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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 01.09.2009
Aktenzeichen: I-24 U 103/08
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 612 Abs. 2
BGB § 1990
ZPO § 91
ZPO § 780
1. Das Prozessgericht darf ohne Prüfung der Erschöpfung des Nachlasses nach freiem Ermessen dem beklagten Erben auf seine Dürftigkeitseinrede die Haftungsbeschränkung vorbehalten oder die behauptete Erschöpfung des Nachlasses materiell prüfen, es sei denn, die Dürftigkeit des Nachlasses stünde bereits fest.

2. Aus einem Pflegevertrag schuldet der pflegebedürftige Schuldner nur dann die übliche Vergütung, wenn die Vertragspartner zur Höhe der entgeltlichen Dienstleistung nichts vereinbart haben.

3. Zur Anwendung der Pflegevertragsklausel

"Grundlage für die Berechnung ist die von der Pflegekasse festgelegte Pflegestufe und die mit den Pflegekassen vereinbarten Vergütungssätze in der jeweils gültigen Fassung"

auf einen beihilfeberechtigten, privat versicherten Schuldner.

4. Die (zivilrechtliche) Wirksamkeit einer Pflegevertragsänderung hängt nicht von der Einhaltung der Schriftform nach § 120 SGB XI ab.

5. Die Kosten des Rechtsstreits eines Nachlassgläubigers gegen den Erben sind von der beschränkten Erbenhaftung auszunehmen, wenn sie nicht durch die Prozessführung des Erblassers, sondern des Erben selbst veranlasst worden sind.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF Beschluss

I-24 U 103/08

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter Mitwirkung seiner Richter Z., T. und P. am 01. September 2009 einstimmig

beschlossen:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 17. April 2008 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal - Einzelrichter - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die im Tenor des angefochtenen Urteils (Absatz 1) titulierte Hauptforderung nicht 9.236,24 €, sondern richtig 9.236,18 € lauten muss.

2. Die Kosten des Berufungsrechtszugs werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt. Die den Beklagten im angefochtenen Urteil gesamtschuldnerisch auferlegten Kosten des ersten Rechtszugs stehen, soweit die bis zum Ablauf des 05. Dezember 2007 entstandenen sind, unter dem Vorbehalt der auf den Nachlass des am 6. Dezember 2007 verstorbenen H. M. beschränkten Erbenhaftung.

3. Berufungsstreitwert: 9.236,18 EUR

Gründe:

I.

Das Rechtsmittel hat, mit Ausnahme der im angefochtenen Urteil ausgesprochenen Kostenfolge, die teilweise einzuschränken ist, keinen Erfolg, weshalb es zurückzuweisen ist, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das Landgericht hat die Beklagten im Ergebnis zu Recht zur Zahlung restlicher Vergütung (nebst Zinsen und vorgerichtlicher Kosten) für dem Erblasser in der Zeit von 01. April bis 31. Dezember 2006 erbrachter Pflegedienstleistungen unter dem Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung verurteilt. Soweit das Landgericht antragsgemäß eine Forderung in Höhe von 9.236,24 EUR tituliert hat, statt in der rechnerisch richtigen Höhe von nur 9.236,18 EUR, ist dieser Fehler gemäß § 319 Abs. 1 ZPO im vorliegenden Beschlussverfahren zu berichtigen, ebenso wie die teilweise zu korrigierende Kostenentscheidung. Die zum Grund der Forderung und im Übrigen zu ihrer Höhe vorgebrachten Berufungseinwände rechtfertigen keine den Beklagten günstigere Entscheidung. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird Bezug genommen auf den Hinweisbeschluss vom 23. Juli 2009. Dort hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt:

"1. Der besseren Übersichtlichkeit halber und auch zum Verständnis des (berichtigungsfähigen) Rechenfehlers werden zunächst die (aufgegliederten) Einzelforderungen sowie die (Zwischen-)Summen in der nachstehenden Tabelle zusammengefasst dargestellt:

