abgetretenen Forderung sowie Factoring" unzulässig sind, erfasst nicht das echte Factoring. Das ergibt sich aus der Nr. 6 c) der Lieferbedingungen, die bestimmt: "Der Käufer tritt hiermit die Forderung mit allen Nebenrechten aus dem Weiterverkauf der Vorbehaltsware an uns ab, ... Hat der Käufer diese Forderung verkauft, so tritt er an ihre Stelle tretende Forderung (sic!) an uns ab." Hieraus kann nur geschlossen werden, dass dem Käufer ein Forderungsverkauf und damit die Durchführung des echten Factoringverfahrens gerade nicht untersagt werden sollte. Das ist auch sachgerecht, da es der Klägerin grundsätzlich gleich sein konnte, ob die Gemeinschuldnerin ihr Geld vom Dritterwerber oder einem Factor erhielt. Damit kann mit dem Begriff Factoring in den AGB der Klägerin nur das sogenannte unechte Factoring gemeint sein. Wenn die Klägerin nur Forderungsverkäufe in einem eingeschränkten Sinn hätte zulassen wollen, so hätte sie das in ihren Lieferbedingungen klarstellen müssen. bb) Zumindest aber sind die genannten Bestimmungen in den Lieferbedingungen der Klägerin nicht eindeutig, weil einerseits ein Forderungsverkauf zugelassen, andererseits das Factoring ausgeschlossen wird. Damit ist der Nr. 6 g) der Lieferbedingungen gerade kein eindeutiger Regelungswille zu entnehmen. Die dann bestehenden Zweifel, ob das echte Factoring nach den AGB der Klägerin ausgeschlossen ist oder nicht, gehen gemäß § 5 AGBGB zu deren Lasten. Deshalb muss nicht entschieden werden, ob ein generelles Verbot des echten Factoring gemäß §§ 138 Abs. 1 BGB, 9 Abs. 1 AGBGB unwirksam wäre, was ganz überwiegend angenommen wird (vgl. Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. A., § 102 Rn. 103 f., m.w.N.). b) Die Kaufpreisansprüche gegen die XX hat die Streithelferin von der Gemeinschuldnerin im Wege eines solchen echten Factorings erworben. aa) Der Factoringvertrag zwischen der Gemeinschuldnerin und der Streithelferin vom 03.10.2001 (Bl. 52 ff. GA) sieht in der Nr. 1 vor, dass die Streithelferin als Factor die Forderungen der Kunden, hier der Gemeinschuldnerin, gegen seine Abnehmer kauft und damit das Risiko für deren Zahlungsunfähigkeit übernimmt. In Nr. 11.1 dieses Vertrags wird festgelegt, dass der Kunde an den Factor alle bestehenden und künftig entstehenden Forderungen aus Lieferungen und Leistungen gegen seine Abnehmer unter der aufschiebenden Bedingung des Ankaufs der jeweiligen Forderung durch den Factor abtritt und der Factor diese Abtretung annimmt. Die Nr. 3.1. des Vertrages enthält die Klausel, dass der Kaufvertrag über die einzelne Forderung durch die Annahmeerklärung des Factors zustande kommt, wobei die Annahmeerklärung durch Buchung der Forderung auf dem Factoringkonto des Kunden erklärt wird, ohne dass dem Kunden eine Buchungsmitteilung zugehen muss. bb) Der Beklagte und die Streithelferin haben dargelegt und bewiesen, dass letztere im Rahmen des vereinbarten Forderungskaufs auch die streitgegenständlichen Forderungen gegen die XX erworben hat. Dies ergibt sich aus den im Senatstermin übergebenen und erläuterten Unterlagen auf dem Stand Juli 2002, nämlich dem Buchungsjournal und der Verfügbarkeitsliste der Streithelferin, deren inhaltliche Richtigkeit die Klägerin zugestanden hat. Danach sind auch die der Streithelferin von der Gemeinschuldnerin angebotenen Kaufpreisforderungen gegen die XX, um die es hier geht, durch Einbuchung auf dem Forderungskonto angekauft worden. Dass die in dem im Buchungsjournal auf dem Forderungskonto insgesamt ausgewiesenen 9.407.814,81 EUR sämtliche Forderungen gegen die XX beinhalten, folgt daraus, dass die Streithelferin durch diese Einbuchung sämtliche ihr von der Gemeinschuldnerin angebotenen Forderungen gegen einzelne Abnehmer ankaufte, solange deren festgelegtes Limit nicht überschritten war, weil nur bis zu diesem Limit eine Kreditversicherung bestand. Nach der Verfügbarkeitsliste war die XX unterhalb dieses Limits. Denn dort sind für diese insgesamt Forderungen von nur 101.753,04 EUR bei einem Limit von 307.000,00 EUR ausgewiesen. II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Hinsichtlich der Kosten erster Instanz ist zu berücksichtigen, dass die Widerklage abgewiesen worden ist. Diese von der Streithelferin im Rahmen des § 67 ZPO erhobene Widerklage muss sich der Beklagte mangels ausdrücklichen Widerspruchs zurechnen lassen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Streitwert für das Berufungsverfahren: 7.045,47 EUR.

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