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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 06.04.2005
Aktenzeichen: I-24 U 211/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 662
BGB § 667
Hat es ein Rechtsanwalt übernommen, einen ihm von seinem Mandanten treuhänderisch überlassenen und durch eine Grundschuld zu besichernden Darlehensbetrag erst "bei Sicherstellung der Grundschuld" an den Darlehensnehmer weiterzuleiten, so hat er vor Auszahlung die ihm vorgelegte notarielle Rangbestätigung auf deren Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-24 U 211/04

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf am 6. April 2005 durch seine Richter Z, T und H einstimmig

beschlossen:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 10. September 2004 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Gründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht den Beklagten zur Leistung von Schadensersatz in Höhe von 10.225,84 € nebst Zinsen verurteilt.

A.

Zur Begründung verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 28. Februar 2005. Darin ist im Wesentlichen folgendes ausgeführt:

I.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Schadensersatzanspruch aus §§ 675, 667, 280 Abs. 1 BGB zu.

1.

Der Beklagte hat mit der I-KG einen Treuhandvertrag geschlossen, aus welchem er auch der Klägerin verpflichtet war. Er fungierte folglich nicht lediglich als "Zahlstelle", bei welcher die Geldzahlung eingeht. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck, den die Vereinbarung zwischen der Klägerin und der I-KG hatte. Die Klägerin sollte den Darlehensbetrag nur dann aus der Hand geben, wenn die im Darlehensvertrag genannte Voraussetzung "Sicherstellung der Eintragung der Grundschuld" gewährleistet war. Die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen vorlagen, oblag dem Beklagten, wobei er auch die Interessen der Klägerin zu wahren hatte. Mithin war der Treuhandvertrag des Beklagten mit der I-KG ein Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB), nämlich zugunsten der Klägerin und gegebenenfalls weiteren Darlehensgebern.

Durch sein Schreiben vom 14. August 2001 hat der Beklagte der Klägerin zudem ein Angebot auf Abschluss eines unmittelbaren Treuhandvertrages unterbreitet, dessen Annahme die Klägerin nicht ausdrücklich erklären musste (§ 151 BGB). Er schrieb: "... in obiger Angelegenheit zeige ich Ihnen zu beiderseitiger Sicherheit an, dass der von Ihnen angewiesene Betrag in Höhe von DM 20.000,00 am 09.08.01 dem hier für Sie eingerichteten Treuhandkonto gutgeschrieben wurde." Damit brachte er hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass der Betrag seiner treuhänderischen Verwaltung unterlag, er auch zur Sicherung der Klägerin tätig wurde und eine Auszahlung durch ihn nur nach Maßgabe des § 7 des Darlehensvertrages erfolgen werde (vgl. zum Vorstehenden auch BGH, NJW 1995, 1025 ff.). Dass ein solcher Treuhandvertrag zwischen den Parteien geschlossen wurde, ergibt sich auch aus dem eigenen Vorbringen des Beklagten ("... zumal dieser Treuhandauftrag ihn ja nicht nur gegenüber der Klägerin und Berufungsbeklagten verpflichtete,..." ).

2.

Der Beklagte hat Pflichten aus diesem Treuhandvertrag verletzt, indem er die ihm von der Klägerin anvertrauten Gelder zur Auszahlung brachte, ohne dass die hierfür erforderlichen Voraussetzungen vorlagen. Er hat folglich entgegen der Weisungen des Darlehensvertrags vom 12. Juni 2001 vor Auszahlungsreife über den hinterlegten Betrag verfügt (vgl. auch BGH, NJW 1994, 1403; 1996, 3343 f.).

a.

Die Rechtsbeziehungen der Partner eines (wie hier: unentgeltlichen) Treuhandvertrages richten sich grundsätzlich nach dem Recht des Auftrags (§§ 662 ff. BGB). Nach den dafür geltenden Vorschriften muss dann, wenn das vereinbarte Geschäft bestimmungsgemäß dazu geführt hat, dass der Auftragnehmer vom Auftraggeber zur Ausführung des Auftrags etwas erhalten hat, der Auftragnehmer dem Auftraggeber das Erhaltene wieder herausgeben, soweit er es nicht entsprechend der getroffenen Abrede verwendet oder verbraucht hat (§ 667 BGB). Ist der Auftraggeber zur Herausgabe nicht mehr in der Lage, ohne sich insoweit entlasten zu können, so haftet er auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung.