Tabelle 1

 IIIIIIIVVVIVIIVIIIIX
ZeileRg-Nr. Rg-Dat.LeistgAkte/BlattHonorar/€Abzüge/€ (Zahlungen/Leistungsverzichte)Differenz/€Summen/€
01485630.04.06BPfl (BPfl = Behandlungspflege (analog § 37 SGB V))31561,12325,59235,53 
02492931.05.06BPfl32581,270,00581,27 
03500530.06.06BPfl34387,770,00387,77 
04508431.07.06BPfl36251,540,00251,54 
05517531.08.06BPfl38559,580,00559,58 
06Resthonorarsumme/Behandlungspflege 04/06 - 08/06      2.015,69
073853/PK31.05.06GPfl (GPfl = Grundpflege (analog §§ 14 Abs. 4 Nr. 1 -3, 36 Abs. 1 S. 1 SGB XI))432.337,4099,202.238,20 
083911/PK30.06.06GPfl451.537,7265,60(Differenz (Zeile 08/Sp. VI, VII): 1.472,12 €, verlangt werden aber nur 1.442,83 €) 1.442,83  
093965/PK31.07.06GPfl471.024,6464,00960,64 
104032/PK31.08.06GPfl492.337,401.531,20 Differenz (Zeile 10/Sp. VI, VII): 806,20 €, verlangt werden aber nur 682,20 €) 682,20 
114100/PK30.09.06GPfl512.262,001.528,00734,00 
124155/PK31.10.06GPfl532.337,401.531,20806,20 
134279/PK31.12.06GPfl552.238,201.432,00 (Differenz (Zeile 13/Sp. VI, VII): 806,20 €, verlangt werden aber nur 641,22 €) 641,22 
14Honorarsumme/Grundpflege 05/06 - 12/06     7.505,29 
15Erstattung/GPfl 02- 04/06 (89,60 € + 99.20 € + 96,00 €)     - 284,80 
16Resthonorare/Grundpflege: 7.220.55 €, richtig aber nur      7.220,49
17Gesamthonorar (= Klageforderung = LGU): 9.236,24 €, richtig aber nur      9.236,18
18vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten      399,10
19Gesamtforderung      9.635,28

2. Das Landgericht hat

- das Zustandekommen eines Pflegedienstvertrags auch hinsichtlich der abgerechneten Leistungen der Pflegestufe III bejaht,

- die tatsächliche Erbringung der abgerechneten Leistungen festgestellt,

- eine als Aufrechnung qualifizierte Einwendung aus dem Rechtsverhältnis der Klägerin zur Erstbeklagten (künftig: die Beklagte) zurückgewiesen,

- die Üblichkeit der verlangten Dienstvergütung für die abgerechneten Leistungen der Pflegestufe III (künftig: übliche Vergütung) festgestellt,

- die behauptete Teilerfüllung der Vergütungsforderung in Höhe von 3.611,87 EUR (künftig: Teilerfüllung) zurückgewiesen und

- den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung (künftig: Haftungsbeschränkung) hinsichtlich der titulierten Hauptforderung zwar einschränkungslos anerkannt, aber davon die zu Lasten der Beklagten ergangene Kostenentscheidung ausgenommen.

3. Die Beklagten sind der Auffassung, die Klage sei mit Blick auf die geltend gemachte Haftungsbeschränkung und wegen der nun auch feststellbaren Überschuldung des Nachlasses schon jetzt komplett abweisungsreif, so dass es eines Vorbehalts der Haftungsbeschränkung gar nicht mehr bedürfe. Im Übrigen greifen sie mit ihrer Berufung nur die Feststellungen an, die im angefochtenen Urteil zu ihren Lasten in den drei letztgenannten Punkten getroffen worden sind. Alle diese Einwendungen der Beklagten sind mit Ausnahme der Kostenentscheidung, die teilweise einzuschränken sein wird, unbegründet.

a) Die Ansicht der Beklagten, mit Blick auf die geltend gemachte Haftungsbeschränkung sei die Klage wegen der jetzt (im zweiten Rechtszug) feststellbaren Nachlassdürftigkeit abweisungsreif, ist rechtsirrtümlich.

