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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 24.05.2005
Aktenzeichen: I-24 U 198/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 745 Abs. 2
BGB § 748
ZPO § 287
1. Zur Bemessung der angemessenen Nutzungsentschädigung für eine Eigentumswohnung, die ein geschiedener Ehegatte nach seinem Auszug von dem weiterhin dort wohnenden Ehegatten beansprucht.

2. Zur Schätzung der Lasten des die Wohnung nutzenden Ehegatten.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

I-24 U 198/04

Verkündet am 24. Mai 2005

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die am 10. Mai 2005 geschlossene mündliche Verhandlung unter Mitwirkung seiner Richter Z, T und H

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das am 24. September 2004 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kleve -Einzelrichterin- teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an die Klägerin 2.379,03 EUR sowie 115 EUR monatlich für die Zeit ab Mai 2005 jeweils bis zum letzten Werktag eines Monats nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 39,03 EUR seit dem 31. Juli 2003,

aus 110 EUR seit dem 31. August 2003,

aus 60 EUR seit dem 30. September 2003,

aus jeweils 110 EUR seit dem 31. Oktober, 30. November und 31 Dezember 2003,

aus jeweils 115 EUR seit dem 31. Januar, 29. Februar, 31. März, 30. April, 31. Mai, 30. Juni, 31. Juli, 31. August, 30. September, 31. Oktober, 30. November, 31. Dezember 2004, 31. Januar, 28 Februar, 31. März und 30. April 2005 zu zahlen.

2. Die Klägerin wird ihrem Anerkenntnis gemäß auf die Hilfswiderklage verurteilt, den Beklagten freizustellen von den Verbindlichkeiten gegenüber S., A. und E. in Höhe von jeweils 12.782,30 EUR und jeweils fällig am 31. Dezember 2004 aus dem Vertrag des Notars M. in S. vom 09. Dezember 1994 (UR-Nr. 2330/1994).

Die Kosten des ersten Rechtszuges werden der Klägerin zu 20%, dem Beklagten zu 80%, die des zweiten Rechtszuges der Klägerin zu 30%, dem Beklagten zu 70% auferlegt.

Tatbestand:

Die Parteien sind seit dem 30. Oktober 2002 rechtskräftig geschieden und Miteigentümer des Hausgrundstücks B-Str. 26 in W.. Das Eigentum an diesem Grundbesitz wurde den Parteien von den Eltern der Klägerin aufgrund notariellen Vertrages vom 9. Dezember 1994 Urkunden Nr. 2330/1994 des Notars M. übertragen.

Den Eltern der Klägerin wurde an der im Dachgeschoss befindlichen Wohnung ein lebenslängliches und unentgeltliches Wohnrecht eingeräumt. Weiterhin verpflichteten sich die Parteien zur Tragung sämtlicher Nebenkosten, sowie zu Pflege- und Fahrdiensten.

Die Klägerin zog im Jahre 1999 aus der ehelichen Wohnung aus und überließ die Nutzung allein dem Beklagten. Dieser übernahm die finanziellen Verpflichtungen der Eheleute im Zusammenhang mit dem Übertragungsvertrag sowie Schulden aus der gemeinsamen Lebensführung. Bis Anfang 2003 bediente er insbesondere die Raten auf das von den Eltern der Klägerin gewährte Darlehen von 40.000,00 DM in Höhe von monatlich 200,00 DM, sowie weitere aus der gemeinsamen Lebensführung resultierende Schulden mit 1.600,00 DM monatlich. Auch die Nebenkosten für das gesamte Haus trägt der Beklagte. Insoweit zahlte er an die RWE-AG für das Jahr 2003 allein einen Betrag von 3.592,07 €. Die Vorauszahlungen für 2004 betragen monatlich 298,00 €.