Bei einem Treuhandauftrag mit dem Inhalt, dass der Beauftragte (Treuhänder) unter bestimmten Bedingungen ermächtigt sein soll, über einen ihm vom Auftraggeber (Treugeber) übergebenen Gegenstand zu verfügen, kommt eine Herausgabepflicht des Beauftragten gemäß § 667 BGB bis zum Eintritt der maßgeblichen - aufschiebenden - Bedingung grundsätzlich immer in Betracht, denn ein solcher Auftrag ist seiner Art nach bis dahin jederzeit widerruflich (BGH, NJW 2002, 2459 ff. mit zahlreichen Nachweisen). Der Bundesgerichtshof hat für den Fall, dass der Treuhänder seine Pflichten aus dem Treuhandauftrag verletzt und so den noch zulässigen Widerruf des Treuhandauftrags und die Rückerstattung des Treuguts vereitelt auf die Verpflichtung des Treuhänders erkannt, den Treugeber so zu stellen, als habe er pflichtgemäß nicht über das Treugut verfügt (für den Fall eines Notars als Treuhänder: BGH DnotZ 1990, 661, 663 ff.; für den Fall eines Rechtsanwalts als Treuhänder: BGH, NJW 2002, 2459 ff.). Diese Grundsätze finden auch hier Anwendung.

b.

Die Weisungen in § 7 des Darlehensvertrages waren sowohl Gegenstand des zwischen dem Beklagten und der I-KG geschlossenen Treuhandvertrages, der als Vertrag zugunsten Dritter auch die Klägerin schützte, als auch des zwischen den Parteien unmittelbar bestehenden Treuhandverhältnisses. Dies folgt schon aus dem weiteren Text des genannten Schreibens des Beklagten an die Klägerin vom 14. August 2001, in welchem er selbst auf folgendes hinwies:

"...Nach Maßgabe des mir zur Ausführung des erteilten Treuhandauftrages überreichten Darlehensvertrages, dort § 7, werde ich den bereitgestellten Betrag erst an die Darlehensnehmerin weiterleiten, wenn mir durch den beurkundenden Notar die Sicherung der vertraglich vereinbarten Grundschuldeintragung an rangbereiter Stelle angezeigt wurde."

Gegen diese Verpflichtungen aus den Treuhandverträgen hat der Beklagte durch die Auszahlung der Gelder verstoßen. Denn die dafür notwendigen Voraussetzungen lagen nicht vor und konnten auch dem Schreiben des Notarvertreters vom 28. August 2001 nicht entnommen werden:

Ausgangspunkt ist hierbei die Frage, ob sich der Beklagte auf die Erklärungen des Notarvertreters verlassen durfte. Die Lage war hier vergleichbar mit der sog. Rangbestätigung, die die Kreditinstitute vor Eintragung eines Grundpfandrechts zur Auszahlung des Darlehens ausreichen lassen. Solche Bestätigungen müssen im einzelnen erkennen lassen, welche tatsächlichen Ermittlungen der Notar vorgenommen hat, ob er insbesondere einen Eintragungsantrag gestellt und auf Grund der Einsicht in das Grundbuch und die Grundakten keine unerledigten Eintragungsanträge vorgefunden hat (vgl. Eylmann/Vaasen/Limmer BNotO, 2. Aufl., § 21, Rn. 24). Entsprechende Angaben sind deshalb auch in den Formulierungsvorschlägen der Bundesnotarkammer vorgesehen (vgl. Kersten/Bühling/Zimmermann, Formularbuch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 21. Aufl., § 10 Rn. 7 M; Brambring/Jaschke/Reibold, Beck'sches Notarhandbuch, 2. Aufl., Kap. A I, Rn. 257).