aa) Das Prozessgericht kann sich im vom Nachlassgläubiger geführten Erkenntnisverfahren darauf beschränken, dem beklagten Erben auf dessen Dürftigkeitseinrede (§ 1990 BGB) gemäß § 780 Abs. 1 ZPO dessen Haftungsbeschränkung vorzubehalten. Es steht im freien Ermessen des Gerichts, die behauptete Erschöpfung des Nachlasses materiell zu prüfen, geboten ist diese Prüfung indes nicht (vgl. BGH FamRZ 2000, 909, 911; NJW 1983, 2378, 2379; KG Berlin KGR 2003, 207 = NJW-RR 2003, 941; Soergel/Stein, BGB, 13. Aufl., vor § 1967 Rn 13 und § 1990 Rn 10; Staudinger/Marotzke, BGB [2002], vor §§ 1967 ff. Rn 25 und § 1990 Rn 12 f.; Palandt/Edenhofer, BGB, 68. Aufl., § 1990 Rn 11; Musielak/Lackmann, ZPO, 6. Aufl., § 780 Rn 5 und 7; Zöller/Stöber, ZPO, 27. Aufl., § 780 Rn 11; MünchKomm/Schmidt, ZPO, 2. Aufl., § 780 Rn 17). Das beruht auf der Überlegung, das Erkenntnisverfahren nicht noch zusätzlich mit vollstreckungsrechtlichen Fragen zu belasten und dadurch die Entscheidungsreife zu Lasten des Gläubigers hinauszuzögern. In den Fällen, in denen der Erbe zu einem schnellen Ende des Erkenntnisverfahrens beiträgt, indem er sich auf den Haftungsvorbehalt beschränkt, mag es deshalb angebracht sein, die Dürftigkeitseinrede im Erkenntnisverfahren zu erledigen. Führt der Erbe indes, wie das im Streitfall geschieht, das schon zuvor als Vertreter des Erblassers von ihm (mit)beherrschte Erkenntnisverfahren unverändert fort, gibt es keinen hinreichenden Grund, zu Lasten des Gläubigers die Dürftigkeitseinrede im vorliegenden, immerhin seit dem Jahre 2007 anhängigen Erkenntnisverfahren zu erledigen.

bb) Anderes hat nur bei Entscheidungsreife der Haftungsbeschränkung zu gelten, wenn also die Dürftigkeit des Nachlasses entweder unstreitig oder liquide bewiesen ist (vgl. Zöller/Stöber, aaO, Rn 15; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl., § 780 Rn 5). Das ist hier indes nicht der Fall. Die Klägerin bestreitet die Richtigkeit des antragsgemäß vom Notar aufgenommenen, allein auf den Angaben des Zweitbeklagten (künftig: der Beklagte) beruhenden Nachlassverzeichnisses. In der Tat bedarf die als richtig versicherte Behauptung des Beklagten, der Erblasser, der bis zu seinem Ruhestand Ende März 1984 Präsident des Landgerichts gewesen ist und danach dementsprechend eine ansehnliche Pension bezogen hat, sei bei seinem Tod im Dezember 2007 komplett vermögenslos gewesen ebenso einer vertieften Überprüfung durch die Gläubigerin wie die Behauptung der Beklagten, der Nachlass sei hoch überschuldet gewesen. Das gilt umso mehr, als der beklagte Rechtsanwalt, der sich selbst und die von ihm betreute, hochbetagte und pflegebedürftige Erstbeklagte, seine Mutter, als völlig vermögenslos und selbst für die Prozesskosten hilfsbedürftig bezeichnet, die Vermögensangelegenheiten des Erblassers zuletzt allein und ganz unkontrolliert betreut hat, nämlich nicht etwa in der Rolle des Vermögenspflegers, der gerichtlicher Überwachung unterlegen hätte, sondern nur auf der Grundlage einer rechtsgeschäftlich erteilten Vollmacht. Das Misstrauen der Gläubigerin gegenüber der Versicherung des Beklagten ist umso nachvollziehbarer, als völlig ungeklärt ist, wohin die (hohen) Pensionseinkünfte des Erblassers geflossen sind, zumal dieser nach der Behauptung des Beklagten seit dem Jahre 1984 keinerlei Anschaffungen (nicht einmal Textilien) getätigt haben soll und die Kosten aus Anlass seiner Erkrankung und Pflegebedürftigkeit mit Blick auf die Transferleistungen (private Kranken- und Pflegeversicherung, Beihilfe, Pflegegeld) vollständig gedeckt gewesen sein müssen.