Im Rahmen des Trennungsunterhaltsverfahrens schlossen die Parteien einen Vergleich, der bis zur Rechtskraft der Scheidung Gültigkeit behalten sollte. Darin wurde dem Beklagten ein Wohnvorteil für das Bewohnen des Objektes in Höhe von 500,00 DM zugerechnet und außerdem vereinbart, dass der Beklagte mit Rücksicht auf die Absetzung der Schuldraten im Rahmen der Unterhaltsberechnung von der Geltendmachung eines Gesamtschuldnerausgleiches für die Zeit der Absetzung der Schuldraten absehe.

Im Rahmen des - noch anhängigen - Zugewinnausgleichsverfahren wurde ein Gutachten zu dem Wert des Hauses eingeholt. Der Sachverständige Dr. F gelangte zu einer vom Beklagten genutzten Wohnfläche von 112,50 m2, für die er einen Mietwert von 5,00 € pro m2 ansetzte. Das von den Eltern der Klägerin bewohnte Dachgeschoss hat nach den Feststellungen des Sachverständigen eine Nutzfläche von 63,83 m2.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten eine Nutzungsentschädigung für ihren Miteigentumsanteil in Höhe von monatlich 281,25 €. Der Beklagte verteidigt sich u.a. damit, eine Bedienung des Darlehens der Eltern der Klägerin in Höhe von 200,00 DM sei ihm seit Anfang 2003 finanziell nicht mehr möglich. Für die Wohnung der Eltern träge er weiterhin die Nebenkosten, insbesondere die Stromkosten und die Abgaben an die Gemeinde. Die Nebenkosten seien entsprechend den Wohnflächen im Erdgeschoss mit 53,93% (Wohnung des Beklagten) und Wohnfläche im Dachgeschoss mit 46,07% (Wohnung der Eltern der Klägerin) zu verteilen. Neben den Kosten der RWE-AG habe der Beklagte Steuern und Abgaben in Höhe von mindestens 250,00 € gezahlt. Mithin zahle er an laufenden Nebenkosten mindestens 550,00 € monatlich, wovon 275,00 € auf die Eltern der Klägerin entfielen. Mit der Hälfte dieser Kosten, mithin einem Betrag von 137,50 € erklärt der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung gegenüber der Klageforderung.

Die Klage hatte in erster Instanz überwiegend Erfolg. Die nach Hinweisen des Senates und entsprechender Prozesskostenbewilligung beschränkte Berufung des Beklagten hatte Erfolg.

Gründe:

Nachdem die Klägerin ihre Berufung ganz und der Beklagte sein Rechtsmittel teilweise zurückgenommen haben, ist nur noch über das reduzierte Rechtsmittel des Beklagten zu entscheiden. In der Sache hat es nach dem zuletzt gestellten Antrag vollen Erfolg. Danach schuldet der Beklagte der Klägerin für die alleinige Nutzung der im Erdgeschoss gelegenen Wohnung des im Miteigentum der Parteien stehenden Hauses statt vom Landgericht erkannter 227,12 EUR/mtl. für die Zeit von Juli bis Dezember 2003 und 227,36 EUR/mtl. für die Zeit ab Januar 2004 nur folgende Nutzungsentschädigung:

 20. - 31.Juli 2003 39,03 EUR 
August 2003 110,00 EUR 
September 2003 60,00 EUR 
Oktober bis Dezember 2003 ( 3 Mon. x 110,00 EUR/Mon.) 330,00 EUR 
Januar bis Dezember 2004 (12 Mon. x 115,00 EUR/Mon.)1.380,00 EUR 
Januar bis April 2005 ( 4 Mon. x 115,00 EUR/Mon.) 460,00 EUR 
Rückstände 30. April 2005 2.379,03 EUR
ab Mai 2005115,00 EUR/mtl.

