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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 03.11.2005
Aktenzeichen: I-24 U 123/05
Rechtsgebiete: BGB, VerbrKrG


Vorschriften:

BGB § 125
BGB § 507
VerbrKrG § 1
VerbrKrG § 2 Nr. 3
VerbrKrG § 4
VerbrKrG § 19
1. Betreibt ein ehemaliger GmbH-Geschäftsführer erstmals selbständig ein Gewerbe (hiert: fast-food-Restaurant), so liegt eine den Verbraucherschutzbestimmungen unterliegende Existenzgründung vor.

2. Verstößt die Warenbezugsverpflichtung eines Pächters gegen Verbraucherschutzbestimmungen, erfasst deren Nichtigkeit auch den mit ihr verbundenen Pachtvertrag.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-24 U 123/05

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter Mitwirkung seiner Richter Z, T und H am 3. November 2005

beschlossen:

Tenor:

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO im Beschlussverfahren zurückzuweisen. Die Klägerin erhält Gelegenheit, zu den Gründen binnen einer Frist von zwei Wochen schriftsätzlich Stellung zu nehmen.

2. Der geplante Senatstermin am 14. Februar 2006 entfällt.

Gründe:

I. Das Rechtsmittel hat keine Erfolgsaussicht. Das Landgericht hat die auf Franchisegebühren, Werbekostenzuschüsse und Pacht gerichtete Klage (34.410,72 EUR nebst gesetzlicher Zinsen) zu Recht abgewiesen. Die dagegen vorgebrachten Berufungsgründe rechtfertigen keine der Klägerin günstigere Entscheidung.

1. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass die vom Beklagten am 29. Juni 2000 eingegangene Warenbezugsverpflichtung auf der Grundlage einer vereinbarten Unterfranchisebindung zum Betrieb eines Fast-Food-Restaurants (nachfolgend Restaurantbetrieb) als Kreditgeschäft besonderer Art (§ 1 Abs. 1 und 2, § 2 Nr. 3 VerbrKrG) den Bestimmungen des Verbraucherkreditgesetzes unterliegt (vgl dazu BGH NJW 1995, 722), und zwar gemäß § 19 VerbrKrG in seiner bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung. Die Klägerin als Unterfranchisegeberin ist Kreditgeberin im Sinne des § 1 Abs. 1 VerbrKrG. Der Beklagte als Unterfranchisenehmer ist zwar nicht Verbraucher im Sinne der genannten Bestimmung; er ist dem Verbraucher aber als so genannter Existenzgründer rechtlich gleich gestellt (jetzt § 507 BGB). Die Ansicht der Klägerin, der Beklagte habe den in Rede stehenden Vertrag für eine bereits ausgeübte gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit abgeschlossen, trifft nicht zu.

a) Schon im Ansatz unzutreffend ist die Auffassung der Klägerin, der Beklagte sei nach der ratio des Gesetzes schon deshalb nicht durch das Verbraucherkreditgesetz geschützt, weil er als Geschäftsführer und Gesellschafter der von ihm in der Rechtsform der GmbH betriebenen Tankstelle nebst Shop (Tank-Shop) geschäftserfahren sei. Auf geschäftliche Erfahrung kommt es bei der Anwendung des Verbraucherkreditgesetzes nicht an. Nach dem Wortlaut, dem Sinn und Zweck des Gesetzes ist maßgeblich allein, ob eine natürliche Person (Privatperson) Kreditbedarf für eine selbständige berufliche oder gewerbliche Tätigkeit deckt, die bisher nicht ausgeübt worden ist. Daraus folgt, dass sogar Zweit- oder wiederholte Existenzgründungen vom Schutzbereich des § 1 Abs. 1 VerbrKrG erfasst werden (vgl. BGHZ 128, 156 = BGH NJW 1995, 722).

b) Der Senat teilt auch nicht die Auffassung der Klägerin, das Restaurant stelle sich als bloße Erweiterung des Tank-Shops dar. Betriebswirtschaftlich mag das zutreffen, rechtlich indes nicht.

aa) Allerdings steht eine Privatperson dann nicht unter dem Schutz des Verbraucherkreditgesetzes, wenn sich die umstrittene Tätigkeit unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls als bloße Erweiterung oder Änderung einer bisher schon ausgeübten gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit darstellt, so dass von einer Existenzgründung keine Rede sein kann (vgl. BGH NJW-RR 2000, 719 = MDR 2000, 319 und NJW-RR 2000, 1221 = MDR 2000, 383).

bb) Um einen solchen Fall handelt es sich hier aber nicht; denn der Beklagte hat bisher weder als Geschäftsführer der Tankstellen-GmbH noch als deren Gesellschafter eine gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit ausgeübt. Als Geschäftsführer der GmbH war er in einem Angestelltenverhältnis, also in unselbständiger beruflicher Tätigkeit beschäftigt gewesen, weshalb Geschäftsführer einer GmbH, die sich für deren Kreditbedarf im Wege des Schuldbeitritts mitverpflichten, unter dem Schutz des Verbraucherkreditgesetzes stehen (ständ. höchstrichterl. Rspr., zuletzt BGHZ 144, 371 = NJW 2000, 3133 m.w.N.). Als Gesellschafter der GmbH hat er keine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt, sondern sein Vermögen verwaltet, weshalb auch Gesellschafter einer GmbH, die sich für deren Kreditbedarf im Wege des Schuldbeitritts mitverpflichten, unter dem Schutz des Verbraucherkreditgesetzes stehen (ständ. höchstrichterl. Rspr., zuletzt BGHZ 149, 80 = NJW 2002, 368 sub II.2a für den Gesellschafter einer GbR m.w.N.). Seine Geschäftserfahrung, die der Beklagte bei jenen Tätigkeiten erlangt haben mag, führt gerade nicht zum Verlust des Verbraucherschutzes. Selbst der noch so geschäftserfahrene (Bank)Kaufmann, der zur Deckung seines privaten Bedarfs oder zur Gründung einer neuen Existenz ein Kreditgeschäft eingeht, steht unter dem Schutz des Verbraucherkreditgesetzes (vgl. BGHZ 128, 156 = BGH NJW 1995, 722). Als Privatperson hat der Beklagte erstmalig eine gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit aufgenommen, so dass der Restaurantbetrieb sich rechtlich nicht als Erweiterung des Tankshops darstellt.

2. Wegen Verstoßes gegen die gesetzliche Schriftform ist der Unterfranchisevertrag gemäß § 125 BGB in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 1 VerbrKrG nichtig. Der mit ihm verbundene Gaststättenvertrag gleichen Datums wird gemäß § 139 BGB von der Nichtigkeit erfasst; denn ohne den nichtigen Franchisevertrag hätte der Beklagte auch nicht den Vertrag über die Gaststättenräume abgeschlossen (vgl. Senat OLGR Düsseldorf 2001, 204 = ZMR 2001, 102 m.w.N.).

II. Der Senat weist darauf hin, dass die Rücknahme der Berufung vor Erlass eines Beschlusses nach § 522 ZPO kostenrechtlich privilegiert ist.

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