b) Auch vermag der Ansicht der Beklagten nicht gefolgt zu werden, sie schuldeten der Klägerin vertraglich kein Honorar in der geltend gemachten Höhe. Dabei kann der unter den Parteien unverändert herrschende Streit offen bleiben, ob das von der Klägerin auf der Grundlage der Preisliste für Leistungen der Pflegestufe III (Leistungskomplexe [LK] 24, 26) abgerechnete und hier verlangte Honorar die übliche Vergütung im Sinne des § 612 Abs. 2 BGB (künftig: "übliche Vergütung") darstellt.

aa) Die von den Beklagten gesetzte Prämisse, geschuldet sei nur die "übliche Vergütung", ist rechtlich nicht zutreffend. Die "übliche Vergütung" wird nur dann geschuldet, wenn die Vertragsparteien zwar eine entgeltliche Dienstleistung, aber nichts zu deren Höhe vereinbart haben (MünchKomm/Müller-Glöge, BGB, 5. Aufl:, § 612 Rn 26 m.w.N.). Im Streitfall haben die Parteien aber eine Vereinbarung zur Honorarhöhe getroffen, und zwar konkludent, was ausreichend ist (Palandt/Weidenkaff, BGB, 68. Aufl., § 611 Rn 31 und § 612 Rn 7 m.w.N.). Eine solche Vereinbarung ergibt sich aus dem Abschnitt "Leistung/Leistungsumfang/Kosten" des vom Beklagten als rechtsgeschäftlichen Vertreters des Erblassers zu dessen Lebzeiten unterzeichneten Pflegevertrags vom 17./18. Oktober 2005. Zwar bezieht sich der erste Absatz dieses Abschnitts konkret nur auf die der Pflegestufe I zugeordneten Vergütungssätze. Die Vertragsparteien haben aber unter dem Abschnitt "Kosten" (Absatz 1 Satz 2) ferner vereinbart, "Grundlage für die Berechnung [sei] die [gemeint ist: jeweils] von der Pflegekasse festgelegte Pflegestufe und die mit den Pflegekassen vereinbarten Vergütungssätze in der jeweils gültigen Fassung" (künftig: Kostenklausel).

Zwar trifft es zu, dass diese Klausel dem Wortlaut nach auf Leistungsempfänger zugeschnitten ist, die in der sozialen Pflegeversicherung pflichtversichert sind (vgl. §§ 18, 20, 46 SGB XI), während der beihilfeberechtigte Erblasser entsprechend der gesetzlichen (bußgeldbewehrten) Pflicht, sich gegen das Pflegerisiko privat zu versichern (§§ 23 Abs. 1, Abs. 3, 121 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI), "nur" eine (zusammen mit der Beihilfeberechtigung gleichwertige) Pflegeversicherung bei seinem privaten Kranken- und Pflegeversicherer (künftig: Versicherer) unterhalten hatte. Diese Differenz gibt indes keinen hinreichenden Anlass, diese Klausel nicht auf den Streitfall anzuwenden. Denn eingangs des Pflegevertrags ist der Versicherer des Erblassers als "Pflegekasse" bezeichnet.

Ohne Bedeutung ist im Streitfall die Frage, ob der Versicherer für den Erblasser die hier umstrittene Vergütungsgrundlage, nämlich die Pflegestufe III im Sinne der Kostenklausel "festgelegt" hatte (vgl. zu den Prüfungskriterien in der privaten Pflegeversicherung - in Anlehnung an die Richtlinien der sozialen Pflegeversicherung - LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 28.10.2004, Az. L 5 P 10/04 - juris; Krauskopf/Gebhardt, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 18 SGB XI Rn 6 m.w.N.). Maßgeblich ist nämlich allein, dass der Versicherer und ihm folgend die Beihilfestelle unstreitig seit Januar 2006 Pflegeleistungen nach der Pflegestufe III bewilligt und bezahlt haben, so dass entsprechend der Kostenklausel grundsätzlich "die mit den Pflegekassen vereinbarten Vergütungssätze in der jeweils gültigen Fassung", die die Klägerin hier abgerechnet hat und verlangt, vertraglich vereinbart sind.