I. Das Landgericht hat dem Grunde nach zu Recht erkannt, dass die Klägerin gemäß § 745 Abs. 2 BGB als Miteigentümerin des Grundbesitzes dessen anderweitige Verwaltung und auf dieser Grundlage grundsätzlich eine Nutzungsentschädigung dafür verlangen kann, dass der Beklagte als weiterer Miteigentümer die im Erdgeschoss des Hauses gelegene Wohnung allein nutzt. An die frühere Regelung ist die Klägerin schon deshalb nicht mehr gebunden, weil der Beklagte unstreitig im März 2003 einen wesentlichen Teil der beide Eheleute belastenden Ratenzahlungen eingestellt hatte. Andererseits trägt der Beklagte unstreitig allein die Hauslasten und -kosten im Sinne des § 748 BGB und ferner die laufenden Lasten, die die Parteien gemeinsam gegenüber den Grundstücksveräußerern im Grundstücksübertragungsvertrag eingegangen sind. Die Parteien haben diesbezüglich im ersten Rechtszug nur über die Höhe der monatlichen Belastung gestritten. Der Grund dieses Streits ist mit der Vorlage diverser Belege im zweiten Rechtszug, die wegen verbleibender Lücken auch eine Schätzung erlauben, weitgehend entfallen. Im Einzelnen gilt das Folgende:

1. Der Senat folgt dem angefochtenen Urteil nicht darin, dass die monatliche Nutzungsentschädigung mit 281 EUR zu bemessen sei. Der Billigkeit unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen entspricht eine Nutzungsentschädigung von nur 240 EUR/Mon.

a) Für unangemessen hält der Senat bereits den Ansatz von 112,5 m² Nutzfläche zu Lasten des Beklagten. Die Bemessung des Nutzungswerts hat sich zwar grundsätzlich an der Fläche zu orientieren, die dem nutzenden Miteigentümer zur Verfügung steht und welche er tatsächlich auch in Anspruch nimmt. Insofern gelten im Ansatz dieselben Kriterien, die im Verkehr zur Bildung der üblichen Miete führen. Auf dieser Grundlage stellt die Miete für vergleichbare Wohnungen die Obergrenze dessen dar, was der nicht nutzende Ehegatte als Nutzungsentschädigung verlangen kann (vgl. BGH NJW 1994, 1721). Das heißt aber nicht, dass stets nur die Nutzungsentschädigung angemessen ist, die der im Verkehr üblichen Miete entspricht. Vielmehr ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob eine Nutzungsentschädigung in Höhe der verkehrsüblichen Miete nach den Umständen des konkreten Falles den Interessen aller Teilhaber nach billigem Ermessen entspricht (vgl. BGH. WM 1974, 201; NJW 1986, 1339; 1994, 1721; 1998, 372).

aa) Im Streitfall hält es der Senat für angemessen, nur die im Erdgeschoss gelegenen Räume als Nutzfläche anzusetzen, die der Sachverständige Dr. F in seinem Bewertungsgutachten mit 74,71 m² (rund 54% der Gesamtwohnfläche von 138,54 m²) ermittelt hat. Der Sachverständige hat bei der Bewertung der Immobilie die Nutzfläche im Souterrain ganz unberücksichtigt gelassen. Daraus darf geschlossen werden, dass sie keinen wesentlichen Einfluss auf die Bewertung des Grundbesitzes hat.

bb) Entscheidend kommt im Streitfall hinzu, dass sich der Beklagte durch die Trennung der Parteien im Jahre 1999 und die anschließende Scheidung der Ehe genötigt gesehen hat, die früher der gesamten Familie dienende Wohnung nun allein zu nutzen, wobei das Souterrain (unstreitig) nicht gesondert vermietbar ist. Die Gesamtfläche von 112,50 m² ist für die konkreten Bedürfnisse des Beklagten zu groß, ohne dass die Mehrfläche sinnvoll anderweitig genutzt werden könnte.