Diesen Anforderungen genügt das Schreiben des Notarvertreters vom 28. August 2001 überhaupt nicht. Es geht aus ihm nicht einmal hervor, dass ein entsprechender Eintragungsantrag gestellt worden war. Vielmehr teilt der Notarvertreter lediglich mit, er habe die Grundschuldurkunden (genauer: Grundschuldbestellungsurkunden, vgl. den Betreff des Schreibens) unter dem 24. August 2001 persönlich beim Grundbuchamt des Amtsgerichts präsentiert. Ob mit den Grundschuldbestellungsurkunden ein Antrag verbunden war, kann dem Schreiben nicht entnommen werden. Zwar enthalten formularmäßige Grundschuldbestellungsurkunden in der Regel einen Eintragungsantrag. Ob eine solche oder eine individuell erstellte Urkunde präsentiert wurde, bleibt jedoch offen, weshalb von ordnungsgemäßer Stellung eines Eintragungsantrags nicht ohne weiteres ausgegangen werden kann.

Weiterhin schreibt der Notarvertreter, dass er sich persönlich davon überzeugt habe, dass der rangbereiten Eintragung keine Hinderungsgründe im Wege stehen. Dies lässt jedoch nicht erkennen, welche Voraussetzungen der Notarvertreter geprüft hat und ob er alle Eintragungsvoraussetzungen in Erwägung gezogen hat. Entsprechendes durfte der Beklagte auch nicht unterstellen, da - hierauf hat das Landgericht in seinem angefochtenen Urteil zutreffend hingewiesen - aus dem genannten Schreiben selbst nicht nachvollziehbar das Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen hervorging. Insbesondere lässt das Schreiben nicht erkennen, ob die zur Eintragung der Grundschuld notwendigen Erklärungen formgerecht gemäß § 29 GBO vorlagen.

Mithin war die Freigabe der Darlehenssumme zur Auszahlung durch den Beklagten pflichtwidrig.

Der Beklagte handelte auch schuldhaft, weil er das Fehlen der Auszahlungsvoraussetzungen unschwer erkennen konnte. Denn das Schreiben des Notarvertreters vom 28. August 2001 genügte nicht einmal den Anforderungen, die der Beklagte mit seinem Schreiben vom 27. August 2001 formuliert hatte. Darin hatte er um Eingangsbestätigungen des Grundbuchamtes oder eines vergleichbaren Nachweises "für die erfolgte Antragstellung" gebeten. Dass das Antwortschreiben des Notarvertreters zur Antragstellung nichts Konkretes enthielt, durfte der Beklagte nicht übersehen.

3.

Rechtsfolge dieser Pflichtverletzung ist, dass die Klägerin vom Beklagten so zu stellen ist, als habe dieser pflichtgemäß nicht über das Treugut verfügt (§ 249 BGB). Hätte er sich vertragsgemäß verhalten, so hätte er, da die Treuhandauflagen des Darlehensvertrages nicht voll erfüllt waren, die Valuta nicht zur Auszahlung freigeben dürfen. Hätte er das Geld nicht auszahlen lassen, wäre es auf dem Treuhandkonto verblieben (vgl. hierzu auch BGH, NJW 2002, 2459 ff.). Mithin war das Verhalten des Beklagten auch adäquat kausal für den eingetretenen Schaden.

An dieser Beurteilung ändert nichts, dass auch das Unterlassen der Notarin bzw. von deren Vertreter den Geschehensablauf beeinflusst haben. Das willentliche Eingreifen des Mandanten selbst oder von Dritten schließt es in der Regel nicht aus, dem Anwalt die Vertragsverletzung haftungsrechtlich zuzurechnen. Dessen Pflichtwidrigkeit bleibt nur dann als nicht schadensadäquat unberücksichtigt, wenn sie in keinem inneren Zusammenhang zum eingetretenen Schaden steht, vielmehr nur den äußeren Anlass für ein völlig ungewöhnliches Eingreifen eines Dritten bildet (BGH, NJW 1990, 2882 (2884); Zugehör, Handbuch der Anwaltshaftung, Rn. 1064 m.w.N.). Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Der Zurechnungszusammenhang wird auch nicht dadurch unterbrochen, dass nach dem pflichtwidrig handelnden Anwalt eine andere rechtskundige Person mit der Angelegenheit befasst worden ist und noch in der Lage gewesen wäre, den Schadenseintritt zu verhindern, wenn sie die ihr obliegende Sorgfaltspflicht beachtet hätte (Zugehör, aaO, Rn. 1067).

4.