bb) Im Ergebnis ohne Belang ist, dass dem Vertrag nicht das komplette, nämlich auch die Vergütungssätze nach der Pflegestufe III enthaltende Preisverzeichnis beigelegen hatte und damit bei Vertragsabschluss nicht einbezogen worden ist. Ausreichend ist, dass der Beklagte als damaliger rechtsgeschäftlicher Vertreter des Erblassers die im Zeitraum von Januar bis März 2006 erbrachten und abgerechneten Leistungen nach der Pflegestufe III in dem Bewusstsein gezahlt hatte, dass der Erblasser infolge des kurz vor Weihnachten 2005 erlittenen Schlaganfalls nach Pflegestufe III pflegebedürftig geworden war und von der Klägerin nunmehr weitergehende Leistungen in Anspruch genommen hat. Damit hat er konkludent für Vergangenheit und Zukunft den hier in Ansatz gebrachten Vergütungssätzen zugestimmt.

(1) Dabei berücksichtigt der Senat, dass die vorbehaltlose (auch wiederholte) Bezahlung von Rechnungen zum Ausgleich (wiederkehrender) Verbindlichkeiten für sich genommen weder die Annahme eines deklaratorischen noch eines "tatsächlichen" Anerkenntnisses der ausgeglichenen Forderung rechtfertigt. Vielmehr setzt die Wertung einer rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Erklärung als Anerkenntnis in der Regel eine Interessenlage voraus, die zur Abgabe eines Anerkenntnisses Anlass gibt. Eine solche Interessenlage kann namentlich darin liegen, ein zwischen den Parteien bestehendes Schuldverhältnis einem Streit oder zumindest einer (subjektiven) Ungewissheit über den Bestand des Rechtsverhältnisses oder seine Rechtsfolgen insgesamt oder in einzelnen Beziehungen zu entziehen (vgl. BGH NJW 2009, 580, 581 sub II.1b).

(2) Im Streitfall liegen besondere Umstände vor, die den Schluss auf ein rechtsgeschäftliches Anerkenntnis der hier umstrittenen Höhe der Leistungsvergütung rechtfertigen. Zwar hatte der Beklagte als Vertreter des Erblassers das ihm zur Jahreswende 2005/06 von der Klägerin aus Anlass der Leistungsveränderung (Wechsel des Erblassers in die Pflegestufe III) übersandte Vertragsänderungsangebot nicht unterzeichnet zurückgesandt und nach seinem unbestrittenen Vorbringen versucht, mit der Klägerin günstigere Konditionen auszuhandeln. Dieses Ziel hatte er aber unstreitig nicht erreicht, weil sich die Klägerin darauf nicht einlassen mochte. Daraufhin hatte er schließlich seine Verhandlungsbemühungen eingestellt und die für Januar 2006 erteilte Honorarabrechnung am 24. Juni 2006 namens des Erblassers vorbehaltlos gezahlt. Ebenso glich er in der Folgezeit durch weitere Abschlagszahlungen die Honorarrechnungen der Monate Februar und März 2006 vorbehaltlos aus (vgl. dazu noch die nachfolgenden Erwägungen sub lit. c). Gestützt wird diese Beurteilung ferner dadurch, dass der Beklagte - nach von der Klägerin angedrohter Vertragskündigung wegen Zahlungsverzugs - mit Schreiben vom 05. November 2006 namens des Erblassers zugestanden hat, "dass ein ganz erheblicher Rückstand besteht". Er hat den bis dahin unterbliebenen Ausgleich der aufgelaufenen Honorarrückstände nicht etwa mit einer fehlenden Einigung über die Honorarhöhe, sondern nur damit begründet, (angeblich) den Überblick über die Verbindlichkeiten des Erblassers verloren zu haben.