Dem kann die Klägerin in redlicher Weise nicht entgegen halten, der Beklagte verhindere durch die fortgesetzte Alleinnutzung eine angemessene Verwertung der gesamten Erdgeschosswohnung durch Fremdvermietung. Richtig ist zwar der Hinweis der Klägerin darauf, dass nach dem Scheitern der Ehe keine im Eherecht wurzelnden Rücksichten mehr auf den zurückgebliebenen Miteigentümer zu nehmen sind. Darum geht es hier nicht, sondern darum, dass sich die Wohnung, worauf der Beklagte zu Recht hinweist, nach ihrem gegenwärtigen Ausbauzustand nicht zur Fremdvermietung eignet. Ein Auszug des Beklagten würde daher nur zu einer unwirtschaftlicheren Verwertungslage führen als die fortgesetzte Alleinnutzung durch ihn. (1) Die Stromkreise beider Wohnungen sind nicht getrennt, so dass keine verbrauchsorientierte Erfassung und Abrechnung der Entnahme elektrischer Energie erstellt werden kann. Das ist Blick mit darauf, dass die Wohnungen mit Nachtstrom beheizt werden und das Warmwasser mit elektrischer Energie gewonnen wird, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ein Nutzungshindernis (vgl. dazu BGH NJW 1994, 1721). Wird die Wohnung nämlich fremd vermietet, unterfällt sie, weil die Eigentümer keine der beiden vorhandenen Wohnungen mehr selbst nutzen, zwingend der verbrauchsabhängigen Erfassung (§ 5 HeizkostVO) und Abrechnung (§§ 7ff HeizkostVO) der Heiz- und Warmwasserkosten. Eine abweichende rechtsgeschäftliche Vereinbarung wäre gemäß § 2 HeizkostVO nichtig (vgl. OLG Düsseldorf ZMR 2004, 694; OLG Hamm ZMR 1986, 436)

(2) Das Gebäude ist ferner (unstreitig) als Einfamilienhaus konzipiert. Es verfügt über kein separates Treppenhaus, so dass die Wohnung im Dachgeschoss nur über die innen gelegene Treppe und nur durch die zur Erdgeschosswohnung gehörende Diele erreicht werden kann. Mit Blick darauf, dass das Dachgeschoss die betagten Eltern der Klägerin und ehemaligen Hauseigentümer bewohnen, wird sich darauf kaum ein fremder Mieter einlassen.

(3) Ob der Beklagte auf ein entsprechendes Verlangen der Klägerin gemäß § 745 Abs. 2 BGB Investitionen vornehmen müsste, die eine Fremdvermietung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erlauben, braucht hier nicht geprüft zu werden, weil ein solches Verlangen nicht an ihn gerichtet ist. Ein Auszug des Beklagten und die Fremdvermietung der umstrittenen Wohnung unter dem gegenwärtigen Ausbauzustand wäre keine angemessene, sondern eine unwirtschaftliche Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, auf die sich der Beklagte nicht einlassen muss.

b) Allerdings setzt der Senat statt 5,00 EUR/m² eine Nutzungsentschädigung von 6,00 EUR/m² an. Die vom Sachverständigen Dr. F angesetzte ortsübliche Miete von 5,00 EUR/m² bezieht sich auf die Wohnung im Dachgeschoss und nicht auf die hier umstrittene Erdgeschosswohnung. Deren Gebrauchswert ist nicht nur wegen der günstigeren Lage im Haus, sondern auch wegen der Gartennutzung erfahrungsgemäß höher (§ 287 ZPO). Hinzu kommt die Nutzung der Garage, deren Gebrauchswert der Senat gemäß § 287 ZPO mit 30 EUR/Mon schätzt. Das führt zu folgender Abrechnung:

01 Wohnffläche (74,71 m² x 6,00 EUR/m²) 448,26 EUR 02 Garage 30,00 EUR 03 Gesamtnutzungswert 478,26 EUR 04 Anteil/Klägerin (1/2 von Zeile 03) rund 240,00 EUR