Soweit der Beklagte es als fraglich hinstellt, ob der Schaden nicht auch bei einem pflichtgemäßen Verhalten entstanden wäre, unterfällt dies der hypothetischen Kausalität (Schadenszurechnung). Dieser Begriff bezeichnet den Einwand, der real bewirkte Schaden wäre später durch einen anderen Umstand, die sogenannte Reserveursache, ebenfalls herbeigeführt worden (Zugehör, aaO, Rn. 1078). Grundsätzlich haben hypothetische Ereignisse, die zu einem späteren Zeitpunkt aus anderem Anlass eingetreten wären, außer Betracht zu bleiben (BGHZ 125, 56 (61 f.); NJW 1996, 3343 (3345)). Mit der Rechtsprechung des BGH haben sich jedoch Fallgruppen herausgebildet, bei denen die hypothetische Ursache unter Umständen rechtliche Bedeutung gewinnen kann (vgl. Zugehör, aaO, Rn. 1079 m.w.N.). Jedenfalls hat die hypothetische Geschehenskette derjenige, der für den Schaden in Anspruch genommen wird, darzulegen und zu beweisen (BGH, NJW 1996, 3343 (3345); 1983, 1053; 1981, 628 (630); Zugehör, aaO, Rn. 1078 (1081); Palandt-Heinrichs, BGB, 64. Auflage, Vorb v § 249 Rn. 101 m.w.N.). Bislang fehlen jedoch hinreichende Darlegungen des Beklagten dazu, wie sich die Schadensentwicklung bei seinem pflichtgemäßen Verhalten dargestellt hätte.

B.

Der Schriftsatz des Beklagten vom 14. März 2005 gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung, weil er gegenüber der Berufungsbegründung, die der Senat vollständig berücksichtigt hat, keine neuen Gesichtspunkte enthält.

I-KG

Der Beklagte macht darin zunächst geltend, ein Rechtsanwalt dürfe den Inhalt in einer Notarbestätigung oder einer Rangbescheinigung nicht in Zweifel ziehen. Damit verkennt er jedoch, dass der Beklagte aufgrund des Treuhandauftrags verpflichtet war, das Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen eigenverantwortlich zu prüfen. Wenn er - wie hier - die Auszahlungsvoraussetzungen nicht eigenhändig schaffen muss, sondern dies einem Notar überlassen ist, kann sich der Rechtsanwalt natürlich auf dahingehende Angaben des Notars verlassen. Der Rechtsanwalt muss jedoch eigenverantwortlich überprüfen, ob sich aus den Erklärungen des Notars vollständig und nachvollziehbar (mit anderen Worten: schlüssig) das Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen ergibt. Die in dem Beschluss des Senats vom 28. Februar 2005 genannten Zitate zu Formulierungsvorschlägen der Bundesnotarkammer, die auch nach Ansicht des Senats keine Rechtsvorschriften sind, sollten verdeutlichen, dass eben im Wesentlichen darauf zu achten war, "welche tatsächlichen Ermittlungen der Notar vorgenommen hat, ob er insbesondere einen Eintragungsantrag gestellt und auf Grund der Einsicht in das Grundbuch keine unerledigten Eintragungsanträge vorgefunden hat". Dass der Beklagte diese ihm obliegende Prüfung nicht vollständig und damit pflichtwidrig durchgeführt hat, wurde bereits in dem Hinweisbeschluss ausgeführt. Hierauf darf verwiesen werden.

Soweit der Beklagte sinngemäß meint, auf den Inhalt einer Notarbestätigung komme es nicht an, weil der Notar ein öffentliches Amt bekleide und aus gutem Grund seinen Aussagen und Ausführungen ein großes Gewicht beigemessen werde, weshalb der Notar die Grundlage seiner Beurteilung nicht offen zu legen habe, folgt der Senat dem aus den genannten Gründen nicht. Der Beklagte durfte sich eben nicht auf eine lückenhafte und aus sich heraus nicht nachvollziehbare Erklärung des Notarvertreters verlassen, mithin dessen Ergebnis einfach hinnehmen. Denn ein Rechtsanwalt darf sich grundsätzlich nicht auf die Einhaltung von Amts wegen bestehender Prüfungs- und Belehrungspflichten durch den Notar verlassen (BGH, NJW 1993, 1779 (1781); NJW 1990, 2882 (2884)).