(3) Dass es über das erhöhte Honorar nicht zu der von der Klägerin erstrebten schriftlichen Vereinbarung gekommen ist, bleibt rechtlich unschädlich. Das Gesetz ordnet die Schriftform als zivilrechtliche Wirksamkeitsvoraussetzung für Pflegeverträge nicht an. Abgesehen davon, dass § 120 SGB XI mangels Verweisung nicht in der hier maßgeblichen privaten, sondern nur in der sozialen Pflegeversicherung gilt, hängt von der Einhaltung der Schriftform, wie das Landgericht richtig ausgeführt hat, auch nicht die sozialrechtliche Wirksamkeit des Pflegevertrags ab. Das an den Pflegedienstleister gerichtete Gebot des § 120 Abs. 2 Satz 1 SGB XI, dem Pflegebedürftigen (und der Pflegekasse) unverzüglich eine schriftliche Ausfertigung des Pflegevertrags auszuhändigen, setzt das vorherige Zustandekommen des Pflegevertrags - eben auch schon durch eine mündliche Vereinbarung - gleichsam voraus und postuliert nur aus Gründen der Transparenz einen Anspruch auf Dokumentation (vgl. BT-Drs. 14/5395 S. 47; Krauskopf/Gebhardt, aaO, § 120 SGB XI Rn 6 aE, Rn 7). Die Verletzung dieser Pflicht führt deshalb zivilrechtlich allenfalls zu Zurückbehaltungsrechten (§ 273 BGB) oder Schadensersatzansprüchen der Berechtigten (z. B. nach § 280 BGB). Deshalb kommt es auch auf die weitere Frage, ob bei bloßen Leistungsänderungen, um die es hier nur geht, nicht schon deren (erfolgte) "Anzeige" gemäß § 120 Abs. 1 Satz 2 SGB XI ausreicht, nicht mehr an.

c) Die hilfsweise erhobene Behauptung der Beklagten, die Forderung der Klägerin sei allenfalls in Höhe eines Teilbetrags von 5.624,37 EUR offen, also in Höhe eines Teilbetrags von (9.236,24 € - 5.624,37 €) 3.611,87 EUR befriedigt, ist in verfahrensrechtlich beachtlicher Weise weder dargelegt, geschweige denn unter Beweis gestellt.

aa) Auf der Grundlage der belegten Zahlungen in der Zeit vom 24. Juni 2006 bis 10. Januar 2007, die auf pflegevertragliche Verbindlichkeiten des Erblassers aus der Zeit seit Dezember 2005 geleistet worden sein sollen, ergibt sich kein Überschuss, der auf die hier umstrittenen Rechnungen seit April 2006 verrechnet werden könnte. In diesem Zusammenhang können zugunsten der Beklagten nur die Zahlungen vom 24.06.2006 (2.454,60 €), 02.08.2006 (3.000,00 €) 15.11.2006 (2.000,00 €) und 01.12.2006 (3.000,00 €) berücksichtigt werden. Den Überweisungsträgern der übrigen Zahlungen fehlt ein Tilgungsvermerk, so dass mit Blick auf die eigenen Verbindlichkeiten der Erstbeklagten gegenüber der Klägerin aus einem sie selbst betreffenden Pflegevertrag eine Tilgung der Verbindlichkeit gerade des Erblassers nicht hinreichend dargelegt ist. Dasselbe gilt für die (nicht belegten) sonstigen angeblichen Zahlungen, die ausweislich der Zahlungsaufstellung (Berufungsbegründung S. 3) nach der Behauptung der Beklagten auf die hier umstrittene Verbindlichkeit geleistet worden sein sollen.

bb) Ausgehend von dem erheblichen Vortrag ergibt sich seit dem Monat Dezember 2005 (Beginn der beanspruchten Erfüllungshandlungen) eine Restschuld der Beklagten, die mit 9.660,09 EUR die Klageforderung sogar übersteigt:

Tabelle 2

 IIIIIIIVVVIVIIVIII
ZeileRg.-/NrForderung/€Zahlung/€Zhlg.Dat.Tilgung/€Rest-Fdg./€Überschuss/€
013616/PK469,432.454,6024.06.06469,430,001.985,17
024566383,52  383,520,001.601,65
033656/PK1.397,64  1.397,640,00204,01
044638204,01  204,010,000,00
053710/PK2.111,203.000,0002.08.062.111,200,00888,80
064709535,28  535,280,00353,52
073758/PK2.337,40  353,521.983,880,00
083758/PK1.983,882.000,0015.11.061.983,880,0016,12
094782615,01  16,12598,890,00
104782598,893.000,0001.12.06598,890,002.401,11
  