2. Die Nutzungsentschädigung ist zu vermindern um die Kosten und Lasten, die der Beklagte für das Grundstück aufzuwenden hat (vgl. BGH NJW 1994, 1721). Dazu gehören in analoger Anwendung des § 748 BGB auch die Lasten, die die Parteien gegenüber den Eltern der Klägerin vertraglich übernommen haben (BGH aaO). Eine solche Verrechnung entspricht einer angemessenen Verwaltung nicht nur für die abgelaufenen Rechnungsjahre 2003/4, sondern auch für das laufende Jahr 2005 und die künftigen Rechnungsperioden. Die für das Jahr 2004 errechneten durchschnittlichen Kosten und Lasten, die auch für das Jahr 2005 anfallen, können gleichsam als Vorschuss verlangt werden, wobei die Klägerin nicht gehindert ist, nach Ablauf der laufenden Rechnungsperiode eine genaue Abrechnung zu verlangen und Überzahlungen zurückzuverlangen, und der Beklagte nicht gehindert ist, nach Ablauf der laufenden Abrechnungsperiode unter Vorlage einer genauen Abrechnung etwaige Nachzahlungen zu verlangen.

a) Auf der Grundlage der jetzt im zweiten Rechtszug vorliegenden Belege ergeben sich folgende durchschnittlichen Belastungen des Beklagten:

 ZeileHauskosten/-lasten (sämtl. Beträge in EUR)2003/mtl2004/mtl.
01RWE (GA 109): 3.592,07 x 2/3 x 1/12 x 1/299,78 
02RWE (GA 217): 3.320,41 x 2/3 x 1/12 x 1/2  92,23
03Müllabfuhr (GA 212): 277,32 x 2/3 x 1/12 x 1/27,70 
04sonst. Abgaben (GA 212): 675,75 x 46% x 1/12 x 1/2 12,95 
05Müllabfuhr (GA 211) 318,72 x 2/3 x 1/12 x 1/2 8,85
06sonst. Abgaben (GA 211) 748,59 x 46% x 1/12 x 1/2 14,95
07Gebäudevers. (GA 216) 274,84 x 46% x 1/12 x 1/210,5410,54
08Summen130,97125,97

b) Erläuterungen (soweit erforderlich)

aa) Es ist nicht gerechtfertigt und verstößt gegen die Grundsätze der Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 315 Abs. 1 BGB), die Stromkosten nach der Wohnfläche zu verteilen, wie es das Landgericht für richtig gehalten hat. Dabei bliebe unberücksichtigt, dass die Stromkosten in erster Linie verbrauchsabhängig entstehen. Das liegt auf der Hand, soweit elektrische Energie für Warmwasser, den Betrieb elektrischer Geräte und für die Beleuchtung entnommen wird. Es trifft aber überwiegend auch für die Beheizung mit elektrischer Energie zu, weshalb gemäß §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 HeizkostVO die Erfassung von Heizenergiekosten mit einem Anteil bis zu 70% nach dem Verbrauch erlauben. Weil im Streitfall keine gesonderte Erfassung der Stromkosten nach Kostenarten stattfindet, entspricht es eher billigem Ermessen, die Kosten nach Personen zu verteilen. Auf die Schwiegereltern des Beklagten entfällt demnach ein Kostenanteil von 2/3 (Zeilen 01, 02).

bb) Auf die Schwiegereltern entfällt ebenfalls ein Anteil von 2/3 bezogen auf die Kosten der Müllabfuhr, die den Abgabebescheiden als besondere Kostenart entnommen werden kann (Zeilen 03, 05). Die sonstigen öffentlichen Abgaben (Zeilen 04, 06) sowie die Gebäudeversicherung (Zeile 07) sind nicht personenbezogen. Hier bietet es sich an, die Kostenaufteilung nach dem Verhältnis der Wohnflächen vorzunehmen. Der auf die Schwiegereltern des Beklagten entfallende Wohnflächenanteil beträgt rund 46% (GA 26).

cc) Die Höhe der Kosten für die öffentlichen Abgaben im Jahre 2003 (Zeilen 03, 04) hat der Beklagte zwar nicht durch den Abgabenbescheid des Jahres 2003 belegt. Als hinreichende Schätzgrundlage (§ 287 ZPO) sieht der Senat aber den für das Jahr 2002 erteilten und vorgelegten Bescheid an. Es spricht alles dafür, dass die öffentlichen Abgaben im Jahre 2003 nicht unter denen des Jahres 2002 gelegen haben, wie auch die Steigerung der Abgaben im Jahre 2004 belegen.