Aufgrund dieser Pflichtwidrigkeit hat der Beklagte das Geld vor Auszahlungsreife ausgezahlt. Soweit der Beklagte davon ausgeht, er habe nicht pflichtwidrig gehandelt, weshalb er für den eingetretenen Schaden nicht verantwortlich sei, kann ihm aus dem im Beschluss dargelegten Gründen nicht gefolgt werden.

Schließlich hält der Senat auch an seinen Überlegungen zur "Reserveursache" fest. Denn der konkrete Schaden - Abfluss des Geldbetrages vom Treuhandkonto des Beklagten an die I-KG - wäre bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten nicht entstanden, weil die Darlehenssumme auf dem Treuhandkonto verblieben wäre. Dass später auf Grund eines hypothetischen Kausalverlaufs, d.h. nach Beanstandung der "Rangbestätigung" des Notarvertreters durch den Beklagten, der Schaden doch noch eingetreten wäre, lässt sich keineswegs feststellen (§ 287 ZPO). Denn es ist wahrscheinlich, dass auf entsprechende Nachfrage des Beklagten ihm die Eintragungshindernisse bekannt geworden wären und die Auszahlung verhindert hätten. Ob die Eintragungshindernisse überhaupt behoben worden wären, ist völlig offen. Deshalb spricht viel dafür, dass mit der Klägerin von einem Verbleib der Gelder auf dem Treuhandkonto des Beklagten auszugehen ist.

II.

Der hilfsweise geforderten Abtretung der Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Notarvertreter nach § 255 BGB bedarf es nicht. § 255 BGB ist Ausdruck des schadensrechtlichen Bereicherungsverbots. Die Vorschrift soll verhindern, dass der Geschädigte sowohl den Schädiger als auch den Dritten in Anspruch nimmt und einen doppelten Ausgleich erhält (vgl. Palandt-Heinrichs, 64. Auflage, § 255 Rn. 1 m.w.N.). Besteht jedoch eine gleichstufige Haftung mehrerer Schädiger im Rahmen einer Gesamtschuld nach §§ 421 ff. BGB, ist nicht § 255 BGB, sondern § 426 BGB die maßgebende Rechtsnorm (BGHZ 59, 102). Die Vorschriften schließen einander aus (Palandt-Heinrichs, aaO, Rn. 2).

Im Streitfall haftet neben dem Beklagten möglicherweise auch die Notarin als Gesamtschuldnerin. Beruht ein Schaden haftungsrechtlich auf mehreren Ursachen, die von verschiedenen Personen gesetzt werden, so haften diese grundsätzlich als Gesamtschuldner (§§ 830, 840 BGB). Zivilrechtlich wird in diesen Fällen nicht unterschieden, ob einzelne Ursachen wesentlicher sind als andere (BGH, NJW 1990, 2882 (2883 f. m.w.N.)). Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn eine Ursache für sich allein den Schaden nicht herbeigeführt hat, es dazu vielmehr des Hinzutretens weiterer Umstände im Sinne einer kumulativen Gesamtkausalität bedurfte (RGZ 73, 289 f.; BGH, VersR 1970, 814 (815); NJW 1990, 2882 (2883 f. m.w.N.).; NJW 1993, 1779 ff.). Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn es sich bei den möglichen Schädigern um verschiedene Organe der Rechtspflege, einen Rechtsanwalt und einen Notar, handelt (BGH, NJW 1993, 1779 ff.).

Da ein dem Beklagten möglicherweise zustehender Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 2 BGB bereits mit der Begründung der Gesamtschuld und nicht erst mit der Befriedigung des Gläubigers entsteht (BGH, NJW 1961, 1966; 81,667; 91, 1733, st. Rspr.; vgl. auch Palandt-Heinrichs, aaO, § 426 Rn. 3 m.w.N.), bedarf es keiner Abtretung mehr. Denn hier steht ein gesetzlicher Forderungsübergang in Rede.

III.

Die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 ZPO liegen ebenfalls vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Einer gesonderten Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es im Hinblick auf § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht.

Der Streitwert im Berufungsverfahren beträgt 10.225,84 €.

Ende der Entscheidung

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