113808/PK2.262,00  2.401,11139,110,00
124856235,53   235,53 
133853/PK2.238,20   2.238,20 
144929581,27   581,27 
153911/PK1.442,83   1.442,83 
165005387,77   387,77 
173965/PK960,64   960,64 
185084251,54   251,54 
194032/PK682,20   682,20 
205175559,58   559,58 
214100/PK734,00   734,00 
224155/PK806,20   806,20 
234279/PK641,22    641,22 
24danach unbezahlt gebliebene Rechnungen    9.660,09

d) Schließlich ist auch die Ansicht der Beklagten rechtlich verfehlt, die zu ihren Lasten ergangene Kostenentscheidung sei komplett unter den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung zu stellen. Diese Ansicht trifft nur für den Teil der Kosten zu, den der Erblasser selbst, nämlich durch seine eigene Prozessführung bis zum Eintritt des Erbfalls am 06. Dezember 2007 verursacht hat. Bezogen auf die danach entstandenen Kosten ist die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils dagegen nicht zu beanstanden, denn diese Kosten sind erst durch die eigene Prozessführung der beklagten Erben verursacht worden.

aa) Die in den Urteilstenor auf entsprechende Einrede (im Sinne des § 1990 BGB) aufzunehmende Haftungsbeschränkung (§ 780 ZPO) erfasst gemäß § 1967 Abs. 2 BGB sämtliche Nachlassverbindlichkeiten. Darunter sind einerseits die vom Erblasser herrührenden und andererseits die den Erben als solchen treffenden Schulden zu verstehen. Verbindlichkeiten, die erst nach dem Eintritt des Erbfalls zur Entstehung gelangen , gehören nur ausnahmsweise dazu (vgl. Staudinger/Marotzke, aaO, § 1967 Rn 3, 28 f und 37 ff). Die vom Erblasser "herrührenden" Schulden sind nicht nur solche, die gegen ihn schon zu dessen Lebzeiten hätten durchgesetzt werden können. Es genügt, dass der Verpflichtungsgrund in der Person des Erblassers gegeben bzw. durch den Erblasser gesetzt war (Staudinger/Marotzke aaO Rn 19).

(1) Nach diesem Maßstab kann es allerdings, was das Landgericht übersehen hat, keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, dass die Prozesskosten, die der Erblasser durch seine eigene Prozessführung ausgelöst hat, und die den Beklagten gemäß § 1922 BGB, § 91 ZPO auferlegt worden sind, von ihm selbst herrühren. Dabei handelt es sich um die Kosten, die (bei Annahme der Erbschaft durch die Erben) bis zum Eintritt des Erbfalls entstanden sind (Staudinger/Marotzke, aaO Rn 20; Zöller/Stöber, aaO, § 780 Rn 7; KG Berlin MDR 1976, 584 f; vgl auch OLG Stuttgart JurBüro 1976, 675; OLG Hamm AnwBl 1982, 385 = MDR 1982, 855 = Rpfleger 1982, 354; OLG Celle NJW-RR 1988, 133, 134; OLG Koblenz ZEV 1997, 253 f; LG Bückeburg MDR 1997, 978 = NJW-RR 1998, 1220; LG Leipzig ZEV 1999, 234 m. Anm. Damrau). Ohne Belang ist, dass der Erblasser bei dieser Prozessführung von dem Zweitbeklagten vertreten worden ist. Im Falle der Prozessvertretung fallen die Prozesskosten nicht dem Vertreter, sondern dem Vertretenen zur Last (§ 85 Abs. 1 ZPO), und zwar auch dann, wenn den Vertreter ein Verschulden trifft (§ 85 Abs. 2 ZPO).

(2) Anders verhält es sich mit den Kosten, die erst durch die Aufnahme des Rechtsstreits durch die beklagten Erben entstanden und die ihnen ebenfalls gemäß § 91 ZPO auferlegt worden sind. Es handelt sich um Kosten eines nun von ihnen selbst geführten Rechtsstreits, für die sie persönlich und unbeschränkbar selbst dann haften, wenn sie wegen einer Nachlassverbindlichkeit unter Haftungsbeschränkung verurteilt worden sind (RG HRR 1930 Nr 455; RG JW 1912, 46 Nr. 47; OLG Naumburg HRR 1937 Nr. 700; OLG Jena SeuffA 66 [1911] Nr. 139; OLG Köln NJW 1952, 1145; OLG Stuttgart JurBüro 1976, 675; OLG Frankfurt Rpfleger 1977, 372; OLG München JurBüro 1994, 112 = OLGR 1993, 203; OLG Celle OLGR 1995, 204; OLG Koblenz ZEV 1997, 253 f; Staudinger/Marotzke, aaO, § 1967 Rn 47; MünchKomm/Siegmann, BGB, 4. Aufl., § 1967 Rn 37; Palandt/Edenkofer, aaO, § 1967 Rn 6). Sie beruhen auf Rechtshandlungen der Erben, die, weil der Nachlass nun ihnen gehört, den Rechtsstreit auch im eigenen Interesse führen.