dd) Die vom Beklagten vorgelegte Beitragsrechnung für die Wohngebäudeversicherung erfasst den Zeitraum von August 2003 bis Juli 2004. Mit Blick darauf, dass der hier umstrittene Zahlungszeitraum frühestens im Juli 2003 beginnt (vgl. dazu nachfolgend noch sub Nr. 4a), ist diese Beitragsrechnung eine nach § 287 ZPO hinreichende Schätzgrundlage für die durchschnittliche Belastung des Beklagten ab Juli 2003.

ee) Unberücksichtigt bleibt die Beitragsrechnung für die Versicherung von Hausrat und Glasbruch. Es kann nicht festgestellt werden, dass in dieser Versicherung der in der Wohnung der Schwiegereltern befindliche Hausrat und die dort befindliche gläsernen Sachen erfasst sind.

ff) Unberücksichtigt bleiben müssen auch die vom Beklagten geltend gemachten Wasserkosten. Die für das Jahr 2001 vorgelegte Wasserrechnung stellt keine hinreichende Schätzgrundlage mehr für die hier maßgeblichen Wasserkosten der Jahre 2003/4 dar.

3. Die Differenzen zwischen Nutzungsvorteil und durchschnittlicher Belastung betragen im Jahre 2003 rund ( 240 EUR - 130 EUR) 110 EUR/mtl, für das Jahr 2004 rund (240 EUR - 125 EUR) 115 EUR/mtl..

4a) Die Klägerin kann die Nutzungsentschädigung frühestens ab Zugang der Zahlungsaufforderung vom 17. Juli 2003 verlangen. Deren Zugang datiert der Senat gemäß § 287 ZPO auf den 20. Juli 2003. Das führt zu einem Anspruch in Höhe von (110 EUR x 11/31) 39,03 EUR für Juli 2003.

b) Der Zahlungsanspruch ist (nur) für den Monat September 2003 durch die vom Beklagten (zuletzt nur noch für diesen Monat) erklärte Hilfsaufrechnung um (100 EUR x 1/2) 50 EUR erloschen, so dass für diesen Monat noch 60 EUR geschuldet werden. Der Beklagte hat belegt, dass er im September 2003 bei der Sparkasse W. auf das Darlehen zu Kto.Nr. ....., deren Schuldner beide Parteien zu gleichen Anteilen sind, 100 EUR gezahlt hat. In Höhe des Ausgleichsanspruchs (§ 426 Abs. 2 BGB) steht dem Beklagten eine aufrechenbare Gegenforderung auf die Hälfte (50 €) zu.

5. Die vorstehenden Erwägungen führen zu folgenden Zahlungsansprüchen der Klägerin:

 01 20. - 31. Juli 2003 (110 € x 11/31) 39,03 €
02August 2003110,00 €
03September 2003 (110 € - 50 €) 60,00 €
04Oktober bis Dezember 2003110,00 € mtl.
05ab Januar 2004115,00 € mtl.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 93, 97 Abs. 2, 516 Abs. 3 ZPO. Dabei hat der Senat auch zu Lasten des Beklagten berücksichtigt (§ 97 Abs. 2 ZPO), dass ein wesentlicher Teil seines Rechtsmittelerfolgs allein darauf zurückzuführen ist, dass er erst im Berufungsrechtszug die Belege vorgelegt hat, die die Berechnung der laufenden Kosten und Lasten ermöglichten. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO. Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO.

III. Berufungsstreitwert:

1. Bis zum 10. Mai 2005 (vor Eintritt in die mündliche Verhandlung):11.802,00 EUR (42 Mon. x 281,00 EUR/Mon., § 3 Abs. 1 GKG, § 9 ZPO), davon entfallen auf die Berufung des Beklagten 9.547,44 EUR, auf die der Klägerin 2.254,56 EUR.

2. Danach (ohne Berufung der Klägerin und reduzierte Berufung des Beklagten): (9.547,44 EUR - 4.679,03 EUR) 4.868,41 EUR

Ende der Entscheidung

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