(3) Offen bleiben kann die Frage, ob der gegenteiligen Meinung, nach der Prozesskosten nicht nur Eigenverbindlichkeiten des Erben, sondern auch Nachlassverbindlichkeiten seien (vgl. die Nachw. bei Staudinger/Marotzke, aaO), dann gefolgt werden könnte, wenn sich die Prozessführung des Erben aus objektiver Sicht und trotz seines Unterliegens im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses gehalten hatte, so dass er aus diesem Grund gemäß §§ 257, 1978 Abs. 3, 670 BGB Schuldbefreiung aus dem Nachlass verlangen könnte. Hier hat sich nämlich die Prozessführung der Beklagten aus objektiver Sicht nicht im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses gehalten. Mit Blick auf die eindeutige Rechtslage hätte eine ordnungsgemäße Prozessführung anders ausgesehen, nämlich so: Mit der Aufnahme des Rechtsstreits hätten die Beklagten analog § 93 ZPO den Klageanspruch unter dem zu erklärenden Haftungsvorbehalt sofort anerkennen müssen. Bei dieser Art der Prozessführung hätten auch nach dem Erbfall noch eingetretene Kosten unbedenklich der Haftungsbeschränkung unterworfen werden können."

II.

An dieser Beurteilung hält der Senat fest. Daran vermögen auch nichts die Einwände der Beklagten im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 31. August 2009 zur unverändert bestrittenen Vergütungsvereinbarung und zur unverändert behaupteten Teilerfüllung etwas zu ändern (der übrige Vortrag ist für die Entscheidung des Rechtsstreits irrelevant).

1. Die Beklagten übersehen immer noch, dass der Senat die konkludente Vereinbarung zur Vergütungshöhe nicht (allein) auf die Entgegennahme der Leistungen der Pflegestufe III, sondern entscheidend darauf stützt, dass der Beklagte als rechtsgeschäftlicher Vertreter des Erblassers die ihm inzwischen bekannt gemachten Vergütungssätze der Pflegestufe III nach anfänglicher Weigerung dann für drei Monate (01/06- 03/06) vorbehaltlos bezahlt hatte.

2. Die Beklagten sind mit ihrem teils ergänzenden zweitinstanzlichen Vortrag zur Frage der (teilweisen) Forderungserfüllung im Berufungsrechtszug ausgeschlossen, §§ 529, 531 Abs. 2 ZPO. Die Klägerin hat im ersten Rechtszug unmissverständlich vorgetragen, dass die von den Beklagten geltend gemachten Zahlungen nicht die hier umstrittenen Forderungen aus den Rechnungen für die Zeit ab April 2006 getilgt haben. In dem hier vorliegenden Fall einer Mehrheit von Verbindlichkeiten obliegt es dem Schuldner, lückenlos darzulegen und zu beweisen, dass und welche der mehreren Forderungen er getilgt haben will. Das kann er nicht mit einer schlichten Saldorechnung belegen (vgl. BGH NJW-RR 1997, 441 sub Nr. II.1), sondern nur, indem er jede einzelne Tilgung einer bestimmten Verbindlichkeit zuweist, und zwar nach den Regeln der §§ 362, 366 f. BGB. An einem solchen Vortrag fehlt es unverändert. Das unzureichende Vorbringen der Beklagten ist auch nicht durch ihr Prozesskostenhilfegesuch entschuldigt, weil sie uneingeschränkt Berufung eingelegt und diese auch begründet hatten.

III.

Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Entscheidung im Beschlussverfahren liegen vor. Die Rechtssache hat nämlich weder grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats im Urteilsverfahren (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO).

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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